Super-Tele-Zoom

Testbericht: Sony FE 200-600 mm F5.6-6.3 G OSS (SEL200600G)

2021-05-13 Mit dem Sony FE 200-600 mm F5.6-6.3 G OSS (SEL200600G) bietet der japanische Elektronikriese ein leistbares Supertelezoom für Wildlife- und Actionfotografie an. Es kostet deutlich unter 2.000 Euro und bietet viel Telebrennweite inklusive flexiblem Zoom. Trotz des Mittelklasse-Preises verspricht es ein robustes Gehäuse und eine reichhaltige Ausstattung. Ob aber auch die Bildqualität dieses G-Objektivs stimmt, verrät unser Test an der Sony Alpha 1.  (Benjamin Kirchheim)

Profiobjektive mit großer Brennweite und hoher Lichtstärke kosten normalerweise ein Vermögen. Bei günstigen Einsteigerobjektiven muss man hingegen oft deutliche Kompromisse bei der Bildqualität und Robustheit machen. Sony geht mit dem FE 200-600 mm F5.6-6.3 G OSS (SEL200600G) den goldenen Mittelweg. Das G-Label macht deutlich, dass es sich um einen guten optischen Aufbau der Mittelklasse handelt, der Preis hingegen liegt nur theoretisch (laut UVP des Herstellers) über 2.000 Euro, tatsächlich bieten Händler es bereits (Stand Mai 2021) für unter 1.800 Euro an.

Verarbeitung

Mit über 2,2 Kilogramm ist das Sony FE 200-600 mm F5.6-6.3 G OSS kein Leichtgewicht, aber auch das Gehäuse ist mit einer Länge von 32 Zentimetern und einem Durchmesser von über elf Zentimetern entsprechend wuchtig. Da es sich um ein Innen-Zoom handelt, gibt die längste Brennweite von 600 Millimetern die Objektivgröße vor.

Das Gehäuse besteht zwar größtenteils aus Kunststoff, der von Metall- und Gummielementen unterstützt wird, macht aber einen absolut hochwertig verarbeiteten, robusten Eindruck. Die hellgraue Lackierung sorgt dafür, dass sich das Gehäuse in der Sonne nicht so aufheizt, was thermische Verformungen reduziert, die die Bildqualität durch "Dejustage" der Linsenelemente mindern könnten. Dass auch das mit 95 Millimetern sehr große Filtergewinde aus Kunststoff besteht, ist weniger schön. Bei der Montage von Filtern, die üblicherweise eine Metallfassung besitzen, sollte man also sorgsam vorgehen.

Sehr praktisch ist hingegen der Gummiring vorne am Objektiv, so kann man es sanft und ohne Beschädigung des Gehäuses abstellen. Gleiches gilt für die mitgelieferte Streulichtblende, die komplett aus Kunststoff besteht und ebenfalls einen Gummiring an der Vorderseite besitzt. Im Inneren ist die Blende mattschwarz geriffelt, um Reflexionen zu vermeiden. Dank des Kunststoffs ist die Blende trotz eines Durchmessers von 11,5 und einer Länge von 10,5 Zentimetern mit 164 Gramm recht leicht. Sie kann zum Transport verkehrt herum angebracht werden und besitzt keine spezielle Verriegelung, sondern rastet nur gegen einen kleinen Widerstand ein und aus. Sie verdeckt in Transportstellung den Zoomring nur teilweise, so dass man die Blende für ein schnelles Foto nicht zwingend in Aufnahmestellung bringen muss.

Aus Metall sind nur ein schwarzer Ring an der Objektivfront, das Bajonett sowie die Stativschelle gefertigt. Letztere besteht aus einem fest mit dem Objektiv verbundenen Teil und einem abnehmbaren Winkel. Letzterer bietet die Möglichkeit, das Gewicht bei Nichtgebrauch um 116 Gramm zu reduzieren. Der fest am Objektiv angebrachte Teil der Schelle wird mit einer Schraube gegen Verdrehen gesichert. Ist sie gelöst, lässt sich die Schelle beziehungsweise das Objektiv darin frei drehen. Es gibt zwar am Objektiv und an der Schelle je drei Markierungen im 90-Grad-Winkel, aber keine fühlbare Rastung. Sehr praktisch sind die an der Schelle angebrachten Ösen zur Befestigung eines Tragegurtes.

Nicht ganz so durchdacht ist hingegen der Winkel. Er wird durch eine automatisch einrastende Arretierung sowie eine zusätzliche Schraube gesichert. Leider bietet der Winkel kein Schwalbenschwanzprofil (Arca Swiss), um ihn direkt auf einer entsprechenden Stativaufnahme befestigen zu können. Immerhin gibt es aber zwei Stativgewinde, eines im üblichen 1/4-Zoll-Maß, das andere im größeren 3/8-Zoll-Maß. Mit angesetzter Alpha 1 ist der Winkel am 1/4-Zoll-Gewinde erstaunlich gut ausbalanciert. Setzt man die Streulichtblende an, wird die Kombination leicht frontlastig. Nutzt man das weiter hinten liegende 3/8-Zoll-Gewinde, ist die Kombination immer frontlastig. Ein Multifunktionsgriff an der Kamera könnte das Gleichgewicht aber wieder ändern (zum Test stand uns jedoch keiner zur Verfügung).

Nutzt man das Objektiv wie wir ohne Stativ an einer Alpha 1, so wiegt die Kombination inklusive Stativwinkel und Sonnenblende knapp über 3,1 Kilogramm. Zum Fotografieren muss die linke Hand das Objektiv von unten stützen. Locker am Arm schlendernd kann die lange Kombination aber erstaunlich bequem am Kameragriff getragen werden. Die Robustheit des Objektivs wird übrigens mit den Dichtungen (die am Bajonett ist klar sichtbar) unterstrichen, die das Eindringen von Staub und Spritzwasser verhindern. Sony betont jedoch ausdrücklich, dass das Objektiv nicht wasserdicht ist, sondern nur feuchtigkeitsresistent. Da das Objektiv über einen Innenzoom sowie einen Innenfokus verfügt, wird auch keine Luft eingesaugt, sondern bewegt sich nur innerhalb des Objektivs. Die neun Zentimeter große Frontlinse lässt sich übrigens dank schmutzabweisender Fluorbeschichtung leicht reinigen.

Wer möchte, kann das Sony FE 200-600 mm F5.6-6.3 G OSS sogar mit einem der beiden Telekonverter kombinieren, die Sony anbietet. Mit dem 1,4-fach-Konverter verlängert sich die Brennweite auf 280 bis 840 Millimeter, wobei die Lichtstärke auf F8 bis F9 sinkt. Bei Verwendung des 2-fachen Telekonverters ergibt sich sogar eine Brennweite von 400 bis 1.200 Millimeter, die Lichtstärke sinkt jedoch auf F11 bis F13. Ebenfalls denkbar ist die Verwendung an einer APS-C-Kamera mit oder ohne Telekonverter, die Brennweiten verlängern sich dann im Kleinbildäquivalent nochmal um den Faktor 1,5.

Ausstattung und Bedienung

Sony nutzt einen großen Teil der Gehäuselänge für die vielen Bedienelemente. Zwar erreicht man den Zoomring, den Fokusring und die dazwischen liegenden drei Funktionsknöpfe, die alle dieselbe Funktion auslösen, bequem mit einer Hand, möchte man die in Bajonettnähe liegenden vier Schiebeschalter bedienen, muss man aber zwingend die Hand vom Zoomring wegbewegen.

Der 6,3 Zentimeter breite Zoomring ist auf einer Breite von 5,7 Zentimetern mit einer griffigen, schwarzen Gummiriffelung versehen. Mit weniger als einer viertel Umdrehung kann von 200 auf 600 Millimeter gezoomt werden. Der Widerstand ist gering, das Zoom läuft butterweich. Im hinteren Teil des Rings sind gut ablesbare Markierungen bei 200, 250, 300, 400 und 600 Millimetern angebracht. Auf dem Kamerabildschirm wird die Brennweite hingegen leider nicht angezeigt, sie ist nur in den EXIF-Daten zu finden.

Ziemlich genau in der Mitte des Objektivs sitzen die drei bereits erwähnten Funktionstasten. Sie sind in 90 Grad Versatz angebracht, um in jeder Objektivausrichtung eine der Tasten bequem erreichen zu können. Sie besitzen alle dieselbe Funktion und sind nicht beschriftet. Standardmäßig stoppen sie beim Drücken den Fokus in der aktuellen Position, lassen sich über das Kameramenü aber auch mit einer anderen Funktion belegen.

Hinter den Tasten sitzt der manuelle Fokusring. Er arbeitet rein elektronisch und ist auf einer Breite von 3,1 Zentimetern mit einer griffig geriffelten, schwarzen Gummierung versehen. Der Ring lässt sich noch etwas weicher als Der Zoomring drehen, bietet aber ebenfalls einen angenehmen Widerstand und erzeugt so gut wie keine Geräusche. Hierbei werden nur Steuerbefehle an den internen Ultraschall-Fokusmotor weitergegeben. Dies erfolgt linear, das heißt die Geschwindigkeit des Drehens am Fokusring entscheidet nicht darüber, wie weit der Fokus verstellt wird, sondern nur der tatsächliche Drehwinkel. Durch langsame Bewegungen kann dennoch sehr präzise fokussiert werden.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.