Spiegellose Systemkamera für ambitionierte Hobbyfotografen

Testbericht: Panasonic Lumix DC-G91

Seite 2 von 2, vom 2019-05-18 (Autor: Harm-Diercks Gronewold)Zur Seite 1 wechseln

Bei der Serienbildgeschwindigkeit konnte die Lumix DC-G91 überzeugen. Sie erreichte bei JPEG-Aufnahmen eine Serienbildfrequenz von etwa 8,9 Bildern pro Sekunde. Bei Aufnahmen im Rohdatenformat waren es sogar 9,1 Bilder pro Sekunde. Dafür ging bei den Rohdaten dem Pufferspeicher nach 33 Aufnahmen die Luft aus und die Kamera verfiel in eine unregelmäßige, sehr langsame Aufnahmefrequenz. Bei JPEG Aufnahmen schien die Kamera allerdings einen Marathon laufen zu wollen, denn auch nach 460 Bildern machte sie keine Anstalten, die Bildfrequenz zu verlangsamen. Trotz des flotten DFD-Autofokussystems erreicht die Kamera mit kontinuierlicher Fokussierung nur sechs Bilder pro Sekunde. Mit einer Auslöseverzögerung mit Autofokus von 0,13 Sekunden und einer reinen Auslöseverzögerung von 0,07 Sekunden zeigt sich die G91 im Einzelautofokus ziemlich spritzig. Wer lieber manuell fokussieren möchte, für den stehen Hilfsmittel wie eine Fokuslupe und auch Fokuspeaking bereit.

Die bei Panasonic inzwischen zum Standard gehörenden 4K-Fotofunktion nimmt die DC-G91 Serienbilder mit 30 Bildern pro Sekunde auf. Die Aufnahmen haben dabei eine Größe von 3.840 x 2.160 Bildpunkten, was immerhin 8,3 Megapixeln entspricht. Zudem kann das Seitenverhältnis der Bilder in diesem Modus gewählt werden (16:9, 4:3, 3:2 und 1:1). Technisch wird das durch die Aufnahme eines 4K-Videos realisiert, bei dem dann einfach die Einzelbilder gespeichert werden. Eine weitere klassische 4K-Fotofunktion ist der Postfokus. Hier erstellt die Kamera eine Bildserie eines Motivs und der Fotograf kann nachträglich den Fokuspunkt setzen. Basierend auf letzterer Funktion funktioniert das Focus-Stacking. Auch dabei wird eine Fokusreihe vom Motiv erstellt, doch anstelle den Fokuspunkt zu wählen verrechnet die Kamera die fokussierten Bereiche miteinander und erweitert damit den Schärfebereich. Der Fotograf kann sich sogar entscheiden, ob der gesamte Bereich scharf dargestellt werden soll oder nur ein bestimmter Bereich. Besonders Makroaufnahmen profitieren von dieser Technik enorm.

Zu den neuen Funktionen der G91 gehört die Live-Composite-Funktion, die Olympus-Fotografen schon seit einiger Zeit kennen. Mit dieser lassen sich eindrucksvolle Nachtaufnahmen ohne überstrahlte und "ausgebrannte" Bereiche erstellen. Dazu muss der Fotograf lediglich die Kamera sicher vor Verwackelungen aufstellen. Wie genau diese Funktion arbeitet, haben wir bereits vor einiger zeit in einem Fototipp erklärt (siehe weiterführende Links).

Der integrierte Blitz der Lumix DC-G91 muss mit einem kleinen mechanischen Schieber zum Herausklappen bewegt werden. Dann stehen dem Fotografen Funktionen wie Langzeitsynchronisation und Synchronisation auf den zweiten Vorhang zur verfügung. Die Highspeed-Synchonisation wird allerdings erst mit einem aufgesteckten beziehungsweise entfesselt gesteuerten Systemblitz möglich. Eine Blitzbelichtungskorrektur (+/- 3 EV) erlaubt das Anpassen in der Automatikfunktion. Wer möchte, kann das Blitzgerät aber auch komplett manuell steuern. Dazu stehen Leistungsstufen von 1/1 bis 1/128 zur Verfügung. Darüber hinaus lässt sich das eingebaute Blitzgerät als Steuerblitz für das drahtlose Blitzen verwenden. Dazu stehen vier Kanäle und drei Blitzgruppen zur Verfügung. Komplexe Blitzsetups sind also kein Problem, wenn genug kompatible Blitzgeräte vorhanden sind. Die Blitzleistung (Leitzahl) des eingebauten Blitzgeräts beträgt etwa 7,3 bei ISO 100 und einem Meter Aufnahmeabstand. Damit bietet das Blitzgerät eine ordentliche Leistung, ist aber immer noch kein Ersatz für einen aufsteckbaren Systemblitz.

Beim Vorgänger der G91 wurde schon nicht mit den Videofunktionen gegeizt, doch bei der G91 hat Panasonic diese nun regelrecht entfesselt. Die Kamera ermöglicht dem Videografen die Wahl zwischen dem AVCHD- und MP4-Format. Mit AVCHD lassen sich maximal FullHD-Aufnahmen (1.920 x 1.080) mit bis zu 60 Bildern pro Sekunde aufzeichnen. Mit dem MP4-Format können hingegen 4K-Aufnahmen (3.840 x 2.160) mit maximal 30 Bildern pro Sekunde aufgezeichnet werden. Encodiert werden die MP4 Videos mit dem fast schon als Standard geltenden H.264-Codec. Der H.265-Codec wäre zwar moderner, würde aber deutlich mehr Rechenleistung (auch beim Abspielen) benötigen. Die maximale Bitrate bei FullHD-Videos beträgt 28 Megabit pro Sekunde und bei 4K sind es maximal 100 Megabit pro Sekunde.

Für die verbesserte Videonachbearbeitung besitzt die Kamera nun ein vorinstalliertes V-Log. Das kann dazu genutzt werden, den Dynamikbereich und die Farbeinstellung der Aufnahme zu verbessern. Besonders erfreulich ist, dass die Videoaufzeichnungsdauer nur noch durch die Energieversorgung beziehungsweise die Größe der Speicherkarte begrenzt ist. Eine technische Begrenzung in der Kamera gibt es nicht. Richtig professionell wird es durch die Möglichkeit, einen externen Rekorder über die HDMI-Schnittstelle mit der Kamera zu verbinden. Bei dieser Aufzeichnung wird der Datenstrom mit 4:2:2 8 Bit ausgegeben.

Der Autofokus kann während der Videoaufnahme ebenso automatisch nachgeführt werden wie die Belichtung. Auch der Bildstabilisator kann bei der Aufnahme zum Einsatz kommen. Für Videografen, die mehr Kontrolle über die Aufnahme haben wollen, sind natürlich die Einstellungen auch manuell wählbar. Der Ton wird über das eingebaute Stereomikrofon aufgezeichnet oder über ein optionales externes Mikrofon. Die Kamera kann die Aussteuerung des Tons übernehmen, ermöglicht dem Videografen aber auch eine manuelle Aussteuerung.

In der Wiedergabefunktion stehen zwar keine nachträglich anwendbaren Spezialeffekte auf dem Programm, dennoch bietet die G91 einige interessante Funktionen. Darunter fällt auf jeden Fall die Möglichkeit, Bilder mit einem Bewertungssystem (1-5 Sterne) zu beurteilen. Zudem ist ein Rohdatenkonverter in der Kamera integriert. Mit diesem lassen sich Weißabgleich, Helligkeit und vieles mehr anpassen und in eine neue JPEG-Datei speichern. Darüber hinaus können Daten in ein bestehendes Bild "einbelichtet", Bildgrößen verändert und Bilder beschnitten werden. Aufgezeichnete Videos lassen sich in der Kamera mit einer leicht verständlichen Funktion in zwei Stücke teilen. Zur Bildpräsentation kann der Fotograf eine Diashowfunktion mit Musik und verschiedenen Überblendungen aktivieren.

Drahtlose Verbindungsmöglichkeiten gehören heute zur Standardausstattung von Kameras aller Klassen. Die G91 bringt gleich zwei unterschiedliche davon mit: WLAN und Bluetooth. Zum Einsatz mit einem Smartphone ist die kostenlose Panasonic Image App auf seinem iOS beziehungsweise Android Gerät zu installieren. Die anschließende Koppelung kann entweder manuell von statten gehen oder über einen bequemen QR-Code, den die Kamera präsentiert. Zu den Funktionen der App gehören ein einfacher Fernauslöser, eine komplexe Fernsteuerung mit Live View, eine Übertragung der Positionsdaten vom Smartgerät und die Übertragung von Bildern von der Kamera auf das Smartgerät. Zudem kann die App die Kamera auch "aufwecken", allerdings muss der Fotograf diese Funktion erst in der Kamera aktivieren. Darüber hinaus kann die Kamera mit einem stationären WLAN verbunden werden und Bilder auf Computer oder Fernseher übertragen.

Bildqualität

Dieser Abschnitt basiert auf unserem Labortest der Panasonic Lumix DC-G91, der vollständig mit allen Diagrammen und erklärenden Texten gegen ein kleines Entgelt über die weiterführenden Links heruntergeladen beziehungsweise eingesehen werden kann. Mit einem solchen Kauf werden zudem unsere kostenlosen, ausführlichen Testberichte wie dieser hier unterstützt.

Das 12-60mm-Set-Objektiv macht in unserem Test keine herausragende Figur. im Weitwinkel macht sich eine sichtbare tonnenförmige Verzeichnung bemerkbar und auch Chromatische Aberrationen sind hier besonders ausgeprägt. Die Randabdunklung zeigt sich ebenfalls im Weitwinkel am stärksten. Außerdem macht sich ein deutlicher Randabfall der Auflösung in allen Brennweitenbereichen bemerkbar. Ausdrucke bis 20 x 30 cm sind immerhin kein Problem.

Trotz ihres 20 Megapixel auflösenden Sensors löst die G91 bei 50 Prozent Kontrast verhältnismäßig gering auf, liegt aber immerhin auf gleichem Niveau wie ihre Vorgängerin G81. Mit einem Blick auf die Schärfenartefakte und die Texturwiedergabe wird auch klar, warum. Die Standardeinstellung der JPEG-Bildaufbereitung schärft die Aufnahmen sehr zurückhaltend nach. Zudem werden die Bilder bereits oberhalb von ISO 800 sichtbar unscharf. Das Bildrauschen ist bis etwa ISO 3.200 unauffällig, feinere Details werden aber ab ISO 1.600 von der Rauschunterdrückung fälschlicherweise als Bildrauschen erkannt und reduziert.

Die Eingangsdynamik liegt ab der nativen Sensor-Empfindlichkeit von ISO 200 zwischen hohen elf und zwölf Blendenstufen und sinkt erst ab ISO 6.400 ab, wird jedoch zu keiner Zeit kritisch. Beim Umfang der Ausgangstonwerte erreicht die Kamera über 224 Graustufen und damit ein gutes Ergebnis. Erst ab ISO 3.200 sinkt die Kamera auf akzeptable Werte ab. Die Farbabweichung ist im Durchschnitt gering, in bestimmten Bereichen jedoch stärker, aber noch tolerierbar. Dazu gehören Mischbereiche aus Cyan- und Magentatönen sowie Gelbgrün und Rottöne. Die Farbtiefe bleibt bis ISO 6.400 gut und sinkt danach auf ein akzeptables Niveau.

Fazit

Die Panasonic Lumix DC-G91 ist eine gelungene Weiterentwicklung der DMC-G81. Der besondere Fokus des Entwicklerteams auf die Videofunktionen kommt den nun vielfältigeren Einsatzmöglichkeiten der Kamera zu Gute. Für etwa 1.000 Euro nur für die Kamera beziehungsweise 1.200 Euro für das Set mit dem 12-60 mm 3,5-5,6 bekommt der Fotograf eine spiegellose Systemkamera, die sich sehen lassen kann. Die G91 liegt sehr gut in der Hand und dank der verschiedenen Dichtungen ist sie auch bei regnerischem Wetter problemlos einsetzbar. Das Handling ist vorzüglich, was einerseits am exzellenten Handgriff und andererseits der vielfältigen Individualisierbarkeit liegt. Einen besonderen Anteil zur Bewältigung des Funktionsumfangs tragen das individuell zusammenstellbare "Mein Menü" und der sehr gut ins Geschehen integrierte Touchscreen bei. Durch die unbegrenzte Aufnahmedauer von Videos und den Möglichkeiten externe Mikrofone, Kopfhörer sowie externe Recorder anzuschließen, ist die G91 zum echten Foto/Video-Hybriden geworden.

Bei der Bildqualität zeigt sich, dass das Set-Objektiv 12-60 mm 3,5-5,6 das Potential der Kamera nicht voll ausschöpfen kann. Dennoch lohnt sich der Kauf wegen des geringen Aufpreises von etwa 200 Euro durchaus. Die Bildaufbereitung der Kamera ist sehr weich abgestimmt. Das bedeutet, dass auf der einen Seite nur wenige Artefakte zu beklagen sind, doch auf der anderen Seite werden Bilder ab ISO 800 sichtbar unscharf. Wer richtig knackige Bilder haben möchte, muss also entweder selber nachbearbeiten oder die interne Scharfzeichnung für sein Schärfeempfinden anpassen. Dennoch ist die Bildqualität bis in hohe ISO Einstellungen gut. Die Lumix DC-G91 ist für ambitionierte Hobbyfotografen eine gute Wahl und bietet dank des umfangreich ausgebauten Micro-Four-Thirds-Systems auch eine große Auswahl an Objektiven.

Kurzbewertung

  • Umfangreiche Ausstattung mit komplexen Individualisierungsmöglichkeiten
  • Robustes Gehäuse mit Staub- und Spritzwasserschutz
  • Schneller Autofokus
  • Guter Dynamikumfang bis in hohe ISO
  • Sehr gute Videofunktion
  • 12-60mm-Setobjektiv qualitativ eher weniger gut
  • Ungedichtetes, klapperndes Speicherkartenfach
  • Zurückhaltende Bildaufbereitung sorgt für weiche JPEG-Bilder

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Steckbrief

Hersteller Panasonic
Modell Lumix DC-G91
Sensor CMOS 4/3" 17,3 x 13,0 mm (Cropfaktor 2,0)
21,8 Megapixel (physikalisch)
20,3 Megapixel (effektiv)
Pixelpitch 3,3 µm
Auflösung (max.) 5.184 x 3.888 (4:3)
Video (max.) 3.840 x 2.160 30p
Objektiv Panasonic Lumix G Vario 12-60 mm 3.5-5.6 Asph Power OIS (H-FS12060E-K) (Zoom-Objektiv)
Videosucher EVF, 100 % Bildfeldabdeckung, 2.360.000 Bildpunkte Auflösung, 1,48-fache Vergrößerung (Sensor-bezogen), 0,74-fache Vergrößerung (KB-Äquiv.), Dioptrienausgleich (-4,0 bis 4,0 dpt)
Monitor 3,0" (7,5 cm)
  Auflösung 1.040.000 Bildpunkte
  kippbar
  drehbar ja
  schwenkbar ja
  Touchscreen ja
AV-Anschluss HDMI-Ausgang Micro (Typ D)
Vollautomatik ja
Motivautomatik ja
Motivprogramme 21
Programmautomatik ja
Programmshift ja
Blendenautomatik ja
Zeitautomatik ja
Manuell ja
Bulb-Langzeitbelichtung ja
HDR-Funktion ja
Panoramafunktion ja, Schwenkpanorama
Belichtungsmessung Matrix/Mehrfeld-Messung (1.728 Felder), Mittenbetonte Integralmessung, Spotmessung
kürzeste Verschlusszeit 1/4.000 s
Blitz eingebauter Blitz
  Synchronzeit 1/200 s
  Blitzanschluss Blitzschuh: Olympus/Panasonic (auch Leica-Kompaktkamera), Standard-Mittenkontakt
WLAN ja
NFC
GPS extern, Smartphone Verbindung
Fernauslöser ja, Kabelauslöser, Fernsteuerung über Smartphone/Tablet
Intervallaufnahme ja
Speichermedium
SD (SDHC, SDXC, UHS I, UHS II)
  automatisch ISO 200-25.600
  manuell ISO 100-25.600
  automatisch ja
  manuelle Messung ja
  Kelvin-Eingabe ja
  Feinkorrektur ja
Autofokus ja
  Anzahl Messfelder 49 Kontrastsensoren
  Geschwindigkeit 0,13 s bis 0,18 s
  AF-Hilfslicht LED
Abmessungen 130 x 93 x 77 mm
Gewicht (betriebsbereit) 533 g (nur Gehäuse)
715 g (mit Objektiv)
Stativgewinde in optischer Achse
  Zoomverstellung manuell am Objektiv
Akkulaufzeit 290 Aufnahmen (gem. CIPA-Standard)

DXOMARK Logo

Die Bildqualität in unseren Tests ermitteln wir seit 2011 mit DXOMARK Analyzer.

Autor

Harm-Diercks Gronewold

Harm-Diercks Gronewold, 52, ist gelernter Fotokaufmann und hat etliche Jahre im Fotofachhandel gearbeitet, bevor er 2005 in die digitalkamera.de-Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Produktdatenbanken, Bildbearbeitung, Fototipps sowie die Berichterstattung über Software und Zubehör. Er ist es auch, der meistens vor der Kamera in unseren Videos zu sehen ist und die Produkte vorführt.