Vergleich hoher und niedriger Auflösung im Vollformat bei hoher ISO

High-ISO-Auflösungs-Vergleich der Sony Alpha 9 und Alpha 7R III

2018-02-02 Je niedriger eine Kamera auflöst, desto größer sind die Pixel und desto geringer rauscht sie. Möchte man also bei hohen ISO-Empfindlichkeiten fotografieren, sollte man nicht nur eine Kamera mit möglichst großem Bildsensor nehmen, sondern auch eine mit möglichst niedriger Auflösung. Doch ist das tatsächlich so? Wir haben die beiden Vollformatkameras Sony Alpha 9 (24 Megapixel) und Sony Alpha 7R III (42 Megapixel) einmal bei hohen ISO-Empfindlichkeiten verglichen.  (Benjamin Kirchheim)

Der Vergleich der beiden spiegellosen Systemkameras ergab sich aus einer Nachfrage beziehungsweise einer Diskussion mit unserem Leser Peter Trcka und ist daher nicht 1:1 gegeneinander mit dem identischen Objektiv erfolgt. Bei unseren Labortests fotografieren wir schon seit einer ganzen Weile ein Testbild, wobei wir wie folgt vorgehen: Die im Testlabor mit dem Standardobjektiv ermittelte Brennweiten-Blendenkombination mit der höchsten Auflösung in der Bildmitte ist die Basiseinstellung der Kamera, bei der in Zeitautomatik eine ISO-Reihe in Raw und JPEG fotografiert wird. Bei der Sony Alpha 9 und der Alpha 7R III waren dies verschiedene Objektive. Während bei der Alpha 9 das Sony FE 24-70 mm F2.8 GM (SEL2470GM) bei 41 Millimetern mit F4 als Oberklasseobjektiv zum Einsatz kam, war es bei der Alpha 7R III das Mittelklasseobjektiv Sony FE 24-105 mm F4 G OSS (SEL24105G) bei 24 Millimetern mit F8. Dass die Sony Alpha 7R III also durch das Objektiv bevorteilt wäre, kann man so nicht behaupten.

Einen ersten Hinweis, dass die Sony Alpha 9 trotz der niedrigeren Sensorauflösung bei höheren ISO-Empfindlichkeiten anders als erwartet eben nicht besser ist als die Alpha 7R III, liefert unser "klassischer" Labortest. Dort messen wir die Texturschärfe, wobei der DxO-Analyzer hier nicht etwa einen nicht vergleichbaren, weil von der Sensorauflösung abhängigen Absolutwert ermittelt, sondern ausrechnet, wie viele Details auf einem 60 mal 40 Zentimeter großen Foto bei 60 Zentimetern Betrachtungsabstand sichtbar sind. Das ist natürlich ein sehr theoretischer Wert, aber er funktioniert ganz gut, wenn man die Zahlen zu interpretieren weiß. Ein Wert von 1 bedeutet, dass alle erwartbaren Details sichtbar sind. Werte über 1 bedeuten, dass durch Nachschärfung künstliche Details entstanden sind, die da nicht hingehören, etwa Doppelkonturen. Sinkt der Wert unter 1, so fehlen Details, wobei etwa 0,9 die Schwelle ist, bei der man die Bilder als noch ausreichend detailliert empfindet. Sinkt der Wert unter 0,8, dann fehlen sichtbar Details. Dabei muss man sich vergleichend immer die Bilder aus der Praxis ansehen, denn es kommt vor, dass bei identischen Werten eben doch eine Kamera subjektiv visuell etwas besser abschneidet als eine andere. Unter anderem deswegen nehmen wir eine ISO-Reihe Testbilder wie im ersten Absatz beschrieben auf und werten diese bei unseren Kamera-Testberichten auch entsprechend aus.

Vergleicht man nun die Labormesswerte der Sony Alpha 9 und 7R III (siehe Diagramme unten), so liegen beide Kameras bis ISO 6.400 bei einem Wert von über 1 und bei ISO 12.800 noch knapp über 0,9. Aber dann wird es spannend: Der Wert sinkt bei der Alpha 9 oberhalb von ISO 6.400 steil ab, während sich die Alpha 7R III bei ISO 12.800 schon wieder fängt. Selbst bei ISO 51.200 liegt die Alpha 7R III nur knapp unter 0,9, während die Alpha 9 deutlich unter 0,8 absinkt. Schaut man sich hingegen das Helligkeitsrauschen im Labortest an (kostenpflichtig, siehe weiterführende Links), so ist die Alpha 9 hier eindeutig im Vorteil, und zwar ziemlich genau um eine ISO-Empfindlichkeitsstufe. Das heißt, das Helligkeitsrauschen der Alpha 7R III ist bei ISO 25.600 so stark wie bei der Alpha 9 bei ISO 51.200.

Aber was nützen die ganzen theoretischen Werte, wie schaut es in der Praxis aus? Hier haben wir uns ein Bild bei ISO 51.200 ausgesucht, wo ja laut Labor deutliche Unterschiede zu sehen sein sollten. Zeigt die Alpha 7R III tatsächlich mehr Details und rauscht im Gegenzug stärker als die Alpha 9? Was ist davon praxisrelevant für den Bildeindruck? Um die Kameras zu vergleichen, kann man verschiedene Ansätze wählen. Skaliert man das Bild der Alpha 7R III runter oder das der Alpha 9 hoch? Wir haben beides probiert, das Ergebnis war aber dasselbe: rein subjektiv gewinnt die Alpha 7R III ziemlich eindeutig. Sie zeigt mehr Details und das Rauschen ist feinkörniger und damit weniger störend. Das Bild der Alpha 9 wirkt deutlich detailärmer. Selbst wenn man die Bilder auf sechs Megapixel verkleinert, sodass der Detailverlust der Alpha 9 keine Rolle mehr spielen sollte, zeigt die Alpha 7R III immer noch das minimal bessere Bild, auch wenn kaum noch Unterschiede sichtbar sind.

Beim Vergleich des Bildausschnitts in der Bildmitte (siehe oben) zeigt die Alpha 7R III deutlich mehr Struktur im Haar der Puppe, die Wimpern sind im Vergleich zur Alpha 9 noch zu sehen und auch das Kleid zeigt mehr Struktur. Die 7R III zeigt zwar ein etwas aggressiveres Rauschen, das fällt aber nicht wirklich ins Gewicht, weil das Bild insgesamt einfach viel schärfer wirkt. Dass die Bilder leicht unterschiedlich belichtet sind, ist eine Eigenart der Kameras, denn beide wurden, wie bereits weiter oben erwähnt, in der Zeitautomatik betrieben. Die Lichtquelle war dieselbe. Damit sich jeder selbst ein Bild machen kann, haben wir übrigens die originalen JPEG-Bilder aus den Kameras bei ISO 6.400 und 51.200 in voller Auflösung unten verlinkt. Aber Achtung: die ZIP-Datei ist rund 75 Megabyte groß.

Das Ergebnis sieht übrigens im Vergleich beispielsweise zu einer Alpha 7S nicht anders aus. Auch die zeigt bei ISO 51.200 schon deutlich sichtbares Rauschen, aber nochmals weniger Details als die Alpha 9 oder 7R III. Sicherlich ist physikalisch beziehungsweise optisch bei der aktuellen Sensortechnologie irgendwo ein Maximum, wo eine Erhöhung der Sensorauflösung nichts mehr bringt. So verharren die APS-C-Kamera beispielsweise schon seit Jahren bei maximal 24 Megapixeln Sensorauflösung, sieht man einmal von der nicht mehr erhältlichen Samsung NX1 ab, die es auf 28 Megapixel brachte. Beim Micro-Four-Thirds-Sensor liegt die maximale Auflösung aktuell bei 20 Megapixeln, wobei die Kameras kaum mehr Auflösung zeigen als bei 16 Megapixeln, aber eben auch nicht stärker rauschen.

Wer sich jetzt vielleicht wundert, was denn mit Canon ist: Hier kommen, anders als bei Sony und Nikon, Sensoren aus eigener Produktion statt von Sony zum Einsatz, die bei hohen ISO-Empfindlichkeiten teilweise deutlich in der Performance zurückbleiben. So erreicht die Canon EOS 5DS R mit ihrem 50-Megapixel-Sensor nur maximal ISO 12.800 und zeigt bei ISO 6.400 etwa den Detailgrad der Sony Alpha 9 bei ISO 51.200, und zwar trotz ihrer deutlich höheren Auflösung, die die 5DS R nur bei niedrigen Empfindlichkeiten ausspielen kann und eine Sony Alpha 7R III dann sogar überflügelt. Allerdings ist die EOS 5DS R auch über zwei Jahre älter als eine Sony Alpha 7R III und so bleibt zu hoffen, dass Canon vielleicht in diesem Jahr Modelle mit verbesserter Sensortechnologie auf den Markt bringt und damit auch bei höheren ISO-Empfindlichkeiten zum Wettbewerb aufschließen kann.

Fazit

Wenn man die Wahl hat, sollte man die höhere Sensorauflösung wählen, vor allem im Vollformat. Voraussetzung sind die aktuellste Sensortechnologie und neueste Bildverarbeitungsprozessoren. Eine niedrigere Auflösung spielt ihre Vorteile nur noch dann aus, wenn es um schnelle Serienbilder und Speicherzeiten geht, denn die Datenmengen sind geringer. Aber auch hier kommen die höchstauflösenden Kameras von Sony und Nikon inzwischen in Geschwindigkeitsbereiche, die für die meisten Anwendungsfälle "schnell genug" sind. Dabei sollte man nie das Objektiv vergessen, denn was das nicht aufzulösen vermag, kann der Sensor auch nicht abbilden.

Sony Alpha 9 mit Sony FE 24-70 mm F2.8 GM (SEL2470GM)

Texturschärfe

Sony Alpha 7R III mit Sony FE 24-105 mm F4 G OSS (SEL24105G)

Texturschärfe


Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.


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Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.