Ergonomie und Verarbeitung
Wie beim bereits nicht mehr erhältlichen Vorgängermodell X-S10 setzt Fujifilm auch bei der X-S20 auf ein modernes Gehäuse mit ergonomischem Handgriff und eine moderne Bedienung mit Programmwählrad und Multifunktions-Einstellrädern statt den Retro-Look mit "analoger" Bedienung via Belichtungszeitenrad wie bei den X-T-Modellen.
Die X-S20 besitzt ein hochwertig verarbeitetes Gehäuse, das zum Teil aus Kunststoff und zum Teil aus einer Leichtmetalllegierung besteht. Zudem ist das Gehäuse großzügig mit einer genarbten, rutschfesten Gummierung versehen. Die betriebsbereit ohne Objektiv 493 Gramm schwere Kamera wirkt zwar robust, aber ihr fehlt eine Abdichtung gegen das Eindringen von Spritzwasser und Staub, die man in dieser Preisklasse von immerhin knapp 1.400 Euro ohne Objektiv durchaus erwarten könnte.
Der ausgeprägte Handgriff bietet einer mittelgroßen europäischen Hand genügend Platz, nur für den kleinen Finger reicht es knapp nicht. Leider bietet Fujifilm keine optionale Grifferweiterung an. Dank einer Mulde im Griff sichert der Mittelfinger den Halt extra ab, genauso wie die Daumenmulde auf der Rückseite. Beide sind zwar nur leicht ausgeprägt, werden der Kameragröße und dem Gewicht aber gerecht.
Mit dem Daumen auf der Rückseite erreicht man wunderbar das obere, hintere Einstellrad, die AEL- und die AF-On-Taste, den Fokusjoystick und die Menü- sowie die Back-Taste. Ungewöhnlicherweise gibt es kein Vierwegekreuz, in den Menüs übernimmt stattdessen der Fokusjoystick die Navigation, alternativ können aber auch die Einstellräder verwendet werden.
Der Zeigefinger kommt gut auf dem Auslöser zu liegen und erreicht auch wunderbar den ringförmig darum angeordneten Einschalthebel, das vordere Einstellrad, die ISO- und die Q-Menü-Taste sowie den Videoauslöseknopf. Der Hauptauslöser wurde von Fujifilm haptisch etwas eigenwillig designt. Er scheint drei Druckpunkte zu besitzen. Legt man den Zeigefinger drauf, gibt die Taste etwas nach, aber es passiert nichts. Drückt man deutlich kräftiger – zu kräftig nach unserem Geschmack –, gelangt man zum ersten Druckpunkt, bei dem beispielsweise die Motiverkennung und der Autofokus starten. Der letzte Druckpunkt zum eigentlichen Auslösen erfordert dann wieder nur noch leicht mehr Druck auf dem Auslöser. Das hat Fujifilm bei anderen Kameras schon deutlich besser hinbekommen.
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Das Programmwählrad bedient man am einfachsten mit Daumen und Zeigefinger gleichzeitig, wobei es recht fest, aber nicht zu kräftig einrastet. Es verstellt sich kaum von selbst, mit etwas mehr Kraft lässt es sich aber durchaus auch mit nur einem Finger bedienen. Die linke Hand hat deutlich weniger zu tun. Auch auf der linken Gehäuseseite ist eine genarbte Gummierung zu finden, zumindest auf der Vorderseite, wobei man die Kamera ohnehin besser unter dem Objektiv stützt, als hier an der Seite der Kamera anzufassen.
Mit der linken Hand kann man aber auch noch das dritte Einstellrad links des Suchers, den darunter befindlichen Blitzentriegelungshebel sowie die "Drive"-Taste und die Wiedergabetaste bedienen. Vorne am Gehäuse sind indes keine Bedientasten zu finden, lediglich der Objektiventriegelungsknopf sitzt hier in Reichweite des rechten Ringfingers.
Das Hauptmenü stellt Fujifilm-Fotografen vor keine Rätsel, es ist bewährt aufgebaut. Links befinden sich die acht Hauptkategorien, die sich ihrerseits über mehrere Bildschirmseiten erstrecken können. Pro Seite finden maximal acht Menüpunkte Platz. Zudem gibt es Untermenüs. Für Unübersichtlichkeit sorgen die verschiedenen Schriftbreiten. Manche sind so eng gestellt, dass man sie kaum entziffern kann. Trotzdem kommen zusätzliche Abkürzungen zum Einsatz.
Zudem macht die Funktionsvielfalt das Menü etwas unübersichtlich beziehungsweise sie erfordert entsprechende Einarbeitungszeit. Immerhin handelt es sich bei einer der Hauptkategorien um ein My-Menü, das mit favorisierten beziehungsweise häufig benötigten Funktionen gefüllt werden kann, so dass man immer wieder verwendete Funktionen nicht in den Tiefen der Menüs suchen muss.
Zusätzlich zu den vielen Tasten und dem umfangreichen Hauptmenü gibt es auch noch ein Quick-Menü, das ebenfalls Zugriff auf wichtige Funktionen bietet und sich selbstverständlich individualisieren lässt. 16 Funktionen finden hier Platz. Im Gegensatz zum Hauptmenü kann man hier sogar den Touchscreen zum Einstellen verwenden, aber auch mit dem Joystick und den beiden Multifunktionsrädern lässt sich das Quick-Menü bedienen, so dass hier jeder seinen bevorzugten Bedienweg wählen kann.
Der elektronische Sucher der Fujifilm X-S20 bietet nur Standardkost. Er vergrößert 0,62-fach im Kleinbildäquivalent, was ausreichend ist. Das trifft auch auf die Auflösung von lediglich 2,36 Millionen Bildpunkten zu, die für die Größe jedoch ausreichen. Immerhin handelt es sich um einen kontrastreichen, farbenfrohen OLED-Sucher, der wahlweise mit 60 oder 100 Bildern pro Sekunde arbeitet und dessen Verzögerung sehr gering ist.
Eine wechselbare Suchermuschel gibt es nicht, was den Sucher etwas anfällig für seitlichen Lichteinfall macht. Trotzdem kommt man mit Brille nicht nah genug an den Sucher, um ihn komplett überblicken zu können. Die Ecken schatten in jedem Fall ab, aber auch seitlich ist das Sichtfeld des Suchereinblicks sehr knapp. Immerhin gibt es eine Dioptrienkorrektur von -4 bis +2. Dank des Näherungssensors aktiviert sich der Sucher automatisch, sobald man die Kamera ans Auge nimmt. Eine kleine Taste rechts vom Sucher erlaubt aber auch eine manuelle Umschaltung beziehungsweise Deaktivierung der automatischen Umschaltung.
Der rückwärtige Touchscreen misst 7,6 Zentimeter in der Diagonale. Es handelt sich um ein 1,84 Millionen Bildpunkte auflösendes Farb-LCD, dessen maximale Leuchtdichte von 610 cd/m² allerdings etwas knapp bemessen ist, um in sehr hellen Umgebungen noch gut ablesbar zu sein. Das Seitenverhältnis von 3:2 ist nativ identisch mit dem Seitenverhältnis des Bildsensors. Dadurch finden die Status-Einblendungen alle über dem Livebild statt, während im Sucher dank 4:3-Seitenverhältnis Anzeigen ober- und unterhalb des Sucherbilds platziert werden können, wodurch man etwas mehr vom Motiv sieht.
Der Touchscreen lässt sich seitlich um 180 Grad schwenken und um 270 Grad drehen, somit kann er aus allen Perspektiven inklusive Selfie beziehungsweise als Videokontrollmonitor eingesehen werden. Zudem lässt sich der Bildschirm zum Schutz verkehrt herum an die Kamerarückwand klappen. Auf seiner Rückseite befindet sich dieselbe genarbte Struktur wie bei der Belederung, allerdings als billigere Kunststoffoberfläche. Das sieht gut aus, fühlt sich aber weniger hochwertig an als es aussieht.
Bei seitlich abgeklapptem Monitor kommt eine Besonderheit der X-S20 zum Vorschein: Zwei Gewindeaufnahmen und ein mit einem Stopfen verschlossenes Anschlussterminal erlauben das Anbringen eines aktiven Lüfters, der sich in mehreren Stufen manuell oder automatisch regeln lässt. Es ist übrigens der gleiche Typ, der auch an die X-H2 und X-H2s angebaut werden kann. Er sorgt in besonders heißen Umgebungen oder bei besonders hohen Ansprüchen für eine zusätzliche Kühlung. Bei normalen Anwendungen (Serienbilder, 6,2K-Videoaufnahmen, die nicht stundenlang in heißer Umgebung laufen) ist der Lüfter aber absolut nicht notwendig, zumal sich die Kühlung bereits durch das Wegschwenken des Bildschirms verbessern lässt. Interessanterweise besteht die Rückwand übrigens aus Kunststoff, trotzdem genügt es zur Wärmeableitung.
Mit Schnittstellen ist die Fujifilm X-S20 trotz des kompakten Gehäuses gut ausgestattet. Auf der linken Gehäuseseite befinden sich insgesamt drei Anschlüsse. Hinter einer Kunststoffklappe sind die Raw-Video-fähige Micro-HDMI-Buchse und die multifunktionelle USB-C-Buchse zu finden. Hier eingesteckte Kabel verdecken allerdings einen nach vorne gedrehten Bildschirm. Bei der separaten 3,5 mm Klinkenbuchse für den Mikrofonanschluss sieht das anders aus. Diese besitzt einen Gummistopfen und sitzt knapp oberhalb des Bildschirms. Übrigens bietet die Kamera ein eigenes Audiomenü mit allerlei Einstellungen, selbst XLR-Adapter mit 4-Kanal-Ton werden unterstützt. Alternativ kann die Mikrofonbuchse als Fernauslöseanschluss verwendet werden.
Das Bedienkonzept der Fujifilm X-S20 arbeitet mit einem Programmwählrad. Sogar einen Vlog-Modus gibt es, der die vielseitige Einsetzbarkeit für Fotos, Videos aber eben auch Vlogs unterstreicht. [Foto: MediaNord]
Der gegenüber der X-S10 neue Kopfhöreranschluss (3,5 mm Buchse) ist hingegen auf der Handgriffseite zu finden. Er ist mit einer Gummiklappe versehen und sitzt geschickt zwischen Daumen und Zeigefinger, so dass ein angeschlossenes Kabel nur wenig stört, selbst wenn man die Kamera in der Hand hält.
Besonders vielfältig zeigt sich die USB-C-Buchse mit USB 3.2. Sie kann nicht nur zur Datenübertragung genutzt werden, sondern auch zum Laden des wechselbaren Lithium-Ionen-Akkus und zur Dauerstromversorgung. Darüber hinaus kann die Fujifilm X-S20 Full-HD und 4K-Videos mit jeweils 30 oder 60 Bildern pro Sekunde via USB-C streamen. Man kann die X-S20 also am Computer zum Livestreaming, zum Aufzeichnen oder als Webcam verwenden – und das in einer Auflösung und Bildrate, die in dieser Kameraklasse bislang einzigartig sind.
Die Akkulaufzeit war beim Vorgängermodell X-S10 ein echter Kritikpunkt. Nur 325 Bilder oder 30 Minuten 4K30-Videoaufnahme waren möglich. In der X-S20 kommt nun der große Akku NP-W235 der Flaggschiffmodelle zum Einsatz, was die Akkulaufzeit zusammen mit dem sparsameren X Prozessor 5 mehr als verdoppelt. 750 Fotos nach CIPA-Standard lassen sich nun schießen oder 75 Minuten lang mit 4K30 filmen. Im Economy-Modus lässt sich die Laufzeit sogar auf 800 Bilder erhöhen, im Boost-Modus mit 100 fps Livebild hingegen sinkt die Akkulaufzeit leicht auf 570 Bilder, was immer noch ein sehr guter Wert ist. Mit Sucher beträgt die Akkulaufzeit 750 Bilder im Eco- und Normalmodus beziehungsweise 530 Bilder im Boost-Modus.
Statt einer externen Ladeschale gehören ein USB-Netzteil (5 V, 3 A) mit verschiedenen Steckern für Reisen und ein hochwertiges, aber recht kurzes USB-C-Kabel zum Lieferumfang der X-S20. Somit genügt ein einfaches USB-Netzteil oder eine Powerbank, um die X-S20 mit Strom zu versorgen. Power Delivery ist nicht notwendig, wird aber unterstützt; bis zu 15 V Spannung nutzt die X-S20 dann.
Weil sich das Stativgewinde in der optischen Achse befindet und der Akku im Handgriffbereich sitzt, blockiert selbst eine große Schnellwechselplatte den Akkuwechsel nicht. Die SD-Speicherkarte wird ebenfalls im Akkufach eingesetzt, wobei die Standards SDHC, SDXC, UHS I und UHS II unterstützt werden. Laut unserer Messung werden die Daten mit etwas über 170 MB/s geschrieben. UHS-II-Karten lohnen sich also definitiv, eine superschnelle muss es indes nicht unbedingt sein. Für Videos empfiehlt es sich, auf die Videoklasse V90 zu achten, damit es hier keinerlei Einschränkungen gibt.
Ausstattung
Auf einen modernen Vollautomatikmodus samt Motiverkennung sowie manuell wählbare Motivprogramme muss man bei der Fujifilm X-S20 nicht verzichten. Diese verbergen sich allesamt hinter der "Auto"-Einstellung auf dem Programmwählrad. Per Menü oder Quick-Menü kann im Automodus gewählt werden, ob man mit einer Vollautomatik oder mit einem Motivprogramm arbeiten möchte, wobei die X-S20 alle typischen Motive abdeckt. Hier ist jedoch Vorsicht geboten, denn das hintere Einstellrad bedient im Auto-Modus und den Motivprogrammen die Belichtungskorrektur. So hat man zwar einerseits Einfluss auf die Helligkeit, aber andererseits kann diese auch ungewollt verstellt werden.
Zudem gibt es einen Filtermodus, bei dem verschiedene Effektfilter gewählt werden können – nicht zu verwechseln mit den Filmsimulationsmodi, die in den anderen Aufnahmeprogrammen zur Verfügung stehen und etwas subtiler arbeiten. Sie sollen den digitalen Bildern einen gewissen Charakter verleihen, wobei sich einige der Filmsimulationsmodi – wie der Name schon vermuten lässt – an analogen Filmen orientieren.
Dazu gehören etwa Velvia und Astia, während Classic Chrome ein eher digitaler Effekt ohne spezifisches analoges Vorbild ist. Auch der ursprünglich mit dem GFX-System eingeführte Acros Schwarzweißeffekt samt Körnungssimulation ist in der X-S20 von Fujifilm zu finden. Insgesamt bietet sie 19 verschiedene Filmsimulationen.
Wer gerne selbst die Belichtungsparameter beeinflussen möchte, kann dies in der Programmautomatik, den Halbautomatiken sowie dem manuellen Modus tun, was dank der sehr direkten Bedienung über die entsprechenden Einstellräder und Tasten hervorragend funktioniert. Auf die Filmsimulationsmodi muss man dabei nicht verzichten.
Sehr mächtig ist zudem die Bracketing-Funktion für Reihenaufnahmen. Hier lassen sich nämlich nicht nur Belichtungsreihen mit bis zu neun Fotos und bis zu drei EV Belichtungsabstand anfertigen (das ergibt dann wahnsinnige +/-12 EV), sondern auch Reihenaufnahmen mit der Variation der ISO-Empfindlichkeit, der Filmsimulation, des Weißabgleichs, des Dynamikbereichs und des Fokus. Automatische echte HDR-Aufnahmen beherrscht die X-S20 ebenfalls.