Hochauflösende Vollformat-DSLR

Testbericht: Nikon D850

Seite 2 von 2, vom 2017-10-05 (Autor: Benjamin Kirchheim)Zur Seite 1 wechseln

Verwendet man das Live-View, so steht sogar eine lautlose elektronische Auslösung zur Verfügung. Bei der Verwendung des Suchers hingegen ist die Kamera lauter, wobei sich hier der bekannte Leise-Modus aktivieren lässt, der den Spiegel etwas sanfter und damit leiser schwingt. Neu ist der optional einschaltbare elektronische erste Verschlussvorhang, um Erschütterungen, die eine leichte Unschärfe verursachen können, zu minimieren. Zum manuellen Fokussieren eignet sich die Livebildansicht dank der Lupenfunktion besonders gut. Endlich, muss man sagen, ist bei Nikon zudem die Nützlichkeit einer Fokuspeakingfunktion angekommen, die die D850 nun beherrscht. Dabei werden kontrastreiche (und damit scharfe) Bildkanten farblich hervorgehoben. Im Livebild gibt es übrigens auch eine Schärfentiefevorschau. Dafür muss man nicht einmal einen Knopf betätigen, denn die Kamera blendet live ab und verstärkt das Bild einfach entsprechend, damit es nicht dunkler erscheint. Das funktioniert angesichts des lichtempfindlichen Vollformatsensors sehr gut. Aber auch eine klassische Abblendtaste für die Schärfentiefevorschau im SLR-Sucher fehlt nicht.

Die Videofunktion der Nikon D850 will ebenfalls professionelle Ansprüche erfüllen. So hat der Videograf die Wahl, ob er intern im MOV- oder MP4-Format mit H.264-Kompression aufzeichnen möchte oder doch lieber per HDMI-Aufnahmegerät. Die Videoauflösung erreicht nun 3.840x2.160 Pixel, also 4K, mit bis zu 30 Bildern pro Sekunde, in Full-HD sind flüssigere 60 Bilder pro Sekunde möglich. Unabhängig von den Fotoeinstellungen lassen sich im Videomodus Bildmodi, Rauschunterdrückung, Weißabgleich und vieles mehr einstellen. Direkt im Gehäuse integriert ist ein Stereomikrofon, aber auch ein externes lässt sich über die Klinkenbuchse anschließen; ebenso wie ein Kopfhörer zur Tonkontrolle. Auch ein digitaler Bildstabilisator fehlt nicht. Eine automatische Fokussierung während der Filmaufnahme ist hingegen nicht zu empfehlen. Der D850 gelingen als DSLR keine wirklich sanften Fokusfahrten, obwohl per Fingertipper auf dem Bildschirm während der Aufnahme eine Nachfokussierung möglich ist, die jedoch sehr unsanft und pumpend erfolgt.

Obwohl es sich bei der D850 um eine Profikamera handelt, fehlen Bildbearbeitungsfunktionen innerhalb der Kamera nicht. Für Profis wichtig ist natürlich der eingebaute Rohdatenkonverter, mit dem sich direkt in der Kamera JPEG-Bilder erstellen lassen. Aber auch JPEG-Bilder lassen sich bearbeiten, sei es zum Beschneiden, Verkleinern oder sogar zum Anwenden von Filtereffekten. Selbst Videos lassen sich in der Wiedergabe schneiden, was sich allerdings auf das Wählen des Anfangs- und Endpunkts beschränkt.

Das eingebaute WLAN samt Bluetooth beschränkt sich auf die für Konsumenten entwickelte Snapbridge-Funktion. Für Profis ebenfalls nützlich ist dabei die ständige, energiesparende Verbindung zum Smartphone via Bluetooth vor allem für das Geotagging, denn so spart man sich ein GPS als Zubehör. Die Fernsteuermöglichkeiten per App sind hingegen stark beschränkt (nur Live-View, Fokussierung und Auslösung mit und ohne Selbstauslöser sind nutzbar), zudem lassen sich keine Raw-Bilder auf das Smartgerät übertragen, sie müssen also vorher mühsam mit dem eingebauten Rohdatenkonverter der Kamera in ein JPEG gewandelt werden, was nicht automatisch geschieht. Kauft man sich hingegen den mit knapp 1.200 Euro recht teuren WLAN-Adapter WT-7 passend zur D850 als Originalzubehör, so stehen umfangreichere Steuermöglichkeiten zur Verfügung inklusive Bildupload ins Netzwerk und Fernsteuerung über 200 Meter Entfernung via Webbrowser, also auch vom Smartgerät aus. Fernsteuern (sogenanntes Tethering) lässt sich die Kamera aber auch ohne WLAN via USB-Kabel vom Rechner aus.

Bildqualität

Im Testlabor musste die Nikon D850 mit dem Nikon AF-S 24-70 mm 1:2,8E ED VR ihre Bildqualität unter Beweis stellen. Aber auch mit der Festbrennweite Nikon AF-S 28 mm 1:1.4E ED haben wir sie im Labor getestet (der Testbericht des Objektivs ist über die weiterführenden Links zu finden). Mit dieser lag die Maximalauflösung minimal, das heißt um ca. fünf Prozent höher, als mit dem Zoom. Der gesamte Labortest, auf dem die folgenden Betrachtungen beruhen, ist über die weiterführenden Links gegen ein kleines Entgelt einsehbar. Zudem bieten wir eine Labortest-Flatrate an, die im Voraus bezahlt wird und sich nicht automatisch verlängert. Damit sind alle der fast 1.700 Labortests einsehbar, die unser Archiv inzwischen bietet. Auch wer diesen kostenlosen Kameratest honorieren und damit unsere redaktionelle Arbeit unterstützen möchte, kann dies am besten mit dem Kauf eines Labortests tun, auch wenn dieser im Detail nicht benötigt wird.

Das 24-70 mm zeigt bei allen Brennweiten bei Offenblende eine sichtbare Randabdunklung, die jedoch mit dem Abblenden deutlich abnimmt und ab F5,6 praktisch keine Rolle mehr spielt. Ebenfalls ins Auge fällt die starke Verzeichnung von 3,5 Prozent Tonnenform im Weitwinkel und 1,5 Prozent Kissenform bei mittlerer und langer Brennweite, die sich naturgemäß nicht durch Abblenden mindern lässt. Darüber hinaus kämpft die Objektiv-Kamerakombination mit Farbsäumen in Form chromatischer Aberrationen, die im Weitwinkel am stärksten und in Telestellung am geringsten ausfallen. Diese zeigen sich vor allem zum Bildrand hin beziehungsweise in den Bildecken. Die Auflösung ist bei allen drei Brennweite in der Bildmitte bereits bei Offenblende sehr hoch und kratzt an der Marke von 80 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) bei 50 Prozent Kantenkontrast. Das Maximum wird mit 82 lp/mm bei F5,6 im Weitwinkel erreicht, aber auch in Telestellung sind es bis zu 80 lp/mm. Der Randabfall der Auflösung ist hingegen bei allen drei Brennweite sehr deutlich, interessanterweise in Telestellung mit fast 50 Prozent sogar noch etwas mehr als im Weitwinkel mit bis zu knapp über 30 Prozent. Da die Auflösungen aber von einem sehr hohen Niveau kommen, werden absolut mindestens 40 lp/mm bereits ab Offenblende erreicht. Abgeblendet nimmt die Randauflösung im Weitwinkel auf über 60 lp/mm zu und bei den anderen Brennweiten auf über 50 lp/mm, was für sich betrachtet bereits hohe Auflösungen sind.

Trotz der hohen Auflösung hält der Bildsensor über einen großen Empfindlichkeitsbereich sein sehr gutes Bildqualitätsniveau. Der Signal-Rauschabstand beträgt in den unteren Empfindlichkeiten bis ISO 200 über 40 dB, die kritische Marke von 35 dB wird erst ab ISO 3.200 knapp unterschritten. Farbrauschen zeigt die D850 praktisch gar nicht, während Helligkeitsrauschen ab ISO 6.400 leicht sichtbar wird und darüber sehr stark zunimmt. Bei ISO 25.600 wird es stark sichtbar und sprengt bei der höchsten Empfindlichkeit von ISO 102.400 sogar unsere Standard-Skalierung. Dabei bleibt das Rauschen jedoch stets feinkörnig.

Die Darstellung feinster Details ist bis ISO 3.200 praktisch uneingeschränkt sehr gut, darüber hinaus nimmt die Detailrate durch die Rauschunterdrückung jedoch langsam ab. Sichtbar weicher werden die Bilder aber erst oberhalb von ISO 12.800. Bei ISO 50 und 100 kratzt die Nikon bei der Eingangsdynamik an der Marke von elf Blendenstufen, bei bis zu ISO 6.400 sind es über zehn Blendenstufen, was eine sehr hohe Eingangsdynamik über einen großen Empfindlichkeitsbereich bedeutet. Oberhalb von ISO 25.600 bricht die Eingangsdynamik jedoch sehr deutlich ein, bis sie schließlich bei höchster Empfindlichkeit nur noch magere sieben Blendenstufen erreicht.

Die Tonwertkurve verläuft mittelmäßig angesteilt für eine knackige Bildwiedergabe. Bis ISO 64 werden nahezu alle der 256 zur Verfügung stehenden Helligkeitswerte ausgenutzt, bis ISO 800 bleibt der Ausgangs-Tonwertumfang mit über 192 Stufen gut. Oberhalb von ISO 1.600 wird es mit weniger als 160 Abstufungen jedoch schon etwas mager. Bei der Nachschärfung gibt sich die D850 übrigens zurückhaltend. Die Schärfeartefaktrate beträgt weniger als zehn Prozent. Die Farbtreue ist im Mittel gut, einzelne Farbtöne zeigen jedoch eine stärkere Abweichung. Cyan tendiert etwas Richtung Blau, Violett-, Magenta- und Rottöne zeigen eine verstärkte Sättigung. Insgesamt sorgt das jedoch für subjektiv schöne Bilder mit Himmelblau und leuchtenden warmen Farben. Der manuelle Weißabgleich arbeitete hingegen wie gewünscht sehr präzise. Die tatsächliche Farbtiefe ist sehr hoch. Bis hinauf zu ISO 800 werden über vier Millionen Farbnuancen differenziert, selbst bei ISO 6.400 sind es noch über zwei Millionen.

Im Vergleich mit der einzigen direkten Auflösungskonkurrenz von Sony und Canon schlägt sich die Nikon D850 sehr gut. Sie löst nicht nur theoretisch, sondern auch effektiv etwas höher auf als die Sony Alpha 7R II, bietet bei höheren ISO-Empfindlichkeiten einen besseren Signal-Rauschabstand und zeigt bei hohen Empfindlichkeiten trotz höherer Auflösung eine gleich gute Detailrate. Mit der Auflösung einer Canon EOS 5DS R kann die Nikon D850 zwar nicht ganz mithalten, dafür zeigt die Canon aber deutlich stärkere Schärfeartefakte und kann ab ISO 3.200 nicht mehr mit der Nikon (oder der Sony) mithalten.

Fazit

Wenn man den hohen Kaufpreis der Nikon D850 von knapp 3.800 Euro nicht scheut, bekommt man mit ihr eine fantastische Vollformat-DSLR, die, mit entsprechendem Objektiv, mit die beste Bildqualität bietet, die man aktuell im Kleinbildformat bekommen kann. Zudem ist die Nikon, trotz Einsatz von etwas mehr Kunststoff, hervorragend verarbeitet. In die Bedienung muss man sich zugegebenermaßen etwas einarbeiten, kennt man aber seine Kamera, so kann man sich über die Ergonomie wirklich nicht beklagen. Mit einem klappbaren Monitor, Touchscreen und Snapbridge erhalten zudem auch moderne Technologien Einzug in die Klasse der "Kamera-Dinosaurier", wobei sich die D850 alles andere als plump und behäbig verhält. Sie ist angesichts der Auflösung richtig flott unterwegs und ihr Autofokus taugt selbst für Action-Motive. Dass man für die Nutzung der ganz hohen Serienbildrate oder professioneller WLAN-Funktionen nochmals tief in die Tasche greifen muss, ist jedoch weniger schön. Das schmälert den Wert der wirklich hervorragenden D850 aber kaum.

Kurzbewertung

  • Sehr hohe Bildqualität bis ISO 3.200
  • Ergonomisches, robustes Gehäuse
  • Schneller Autofokus und hohe Serienbildrate
  • Heller, hochauflösender, neigbarer Touchscreen
  • Tastenbeleuchtung nicht konsequent umgesetzt
  • Höchste Serienbildrate nur mit teurem Zubehör
  • Eingebaute WLAN-Funktionen für ein Profigerät arg beschränkt
  • Sucher mit Brille nicht vollständig überschaubar

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Steckbrief

Hersteller Nikon
Modell D850
Sensor CMOS Kleinbild 36,0 x 24,0 mm (Cropfaktor 1,0)
46,6 Megapixel (physikalisch)
45,7 Megapixel (effektiv)
Pixelpitch 4,3 µm
Auflösung (max.) 8.256 x 5.504 (3:2)
Video (max.) 3.840 x 2.160 30p
Objektiv Nikon AF-S 24-70 mm F2.8E ED VR (Zoom-Objektiv)
Spiegelreflexsucher Prismensucher, 100 Prozent Bildfeldabdeckung, 0,75-fache Vergrößerung (Sensor-bezogen), 0,75-fache Vergrößerung (KB-Äquiv.), 17 mm Augabstand, Dioptrienkorrektur von -3,0 bis 1,0 dpt, wechselbare Mattscheiben
Monitor 3,2" (8,0 cm)
  Auflösung 2.359.000 Bildpunkte
  kippbar ja
  drehbar
  schwenkbar
  Touchscreen ja
AV-Anschluss HDMI-Ausgang Mini (Typ C)
Vollautomatik ja
Motivautomatik
Programmautomatik ja
Programmshift ja
Blendenautomatik ja
Zeitautomatik ja
Manuell ja
Bulb-Langzeitbelichtung ja
HDR-Funktion ja
Panoramafunktion nein
Belichtungsmessung Matrix/Mehrfeld-Messung (180.000 Felder), Mittenbetonte Integralmessung, Spotmessung
kürzeste Verschlusszeit 1/8.000 s
Blitz
  Synchronzeit 1/250 s
  Blitzanschluss Blitzschuh: Nikon, Standard-Mittenkontakt
WLAN ja
NFC
GPS extern, dauerhafte Smartphone Verbindung, kabelgebunden oder Aufsteck-Empfänger
Fernauslöser ja, Kabelauslöser, Fernsteuerung über Smartphone/Tablet
Intervallaufnahme ja
Speichermedium
XQD
  Slot 2
SD (SDHC, SDXC, UHS I, UHS II)
  automatisch ISO 64-25.600
  manuell ISO 32-102.400
  automatisch ja
  manuelle Messung ja
  Kelvin-Eingabe ja
  Feinkorrektur ja
Autofokus ja
  Anzahl Messfelder 153
99 Kreuzsensoren
54 Liniensensoren
  Geschwindigkeit Phasen-Autofokus: 0,14 s bis 0,17 s
Live-View-Autofokus: 0,52 s bis 0,94 s
  AF-Hilfslicht k. A.
Abmessungen 146 x 127 x 79 mm
Gewicht (betriebsbereit) 985 g (nur Gehäuse)
2.045 g (mit Objektiv)
Stativgewinde in optischer Achse
  Zoomverstellung manuell am Objektiv
Akkulaufzeit 1.840 Aufnahmen (gem. CIPA-Standard)

DXOMARK Logo

Die Bildqualität in unseren Tests ermitteln wir seit 2011 mit DXOMARK Analyzer.

Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.