First Look

Nikon Z 7 – Details und erster Eindruck

2018-08-28 Bei der weltweiten Vorstellung des neuen Nikon-Kamerasystems hatte digitalkamera.de die Gelegenheit, einen Tag lang mit einem der ersten Seriengeräte der Nikon Z 7 zu fotografieren. Den ersten Eindruck zur Kamera samt zugehörigen Objektiv und einige Hintergrundinformationen zum neuen Kamerasystem gibt es in diesem Artikel.  (Jan-Markus Rupprecht)

Die Vorstellung des neuen Kamerasystems war für Nikon ein wirklich großes Ereignis und ein großer Schritt. Ein Jahr nach dem hundertjährigen Firmenjubiläum soll das neue Bajonett beim Traditionshersteller die Voraussetzungen für die nächsten 100 Jahre schaffen, so das Motto. Nikon setzt dabei konsequent auf das klassische Kleinbild-Film-Format von 36 x 24 mm Sensorfläche, bei Nikon "FX-Format" genannt (im Gegensatz zum "DX-Format", dem kleineren APS-C-Äquivalent). Um (auch in Zukunft) keinerlei Kompromisse eingehen zu müssen, hat Nikon einen verhältnismäßig sehr großen Bajonett-Durchmesser von 55 Millimetern gewählt in Verbindung mit einem sehr geringen Abstand zwischen Bajonett und Bildsensor (dem sogenannten Auflagemaß) von nur 16 mm. Der große Durchmesser ermöglicht es zum einen die Objektive so zu konstruieren, dass die Lichtstrahlen auch am Bildrand noch relativ senkrecht auf den Sensor treffen und somit kein Lichtverlust auftritt. Zum anderen sei der große Durchmesser die Voraussetzung für die Konstruktion besonders lichtstarker Objektive, wie das angekündigte Noct mit F0,95 Lichtstärke (allerdings baut Leica solche lichtstarken Objektive seit Jahren auch für seinen deutlich kleineren Bajonett-Durchmesser).

Dass Nikon sich voll auf das große Kleinbild-Vollformat konzentriert, ist sicherlich eine gute Idee. In den letzten Jahren geht der Trend deutlich zu immer größeren Sensoren. Alle Wechselobjektiv-Systeme unterhalb von Micro-Four-Thirds sind vom Markt verschwunden. Das APS-C-Format ist zwar weit verbreitet und wird es sicherlich auch bleiben. Aber in ein paar Jahren wird das Kleinbild-Vollformat sicherlich noch viel weiter verbreitet sein als heute.

Derzeit sind KB-Vollformat-Sensoren aber noch fast ausschließlich im gehobenen Bereich angesiedelt und das ist auch der Bereich, in dem Nikon die neuen Kameras und die Objektive angesiedelt hat. Über 800 Euro für ein F1,8-Normalobjektiv – da hatte man bislang irgendwie andere Preise im Kopf. Spitzen-Objektive für das Vollformat gibt es halt nicht für kleines Geld. Aber Nikon will mit dem neuen System zunächst nur erstklassige Qualität anbieten. Die jetzt vorgestellten Objektive tragen alle ein "S" im Namen für "S-Line". Es ist also nicht ausgeschlossen, dass es in Zukunft einmal eine preisgünstigere Objektiv-Linie für preisgünstigere Vollformat-Kameras geben wird. Aber derzeit steht höchste Qualität im Vordergrund.

Den Eindruck bestätigen meine Aufnahmen mit der Nikon Z 7 und dem 24-70mm F4 Objektiv bereits: Das Objektiv ist rattenscharf bis an den Bildrand unu lässt sich auch bei Offenblende (die allerdings nur F4 ist) einwandfrei nutzen. In Verbindung mit dem großen Sensor ist F4 ja kein Beinbruch, schließlich hat der Sensor genug Fläche fürs Licht. Für die Qualität ist der Preis also völlig in Ordnung und ich gehe fest davon aus, dass dies auch bei den schon vorgestellten Festbrennweiten der Fall sein wird.

Bei den Kameras ist des genauso. Wenn man sich die Preisgestaltung der Z 6 und Z 7 anschaut und den Markt kennt, drängt sich der Eindruck auf, dass sich Nikon bei den Preisen an den vergleichbaren Modellen von Sony (Alpha 7 III und 7R III) orientiert hat. Klar, woran auch sonst und warum auch nicht? Vergleicht man die Modelle von Nikon und Sony stellt man fest, dass Nikon erfreulicherweise seinen eigenen Stil von den erfolgreichen Spiegelreflexkameras auf die Z 6 und Z 7 Kameras übertragen hat. Dazu zählen die Haptik und der Gehäuseaufbau: Stabiles Magnesium-Druckgusschassis innen, kratzfeste Kunststoffteile außen mit einem griffig gummierten, sehr ausgeprägten Griff, ähnlich der DSLRs von Nikon in letzter Zeit. Aber auch Bedienelemente, Bedienkonzept und Menüs entsprechen dem, was sich bei den DSLRs bewährt hat. Das Ganze noch garniert mit etwas mehr Schlichtheit sowie den sehr geradlinig designten Gehäusen der Objektive und einer schicken wie funktionalen OLED-Statusanzeige im Stil einiger Leica-Kameras (oder der Mittelformat-Kameras von Fujifilm). Wenig dezent, aber auch irgendwie cool, ist das neue, auffällige Trageriemen-Design. Wer es dezenter mag, bekommt unauffälligere Trageriemen nicht nur bei Drittherstellern, sondern auch original bei Nikon. In Japan habe ich ein Plakat bei einem großen Händler gesehen, der die Kameras mit jeweils einem Original-Nikon-Gurt individuell für die Z 6 (silbergraue Schrift) oder die Z 7 (braungoldene Schrift) anbietet. Ob es die Gurte auch in Europa geben wird, weiß ich derzeit noch nicht.

Auch eine Sensor-Shift-Bildstabilisierung, die Nikon bei den DSLRs nie hatte, ist bei den Spiegellosen nun an Bord (es wäre auch echt übel gewesen, wenn nicht). Ob das selbst entwickelt ist oder zugekauft, ist nicht bekannt und kann auch egal sein. Entscheidend ist, dass die Stabilisierung die versprochenen fünf Blendenstufen Stabilisierung schafft, was ich schon belegen kann. Das ist ein enormer Gewinn im Fotografen-Alltag. Das funktioniert auch mit dem FTZ-Adapter und F-Objektiven von den DSLRs. Haben die DSLR-Objektive einen Stabilisator eingebaut, werden beide in Kombination genutzt. Die Kamera macht das Beste draus.

So überzeugend wie der Stabilisator funktioniert auch der Autofokus. Die Autofokus-Felder decken fast den gesamten Bildbereich ab (90 Prozent). Mit dem Joystick oder per Touchscreen setzt man die Autofokus-Messung dorthin, wo man sie braucht. Bei wenig bzw. fast gar keinem Licht hilft ein grünes Autofokus-Hilfslicht nach. Unter solchen Grenzbedingungen kann es gelegentlich mal sein, dass der Fokus ziellos hin und her fährt. Normalerweise sitzt der Autofokus aber in Sekundenbruchteilen auf dem Punkt – in dem Moment, wo man den Auslöser halb durchdrückt, wechselt das Fokuskontrollfeld auch schon von Rot auf Grün. An die DSLR-Fotografen der Hinweis: Front- und Back-Fokus-Probleme gibt es bei spiegellosen Systemen nicht, denn die Fokussierung erfolgt direkt auf Sensor-Ebene. Ein "tunen" der Kamera-Objektiv-Kombination ist nicht erforderlich. Wenn der Autofokus sagt, das Bild ist scharf, dann ist es scharf. Insofern ist auch die Kombination der Z 6 oder Z 7 mit dem FTZ-Adapter (lies "F-Mount to Z-Mount"-Adapter) natürlich nicht verkehrt und sieht auch überhaupt nicht blöd aus. Ich habe den nicht selber ausprobiert, aber die Nikon-Leute und alle Journalisten, die das getan haben bestätigen, dass es einwandfrei und mit gefühlt genauso schnellem und präzisem Autofokus funktioniert.

Der Sucher der Nikon Z 7 (identisch bei der Z 6) ist das Beste, was ich bislang gesehen habe. Allenfalls die Fujifilm X-H1 kommt da vielleicht ran, aber zwischen den Videosuchern der Sony Alpha 7 III beispielsweise und der Nikon Z 7 liegen Welten. Das Sucherbild der Nikon Z 7 ist absolut scharf bis in den Rand und vor allem sind absolut keine einzelnen Pixel mehr erkennbar. Selbst bei der Schrift am Bildrand lassen sich nahezu keine Treppenstufen mehr ausmachen. Tatsächlich ist es so, dass ich beim Fotografieren mit der Z 7 bisweilen gar nicht mehr das Gefühl hatte, durch einen Videosucher zu schauen. Selbst das manuelle Scharfstellen gelingt mit diesem Sucher problemlos sogar ohne Tricks wie eine Suchervergrößerung. Ich denke, mit diesem Videosucher wird sich auch jeder Spiegelreflex-Fotograf anfreunden können.

Zubehör, wie Blitzgeräte und sogar die Akkus, können Nikon-Fotografen beim Z-System weiterverwenden. Das Laden des Akkus innerhalb der Kamera funktioniert nur mit der neuesten Generation, diese hat offenbar zusätzliche Sensorik verbaut. Ältere Akkus müssen extern in der Ladeschale geladen werden. Die Batterielaufzeit ist übrigens mehr als ausreichend. Ich habe mit einer Akku-Ladung rund 700 Fotos gemacht und dazu einige Videos. Letztere in 4K und FullHD 120 fps, also die Modi, die richtig Akku saugen. Und die Fotos zur Hälfte in Raw (NEF) plus JPEG, die andere Hälfte nur in JPEG, weil die 32 GByte fassende Speicherkarte voll zu werden drohte. Außerdem habe ich zwischendurch immer wieder die Fotos angeschaut und einige gelöscht. Rein in JPEG und ohne Videos sollten locker 1.000 Fotos drin sein. Dabei habe ich übrigens nahezu immer den sensationell guten Videosucher benutzt (auch zum Anschauen der fertigen Fotos), der mehr Strom verbraucht, als der Monitor. Ach ja: Beide lassen sich übrigens auch ganz abschalten, was Fotografen freuen wird, die fernbediente Aufnahmen machen, Zeitrafferaufnahmen oder ähnliches. Und dank Status-Display auf der Oberseite könnte man den 3,2-Zoll-Monitor ja eigentlich abschalten, wenn man Energie-effizient fotografieren möchte. Ich korrigiere mich also noch mal. Wer so arbeitet und auf Rückschau verzichtet schafft wahrscheinlich noch deutlich mehr als 1.000 JPEGs.

Verantwortlich dafür ist eine ziemlich ausgefeilte Energiesparfunktion, die bei mir allerdings auch offenbar auf "ziemlich sparsam" eingestellt war. Wird die Kamera nicht genutzt, schaltet diese nach kurzer Zeit den Monitor auf halbe Helligkeit und wiederum kurz danach aus. Wiederum kurz darauf verfällt die gesamte Kamera in Standby, erwacht aber innerhalb von Sekundenbruchteilen wieder, sobald man den Auslöser antippt.

Fortsetzung auf Seite 2

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Jan-Markus Rupprecht

Jan-Markus Rupprecht, 59, fotografiert mit Digitalkameras seit 1995, zunächst beruflich für die Technische Dokumentation. Aus Begeisterung für die damals neue Technik gründete er 1997 digitalkamera.de, das Online-Portal zur Digitalfotografie, von dem er bis heute Chefredakteur und Herausgeber ist. 2013 startete er digitalEyes.de als weiteres Online-Magazin, das den Bogen der digitalen Bildaufzeichnung noch weiter spannt.