Kompaktes APS-C-Standardzoom

Canon RF-S 18-45 mm F4.5-6.3 IS STM im Test

2022-10-10 Das Canon RF-S 18-45 mm F4.5-6.3 IS STM ist eines der aktuell lediglich zwei APS-C-Objektive im EOS-R-System und das Standardzoom der EOS R10. Canon selbst hat das Objektiv jedoch nicht im Testgeräte-Leihpool, so dass wir es nicht im Kameratest verwenden konnten. Inzwischen half uns jedoch unser News-Sponsor FOTOPROFI, Baden-Württembergs größter Fotofachhandel, mit der Leihgabe einer EOS R10 samt RF-S 18-45 aus, so dass wir nun doch auch das günstigere der beiden RF-S-Zooms testen konnten – und das sogar an der Canon EOS R10 und R7.  (Benjamin Kirchheim)

Verarbeitung und Zoom

Das Canon RF-S 18-45 mm F4.5-6.3 IS STM besteht komplett aus Kunststoff, inklusive des 49 Millimeter messenden Filtergewindes und des RF-Bajonetts. Entsprechend bringt es leichte 125 Gramm auf die Waage. Zusammen mit der Testkamera EOS R10, die ebenfalls ein Kunststoffgehäuse besitzt, sind es betriebsbereit gerade einmal 552 Gramm. Ein Wetterschutz ist nicht vorhanden und bei solchen Kit-Objektiven auch nicht üblich.

Eigentlich misst das Zoom auch lediglich 6,2 Zentimeter im Durchmesser, wäre da nicht das für einen Kleinbildsensor ausgelegte RF-Bajonett, wodurch das Objektiv an seiner Basis 6,9 Zentimeter im Durchmesser misst. Die Länge beträgt lediglich 4,4 Zentimeter. Möglich ist das dank des Auszugsmechanismus. Dreht man den Zoomring gegen einen kleinen Widerstand um eine achtel Umdrehung, fährt ein rund 2,9 Zentimeter langer Tubus aus. Beim Zoomen fährt dieser bis zu einer Brennweite von 31 Millimetern um etwa acht Millimeter ein, bevor er ab 33 Millimetern Brennweite wieder langsam auf maximal 2,3 Zentimeter ausfährt. Kurzum: bei kürzester Brennweite ist das Objektiv mit 7,3 Zentimetern am längsten.

Der 1,7 Zentimeter breite Zoomring ist auf einer Breite von einem Zentimeter geriffelt, was trotz der glatten Kunststoffoberfläche für eine gute Griffigkeit sorgt. Gezoomt wird mit weniger als einer viertel Umdrehung, wobei die Brennweiten 18, 24, 28, 35 und 45 Millimeter ordentlich lesbar in hellgrauer Farbe beschriftet sind. Das entspricht aufgrund des APS-C-Sensors mit seinem 1,6-fachen Cropfaktor kleinbildäquivalenten Brennweiten von 29, 38, 45, 56 und 72 Millimeter. Während also die Beschriftungen klassischen Festbrennweiten entsprechen, ist das bei den Kleinbildäquivalenten nicht der Fall.

Beschriftungen bei 22 und 31 Millimetern wären praktisch gewesen, das würde klassischen kleinbildäquivalenten Brennweiten von 35 und 50 Millimetern entsprechen. Immerhin wird die reale Brennweite auch permanent auf dem Kamerabildschirm beziehungsweise im Sucher angezeigt, so dass man gezielt diese Brennweiten ansteuern kann, wenn man möchte. Der 2,5-fache Zoombereich zeigt aber auch, dass das Objektiv weder viel Weitwinkel, noch viel Tele bietet. Setobjektive anderer Hersteller fangen oft bei unter 28 Millimeter Kleinbildäquivalent an, manchmal sogar bereits bei 24 Millimetern.

Immerhin verfügt das Canon RF-S 18-45 mm F4.5-6.3 IS STM über einen optischen Bildstabilisator. Vier Blendenstufen längere Belichtungszeiten verspricht Canon, ein hoher, aber nicht ganz unüblicher Wert für optische Bildstabilisatoren, die mit beweglichen Linsen im Objektiv arbeiten. In der Praxis konnten wir jedoch lediglich bis zwei Blendenstufen verwackelungsfreie Fotos aufnehmen, bei längeren Belichtungszeiten als 1/20 Sekunde im Tele und 1/8 Sekunde im Weitwinkel stiegt der Anteil verwackelter Bilder deutlich an.

Fokus

Der Autofokus des Canon RF-S 18-45 mm F4.5-6.3 IS STM arbeitet nahezu unhörbar und sehr flott. Zudem bewegen sich dank Innenfokuskonstruktion keine äußeren Teile des Objektivs. Da das Zoom keine Schalter besitzt, kann nur über die Kamera auf manuellen Fokus umgeschaltet werden. Diese entscheidet auch darüber, welche Fokushilfen angeboten werden. Eine Fokuslupe sowie Fokuspeaking und eine Fokusskala, die aber nur eine Schätzung der exakten Entfernung zulässt, sind bei Canon im EOS-R-System Standard, so dass sich die Schärfeebene manuell gut finden lässt. Zudem gibt es einen nützlichen Fokusassistenten, der mittels dreier Pfeile anzeigt, wie weit man vom Fokuspunkt entfernt ist. Die Daten werden über das Autofokussystem ermittelt und gelten entsprechend für den gewählten Fokuspunkt. Das funktioniert allerdings nicht für den dichtesten Nahbereich.

Der manuelle Fokusring ist sieben Millimeter schmal, lässt sich dank der feinen, sechs Millimeter breiten Kunststoffriffelung aber ganz gut bedienen. Er arbeitet rein elektronisch und erlaubt jederzeit einen manuellen Eingriff in die Fokussierung. Es ist möglich, den Fokusring als Multifunktions-Steuerring zu verwenden. Die Umschaltung erfolgt über das Menü. Als Funktionsring lassen sich allerlei Einstellungen vornehmen, beispielsweise die ISO-Empfindlichkeit oder die Belichtungskorrektur. Welche Funktion übernommen wird, kann ebenfalls im Menü festgelegt werden. Unglücklich ist aber, dass der Ring auch dann nicht als manueller Fokusring funktioniert, wenn man auf den manuellen Fokus wechselt. Man muss also auf manuellen Fokus wechseln und im Menü die Ringfunktion umschalten.

Die "Übersetzung" des Fokusrings arbeitet nicht-linear, womit neben dem Drehwinkel vor allem die Drehgeschwindigkeit über den zurückgelegten Fokusweg entscheidet. Dreht man schnell, werden mit geringem Drehwinkel große Distanzen zurückgelegt, dreht man langsam, werden mit großem Drehwinkel kleine Distanzen zurückgelegt. Damit kann man wunderbar feinfühlig manuell auf das Motiv fokussieren.

Canon gibt eine Naheinstellgrenze von 20 Zentimetern bei kürzester Brennweite und einen maximalen Abbildungsmaßstab von 1:6,25 bei maximaler Brennweite an. Tatsächlich konnten wir im Weitwinkel sogar bereits ab 15,3 Zentimeter automatisch fokussieren. Mit manuellem Fokus ist sogar eine minimale Distanz von 13 Zentimetern möglich, allerdings werden dabei die Bildränder deutlich unscharf und der Abstand des Motivs von der Objektivfront beträgt nur noch 3,5 Zentimeter. Das minimale Bildfeld beträgt dann 6 mal 4 Zentimeter, was einem beeindruckenden Abbildungsmaßstab von 1:2,7 entspricht.

In Telestellung konnten wir bis zu einer minimalen Distanz von 27,5 Zentimetern gemessen ab Sensorebene automatisch fokussieren. Das minimale Bildfeld beträgt dabei 9,6 mal 6,4 Zentimeter, was einem Abbildungsmaßstab von 1:4,3 entspricht. Manuell konnten wir bereits ab 21 Zentimetern fokussieren (12,5 Zentimeter ab Objektivfront), worunter jedoch die gesamte Bildschärfe deutlich leidet. Das minimale Bildfeld beträgt dann 6,2 mal 4,1 Zentimeter, was einem Abbildungsmaßstab von 1:2,8 entspricht.

Der maximale Abbildungsmaßstab mit Autofokus ist also bereits deutlich besser als versprochen, ob man allerdings den Bildqualitätsverlust bei noch näheren Distanzen in Kauf nehmen möchte, die mit manuellem Fokus möglich sind, muss wohl jeder selbst entscheiden.

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.