Kompaktes, lichtstarkes Telezoom

Canon RF 70-200 mm F2.8L IS USM im Test

2022-06-02 Das Canon RF 70-200 mm F2.8L IS USM ist das derzeit kürzeste 70-200mm-Vollformat-Objektiv mit einer Lichtstärke von F2.8 und das Teleobjektiv der F2,8-Trinity-Serie von Canon. Dank mitgelieferter, aber abnehmbarer Stativschelle ist es überraschend reisetauglich, ohne dass der Fotograf auf eine durchgehend hohe Lichtstärke verzichten muss. Ob das Oberklassezoom aber auch eine dem Preis von gut 2.700 Euro entsprechende, gute Bildqualität abliefert, klären wir im Test an der 45 Megapixel auflösenden Canon EOS R5.  (Benjamin Kirchheim)

Verarbeitung

Nur 14,6 Zentimeter misst das Canon RF 70-200 mm F2.8L IS USM in der Länge, sein Durchmesser beträgt ungefähr neun Zentimeter. Damit ist es angesichts der Brennweite und Lichtstärke ziemlich kompakt. Zudem weiß auch das geringe Gewicht von unter 1,1 Kilogramm zu überzeugen – allerdings nur ohne die mitgelieferte Stativschelle und Streulichtblende. Betriebsbereit mit der Testkamera Canon EOS R5, der Stativschelle und der Streulichtblende wiegt die Kombination knapp über zwei Kilogramm. Dafür muss man allerdings mit viel Kunststoff Vorlieb nehmen, am Gehäuse kommt mit Ausnahme des Bajonetts kein Stück Metall zum Einsatz. Dennoch macht das Objektiv einen hochwertig verarbeiteten Eindruck.

Das Gehäuse ist in einem matten, samtigen Grau beschichtet, damit es sich in der Sonne weniger stark aufheizt. Die Objektivfront sowie die Gummierungen von zwei der drei Einstellräder sind in kontrastierendem Schwarz gehalten, zudem ziert der rote "L"-Ring das Objektiv. Für die nötige Robustheit sorgen zahlreiche Dichtungen, die vor dem Eindringen von Spritzwasser und Staub schützen sollen. Am Bajonett ist eine dieser Dichtungen deutlich sichtbar.

An der Objektivfront befindet sich ein mit 77 Millimetern recht großes Filtergewinde aus Kunststoff. Um dieses nicht zu beschädigen, sollte man Metallfilter sehr sorgsam anbringen. Außen an der Objektivvorderseite befindet sich das Bajonett zum Anschluss der mitgelieferten Streulichtblende. Diese wiegt nur knapp 93 Gramm und besteht komplett aus Kunststoff. Außen ist sie mattgrau beschichtet, aber an der Front wieder Schwarz. Innen sollen schwarze Riffelungen Reflexionen vermeiden. Eine Schiebeluke sorgt trotz fast acht Zentimetern Länge dafür, dass man einen Filter noch bequem drehen kann. Dank einer automatisch arretierenden Sicherung rastet die Blende am Bajonett ein, und zwar sowohl in Fotostellung als auch in umgekehrter Transportstellung, so dass sie sich nicht versehentlich lösen kann. In Transportstellung verdeckt die Blende den Zoomring sowie die seitlichen Schalter, so dass sich damit kein schneller Schnappschuss machen lässt.

Zum weiteren Lieferumfang des Canon RF 70-200 mm F2.8L IS USM gehört ein Objektivbeutel, in dem sich das Objektiv gut geschützt verstauen lässt, falls man es beispielsweise mit anderen Gegenständen zusammen in einen Rucksack oder eine andere Tasche "werfen" möchte, die keine separaten Fächer für Kameraausrüstung bietet.

Ausstattung und Bedienung

Mit drei Einstellringen und fünf Schaltern geizt das Canon RF 70-200 mm F2.8L IS USM nicht gerade mit Bedienelementen. Die mitgelieferte Stativschelle lässt sich praktischerweise komplett abnehmen, wodurch das Objektiv kompakter und um 123 Gramm leichter wird. Damit wird es besonders reisetauglich. Die Schelle besteht aus Metall und besitzt drei Markierungen in 90-Grad-Schritten, um sie exakt ins Hoch- oder Querformat bringen zu können. Eine Rastung fehlt indes genauso wie eine Schwalbenschwanzform, wie es manch andere Hersteller machen. Es ist also in jedem Fall eine Stativschnellwechselplatte erforderlich. Erfreulich ist indes, dass neben dem Stativgewinde auch ein Sicherungspin gegen versehentliches Verdrehen Platz findet, sofern die Stativplatte einen solchen Pin bietet.

Angesetzt an die EOS R5 befindet sich in Griffnähe der mechanische Zoom-Lock-Schalter, der das Zoom bei kürzester Brennweite mechanisch blockiert und somit verhindert, dass der Tubus ausfährt. Der vorderste und breiteste der drei Einstellringe ist der Zoomring. Eine sehr griffige, 3,4 Zentimeter breite Gummiriffelung sorgt für den nötigen Grip beim Zoomen. Mit einer viertel Umdrehung wird der Brennweitenbereich von 70 bis 200 Millimeter durchfahren, wobei gut ablesbare schwarze Beschriftungen die Brennweiten 70, 100, 135 und 200 Millimeter markieren. Gerne hätten wir noch Beschriftungen bei 85 und 150 Millimeter gesehen. Der nötige Platz wäre vorhanden, zumal die Kamera die Brennweite nicht auf dem Display einblendet, wie man es beispielsweise von Olympus kennt. Beim Zoomen fährt der Tubus übrigens um 5,9 Zentimeter aus, die Hinterlinse im Bajonett bewegt sich dabei nur um weniger als zwei Zentimeter nach vorne.

Der mittlere, mit 1,4 Zentimeter breitem, fein geriffeltem Gummi versehene Fokusring arbeitet rein elektronisch, das heißt, dass die Drehbewegungen gemessen, interpretiert und an den unhörbaren Ultraschall-Fokusmotor weitergegeben werden. Dies funktioniert sehr präzise und je nach Drehgeschwindigkeit am Ring unterschiedlich feinfühlig, also nicht-linear. Auf Wunsch kann das Verhalten bei entsprechenden Kameras, wozu auch die EOS R5 zählt, im Menü aber auch auf linear umgeschaltet werden, was Videografen freuen dürfte. Beim Fokussieren helfen eine auf dem Bildschirm eingeblendete, grobe Fokusskala sowie das Fokuspeaking zur Markierung der Kontraste in der Schärfeebene und eine zuschaltbare Fokuslupe. Im Autofokusbetrieb wird die Entfernung dank Dual-Nano-USM sehr schnell und präzise eingestellt, Sport- und Actionaufnahmen mit hoher Serienbildgeschwindigkeit und Trefferquote sind problemlos möglich.

Zwei der vier Schalter an der für die linke Hand gut erreichbaren Objektivseite steuern die Fokusbetriebsart und den Einstellbereich. So kann man schnell zwischen manuellem und Autofokus umschalten. Ein Fokuslimiter erlaubt wahlweise die Einstellung im Fernbereich zwischen 2,5 Metern und Unendlich oder über den gesamten Fokusbereich, der bei der Naheinstellgrenze von über den gesamten Zoombereich konstanten 70 Zentimetern beginnt, die wir in der Praxis nur unwesentlich unterbieten konnten. Der Abstand der Objektivfront beträgt bei 70 Millimetern Brennweite etwas über 52 Zentimeter und bei 200 Millimetern etwas unter 47 Zentimeter. Als minimales Bildfeld haben wir bei 70 Millimetern Brennweite 31 mal 20,7 Zentimeter ermittelt, was einem Abbildungsmaßstab von 1:8,6 entspricht. Bei 200 Millimetern Brennweite beträgt das minimale Bildfeld laut unserer Messung 15 mal zehn Zentimeter, was einem Abbildungsmaßstab von 1:4,17 entspricht, was minimal besser als die versprochenen 1:4,35 ist.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.