Mittelklasse-APS-C-Systemkamera

Testbericht: Nikon Z 50

2019-12-24 Mit der Z 50 bietet Nikon erstmals eine spiegellose Systemkamera mit APS-C-Sensor an und setzt dabei auf dasselbe System der beiden Vollformatmodelle Z 6 und Z 7. Die Ähnlichkeit ist der Z 50 auf den ersten Blick anzusehen: Sie sieht aus wie eine leicht geschrumpfte Z 6 oder Z 7. Mit "nur" 20 Megapixeln Auflösung hält sie etwas Abstand zu den Vollformatmodellen. Auch wenn die Vollformatobjektive verwendet werden können, gibt es passend zur Z 50 zwei sehr kompakte Zooms mit auf den APS-C-Sensor angepasstem Brennweitenbereich. Wie es um die Bildqualität, Bedienung, Ausstattung und Performance bestellt ist, klärt unser ausführlicher Testbericht.  (Benjamin Kirchheim)

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Ergonomie und Verarbeitung

Dass die Z 50 identisch zur Z 6 und Z 7 designt ist, nur eben etwas kleiner, sagt gleich auf den ersten Blick aus, dass es sich nicht um eine Einsteigerkamera handelt, sondern um eine APS-C-Kamera für anspruchsvollere Hobbyfotografen. Gleich beim ersten Anfassen spürt man den wohlgeformten, nicht zu kleinen und sehr ergonomischen Handgriff. Zudem ist die knapp unter 450 Gramm schwere Z 50 mit dem kleinen 16-50mm-Setobjektiv hervorragend ausbalanciert. Unter den spiegellosen APS-C-Systemkameras ist sie diejenige mit dem derzeit (Ende 2019) ergonomisch am besten ausgeformten Griff, ohne dass dieser allzu sehr auftragen würde. Nur der kleine Finger findet nicht bei jeder Handgröße noch Platz am Griff, was dem sicheren Halt aber in keinster Weise abträglich ist. Irgendwo müssen auch gewisse Kompromisse gemacht werden, wenn die Kamera kompakt und reisetauglich bleiben soll.

Die Kombination aus Kamera und Setobjektiv wiegt unter 600 Gramm und misst rund 13 mal 9 mal 9,5 Zentimeter (Breite mal Tiefe mal Höhe) inklusive Objektivdeckel. Damit lässt sich die Kamera zur Not sogar in einer Jackentasche verstauen, zerrt um den Hals gehängt nicht zu sehr am Nacken oder findet in anderen Taschen problemlos Platz. Das Gehäuse besteht teilweise aus einer Leichtmetalllegierung (Vorderseite) und teilweise aus Kunststoff (vor allem die Rückseitengehäuseschale). Die Spaltmaße sind gering, wenn auch nicht überall exakt gleich. Das Gehäusefinish wirkt hochwertig. Zudem sorgen großzügige, genarbte Gummiapplikationen am Handgriff, der Vorder- und Rückseite (inklusive Daumenmulde) für eine gute Rutschfestigkeit. Laut Nikon soll die Kamera übrigens staub- und spritzwassergeschützt sein. Davon merkt man aber nicht allzu viel, denn die Haptik der Tasten fühlt sich nicht nach Dichtungen an, genauso wenig sind am Akku- und Speicherkartenfach Dichtungen zu finden. Die Kamera wird sicher nicht bei einem leichten Regenschauer gleich ausfallen, aber Nikon hat definitiv besser abgedichtete Kameras im Programm. Die beiden DX-Objektive sind gar nicht erst abgedichtet.

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Alle wichtigen Bedienelemente sitzen in Reichweite der rechten Hand, inklusive des um den Auslöser angeordneten Einschalthebels. Der Auslöser besitzt einen gut fühl- und haltbaren ersten Druckpunkt. Tasten für Videoaufnahme, ISO-Empfindlichkeit und Belichtungskorrektur liegen direkt hinter dem Auslöser. Das Programmwählrad räumt den klassischen Kreativprogrammen P, A, S und M sowie zwei Benutzerspeichern den meisten Raum ein, aber auch die Vollautomatik, Motivprogramme sowie Bildeffektprogramme lassen sich hier direkt einstellen. Das Rad besitzt keine Sicherung, rastet aber gut ein und sitzt an keiner besonders exponierten Stelle. Ein praktischer Hebel unter dem Programmwählrad wechselt zwischen Foto- und Videomodus.

Exponierter sitzt da schon das Daumenrad auf der rechten, hinteren Oberseite. Es lässt sich dadurch hervorragend mit dem Daumen drehen und rastet dabei spür- und hörbar in kleinen Schritten ein. Auch das vordere Einstellrad lässt sich mit ähnlicher Haptik drehen, auch wenn es nur vorne aus dem Gehäuse herausragt. In Bajonettnähe sind zwei Funktionstasten zu finden. Die obere davon erreicht man sehr gut mit dem Mittelfinger, bei der unteren muss man den Ringfinger schon etwas mehr Strecken. Auf der Rückseite sind dann noch das Steuerkreuz samt zentraler Bestätigungstaste, eine AEL/AFL-Taste sowie vier weitere Tasten in Daumenreichweite zu finden. Einzig die Umschalttaste zwischen Display und Sucher muss mit der linken Hand bedient werden, sofern man die Taste aufgrund der automatischen Umschaltung überhaupt benötigt.

Beim Bildschirm handelt es sich um einen immerhin acht Zentimeter großen Touchscreen mit einer Million Bildpunkten Auflösung. Die maximale Leuchtdichte ist mit 550 cd/m² okay, aber es gibt deutlich hellere Displays. Zum Glück bietet die Z 50 aber auch einen guten Sucher, dazu gleich mehr. Die Touchbedienung ist gut in die Gesamtbedienung eingebettet, sowohl im Aufnahmemodus als auch im Menü sind entsprechende Funktionen alternativ zu den Tasten per Fingertipper bedienbar. Rechts neben dem Bildschirm befindet sich eine schwarze Fläche, die ebenfalls vom Displayschutzglas abgedeckt wird. Hier hat Nikon drei Sensortasten verbaut. Ob das statt richtiger Tasten nötig war, steht sicher auf einem anderen Blatt. Einen kleinen Vorteil aber gibt es: Klappt man den Bildschirm für Selfies um 180 Grad nach unten, klappen diese Touch-Bedienelemente einfach mit. Nikon hätte stattdessen aber genauso gut einen breiteren Bildschirm verbauen und die Touch-Tasten kontextsensitiv beziehungsweise programmierbar gestaltet können. Vielleicht wäre das für so einen traditionellen Fotokonzern und eventuell sogar seine Kunden aber auch etwas zu modern gewesen.

Dass der Bildschirm um 180 Grad nach unten klappt, ist löblich, weil so immerhin Selfies mit der Kamera möglich sind. Ein Selfie-Stick oder ein Gimbal für Vlogger sitzen dann allerdings vor dem Bildschirm, dafür ist die Kamera also nicht so gut geeignet. Positiverweise bleibt der Bildschirm bei bodennahen Aufnahmen oder unauffälligem Fotografieren "aus der Hüfte" in der optischen Achse hinter der Kamera. Was am Bildschirm etwas nervt, sind die kurzen, ohne Tastenaktivitäten nicht verlängerbaren Ausschaltzeiten im Menü sowie in der Wiedergabe, wo der Bildschirm bereits nach wenigen Sekunden dunkler wird, um sich kurz darauf auszuschalten. Vermutlich möchte Nikon so Akku-Energie sparen.

Die Menüs sind Nikon-typisch aufgebaut, es gibt sechs Hauptkategorien zuzüglich eines Favoritenmenüs. In den einzelnen Kategorien wird über bis zu fünf Bildschirmseiten gescrollt, eine Seite fasst maximal acht Menüpunkte. Nicht wählbare Optionen sind ausgegraut, zudem lässt sich zu vielen Menüpunkten eine Hilfe einblenden. Einzige Ausnahme ist das Menü für die Individualfunktionen, hier gibt es sogar sechs Bildschirmseiten, die farbig in sieben Kategorien geordnet sind. Zudem gibt es ein Quick-Menü mit zwölf Funktionen, das man zugegebenermaßen nicht ganz intuitiv über die rückwärtige "i"-Taste erreicht.

Der elektronische Sucher protzt zwar nicht mit der höchsten Auflösung, aber die 2,36 Millionen Bildpunkte des OLEDs sind durchaus ausreichend fein. Das Sucherokular ragt angenehm weit über den Bildschirm hinaus, so dass man die Nase beim Durchblick nicht so an die Kamera pressen muss. Mit Brille schattet der Sucher seitlich etwas ab, aber immerhin reicht die Dioptrienkorrektur von -3 bis +3 dpt. Sowohl der Sucher als auch der Bildschirm reagieren schnell, zeigen gute Farben und Kontraste. Auch ein Live-Histogramm, eine Belichtungsvorschau, eine Vorschau der Schärfentiefe (Abblendfunktion auf eine Fn-Taste programmierbar), eine digitale Ausrichthilfe (3D-Wasserwaage) sowie Gitterlinien lassen sich sowohl im Sucher, als auch auf dem Bildschirm einblenden.

Das Stativgewinde sitzt auf der Unterseite vorbildlich in der optischen Achse und auch mittig am doch recht schmalen Kameraboden. Dank des großen Handgriffs konnte Nikon den Akku zudem in eben diesem unterbringen, so dass das Fach sehr weit vom Stativgewinde entfernt sitzt. 300 Aufnahmen sind nach CIPA-Standard möglich. Das ist zwar nicht der beste Wert, aber ausreichend. Zudem hat Nikon dazugelernt, denn der Akku lässt sich nicht nur über USB in der Kamera nachladen (eine externe Ladeschale liegt trotzdem bei), sondern die Z 50 gibt sich mit der Art der USB-Stromquelle auch nicht mehr so wählerisch wie ihre großen Schwestermodelle Z 6 und Z 7. Neben der Micro-USB-Schnittstelle besitzt die Z 50 noch eine Micro-HDMI-Schnittstelle sowie einen 3,5 mm Mikrofoneingang. Abgedeckt werden die Schnittstellen von zwei gut sitzenden Gummilaschen. Drahtlos kommuniziert sie via Bluetooth 4.2 LE sowie WLAN auf 2,4 und sogar 5 GHz.

Auch die SD-Speicherkarte wird im Kamerabodenfach untergebracht. Die Z 50 ist zu SDHC, SDXC sowie UHS I kompatibel, nicht aber zu UHS II. Die Schreibgeschwindigkeit erreicht mit knapp 63 Megabyte pro Sekunde immerhin fast zwei Drittel des theoretischen Maximums von UHS I. Man sollte also keine langsamere Speicherkarte verwenden, wenn man die Kamera nicht ausbremsen möchte. Für 4K-Videoaufnahmen sollte ohnehin mindestens eine U3-Karte (V-Class 30) verwendet werden, die 30 MByte pro Sekunde Mindestschreibgeschwindigkeit garantiert.

Ausstattung

Wie bereits eingangs erwähnt, weist schon das Programmwählrad darauf hin, dass Einsteiger nicht die primäre Zielgruppe der Nikon Z 50 sind. Das heißt aber nicht, dass man mit dieser nicht einsteigen könnte und sie keine Automatikfunktionen bietet. Sie ist somit auch eine gute Kamera für diejenigen, die vielleicht ins Systemkamerasegment einsteigen, aber alsbald mehr möchten, als allein die Automatik bietet. So verzichtet die Z 50 beispielsweise auf eine spezielle Motivautomatik. Die Vollautomatik stellt die Kamera aber natürlich trotzdem optimal auf die Aufnahmebedingung ein, nur eben nicht ganz so motivspezifisch. Hier können Anfänger nichts verkehrt machen, denn Funktionen wie die Belichtungskorrektur oder der Weißabgleich stehen nicht zur Verfügung, wohl aber kann man in Raw statt oder zusätzlich zu JPEG fotografieren, wenn man möchte.

Wer zwar automatisch, aber abgestimmt auf das Motiv fotografieren möchte, muss sich ein passendes Motivprogramm selbst auswählen. Die Kamera nimmt dann im Sportmodus beispielsweise Serienbilder auf und der Autofokus verfolgt das Motiv, ohne dass man das speziell einstellen müsste. Auch wer gerne mit Effektprogrammen fotografiert, kommt bei der Z 50 voll auf seine Kosten, denn hier stehen zahlreiche Bildverfremdungsmöglichkeiten inklusive den Standards wie poppige Farben, Retro- und Schwarzweißmodi, ein Spielzeugkameraeffekt etc. bereit.

Auch in den klassischen Kreativprogrammen, bei denen man mit der Blende, ISO-Empfindlichkeit und Belichtungszeit halbautomatisch oder manuell arbeitet, können die Bildaufbereitungsparameter wie die Farbwiedergabe, Kontraste, Schärfe etc. angepasst werden. Neben Belichtungsreihen mit breiter Spreizung und vielen Aufnahmen (bis zu neun mit bis zu 1 EV oder bis zu fünf mit bis zu 3 EV) fertigt die Nikon auf Wunsch auch automatisch HDR-Aufnahmen an und verrechnet die Einzelbilder direkt in der Kamera. Eine Panoramafunktion gibt es hingegen nicht. Eine Intervallaufnahmefunktion fehlt dafür genauso wenig wie eine Zeitrafferfunktion (Intervallaufnahmefunktion mit automatischer Erstellung eines Videos).

Der integrierte Pop-Up-Blitz bietet eine kleine Leitzahl von etwa sieben und muss manuell entriegelt werden. In der Automatik empfiehlt die Kamera das Ausklappen des Blitzes, wenn sie der Meinung ist, das sei nötig. Dabei unterscheidet sie sogar zwischen Gegenlicht (Aufhellblitzen) und dunklen Motiven (das ganze Motiv ausblitzen). Der Blitz bietet alle nötigen Funktion wie das Aufhellblitzen, die Langzeitsynchronisation oder das Blitzen am Ende der Belichtung. Die kürzeste Synchronzeit beträgt 1/200 Sekunde, mit elektronischem Verschluss kann hingegen nicht geblitzt werden. Auch eine Blitzbelichtungskorrektur sowie eine Möglichkeit zur manuellen Blitzleistungsregelung fehlen nicht. Als TTL-Drahtlosblitzauslöser kann der integrierte Blitz hingegen leider nicht dienen, das ist einem Steuergerät oder Systemblitz auf dem TTL-Systemblitzschuh vorbehalten. Auch Mittenkontaktblitze können verwendet werden, was ja heute keine Selbstverständlichkeit mehr ist.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.