Spiegellose Vollformat-Systemkamera
Testbericht: Canon EOS R
2018-12-14 Die Canon EOS R ist die erste spiegellose Vollformat-Systemkamera des DSLR-Marktführers. Dabei stößt Canon mit einer Auflösung von 30 Megapixeln in die Lücke zwischen den 24 und über 40 Megapixel auflösenden Modellen von Sony und Nikon. Bei der Ausstattung inklusive Videofunktion und hochauflösendem elektronischem Sucher lässt sich Canon ebenfalls nicht lumpen. Doch was die EOS R in der Praxis, bei der Bedienung und bei der Bildqualität taugt, verrät unser Test. (Benjamin Kirchheim)
Diesen Kameratest gibt es nur als Premium-Test mit erweitertem Informationsumfang.
Er enthält gegenüber unserer Standard-Online-Version zusätzlich eine Tabelle mit detaillierten
Einzelbewertungen sowie Diagramme, in denen die Stärken und Schwächen der Kamera gut vergleichbar
dargestellt werden. Zudem stellen wir drei andere Kameras als mögliche Alternativen vor und erklären,
welche Vor- und Nachteile diese gegenüber der Canon EOS R haben. Der sehr ausführliche Test kann
direkt online gelesen oder als 31-seitiges PDF-E-Book heruntergeladen werden. Der Test ist in
digitalkamera.de-Premium enthalten und einzeln für 1,99 € erhältlich (bzw.
1,79 € bei Bezahlung mit digitalkamera.de-Guthaben).
Ergonomie und Verarbeitung
Gleich beim ersten Anfassen merkt man, dass es sich bei der Canon EOS R um eine hochwertig konstruierte Kamera handelt. Ihr Gehäuse besteht aus einer robusten und leichten Magnesiumlegierung. Trotzdem drückt sie betriebsbereit bereits ohne Objektiv gut 650 Gramm auf die Waage, mehr als doppelt so schwer wird sie mit dem F4 lichtstarken RF 24-105mm-Zoom. Das Gehäuse ist zudem mittels zahlreicher Dichtungen gegen das Eindringen von Spritzwasser und Staub geschützt. Wie bei Canon üblich, ist die Kamera ein echter Handschmeichler. Der Griff ist perfekt ausgeformt, sodass man auch größere Objektive problemlos halten kann. Sogar einen Hochformatgriff bietet Canon an, der die Kamera zudem um die fehlende Blitzsynchronbuchse erweitert.
Die Canon EOS R ist die erste spiegellose Vollformat-Systemkamera des DSLR-Marktführers. [Foto: MediaNord]
Die Schnittstellen der EOS R sitzen alle an der linken Gehäuseseite und werden von drei Gummiabdeckungen verschlossen, so dass man jeweils nur die Schnittstellen "öffnen" muss, die man tatsächlich braucht. Einerseits lässt sich hier per 2,5 mm Klinke ein Fernauslösekabel anschließen. Die USB-C-Schnittstelle erlaubt sowohl eine Datenübertragung, als auch das Aufladen des Akkus, wobei jedoch auch eine externe Ladeschale beiliegt. Dabei zeigt sich die USB-Schnittstelle jedoch sehr wählerisch, was die Stromquelle angeht. Wir haben kein USB-A-Ladegerät (oder eine -Powerbank) finden können, an dem die EOS R lädt. Etwas besser funktionierte es mit USB-Netzteilen und Powerbanks mit Power Delivery (PD) via nativer USB-C-Schnittstelle (funktioniert haben die Aukey-Powerbank-Modelle PB-Y7 und PB-Y14 sowie das Autoladegerät Aukey CC-Y1). Allerdings musste hier die Kamera oft zum Aufladen "überredet" werden, indem man einmal die Akkufachklappe öffnet und wieder schließt. Aber längst nicht jede Powerbank mit USB-C und PD lud bei unserem Test die EOS R auf. Schade, dass die Kamera sich derart pingelig anstellt. Der Lithium-Ionen-Akku reicht für immerhin 370 Aufnahmen nach CIPA-Standard (das können in der Praxis je nach Verwendung durchaus mehr Aufnahmen sein), eine prozentgenaue Restladeanzeige ist allerdings nur im Menü zu finden.
Auch bei der Datenübertragung verspricht die USB-C-Schnittstelle mehr als sie hält. Die Canon EOS R verbindet sich über das PTP-Protokoll und erlaubt nur einen Lesezugriff auf die Speicherkarte. Eine Auswahl an Fotos auf den Rechner verschieben und auf der Kamera löschen geht also nicht. Die Datenübertragung erreicht mit rund 40 Megabyte pro Sekunde nicht einmal USB-2-Geschwindigkeit. Ein guter Kartenleser ist somit eine sehr sinnvolle Investition, denn damit lassen sich locker mindestens fünfmal so schnelle Datenübertragungsraten erzielen.
Des Weiteren sind mit Mini-HDMI (Typ C) sowie zwei 3,5mm-Klinkenbuchsen (für Mikrofon und Kopfhörer) einige Videoschnittstellen zu finden. Sogar ein kleines Gewinde zum Anbringen einer Kabel-Zugentlastung beziehungsweise eines Knickschutzes ist vorhanden. Etwas Kritik muss sich Canon für die Entscheidung gefallen lassen, der EOS R nur einen einzigen Speicherkartenschacht spendiert zu haben. Immerhin ist das SD-Speicherkartenfach zu SDHC, SDXC, UHS I und UHS II kompatibel. Man sollte zu letzteren Speicherkarten mit mindestens 150 MB/s Schreibgeschwindigkeit greifen, wenn man die Kamera nicht ausbremsen will, denn in der Praxis kamen wir mit einer 299 MB/s schnellen Sony-SF-G-Speicherkarte problemlos auf eine Schreibrate jenseits von 140 MB/s bei Serienbildern.
Canon setzt beim Sucher auf ein 3,69 Millionen Bildpunkte auflösendes OLED und ein äußerst großes Sucherbild (0,76-fache Vergrößerung). Dank der Dioptrienkorrektur kann man ihn mit nicht zu starker Fehlsichtigkeit gut ohne Brille verwenden. Mit Brille auf der Nase kann man nämlich das Sucherbild nicht vollends überblicken. Bedingt schafft die Möglichkeit, das Sucherbild kleiner zu schalten, Abhilfe.
Die Canon EOS R bietet einen großen dreh- und schwenkbaren Touchscreen sowie einen hochauflösenden elektronischen Sucher. [Foto: MediaNord]
Das Sucherokular steht ein gutes Stück nach hinten über, sodass man nicht gleich mit der Nase am Touchscreen klebt und diesen noch bequem mit dem Auge am Sucher bedienen kann. Durch die feine Auflösung vergisst man zuweilen, dass man durch einen Videosucher blickt. Seine Stärken spielt er beispielsweise dann aus, wenn das Umgebungslicht schwindet und man quasi eine Nachtsichtgerät-Kamera vor der Nase hat. Man erkennt mehr Details als mit dem bloßen Auge. Einzig die Bildwiederholfrequenz dürfte gerne noch höher ausfallen. Wahlweise 30 oder 60 Bilder pro Sekunde sind möglich. Das sorgt zwar durchaus für ein flüssiges Sucherbild, aber bei Actionszenen wären 100-120 Bilder pro Sekunde noch besser, wie man sie beispielsweise bei Fujifilm bekommt.
Auch bei der Bedienung hilft der elektronische Sucher. So kann man nach Betätigung der M-Fn-Taste mit dem vorderen Einstellrad durch verschiedene Einstellungen scrollen und diese mit dem hinteren Rad anpassen. Durch die Einblendungen verliert man sein Motiv dabei nicht aus dem Auge und kann je nach Option die Auswirkungen, beispielsweise beim Weißabgleich, direkt im Sucherbild beobachten.
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Der rückwärtige, gut acht Zentimeter große Touchscreen lässt sich schwenken und drehen, sodass er für Aufnahmen aus allen erdenklichen Blickwinkeln taugt. Er arbeitet mit LCD-Technik und löst feine 2,1 Millionen Bildpunkte auf. Ohne Helligkeitsrekorde aufzustellen, leuchtet er mit knapp 650 cd/m² ausreichend gegen das Sonnenlicht an. Zudem setzt Canon die Touchbedienung konsequent um, wobei man bis auf eine Ausnahme auch komplett darauf verzichten kann. Diese Ausnahme wird so mancher sicher als Manko sehen: Der Canon fehlt ein AF-Joystick. Stattdessen wird der Touchscreen zur Platzierung des beziehungsweise der Autofokusfelder benutzt, von denen die Kamera über 5.000 bis an den Randbereich verteilt besitzt. Darauf ist Canon übrigens besonders stolz und betont, dass unter anderem dafür das neue, große Bajonett nötig war, denn der Autofokus benötigt für eine zuverlässige Funktion am Randbereich möglichst senkrechte Lichtstrahlen.