Spiegellose Systemkamera, Systemkamera

Testbericht: Fujifilm X-T10

2016-03-15 Als kleines Schwestermodell der X-T1 eher im Preis als im Funktionsumfang abgespeckt verspricht die Fujifilm X-T10, ein ausgezeichnetes Preis-Leistungsverhältnis zu bieten. APS-C-Sensor, mehrere Einstellräder, großer elektronischer Sucher, beweglicher Bildschirm und hohe Serienbildrate sind nur einige ihrer Kernfeatures. Kompakt fällt sie obendrein aus. Mit der X-E2S hat die X-T10 indes ein Konkurrenzmodell auf Augenhöhe im eigenen Hause bekommen, mit ihrem unterschiedlichen Design sollten sie aber auch unterschiedliche Zielgruppen ansprechen. Im Test muss die Fujifilm X-T10 zeigen, was sie drauf hat.  (Benjamin Kirchheim)

Ergonomie und Verarbeitung

Fujifilm hat die X-T1 geschrumpft, könnte man beim ersten Anblick der X-T10 denken. Die Design-Verwandtschaft mit der großen Schwester ist unverkennbar. Dabei spricht die X-T10 mit einem Preis von gut 700 Euro (ohne Objektiv) sicherlich eine andere Käuferschicht an, als die 500 Euro teurere X-T1. Die Verarbeitung der mit 118 mal 83 mal 41 Millimeter recht kompakten X-T10 braucht sich durchaus nicht zu verstecken. Sowohl der Oberteil als auch die Bodenplatte der betriebsbereit etwa 370 Gramm schweren spiegelloses Systemkamera bestehen aus Metall, während beim Mittelteil Kunststoff zum Einsatz kommt. Dieses ist großflächig mit einer genarbten Gummierung versehen – könnte man beim ersten Anblick meinen. Doch tatsächlich besteht diese "Belederung" auf der Rückseite mit Ausnahme der Daumenauflage aus Kunststoff, der zwar eine genarbte Struktur besitzt, aber keinesfalls rutschfest ist. Die X-T10 liegt, zumindest einhändig, leidlich gut in der Hand. Die Daumenauflage sowie der dezente Handgriff geben zwar etwas Halt, aber umschließen kann man den Griff mit der rechten Hand nicht. So hält sich die X-T10 nicht besser, als beispielsweise die X-Pro2.

Zwar ist die X-T10 im Design einer klassischen Spiegelreflexkamera der Achtziger Jahre gehalten, besitzt aber als spiegellose Systemkamera einen elektronischen Sucher. Dieser vergrößert sensorbezogen 0,93-fach, was bezogen auf Kleinbild eine 0,62-fache Vergrößerung bedeutet. Der Sucher ist angenehm groß und liefert ein mit 2,36 Millionen Bildpunkten fein aufgelöstes Bild. Brillenträger schauen indes sprichwörtlich in die Röhre, denn durch den zu großen Abstand des Auges vom Sucher schattet dieser in den Ecken deutlich ab, nicht einmal horizontal ist er vollständig zu überblicken. Wem die von -4 bis +2 reichende Dioptrienkorrektur genügt, kann froh sein. Aber auch der rückwärtige 7,5-Zentimeter-Bildschirm leistet gute Dienste. Er lässt sich um 45 Grad nach unten sowie um 90 Grad nach oben kippen, so kann der Fotograf die Kamera beispielsweise ganz in Lichtschacht-Manier zum Fotografieren vor dem Bauch halten. Schade allerdings, dass Fujifilm keinen Touchscreen verbaut hat, mit dessen Hilfe man beispielsweise den Fokuspunkt per Fingertipper hätte platzieren können. Sowohl der Bildschirm als auch der Sucher erlauben zahlreiche Einblendungen, etwa eine Wasserwaage, Gitterlinien oder ein Live-Histogramm.

Beim Bedienkonzept vereint die X-T10, mehr noch als die X-T1, ein klassisches mit einem modernen Bedienkonzept. Der Fotograf kann wahlweise den Blendenring am Objektiv sowie das Zeitenrad oben auf der Kamera verwenden, um halbautomatisch oder manuell zu belichten. Hinzu kommen zwei Einstellräder, die auf Wunsch diese Funktionen übernehmen. Durch die Klick-Funktion der Räder lassen sich aber auch andere Werte einstellen und direkt bestätigen. Wer automatisch belichten möchte, muss nun aber nicht mehr zwei Räder in die "A"-Stellung bringen, sondern legt einfach einen Hebel um. Das dedizierte Belichtungskorrekturrad indes bleibt auch dann aktiv. Wer sich damit nicht auskennt, kann sich also auch im Automatikmodus seine Belichtung versauen. Überhaupt dürfte das Belichtungskorrekturrad gerne noch etwas schwerer rasten oder aber über eine Sperre verfügen, um nicht versehentlich verstellt zu werden, was in der exponierten Position leider gerne mal passiert. Freunde der Bedienung mit direkten Tasten wird freuen, dass die X-T10 über getrennte AF-L und AE-L-Tasten verfügt. Mit der AF-L-Taste lässt sich praktischerweise auch bei manuellem Fokus auf Knopfdruck automatisch fokussieren.

Wenn man über ein Bedienelement meckern möchte, dann wäre es am ehesten die Videoaufnahmetaste. Sie sitzt so verkeilt zwischen Belichtungskorrekturrad und Auslöser beziehungsweise Einschalthebel, dass sie sich nur schwer betätigen lässt. Da die Videoaufnahme zudem etwas verzögert startet und stoppt, weiß man nie, ob man jetzt wirklich auf die Taste gedrückt hat oder nicht. Ärgerlich auch für diejenigen, die sich die Videoaufnahmetaste mit einer anderen Funktion belegen. Recht gut gelungen sind die Menüs sowie das Quick-Menü. Letzteres bietet schnellen Zugriff auf zahlreiche Funktionen und lässt sich individualisieren. Das Hauptmenü unterteilt sich in zwei Sektionen mit mehreren Registern, wobei jedes Register nur eine Menüseite mit bis zu sieben Einträgen besitzt. Man kann wahlweise die Register durchschalten oder die Menüpunkte einzeln, wobei automatisch zum nächsten Register gewechselt werden kann.

Erfreulich gut ist die Ausstattung mit Schnittstellen. Hinter einer Kunststoffklappe auf der linken Gehäuseseite verbergen sich eine Micro-USB-Buchse, ein Micro-HDMI-Anschluss sowie eine 2,5 mm Klinkenbuchse, die wahlweise einen Kabelfernauslöser oder aber den Stecker eines externen Stereomikrofons aufnimmt. Auch wer gleichzeitig mit externem Stereomikrofon filmen und Fernauslösen möchte, schaut nicht in die Röhre, denn das Gewinde im Auslöseknopf nimmt einen klassischen Drahtauslöser auf. Der Lithium-Ionen-Akku teilt sich an der Kameraunterseite ein Fach mit der SD-Speicherkarte. Das Stativgewinde befindet sich in direkter Nachbarschaft und sitzt nicht in der optischen Achse. Schlechter geht es eigentlich nicht, denn das Fach wird auch von der kleinsten Schnellwechselplatte versperrt. 350 Aufnahmen nach CIPA-Standard sind mittelmäßig, jedoch liefert Fujifilm gleich einen Ersatzakku mit, wodurch sich die Ausnahmekapazität verdoppelt. Die Akkus werden extern in der mitgelieferten Ladeschale, die einen Akku aufnimmt, aufgeladen. Das SD-Kartenfach ist zu SDHC, SDXC und UHS-I kompatibel, im Gegensatz zur X-T1 aber nicht zu UHS-II.

Ausstattung

Ganz ohne Programmwählrad bietet die Fujifilm X-T10 sowohl Einsteigern als auch fortgeschrittenen Fotografen die nötigen Funktionen für gelungene Fotos, wobei das Bedienkonzept trotz des neuen "Auto"-Hebels ganz klar auf ambitionierte Fotografen abzielt. Den Modus zu wechseln, ist dabei denkbar einfach: Dreht man das Belichtungszeitenrad auf "A", so ist die Belichtungszeitautomatik aktiv, ansonsten gilt der eingestellte Wert. Das vordere Einstellrad erlaubt dabei die "Feinkorrektur" von -2/3 bis +2/3 EV. In Stellung T hingegen kann der gesamte Belichtungszeitenspielraum von 1/4.000 bis 30 Sekunden in Drittelschritten eingestellt werden. Dies gilt für den mechanischen Verschluss, denn mit dem elektronischen Verschluss sind sogar bis zu 1/32.000 Sekunde kurze Verschlusszeiten möglich, dazu noch völlig lautlos. Allerdings kann dann nicht mehr geblitzt werden und bei schnell bewegten Motiven wird der Rolling-Shutter-Effekt sichtbar. Das gleiche Spiel mit Automatik und manueller Wahl gilt für die Blende, nur dass hier keine "Feinkorrektur" notwendig ist, da der Blendenring ohnehin in Drittelstufen schaltet. Für die ISO-Empfindlichkeit gibt es hingegen kein eigenes Rad, aber auch sie kann manuell in Drittelschritten oder aber automatisch eingestellt werden. Neu sind dabei die drei ISO-Automatiken, deren Stellbereich sowie minimale Verschlusszeit sich festlegen lassen. Dadurch ist eine schnelle Umschaltung des Automatikbereichs beziehungsweise der minimalen Verschlusszeit möglich.

Wie jede Fujifilm verfügt auch die X-T10 über die Filmsimulationsmodi, womit sich auf Knopfdruck der Bildeindruck eines bestimmten, klassischen Fujifilm-Films einstellen lässt, etwa Velvia für lebendige Farben oder ein Schwarzweißfilm. Wer möchte, nimmt sogar mit einem Foto ganze Filmsimulationsreihen auf. Genauso lassen sich aber auch Belichtungsreihenaufnahmen, ISO-Reihenaufnahmen, Dynamikbereichs-Reihenaufnahmen oder Weißabgleichs-Reihenaufnahmen anfertigen. Selbst Intervallaufnahmen und ein Schwenkpanoramamodus sind für die X-T10 keine Fremdwörter. Schnelle acht Serienbilder pro Sekunde nimmt die X-T10 auf, allerdings nur für sehr wenige Aufnahmen in schneller Folge. Hier zeigen sich die Unterschiede zur größeren Schwester X-T10.

Fujifilm verspricht bei der X-T10 einen 0,06 Sekunden schnellen Autofokus nach CIPA-Standard. Diesen können wir überhaupt nicht nachvollziehen. Laut unseren Messungen ist die X-T10 etwa um den Faktor Sechs langsamer, der Autofokus benötigt also etwa 0,36 Sekunden. Hinzu kommen 0,08 Sekunden Auslöseverzögerung, die auch ohne Fokussierung auftreten (etwa zum Schließen der Blende, zum Spannen des Verschlusses etc.). Langsam ist der Autofokus damit zwar nicht, aber doch spürbar langsamer als manches Konkurrenzmodell und vor allem deutlich langsamer als Fujifilm es verspricht. Ansonsten lässt sich Fokussierung nicht viel zu wünschen übrig. Der Fotograf hat die Wahl aus 49 Messfeldern, die weit über den Bildbereich verteilt liegen. Hinzu kommen Modi wie "Weit" und "Verfolgung", in denen der Autofokus sogar auf 77 Messfelder zurückgreift und ein Motiv im Fokus hält. Wer manuell fokussieren möchte erhält allerlei Unterstützung in Form eine Fokusskala, einer Fokuslupe oder der Hervorhebung scharfer beziehungsweise kontrastreicher Kanten mittels des Fokus-Preakings.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.