Drei Lichtriesen im Vergleich

Vergleich: Voigtländer 29 0.8 vs. 7Artisans 35 0.95 vs. Olympus 25 1.2

2021-03-08 Wenn es um besonders lichtstarke Festbrennweiten mit Micro-Four-Thirds-Bajonett geht, gibt es im Bereich von Normalobjektiv bis leichtes Tele eine erfreulich große Auswahl von günstigen bis teuren, kleinen bis großen und manuellen bis vollautomatischen Objektiven. Wir haben jüngst das Voigtländer 29 mm 1:0,8 Super Nokton asphärisch und das 7Artisans 35 mm F0,95 Einzeltests an der Olympus OM-D E-M5 Mark III unterzogen. Unseren Test des Olympus 25 mm F1.2 ED Pro haben wir zwar bereits 2017 veröffentlicht, aber trotzdem zum direkten Vergleich jetzt nochmal an der E-M5 III getestet. In diesem Vergleich stellen wir die Objektive direkt gegenüber.  (Benjamin Kirchheim)

Funktionen und Bedienung

Sowohl das Voigtländer 29 mm 1:0,8 Super Nokton asphärisch (58 Millimeter entsprechend Kleinbild) als auch das 7Artisans 35 mm F0,95 (70 Millimeter entsprechend Kleinbild) sind vollmanuelle Objektive, die keinerlei elektronische Komponenten besitzen. Die Kamera weiß also nicht, welches Objektiv montiert wurde. Immerhin bietet die Olympus OM-D E-M5 Mark III die Möglichkeit, Objektivprofile zu hinterlegen und per Tastendruck oder das Menü abzurufen. Hier lassen sich der Objektivname, die maximale Blendenöffnung sowie die Brennweite eintragen.

Sowohl der Fokus, als auch die Blende müssen manuell eingestellt werden. Beides ist am mit 1.800 Euro deutlich teureren Voigtländer bequemer als am mit 270 Euro äußerst günstigen 7Artisans. Der manuelle Fokusring des Voigtländers besitzt nämlich einen fast doppelt so großen Drehwinkel, so dass der Fokus viel feiner eingestellt werden kann. Zudem besitzt das Voigtländer auch bei Offenblende eine hohe Auflösung, während man das 7Artisans besser auf mindestens F2 abblenden sollte, damit man die Schärfeebene besser erkennt.

Auch beim Blendenring ist das Voigtländer mit seiner 1/2-EV-Rastung deutlich im Vorteil, das 7Artisans hingegen besitzt nur eine stufenlose Blende, bei der zudem der eingestellte Wert schlecht abgelesen werden kann. Wer eine stufenlose Blendeneinstellung wünscht, kann das Voigtländer zudem einfach umschalten. Blendenwert und Markierung liegen hier dicht genug beieinander, um den Wert gut ablesen zu können. Obwohl das 7Artisans das deutlich kleinere Objektiv ist, sind seine Beschriftungen deutlich (knapp 50 Prozent) größer als beim Voigtländer.

Die fehlenden elektrischen Kontakte der beiden manuellen Objektive haben gleich mehrere Nachteile. So aktivieren sich das Fokuspeaking und die Fokulupe nicht automatisch, sondern man muss entsprechende Funktionstasten dafür umprogrammieren. Solange man ein manuelles nicht mit einem automatischen Objektiv im Mischbetrieb betreibt, ist beispielsweise die Abblendtaste frei, denn bei den manuellen Objektiven wird die Blende ja ohnehin am Objektiv gesteuert. Wir haben die Peaking-Funktion darauf gelegt. Zudem haben wir die ISO-Taste für die Fokus-Lupen-Funktion "geopfert", denn die ISO-Empfindlichkeit kann auch über das Schnellmenü oder eines der Kameraräder der Olympus OM-D E-M5 Mark III eingestellt werden, während das andere beispielsweise die Belichtungszeit oder die Belichtungskorrektur steuert.

Auch wenn es sich um manuelle Objektive handelt, kann die Kamera die Belichtungszeit und ISO-Empfindlichkeit automatisch steuern, so dass man sich neben Fokus und Bildausschnitt nicht auch noch intensiv um die Belichtung kümmern muss (aber selbstverständlich kann, wenn man möchte). Auch der Sensor-Shift-Bildstabilisator lässt sich aktivieren, für eine maximale Effektivität muss einfach nur die korrekte Brennweite an der Kamera eingegeben oder das entsprechende Objektivprofil gewählt werden.

Nutzt man die Objektivprofile der Kamera, werden wichtige Punkte der EXIF-Daten gefüllt, die sonst leer bleiben würden. Einerseits wird die Brennweite eingetragen und andererseits das verwendete Objektiv. Bei der Blende wird hingegen der hinterlegte Maximalwert fest eingetragen. Hier hat Olympus die Chance verpasst, den Blendenwert für die EXIFs bei der Aufnahme beispielsweise über eines der Multifunktionsräder einstellen zu können, das ja für die "echte" Blendeneinstellung in dem Moment sowieso nicht benötigt wird.

Der fehlende Blendeneintrag ist ärgerlich, wenn man später die Blende nachvollziehen möchte. Hier hilft nur ein kleines Notizbuch oder eine Sprachnotiz. Was ebenfalls nicht funktioniert, sind elektronische Korrekturen von Bildfehlern wie Verzeichnung, Randabdunklung und chromatischen Aberrationen. Das ist mit entsprechender Bildbearbeitungssoftware bei Bedarf aber durchaus nachträglich möglich.

Beim Olympus 25 mm F1.2 ED Pro (50 Millimeter entsprechend Kleinbild) funktioniert das alles viel bequemer, denn das gut 1.000 Euro (Straßenpreis, die UVP liegt bei 1.300 Euro) teure Objektiv ist zwar nicht ganz so lichtstark wie seine manuellen Konkurrenten, besitzt dafür aber elektronische Kontakte, über die nicht nur Aufnahmedaten übertragen werden, sondern die auch einen Autofokus und eine Blendensteuerung ermöglichen.

An dieser Stelle sei erwähnt, dass es auch manuell zu fokussierende Objektive mit elektronischen Kontakten gibt, die bis auf einen fehlenden Autofokus gegenüber einen AF-Objektiv praktisch keine Nachteile haben.

Der Fokusring des Olympus-Objektivs bietet gleich zwei Betriebsarten: Zieht man ihn nach hinten, kann man linear und mit zusätzlicher Fokusskala samt Markierung der Schärfentiefe (die gibt es selbstverständlich auch beim Voigtländer und 7Artisans) manuell fokussieren, Fokuspeaking und Fokuslupe aktivieren und deaktivieren sich dabei je nach Kameraeinstellung automatisch. Allerdings die die Beschriftungen beim Olympus äußerst klein geraten, sie sind nur etwas mehr als halb so groß wie beim Voigtländer.

Lässt man den Fokusring hingegen in seiner vorderen Position und aktiviert über die Kamera den manuellen Fokus, dann arbeitet der Fokusring nicht-linear, so dass schnelle und langsame Drehungen unterschiedlich übersetzt werden. Damit ist eine äußerst feinfühlige manuelle Fokussierung möglich, wobei man das praktisch betrachtet nur selten braucht, denn der Autofokus arbeitet sehr schnell, leise und äußerst präzise.

Einen Blendenring bietet das Olympus-Objektiv hingegen nicht. Die Blende wird über die Einstellräder der Kamera gesteuert. Zudem kann das Objektiv bei Offenblende arbeiten und wird nur für die Belichtung sowie bei Betätigung der Abblendtaste abgeblendet, so dass auch in dunklen Umgebungen automatisch die Offenblende für maximale Bildqualität des Livebilds auf dem Monitor oder im Sucher zur Verfügung steht. Übrigens besitzt das Olympus-Objektiv noch einen Funktionsknopf, der über die Kamera konfiguriert werden kann.

Verarbeitung

Bei der Baugröße und den Materialien gibt es ebenfalls große Unterschiede. Das 7Artisans ist das mit Abstand kompakteste Objektiv dieses Trios – obwohl es sogar den größeren APS-C-Bildkreis ausleuchtet. Das Voigtländer ist hingegen das größte Objektiv, wobei das Olympus kaum merklich kleiner ist. Der Durchmesser verjüngt sich beim Olympus weiter hinten aber früher, was weniger mechanische Probleme bei der Verwendung eines Stativs bedeutet (siehe Test des Voigtländers in den weiterführenden Links).

Das Voigtländer-Objektiv ist mit über 700 Gramm auch das mit Abstand schwerste Objektiv des Trios. Das Olympus wiegt 300 Gramm weniger und das 7Artisans sogar nur die Hälfte vom Voigtländer beziehungsweise 50 Gramm weniger als das Olympus. Die Gewichte in Relation zur Größe verraten bereits, dass beim Olympus die leichtesten Materialien zum Einsatz kommen. Während das 7Artisans sowie das Voigtländer mit hochwertigen Gehäusen aus Metall einen hervorragend soliden Eindruck machen, kommt beim Olympus deutlich mehr Kunststoff zum Einsatz. Wird es in der Arbeitsumgebung allerdings staubig oder feucht, stellt sich das Olympus dank der Dichtungen als das robusteste Objektiv heraus. Der äußere Anschein ist also nicht alles.

Fortsetzung auf Seite 2

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Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.