Einsteigerkamera ohne Spiegel

Testbericht: Fujifilm X-T100

Seite 2 von 2, vom 2018-09-13 (Autor: Harm-Diercks Gronewold)Zur Seite 1 wechseln

Aufpassen sollten Fujifilm-Käufer, weil tief im Menü versteckt die Option "Auslösepriorität" werksseitig auch im AF-S-Betrieb aktiviert ist. Eigentlich möchte man im Single-Autofokus-Betriewb jedoch eine Schärfepriorität haben und nur im AF-C-Betrieb eine Auslösepriorität. Nach der entsprechenden Umstellung maßen wir eine Auslöseverzögerung mit Autofokus von 0,58 Sekunden im Weitwinkel beziehungsweise mit 0,57 Sekunden im Telebereich. Die Zeiten bleiben weit hinter Fujifilms Versprechen des schnellen Autofokus und auch hinter der Konkurrenz zurück. Die reine Auslöseverzögerung betrug hingegen schnelle 0,06 beziehungsweise 0,07 Sekunden.

Bei der Video-Aufzeichnung versucht die X-T100 mit 4K-Auflösung zu punkten, leider schafft sie nur eine Bildwechselfrequenz von 15 Bildern pro Sekunde. Schnelle Bewegungungen und auch einfache Schwenks werden bei diesem geringen Bildwechsel zu einer visuellen Tortur. Es macht den Eindruck, dass die Entscheidung, in der Kamera eine 4K Videofunktion zu implementieren, eher eine Marketingmaßnahme war. Eine gute Videofunktion sollte mindestens 24 Bilder pro Sekunde schaffen. Bei Aufnahmen in 1080p (FullHD) und 720p erreicht die Kamera maximal 60 Bilder pro Sekunde, was die sehr flüssige Aufnahme von Bewegungsabläufen erlaubt. Die maximale Aufnahmedauer beträgt in allen Aufnahmeauflösungen 29 Minuten. Neben der 4K-Videofunktion sind eine 4K-Serienaufnahme- und eine 4K-Fokusstacking-Funktion nach Panasonic-Vorbild vorhanden. Letztere erlaubt es dem Fotografen, den Fokusbereich nach Aufnahme der Serienaufnahme zu wählen.

Wie bereits erwähnt, besitzt die Kamera Einstellungen, um klassisches Fujifilm-Filmmaterial zu simulieren. Dabei werden die Farbwiedergabe und auch die Gradation der Filme möglichst authentisch simuliert. Als Standardeinstellung ist die Kamera auf Provia eingestellt, einem bekannten Diafilm. Außerdem ist der legendäre Velvia-Film simulierbar, der besonders bei Landschaftsaufnahmen seine Stärken ausspielt. Der Astia ist ebenfalls enthalten und stellt Farben und Kontraste etwas weicher dar. Darüber hinaus findet sich hier auch der Schwarzweiss- und Sepiamodus.

Die Wiedergabefunktionen beinhalten Standards wie die Korrektur von roten Augen, die Bilddrehung, die Bildverkleinerung sowie eine Bewertungsfunktion und mehr. Auch Präsentationshilfen wie eine Diashow-Funktion bietet die Kamera. Die für Fujifilm sehr typische Fotobuch-Funktion ist ebenfalls vorhanden und bietet Platz für sechs verschiedene Fotobücher. Zudem kann der Fotograf in der Kamera Rohdaten konvertieren, wenn einmal kein Computer zur Verfügung steht.

Neben einer Micro-USB-Schnittstelle, die mit USB 2.0 Standard arbeitet, bietet die X-T100 auch eine HDMI-Schnittstelle des Typs D (Micro). Zudem verfügt die Kamera über eine 2,5 mm Klinkenbuchse, mit der sich nicht nur die optionale Kabelfernbedienung RR-90 anschließen lässt, sondern auch ein Stereo-Mikforon für Videoaufnahmen. Zudem bietet die X-T100 drahtlose Übertragungsarten in Form einer WLAN- und Bluetooth-Verbindung. Die Bluetooth-Verbindung dient zum einen dazu, die WLAN-Verbindung einzurichten, zum anderen erlaubt sie eine dauerhafte Verbindung von Kamera und Smartgerät, um so Positionsdaten vom Smartgerät in die Bilder auf der Kamera zu speichern.

Die WLAN-Verbindung wird dazu benötigt, um das Smartgerät als umfangreiche Fernbedienung für die Kamera nutzen zu können. Zudem können Bilddaten mit der WLAN-Verbindung an ein Smartgerät übertragen werden. Da die Verbindung vom Smartgerät zur Kamera allerdings nicht ohne spezielle Software funktioniert, stellt Fujifilm passende App im Google-Play-Store und in Apple iTunes kostenlos zur Verfügung. Die Einrichtung der App inklusive Verbindung zur Kamera ist recht einfach und geht schnell von der Hand. Auch die Live-View-Fernbedienung ist selbsterklärend und erlaubt Zugriff auf die Einstellungen der Kamera. Die Live-Vorschau bei der verbundenen Kamera hat eine erstaunliche geringe Latenz (Verzögerung) auf einem verbundenen Mittelklasse-Smartphone.

Bildqualität

In der Einsteigerklasse verzichtet Fujifilm auf die spezielle Farbfilteranordnung der X-Trans-CMOS-Technologie und setzt auf einen herkömmlichen Bayer-Farbfilter. Das muss nichts Schlechtes bedeuten, denn das ist bei allen anderen Herstellern Standard. Wir haben die Bildqualität der X-T100 mit dem XC 15-45 mm F3.5-5.6 OIS PZ in unserem Testlabor geprüft. Die dabei ermittelten Ergebnisse mit ausführlichen Diagrammen und Erläuterungen sind über die weiterführenden Links gegen eine kleine Gebühr abrufbar. Zudem bieten wir eine “Flatrate” mit Zugriff auf alle bisherigen Kamera- und Objektivlabortests an.

Die höchste Auflösung erreicht die X-T100 mit dem XC 15-45 mm F3.5-5.6 OIS PZ bei Blende 4 im Weitwinkel, was durch den 1,5-fachen Crop-Faktor des APS-C-Sensors einer kleinbildäquivalenter Brennweite von 22 mm entspricht. Diese 61,5 Linienpaare pro Millimeter sind ein guter Wert für den 24,2 Megapixel auflösenden APS-C-Sensor. Die Auflösung bleibt ebenfalls in der mittleren Brennweite ähnlich hoch und verringert sich langsam durch das Schließen der Blende. Die obere Brennweite erreicht hingegen etwa nur noch die Hälfte der Auflösung der geringsten Brennweite bei gleicher Blendeneinstellung.

Die Kamera schärft die Bildergebnisse deutlich nach. Indizien dafür finden sich bei den Schärfeartefakten und der sehr hohen Texturschärfe. Der Idealwert bei der Texturschärfe liegt bei 1,0. Ist ein Ergebnis kleiner als 1 wird das Bild zunehmend unschärfer. Bei Ergebnissen über 1 ist das Bild überschärft. Deutlich sichtbar wird dies etwa bei einer Texturschärfe von 1,1. Das Ergebnis der X-T100 liegt bei ISO 100 bei etwa 1,4 und bei der nativen Sensorempfindlichkeit von ISO 200 etwa bei 1,2. Erst bei ISO 6.400 sinkt die Texturschärfe unter 1 ab. Die Kamera schärft offensichtlich auch bei hohen ISO-Einstellungen deutlich nach, nachdem die Entrauschung Details “vernichtet” hat. Es ist möglich, dass Fujifilm den Bildprozessor der Kamera so programmiert hat, dass sie unterschiedliche Schärfegrade bei den ISO-Empfindlichkeiten anwendet. Das Bildrauschen ist durch eine geringe Korngröße bis ISO 6.400 kein Problem. Das Farbrauschen ist über alle Empfindlichkeiten nicht sichtbar.

Bei der Eingangsdynamik liegt die Kamera bei etwa 9,5 Blendenstufen und liegt dabei im normalen Bereich. Bei der Tonwertübertragung zeigen sich bauchige Kurven, die den Mitteltonbereich anheben. Das ist eine typische Abstimmung für Kameras, deren Bildergebnisse gleich benutzt werden sollen. Die Ausgangstonwerte liegen bei ISO 200 etwa bei 7-Bit, was ein gutes Ergebnis darstellt. Ab ISO 3.200 sinken die Ausgangstonwerte auf ein akzeptables Niveau und fallen darüber hinaus ab.

Die Farbdarstellung der X-T100 zeigt keine signifikanten Farbverschiebungen. Dennoch wird beispielsweise im Magenta-Rot-Bereich Farben etwas aus dem Magentabereich in Richtung rot verschoben. Sehr starke Grüntöne werden ebenfalls etwas versetzt, und zwar in Richtung Gelbgrün. Diese kleinen Verschiebungen sind typisch für "shoot to print" Kameras und sollen für ein subjektiv gefälliges Bildergebnis sorgen.

Fazit

Die Fujifilm X-T100 mit XC 15-45 mm Objektiv ist zweifellos eine gelungene Einsteigerkamera mit großem Potential für fotografische Experimente und anspruchsvolle Fotografie. Die Autofokusgeschwindigkeit ist in der Praxis in Ordnung, bei der Motivverfolgung sollte man sich allerdings nicht auf die Kamera verlassen. Die Bedienung über den Touchscreen und die anderen Bedienelemente ist gut. Leider hat es Fujifilm versäumt, den Touchscreen in die Menünavigation zu integrieren. Dafür funktioniert die Gestenerkennung des Touchscreens sehr präzise. Das "Wischen" als Funktionsaktivierung beziehungsweise Auswahl ist allerdings gewöhnungsbedürftig, da der Fotograf bei dieser Funktion einen bestimmten Geschwindigkeitsbereich treffen muss. Besonders das Wischen nach oben hat uns nicht wirklich gut gefallen, da wir sehr oft in den Sensorbereich des Augensensors geraten sind und dieser dann auf den elektronischen Sucher umgeschaltet hat.

Die Bildqualität ist sehr aggressiv auf “Shoot-to-Print” abgestimmt, aber die Voreinstellungen für die JPEG Aufnahmen lassen sich anpassen und beim Rohdatenformat hat der Fotograf sowieso freie Hand bei der Anpassung der Bilder. Die einfache Kopplung der Kamera mit einem Smartgerät ist überzeugend und dank Bluetooth einfach zu bewerkstelligen. Die 4K-Videofunktion bekleckert sich mit 15 Bildern pro Sekunde nicht mit Ruhm. Falls das Filmen in 4K also zum Anwendungprofil der Kamera gehören soll, dann ist der Griff zu einer Kamera mit einer höheren Bildwechselfrequenz in dieser Videoauflösung sinnvoller.

 

Kurzbewertung

  • Schönes Retro-Design mit gut verstecktem Blitz
  • Pfiffige Monitor-Mechanik mit präzisem Touchscreen
  • Intuitive Bedienung
  • Leichte WLAN-Kopplung
  • 4K-Videofunktion unbrauchbar
  • Stark nachgeschärfte Fotos
  • Stativgewinde nicht in optischer Achse
  • Touchscreen-Bedienung nicht konsequent genug

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Steckbrief

Hersteller Fujifilm
Modell X-T100
Sensor CMOS APS-C 23,6 x 15,8 mm (Cropfaktor 1,5)
24,2 Megapixel (physikalisch)
24,0 Megapixel (effektiv)
Pixelpitch 3,9 µm
Auflösung (max.) 6.000 x 4.000 (3:2)
Video (max.) 3.840 x 2.160 15p
Objektiv Fujifilm XC 15-45 mm F3.5-5.6 OIS PZ (Zoom-Objektiv)
Videosucher EVF, 100 % Bildfeldabdeckung, 2.360.000 Bildpunkte Auflösung, 0,93-fache Vergrößerung (Sensor-bezogen), 0,62-fache Vergrößerung (KB-Äquiv.), Dioptrienausgleich (-4,0 bis 2,0 dpt)
Monitor 3,0" (7,6 cm)
  Auflösung 1.040.000 Bildpunkte
  kippbar ja
  drehbar
  schwenkbar ja
  Touchscreen ja
AV-Anschluss HDMI-Ausgang Micro (Typ D)
Vollautomatik ja
Motivautomatik ja
Motivprogramme 9
Programmautomatik ja
Programmshift ja
Blendenautomatik ja
Zeitautomatik ja
Manuell ja
Bulb-Langzeitbelichtung ja
HDR-Funktion ja
Panoramafunktion ja, Schwenkpanorama
Belichtungsmessung Matrix/Mehrfeld-Messung (256 Felder), Mittenbetonte Integralmessung, Spotmessung
kürzeste Verschlusszeit 1/4.000 s
Blitz eingebauter Blitz
  Synchronzeit 1/180 s
  Blitzanschluss Blitzschuh: Fujifilm, Standard-Mittenkontakt
WLAN ja
NFC
GPS extern, dauerhafte Smartphone Verbindung
Fernauslöser ja, Kabelauslöser, Fernsteuerung über Smartphone/Tablet
Intervallaufnahme ja
Speichermedium
SD (SDHC, SDXC, UHS I)
  automatisch ISO 200-12.800
  manuell ISO 100-51.200
  automatisch ja
  manuelle Messung ja
  Kelvin-Eingabe ja
  Feinkorrektur ja
Autofokus ja
  Anzahl Messfelder 91
  Geschwindigkeit 0,60 s
  AF-Hilfslicht ja
Abmessungen 121 x 83 x 47 mm
Gewicht (betriebsbereit) 445 g (nur Gehäuse)
575 g (mit Objektiv)
Stativgewinde außerhalb der optischen Achse
  Zoomverstellung Objektivring (motorisch)
Akkulaufzeit 430 Aufnahmen (gem. CIPA-Standard)

DXOMARK Logo

Die Bildqualität in unseren Tests ermitteln wir seit 2011 mit DXOMARK Analyzer.

Autor

Harm-Diercks Gronewold

Harm-Diercks Gronewold, 52, ist gelernter Fotokaufmann und hat etliche Jahre im Fotofachhandel gearbeitet, bevor er 2005 in die digitalkamera.de-Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Produktdatenbanken, Bildbearbeitung, Fototipps sowie die Berichterstattung über Software und Zubehör. Er ist es auch, der meistens vor der Kamera in unseren Videos zu sehen ist und die Produkte vorführt.