Mittelklasse-Telezoom

Testbericht: Sony FE 70-300 mm F4.5-5.6 G OSS (SEL-70300G)

2017-12-22 Ein 70-300mm-Telezoom mit etwas geringerer Lichtstärker und dafür einigermaßen leistbarem Preis gehört in jedes Kamerasystem. Da lässt Sony sich mit dem FE 70-300 mm F4.5-5.6 G OSS (SEL-70300G) nicht lumpen, siedelt es aber mit G-Label eher in der Mittelklasse an. Selbst dafür ist der Preis jedoch nicht gerade günstig. Ob das Sony dafür eine gute Ausstattung und Bildqualität bietet, klärt unser Test.  (Benjamin Kirchheim)

Für ein Mittelklasse-Objektiv ist das Sony FE 70-300 mm F4.5-5.6 G OSS gut verarbeitet. Das Gehäuse besteht aus Metall, ist jedoch nicht gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet. Dennoch bringt das Zoom lediglich knapp über 850 Gramm auf die Waage. Mit einem Durchmesser von knapp über acht und einer Länge von gut 14 Zentimetern ist das Objektiv nicht kleiner als ein Pendant für eine DSLR, bei diesen Brennweiten spart ein spiegelloses Vollformat-Objektiv leider nichts ein. Obwohl die Alpha 7R II eine recht kompakte Vollformatkamera ist, ergibt das Objektiv mit ihr eine gut ausbalancierte Kombination, sogar einhändig lässt es sich noch einigermaßen halten, man braucht also nicht unbedingt den Batteriegriff zur Kamera.

Ausstattung und Bedienung

Anders als beispielsweise beim 70-200 2.8 sitzt nicht etwa der Zoomring in der Mitte des Objektivs und der Fokusring ganz vorne, beim 70-300 ist es genau umgekehrt. Vorne thront ein mit vier Zentimetern äußerst üppiger Zoomring, der mit einer viertel Umdrehung den Brennweitenbereich von 70 über die Markierungen bei 100, 135 und 200 Millimetern bis 300 Millimeter verstellt. Dabei fährt ein zweistufiger Tubus um gut 6,6 Zentimeter auf dem Gehäuse heraus, so dass das Objektiv eine stattliche Länge von gut 21 Zentimetern erreicht. Dieser Tubus besteht im Gegensatz zum Außengehäuse aus Kunststoff. Dank der breiten, geriffelten Gummierung ist der Zoomring äußerst griffig. Gegen versehentliches Ausfahren lässt er sich mit einem kleinen Schiebeschalter bei 70 Millimeter Brennweite arretieren. Im neuen Zustand muss man das Objektiv jedoch ganz schön durchschütteln, um den Tubus zum Ausfahren zu bewegen. Das könnte sich nach längerer Nutzungsdauer ändern, dann wird die Arretierung umso wichtiger.

Im Gegensatz zum Zoomring ist der Fokusring mit einem Zentimeter Breite recht mickrig ausgefallen. Offensichtlich geht Sony nicht davon aus, dass dieses Objektiv besonders häufig manuell fokussiert wird. Dennoch funktioniert letzteres äußerst gut. Der Fokusring ist ebenfalls griffig geriffelt, jedoch nicht gummiert, er besteht aus Kunststoff. Er arbeitet rein elektronisch und gibt Stellbefehle an den schnellen, leisen und präzisen Fokusmotor weiter. Zum Scharfstellen werden lediglich ein paar Linsengruppen innerhalb des Objektivs verstellt. Die elektronische Umsetzung des Fokus reagiert unterschiedlich empfindlich auf schnelle und langsame Stellbewegungen des Rings, so dass man sehr feinfühlig scharfstellen kann. Mit Hilfe der Fokuslupe der Kamera ist es kein Problem, auf den Punkt genau zu fokussieren.

Aktiviert wird der manuelle Fokus über einen Schalter links am Objektiv. Ein weiterer Schalter stellt die Naheinstellgrenze von 90 Zentimetern auf drei Meter hoch, damit der Fokus durch Ausblendung des Nahbereichs schneller arbeiten kann. Die Naheinstellgrenze von 90 Zentimetern ist äußerst kurz und erlaubt einen beachtlichen maximalen Abbildungsmaßstab von 1:3,2. Des Weiteren gibt es einen Knopf zwischen Fokus- und Zoomring. Dieser ist defaultmäßig mit der Fokus-Stopp-Funktion vorbelegt, lässt sich aber auch in der Kamera umprogrammieren. Wir haben uns beispielsweise für die AF-On-Funktion entschieden, aber damit lassen sich auch beispielsweise die Gitterlinien einblenden, der Serienbildmodus aktivieren oder vieles anderes.

Der dritte Schiebeschalter an der Objektivseite steuert den optischen Bildstabilisator. Zwar sind die Alpha-7-Kameras ab der zweiten Serie sowie die Alpha 9 mit einem Sensor-Shift-Bildstabilisator ausgestattet, bei langen Brennweiten jedoch ist ein Objektiv-Bildstabilisator effektiver. Darüber hinaus arbeiten die beiden Stabilisationssysteme äußerst effektiv zusammen. Wer optische Filter verwenden möchte, muss diese mit 72 Millimetern Durchmesser kaufen, dann passen sie genau ins Frontgewinde.

Bildqualität

Das Sony FE 70-300 mm F4.5-5.6 G OSS (SEL-70300G) ist mit neun Blendenlamellen ausgestattet, die für eine nahezu kreisrunde Öffnung sorgen. Angesichts der großen Brennweite ist die Schärfentiefe nämlich trotz der nicht so hohen Lichtstärke recht gering, sodass dem Bokeh eine wichtige Rolle zuteilwird. Zwar ist das 70-300 kein Bokeh-Wunder wie ein hochlichtstarkes Porträtobjektiv oder gar das 100 STF, jedoch kann es sich wirklich sehen lassen. Dank der Nanovergütung ist das Objektiv zudem recht unempfindlich beim Gegenlicht. Die Kontraste bleiben auch bei direkter Sonneneinstrahlung von vorne hoch, lediglich leichte Lensflares können sich zeigen. Eine Streulichtblende gehört übrigens ebenso zum Lieferumfang wie ein schöner Schutzbeutel, in dem man das Objektiv getrost beispielsweise in einen Rucksack stecken kann.

Beim Labortest an der Sony Alpha 7R II zeigt sich des Weiteren, dass kaum Farbsäume auftreten. Die werden von den verbauten asphärischen und ED-Linsen gut unterdrückt. Auch Bokeh-CAs spielen keine Rolle. Äußerst gering fällt zudem die Randabdunklung aus, sie liegt selbst im Maximum unter einer halben Blendenstufe und zeigt zudem einen sanften Verlauf. Etwas unschöner ist das schon die durchgehend kissenförmige Verzeichnung von über 1,5 Prozent, die beim Zoomen auf die längste Brennweite auf die Hälfte abnimmt.

Bei der Auflösungsmessung bei 50 Prozent Kontrast ergibt sich hingegen ein durchwachsenes Bild. Am kurzen Brennweitenende ist die Auflösung weder im Bildzentrum noch am Bildrand ausgesprochen hoch. Angesichts des 42-Megapixel-Sensors liegt sie mit 50-60 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) im Bildzentrum und 40-50 lp/mm am Bildrand nur im mittleren Bereich. Durch die etwas schwache Auflösung im Bildzentrum ist dafür der Randabfall der Auflösung relativ gesehen nicht so dramatisch. Von F8 auf F11 nimmt die Auflösung im Bildzentrum ordentlich von knapp 60 auf über 70 lp/mm zu, der Bildrand kommt hingegen kaum über die Marke von 50 lp/mm.

Bei mittlerer und langer Brennweite sieht es im Bildzentrum besser aus. Bereits bei Offenblende werden knapp 70 lp/mm erreicht, bis F8 steigert sich die Auflösung minimal auf ein Maximum von 72-73 lp/mm. Zwar gibt der Sensor locker mehr als 80 lp/mm her, aber für ein Mittelklasse-Telezoom ist die Auflösung hier wirklich gut. Bei mittlerer Brennweite (ca. 140-140 mm) kann sogar der Bildrand gut mithalten, hier liegt die Auflösung im Bereich von F5 (Offenblende) bis F8 bei gut 63 lp/mm. Bei langer Brennweite hingegen krebst die Auflösung bei ungefähr 50 lp/mm herum, was zwar keine so schlechte Auflösung ist, aber 30 Prozent Randabfall der Auflösung bedeutet.

Fazit

Von der Ausstattung und den Funktionen her ist das Sony FE 70-300 mm F4.5-5.6 G OSS (SEL-70300G) ganz klar ein Telezoom der oberen Mittelklasse. Das Metallgehäuse ist gut verarbeitet, jedoch nicht gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet. Insbesondere der Fokus bietet mit seiner geringen Naheinstellgrenze und damit einhergehendem großen Abbildungsmaßstab und einigen Bedienelementen eine üppige Ausstattung. Dank des Hybrid-Bildstabilisators (in der Kamera und im Objektiv) gelingen zudem auch bei verhältnismäßig langen Verschlusszeiten noch verwackelungsfreie Aufnahmen. Die optische Korrektur ist, abgesehen von der leicht sichtbaren kissenförmigen Verzeichnung äußerst gut. Farbsäume und Randabdunklung spielen keine Rolle, auch das Bokeh kann sich sehen lassen, dank der Nanovergütung ist das 70-300 Gegenlicht-unempfindlich. Bei der Auflösung hingegen zeigen sich ein paar Schwächen. Richtig gut ist das Objektiv nur bei mittlerer Brennweite und bei langer zumindest im Bildzentrum, am kurzen Brennweitenende sollte man hingegen auf F8 abblenden, dann löst zumindest das Bildzentrum hoch auf.

Kurzbewertung

  • Kaum Farbsäume und Randabdunklung
  • Schneller Autofokus mit Fokusbegrenzer
  • Effektiver (Hybrid-) Bildstabilisator
  • Hohe Auflösung (allerdings teilweise nur in der Bildmitte)
  • Zahlreiche Bedienelemente
  • Randauflösung dürfte bei 70 und 300 mm gerne höher sein
  • Kein Spritzwasser- und Staubschutz
  • Für ein 70-300 relativ hoher Preis

Sony FE 70-300 mm F4.5-5.6 G OSS (SEL70300G) mit Sony Alpha 7R II (v6.0)

Verzeichnung

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.

Hersteller Sony
Modell FE 70-300 mm F4.5-5.6 G OSS (SEL70300G)
Unverbindliche Preisempfehlung 1.499,00 €
Bajonett E-Mount
Brennweitenbereich 70-300 mm
Lichtstärke (größte Blende) F4,5 bis F5,6
Kleinste Blendenöffnung F29
Linsensystem 16 Linsen in 13 Gruppen
inkl. ED und asphärische Linsen
KB-Vollformat ja
Anzahl Blendenlamellen 9
Naheinstellgrenze 900 mm
Bildstabilisator vorhanden ja
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz ja
Filtergewinde 72 mm
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 84 x 144 mm
Objektivgewicht 854 g

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.