Klassisches Porträtobjektiv

Testbericht: Sony FE 85 mm F1.4 GM (SEL85F14GM)

2018-01-01 Ein F1,4 lichtstarkes 85mm-Objektiv ist der Porträt-Klassiker schlechthin. Sony siedelt das FE 85 mm F1.4 GM in seiner höchsten Güteklasse "G Master" an, die für höchste Bildqualität steht. Diese hat beim 85er allerdings auch einen stolzen Preis, unter 1.700 Euro ist das Objektiv kaum zu bekommen. Ob die Gegenleistung in Form von Bildqualität, Haptik und Praxistauglichkeit stimmt, klären wir im Labor- und Praxistest an der brandneuen Sony Alpha 7R III.  (Benjamin Kirchheim)

Man könnte das Sony FE 85 mm F1.4 GM von den Bildern her für ein kompaktes Objektiv halten. Doch beim genaueren Blick entdeckt man das kleine Bajonett. Dies ist jedoch nicht kleiner als sonst, sondern das Objektiv entpuppt sich als wahres Monster. Über 800 Gramm drückt es auf die Waage und ist damit schwerer als die 655 Gramm "leichte" Testkamera Sony Alpha 7R III. Auch die Abmessungen haben es in sich: 8,5 Zentimeter Durchmesser und fast elf Zentimeter Länge. Da mutet das 77mm-Filtergewinde schon fast wieder klein an.

Apropos Filtergewinde: Soll die G-Master-Serie nicht die höchste Güte im Objektivbau bei Sony repräsentieren? Warum besteht ausgerechnet das Filtergewinde dann aus Kunststoff? Auch am hinteren Objektivtubus ist eine Kunststoffverkleidung zu finden. Warum Sony hier bei einem von der unverbindlichen Preisempfehlung her über 2.000 Euro teuren Objektiv noch spart, erschließt sich uns nicht ganz. Glücklicherweise tut der Kunststoff dem hochwertigen Eindruck des Objektivs kaum einen Abbruch. Viele andere Teile des Gehäuses und selbstverständlich auch das Bajonett bestehen aus Metall. Zudem ist das gesamte Gehäuse vorbildlich gegen Spritzwasser und Staub abgedichtet. Dem Objektiv liegt übrigens eine hochwertige Tasche mit Reißverschluss bei, die mittels Gurt über der Schulter getragen werden kann oder sich an einem Gürtel befestigen lässt.

Ausstattung und Handhabung

Da es sich beim Sony FE 85 mm F1.4 GM um eine Festbrennweite handelt, bleibt viel Platz für den Fokusring. Dieser ist satte 2,5 Zentimeter breit und sitzt recht weit vorne am Objektiv. Er ist mit einem griffig geriffelten Gummi überzogen und arbeitet rein elektronisch. Die Stellbefehle werden an den flotten wie lautlosen Fokusmotor weitergegeben, der die Fokussierung rein intern im Objektiv vornimmt. Dabei reagiert die Fokusverstellung auf langsame Bewegungen äußerst feinfühlig, während sich mit schnellen Bewegungen größere Fokussprünge vollführen lassen. Damit lässt sich, vor allem unter Zuhilfenahme der Fokuslupe und wahlweise auch des Fokuspeakings der Kamera hervorragend manuell fokussieren. Auch die Schärfentiefe wird im Livebild stets zur aktuell gewählten Blende passend angezeigt.

Eine sonderlich gute Naheinstellgrenze besitzt das FE 85 mm F1.4 GM indes nicht, erst ab 80 Zentimetern Entfernung (ab Sensorebene) kann scharfgestellt werden. Das entspricht einem maximalen Abbildungsmaßstab von lediglich 1:8,3. Als Porträtobjektiv braucht es aber im Prinzip auch nicht mehr. Die Umschaltung zwischen manuellem und automatischem Fokus erfolgt übrigens per Schiebeschalter links am Objektiv. Hier ist außerdem eine programmierbare Funktionstaste zu finden.

Ein zweiter Ring sitzt deutlich weiter hinten am Objektiv. Er besteht aus geriffeltem Metall und ist ebenfalls sehr griffig, er ist jedoch mit rund 1,4 Zentimetern deutlich schmaler, wobei die Riffelung sogar nur die halbe Breite in Anspruch nimmt. Hierbei handelt es sich um einen in Drittelstufen rastenden Blendenring, der zusätzlich über eine, allerdings nicht arretierbare, Automatikstellung verfügt. Von F1,4 bis F16 kann hier die Blende eingestellt werden. Auf Automatik übernimmt hingegen die Kamera die Steuerung, auf Wunsch auch über eines der Kameraeinstellräder.

Videofilmer dürfte freuen, dass die Rastung per Schiebeschalter an der Objektivunterseite deaktiviert werden kann. Dann arbeitet die mit elf Lamellen nahezu kreisrunde Blende absolut stufen- und lautlos, auch wenn die Kamera die Öffnung nach wie vor nur in Drittelstufen anzeigt. Gemeinsam mit dem unhörbaren Fokusmotor eignet sich das Objektiv also sehr gut für Videoaufnahmen mit geringer Schärfentiefe. Einen optischen Bildstabilisator gibt es hingegen nicht, das übernimmt allein die Kamera mit ihrem beweglich gelagerten Bildsensor (ab der zweiten Generation der Alpha-7-Familie sowie bei der Alpha 9).

Bildqualität

Die optische Konstruktion des Sony FE 85 mm F1.4 GM besteht aus elf Linsen, die in acht Gruppen angeordnet sind. Dabei kommen drei ED-Gläser sowie ein extrem-asphärisches Element zum Einsatz, um optische Fehler zu minimieren. Außerdem verfügt das 85er über eine Nanovergütung, die besonders effektiv Kontrastverlusten und Geisterbildern vorbeugen soll. Tatsächlich erweist sich das Objektiv als absolut gegenlichtfest. Wir konnten selbst bei direkter Sonneneinstrahlung weder Kontrastverluste noch Blendenreflexe feststellen. Da fragt man sich fast, wozu Sony noch eine Streulichtblende beilegt (sie eignet sich auch gut als Schutz der Frontlinse vor mechanischen Beschädigungen). Auch beim Bokeh leistet sich das Objektiv keine Schwächen, kommt aber an das 100 mm STF nicht heran, bietet jedoch eine noch geringere Schärfentiefe und natürlich mit F1,4 im Gegensatz zu T5,6 eine viel bessere Tauglichkeit für die Fotografie bei wenig Licht (beispielsweise Bühnenfotografie).

Im Labor konnten wir eine leichte kissenförmige Verzeichnung messen (siehe Diagramm unten). Das ist nicht schön, aber bei 0,5 Prozent kaum auffällig beziehungsweise störend. Die Randabdunklung beträgt maximal 0,7 Blendenstufen bei Offenblende und nimmt beim Abblenden auf F8 auf 0,3 Blendenstufen ab. Der Verlauf ist jedoch stets sehr weich, wodurch sie kaum auffällt. Etwas anders sieht es da schon mit den Farbsäumen aus. Trotz der Spezialgläser gelingt es Sony nicht, diese gänzlich zu korrigieren. Dabei treten sowohl chromatische Aberrationen auf, die zum Bildrand hin stärker und leicht sichtbar werden, als auch sogenannte Bokeh-CAs, also Farbsäume im Unschärfebereich, auch wenn diese nur ganz leicht sind.

Hervorragend schlägt sich das Sony FE 85 mm F1.4 GM hingegen bei der Auflösungsmessung an der Alpha 7R III. Bei 50 Prozent Kontrast erreicht es ein Maximum von fast 80 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm), muss dafür allerdings auf F4 abgeblendet werden. Die Maximalauflösung wird bei F5,6 erreicht, darüber nimmt die Auflösung beugungsbedingt bereits wieder leicht ab. Aber auch bei F8 ist die Auflösung sehr hoch. Erst jenseits von F11 fällt sie unter die Marke von 70 lp/mm. Die niedrigste Auflösung stellt sich jedoch bei Offenblende mit knapp 60 lp/mm ein. Das Objektiv ist offen also etwas weicher, zeigt aber auch hier noch eine hohe Auflösung. Übrigens fällt die Auflösung zum Bildrand hin nicht ab, im Gegenteil ist sie durch eine offensichtlich stärkere Nachschärfung am Bildrand bei offenen Blenden sogar etwas höher als im Bildzentrum.

Fazit

Das Sony FE 85 mm F1.4 GM ist ein sehr gut verarbeitetes (für ein "hervorragend" hätte Sony sich die Kunststoffteile sparen sollen) und dank Spritzwasser- und Staubschutz auch robustes Objektiv, das allerdings sehr klobig und teuer ist. Dank des lautlosen Innenfokus und der auf Wunsch stufenlosen und lautlosen Blende eignet es sich für Foto- und Videografen gleichermaßen. Der Autofokus arbeitet schnell und präzise, auch die manuelle Fokussierung gelingt tadellos. Bei der Bildqualität überzeugt das Sony FE 85 mm F1.4 GM mit seiner Gegenlichtfestigkeit, dem schönen Bokeh und der sehr hohen Auflösung von der Bildmitte bis zum Bildrand, vor allem wenn man es etwas abblendet. Die optischen Fehler sind hingegen nicht gänzlich auskorrigiert. So gibt es eine minimale Verzeichnung und Randabdunklung, die jedoch praktisch kaum auffallen. Farbsäume hingegen können schon eher gelegentlich ins Auge fallen.

Kurzbewertung

  • Spritzwasser- und Staubschutz
  • Hohe Auflösung
  • Schönes Bokeh
  • Gegenlichtfest
  • Gehäuse teilweise nur aus Kunststoff (bspw. das Filtergewinde)
  • Leichte Farbsäume
  • Nicht ganz verzeichnungsfrei
  • Groß und schwer

Sony FE 85 mm F1.4 GM (SEL85F14GM) mit Sony Alpha 7R III

Verzeichnung

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.

Hersteller Sony
Modell FE 85 mm F1.4 GM (SEL85F14GM)
Unverbindliche Preisempfehlung 2.099,00 €
Bajonettanschluss Sony E
Brennweite 85,0 mm
Lichtstärke (größte Blende) F1,4
Kleinste Blendenöffnung F16
KB-Vollformat ja
Linsensystem 11 Linsen in 8 Gruppen
inkl. ED und asphärische Linsen
Anzahl Blendenlamellen 11
Naheinstellgrenze 800 mm
Bildstabilisator vorhanden nein
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz ja
Filtergewinde 77 mm
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 86 x 108 mm
Objektivgewicht 820 g

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.