Der Fokusring ist mit 25 mm Breite wesentlich schmaler. Auch dieser Ring ist mit einer Gummierung versehen. Anders als der Zoomring ist der Fokusring nicht mechanisch mit dem Inneren des Objektivs verbunden. Er arbeitet elektronisch und liefert lediglich elektrische Signale zum Antrieb des für die Fokussierung zuständigen Motors.
Bei 200 mm Brennweite konnten wir das Sigma 60-600 mm F4.5-6.3 DG DN OS Sports ab etwa 49 cm fokussieren und damit eine minimale Bildbreite von 84 mm aufnehmen, was einem Abbildungsmaßstab von 1:2,34 entspricht. [Foto: MediaNord]
Bei dem Autofokusmotor handelt es sich um einen neu entwickelten "High-Response-Linear-Actuator", kurz HLA; also einen schnell ansprechenden linearen Motor. Der HLA macht seine Sache im 60-600 mm F4.5-6.3 DG DN OS Sports sehr gut. Die Fokuszeiten sind kurz und auch die Verfolgungsfunktion mit kontinuierlichem Autofokus meistert der Antrieb zuverlässig und flott.
Der manuelle Fokus arbeitet nicht-linear. Das bedeutet, dass die Drehgeschwindigkeit des Fokusrings über die Größe der Abstandsänderung entscheidet und nicht der Drehwinkel. Im umgekehrten Fall spricht man von einer linearen Fokussierung. Diese wird von Videografen bevorzugt. Eine Umschaltung zwischen beiden Fokusmodi kann nur über die Kamera erfolgen. Unsere Testkameras Sony Alpha 7R III und Alpha 7 III bietet das aber nicht an.
Den geringsten Fokusabstand von 45 cm erreicht das Sigma 60-600 mm F4.5-6.3 DG DN OS Sports bei 60 mm Brennweite. Der Abbildungsmaßstab entspricht dabei etwa 1:3,8. Den größten Abbildungsmaßstab erreicht das Zoom allerdings bei 200 mm Brennweite und etwa 49 cm Aufnahmeabstand.
Bei diesem Abstand kann ein Bildfeld von 84 mm Breite und 56 mm Höhe aufgenommen werden. Das entspricht einem Aufnahmemaßstab von 1:2,34. Damit besitzt das Objektiv einen minimal größeren Aufnahmemaßstab als die von Sigma in den technischen Daten angegebenen 1:2,4. Das ist ziemlich beeindruckend für ein Objektiv, dessen Aufgabe eigentlich eine andere ist. Der Abstand von der Frontlinse beträgt bei größtem Abbildungsmaßstab etwa 13 Zentimeter. Es bleibt also noch genug Platz, um sich mit einer kleinen Lampe oder Blitzgerät etwas mehr Licht zu verschaffen.
Bei 600 mm Brennweite darf das zu fotografierende Objekt nicht näher als 2,6 Meter an der Kamera sein. Der diagonale Bildwinkel bei 600 mm Brennweite beträgt lediglich 4,1 Grad. Das entspricht einem rechnerischen Bildfeld von 120 x 80 mm und einem Abbildungsmaßstab von 1:3. In allen Brennweiten ist das 60-600 mm also mehr als brauchbar für Nahaufnahmen.
Wem die 600 Millimeter Brennweite des Sigma 60-600 mm F4.5-6.3 DG DN OS Sports nicht ausreichen, der kann das mit den Sigma Telekonvertern TC-1411 und TC-2011 ändern – zumindest bei der L-Mount-Version, denn für Sony E gibt es die Konverter nicht. Damit wird die maximale Brennweite auf 840 beziehungsweise 1.200 mm angehoben. Gleichzeitig verschlechtert sich die Lichtstärke im schlimmsten Fall auf F9 bis 12,6. Der Einsatz von hohen ISO-Einstellungen und die Verwendung eines Stativ wird dann schon fast zur Pflicht. Übrigens verbessert sich dabei auch der Abbildungsmaßstab um den Vergrößerungsfaktor des Telekonverters.
Bildqualität
Die Bildqualität des Sigma 60-600 mm F4.5-6.3 DG DN OS Sports haben wir in Kombination mit der 42 Megapixel auflösenden Vollformatkamera Sony Alpha 7R III in unserem Labor ermittelt. Der optische Aufbau des Sigma 60-600 mm F4.5-6.3 DG DN OS Sports besteht aus 27 Linsen, die in 19 Gruppen angeordnet sind. Auf asphärische Linsen verzichtet Sigma bei der Konstruktion, nicht aber auf Spezialglas (FLD und SLD). Während die Linsen aus FLD-Glas einen sehr sehr niedrigen Brechindex und damit eine höhere Transparenz aufweisen, ist das SLD-Glas für die Beseitigung von chromatischen Aberrationen (Farbsäume) im Einsatz.
Bevor wir uns um die zusammengefassten Laborergebnisse kümmern, noch ein paar Worte zum Bokeh, dem Aussehen des unscharfen Bereichs vor und hinter der Fokusebene. Bei definierten Spitzlichtern im Hintergrund produziert das 60-600 mm F4.5-6.3 DG DN OS Sports ein wundervoll runde Lichtplättchen mit homogener Ausleuchtung. Auch bei klar definierten Helligkeitsunterschieden im Bild kommt es zu keiner Artefaktbildung oder zu Doppelstrukturen im unscharfen Bereich.
Beim Streulichttest zeigte sich das Sigma 60-600 mm F4.5-6.3 DG DN OS Sports sichtlich unbeeindruckt von direkt auf die Frontlinse einfallendem Licht. Blendenflecke zeigen sich bei 60 mm Brennweite am deutlichsten. Der Kontrastverlust durch Streulicht ist bei 60 mm Brennweite ebenfalls am höchsten. Er ist lokal begrenzt und macht sich bei diagonal einfallendem Licht am stärksten bemerkbar. Mit steigender Brennweite wird Streulicht immer weniger zum Problem. Bei Verwendung der Streulichtblende muss das Licht schon sehr steil auf die Frontlinse treffen, um einen sichtbar negativen Effekt zu haben.
Wie viele Kameras besitzt auch die Sony Alpha 7R III eine interne elektronische Korrekturfunktion für Randabdunklung, Farbsäume und Verzeichnung. Per Standardeinstellung sind alle Korrekturfunktionen, mit Ausnahme der Verzeichniskorrektur, beim Einsatz des Sigma 60-600 mm F4.5-6.3 DG DN OS Sports aktiviert.
Die Randabdunklung wird gut auskorrigiert und bewegt sich zwischen 3 und 36 Prozent. Das entspricht 0 bis 0,6 EV, also maximal etwa knapp über eine halbe Blendenstufe. Die stärkste Randabdunklung zeigt sich bei offener Blende bei 60 und 189 mm Brennweite. Bei der Korrektur der Farbsäume gibt sich das Sigma 60-600 mm F4.5-6.3 DG DN OS Sports keine Blöße. In fast allen Brennweiten und Blendeneinstellungen bewegt sich die Farbsaumgröße unter einem halben Pixel. Auch beim “stärksten” Auftreten liegt die Größe unter einem Pixel. Das sind sehr gute Ergebnisse.
Dass die Verzeichnung des 60-600 mm F4.5-6.3 DG DN OS Sports nicht elektronisch korrigiert ist, zeigt sich bei der Labormessung deutlich (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Während bei 60 mm Brennweite eine leichte bis moderate kissenförmige Verzeichnung besitzt, zeigt sich eine gerade noch akzeptable kissenförmige Verzeichnung in der mittleren Brennweite von 189 mm und bei maximaler Brennweite von 600 mm. Es ist also durchaus sinnvoll, über die Aktivierung der Korrektur nachzudenken oder eine nachträgliche Korrektur per Bildbearbeitung durchzuführen.
Die Auflösung des Sigma 60-600 mm F4.5-6.3 DG DN OS Sports ist hoch und erreicht ihr Maximum mit knapp 74 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) bei F8 und mittlerer Brennweite in der Bildmitte. Zum Rand fällt die Auflösung dabei um zwölf Prozent auf 65 lp/mm ab. Während die Auflösung bei 60 und 189 mm Brennweite bis F11 auf einem Niveau liegt (69 lp/mm bis 74 lp/ mm), sinkt sie bei 600 mm Brennweite auf maximal 54 lp/mm in der Bildmitte und 49 lp/mm am Bildrand bei F6,3 ab.
Im Vergleich zum etwa 600 Euro günstigeren Sony 200-600 mm F5.6-6.3 G OSS (SEL200600G) liefert das Sigma 60-600 mm eine bessere Auflösung bei kleinster und mittlerer Brennweite. Bei 600 mm Brennweite hat dann allerdings das Sony-Objektiv mit etwa 20 lp/mm mehr die Nase vorne. Dafür ist das Sony auch nur ein Dreifach-Zoom und das Sigma ein Zehnfach-Zoom.
Im Vergleich zum etwa 1.000 Euro günstigerem Sigma 150-600 mm F5-6.3 DN DG OS Sports, dessen Test demnächst bei uns erscheint, löst das 60-600 mm F4.5-6.3 DG DN OS Sports bei kürzester und mittlerer Brennweite etwas höher auf. Dafür liegt das 150-600 bei maximaler Brennweite mit 5 bis 10 lp/mm leicht vorne. Allerdings handelt es sich bei dem 150-600 mm F5-6.3 DN DG OS Sports nur um einen Vierfach-Zoom und beim 60-600 mm F4.5-6.3 DG DN OS Sports um ein Zehnfach Zoom.
Fazit
Sigma ruft für das 60-600 mm F4.5-6.3 DG DN OS Sports einen ziemlich straffen Preis auf. Also ist die Erwartungshaltung an das robuste Zehnfach-Zoom auch entsprechend hoch. Glücklicherweise erfüllt das Objektiv diese Erwartungen, zumindest zum großen Teil. Zwar könnte die Auflösung bei maximaler Brennweite etwas etwas höher und die Verzeichnung etwas niedriger sein. Überzeugen konnten der flotte Autofokus, der effiziente Bildstabilisator und die geringe Streulichtempfindlichkeit sowie der große Zoombereich und die geringe Naheinstellgrenze mit entsprechend großem Abbildungsmaßstab.