Super-Tele-Zoom

Testbericht: Olympus M.Zuiko Digital ED 100-400 mm F5.0-6.3 IS

2020-10-19, aktualisiert 2020-11-30 Mit dem M.Zuiko Digital ED 100-400 mm F5.0-6.3 IS spielt Olympus einen echten Vorteil des Micro-Four-Thirds-Systems aus: Dank des Sensor-Crop-Faktors von 2 deckt es einen kleinbildäquivalenten Brennweitenbereich von 200 bis 800 Millimeter ab – entsprechende Kleinbildzooms existieren nicht beziehungsweise enden bei 600 Millimeter. Des Weiteren kann das Objektiv dank der "geringen" realen Brennweite und des kleines Bildkreises relativ kompakt ausfallen. Olympus verspricht dank mehreren hochbrechenden Linsen eine hohe Bildqualität. Ob das zutrifft, verraten wir in diesem Test.  (Benjamin Kirchheim)

Verarbeitung

Mit einer Länge von 20,6 Zentimetern ist das M.Zuiko Digital ED 100-400 mm F5.0-6.3 IS das bisher längste Zoomobjektiv von Olympus, nur die Festbrennweite 300 mm 4 ED IS Pro ist noch länger. Auch mit seinem Durchmesser von 8,6 Zentimetern liegt es ganz weit vorne und wird nur von eben genannter Festbrennweite sowie dem Ultraweitwinkelzoom 7-14 mm übertroffen. Beim Gewicht liegt es mit über 1,3 Kilogramm ebenfalls an zweiter Stelle, was sich auch nicht verbessert, wenn man die 200 Gramm schwere Stativschelle entfernt. Betriebsbereit mit Gegenlichtblende und der Kamera Olympus OM-D E-M1 Mark III werden sogar fast zwei Kilogramm erreicht. Dafür punktet das Olympus 100-400 mm F5.0-6.3 IS ED natürlich mit seiner großen Brennweite, im Kleinbildäquivalent werden 800 Millimeter erreicht, wenn auch bei nicht besonders hoher Lichtstärke.

Die Verarbeitung des Telezooms ist sehr gut, auch wenn nur verhältnismäßig wenig Metall und recht viel Kunststoff zum Einsatz kommt, der aber von einer guten Qualität ist. Aus Metall bestehen nur das Bajonett, die Stativschelle und der Bereich darunter sowie der Zierring vor dem Zoomring. Das 72mm-Filtergewinde besteht leider ebenfalls aus Kunststoff, man sollte also keineswegs einen Metallfilter verkanten und mit Gewalt einschrauben. Mehr zur richtigen Handhabung von Filtern haben wir in einem Fototipp zusammengefasst, der in den weiterführenden Links zu finden ist. Dass das 100-400 mm F5.0-6.3 IS ED robust ist, unterstreicht Olympus mit dem sogar nach IPX1 zertifizierten Spritzwasser- und Staubschutz, so dass man in Kombination mit einer Kamera der OM-D-Serien E-M1 und E-M5 auch bei "Wind und Wetter" fotografieren gehen kann, ohne Angst um seine wertvolle Technik haben zu müssen, denn das Olympus 100-400 mm kostet immerhin knapp 1.300 Euro.

Zoom und Stativschelle

Der Zoomring ist mit einer Breite von sechs Zentimetern sehr üppig dimensioniert, auch wenn "nur" vier Zentimeter davon mit einer griffigen Kunststoff-Riffelung versehen sind. Mit einer viertel Umdrehung lässt sich der gesamte Zoombereich von 100 bis 400 Millimeter durchfahren, wobei der Tubus um stattliche sechs Zentimeter ausfährt. Kontrastreiche, wenn auch etwas klein geratene Brennweitenmarkierungen gibt es bei 100, 150, 200, 300 und 400 Millimetern, was Kleinbildäquivalenten von 200, 300, 400, 600 und 800 Millimetern entspricht. Somit sitzen die Markierungen bei klassischen Kleinbild-Telebrennweiten. Zudem blenden die Kameras von Olympus die Brennweite millimetergenau auf dem Bildschirm beziehungsweise im Sucher ein, so dass man jede gewünschte Brennweite gezielt anfahren kann.

Ein praktisches Detail ist die Möglichkeit, den Zoommechanismus alternativ schiebend verwenden zu können, was die Ingenieure auch so vorgesehen haben. Wer mag, kann also vorne, am besten an der Streulichtblende, anfassen und das Zoom auf die gewünschte Brennweite schieben beziehungsweise ziehen. Der Zoommechanismus läuft dabei sanft und gleichmäßig, außerdem bietet er einen gewissen Widerstand. In ganz eingefahrener Position lässt sich das Zoom per Schiebeschalter blockieren.

Ein weiteres praktisches Detail bietet die Stativschelle: Der Fuß besitzt Arca-Swiss-kompatible Einkerbungen. Bei Verwendung eines entsprechenden Stativkopfes braucht man also keine extra Schnellwechselplatte ans Objektiv zu schrauben. In Kombination mit der OM-D E-M1 Mark III ist das Objektiv an der Schelle gut ausbalanciert und wird erst beim Zoomen leicht frontlastig. Mit einer leichteren Kamera der E-M5-Serie dürfte immer eine gewisse Frontlastigkeit bestehen. Entriegelt man die Stativschelle an der Knebelschraube, lässt sich die Kamera-Objektiv-Kombination frei drehen. Es gibt zwar rundherum Hoch- und Querformat-Markierungen, eine Rastung fehlt aber. Wer möchte, kann die Stativschelle auch abnehmen, allerdings ragen dann vier unschöne Schrauben aus dem Objektivtubus, die man mit einem nur optional erhältlichen Zierring abdecken kann. Apropos optional: Eine Objektivtasche gehört ebenfalls nicht zum Lieferumfang, dafür aber immerhin die Streulichtblende.

Fokus und Bildstabilisator

Vor dem Zoomring sitzt der 1,8 Zentimeter breite, rein elektronisch arbeitende Fokusring. Er besitzt ebenfalls eine feine Kunststoffriffelung. Eine Entfernungsanzeige beim manuellen Fokussieren bietet das Objektiv nicht, auch im Live-View der Kamera lässt sich keine einblenden. Als Fokushilfen stehen aber eine 3- bis 14-fache Vergrößerungslupe sowie Fokus-Peaking zur farbigen Markierung der scharfen Kontrastkanten zur Verfügung. Die Umschaltung zwischen manuellem und Autofokus erfolgt über einen seitlich am Objektiv angebrachten Schiebeschalter, auch ein Fokusbegrenzer lässt sich hier aktivieren. Damit lässt sich der Fokusbereich auf 1,3-6 Meter, 1,3 Meter bis unendlich oder 6 Meter bis unendlich beschränken.

Der Autofokus arbeitet schnell, leise und zuverlässig, sogar mit der Fokus-Stacking-Funktion der Olympus-Kameras ist das Zoom kompatibel. Die Naheinstellgrenze liegt bei 1,3 Metern, womit laut Olympus ein maximaler Abbildungsmaßstab von 1:3,4 und ein minimales Bildfeld von 6x4,5 Zentimetern erreicht wird. In der Praxis lag die Naheinstellgrenze unseres Exemplars sogar bei nur 1,22 Metern und das minimale Bildfeld bei 5,8x4,4 Zentimeter, was aber gerundet weiterhin einem Abbildungsmaßstab von 1:3,4 entspricht. Der Abstand der Objektivfront zum Motiv beträgt dabei ca. 92 Zentimeter.

Dank der Kompatibilität mit den Telekonvertern lässt sich der Abbildungsmaßstab sogar nochmal verdoppeln, wobei sich aber auch der Blendenwert auf F12,6 verdoppelt – hier ist man im Micro-Four-Thirds-System schon deutlich im Bereich der Beugung. Einen weiteren Nachteil hat der Telekonverter: Die Effektivität des optischen Bildstabilisators des Objektivs halbiert sich ebenfalls. So schrumpfen die eigentlich drei Blendenstufen Kompensation auf magere 1,5 Blendenstufen zusammen.

Eine Kombination mit dem Sensor-Shift-Bildstabilisator ist ausdrücklich nicht möglich, da dies laut Olympus nur für Pro-Objektive vorgesehen ist. Lediglich Drehbewegungen können die OM-D-Modelle E-M1 Mark II, Mark III, E-M1 X und E-M5 Mark III nach einem Firmwareupdate zusätzlich kompensieren. Hier verschlechtert die Produktpolitik das Telezoom also absichtlich – schade, denn andere Hersteller können das besser, allen voran der Micro-Four-Thirds-Systempartner Panasonic. Immerhin erreichten wir auch in der Praxis die versprochenen drei Blendenstufen, konnten bei längster Brennweite (800 mm KB) also scharfe Aufnahmen bei 1/100 Sekunde Belichtungszeit ohne Stativ schießen. Abschalten lässt sich der optische Bildstabilisator dank eines Schalters an der Seite des Objektivs übrigens ganz einfach, was für das wechselnde Fotografieren mit und ohne Stativ praktisch ist.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.