Reisekamera mit KI-Autofokus und langer Akkulaufzeit

Fujifilm X-S20 mit 6,2K-Video vorgestellt

2023-05-24 Auf dem Fujifilm X-Summit in Bangkok wurde heute die neue APS-C-Systemkamera X-S20 als Nachfolger der bereits nicht mehr erhältlichen X-S10 vorgestellt. Dabei werden praktisch sämtliche Kritikpunkte am Vorgängermodell verbessert, allen voran die Akkulaufzeit. Aber auch beim Autofokus und der Videofunktion samt besseren Vlog-Möglichkeiten wurde viel getan.  (Benjamin Kirchheim)

Für knapp 1.000 Euro (ohne Objektiv) bot die Fujifilm X-S10 im gehobenen Einsteiger- oder auch unteren Mittelklassesegment ein sehr gutes Gesamtpaket aus hoher Performance, Flaggschiff-Bildqualität und guter Videofunktion in einem kompakten Gehäuse mit gutem Handgriff. Hauptkritikpunkt war jedoch die geringe Akkulaufzeit.

Im Nachfolgemodell X-S20 hat sich Fujifilm nicht nur der Kritik angenommen, sondern implementiert auch noch neueste Technologien; teilweise bietet die X-S20 sogar Funktionen, die es noch in keiner anderen X-Systemkamera gibt. Statt des kleinen NP-W126S kommt nun der große Lithium-Ionen-Akku NP-W235 zum Einsatz, der auch in den "großen" Fujifilm-Systemkameras steckt. Trotzdem ist die neue X-S20 mit 127,7 Millimeter nur 1,7 Millimeter breiter als die X-S10, während die Höhe mit 85,1 und die Tiefe mit 65,4 Millimeter identisch sind. Der ausgeprägte, ergonomische Handgriff wird im Inneren jetzt komplett vom Akku ausgefüllt. Das betriebsbereite Gewicht wächst dadurch um 26 von 465 auf 491 Gramm ohne Objektiv.

Neben dem größeren Akku spielt aber auch der nun verbaute X Prozessor 5, der ebenfalls aus den Flaggschiffkameras stammt, eine entscheidende Rolle für die deutlich verlängerte Akkulaufzeit. Der Prozessor ist trotz deutlich höherer Performance energiesparender als der vorige X Prozessor 4. In Summe wird die Akkulaufzeit mehr als verdoppelt: Statt 325 lassen sich jetzt 750 Bilder nach CIPA-Standard im Normalmodus der X-S20 bei Verwendung des Bildschirms aufnehmen. Im neuen Economy-Modus sind es sogar 800 Bilder, während die Laufzeit im Boost-Modus immerhin noch 570 Bilder beträgt. In diesem Modus wird beispielsweise das Livebild mit 100 statt 60 Bildern pro Sekunde betrieben. Bei Verwendung des Suchers sind es 750 Bilder im Economy- und Normalmodus sowie 530 Bilder im Boost-Modus (X-S10 300 beziehungsweise 235 Bilder). Aber auch die Videoaufnahmedauer bei 4K-Auflösung mit 30 Bildern pro Sekunde wurde von 30 auf 75 Minuten deutlich erhöht.

Als Bildsensor kommt indes die "alte" Generation X-Trans CMOS 4 mit 26 Megapixeln Auflösung und einer Basis-ISO-Empfindlichkeit von 160 zum Einsatz, aus der jedoch dank des schnelleren Bildprozessors eine bessere Bildqualität als bisher herausgekitzelt werden soll. Dem wird auch das neue HEIF-Format mit 10 Bit Farbtiefe gerecht, das sich immer weiter verbreitet und nun auch von der Fujifilm X-S20 angeboten wird.

Wie beim Vorgängermodell ist der Bildsensor zur Bildstabilisierung beweglich gelagert, wobei jetzt bis zu sieben Blendenstufen längere Belichtungszeiten möglich sein sollen, was eine Premiere bei Fujifilm ist und die Flaggschiffmodelle übertrifft. Ein erster Praxistest mit einem Vorserienmodell hat jedoch gezeigt, dass die Grenze weiterhin eher bei ca. vier Blendenstufen liegt.

Auf dem Bildsensor sind 2,16 Millionen Phasen-Autofokus-Messsensoren integriert, wobei das Benutzerinterface bedienbarere 425 Punkte anbietet. Die Algorithmen des Autofokus sind jedoch nicht nur auf Flaggschiffniveau, sondern gehen sogar darüber hinaus. Der Autofokus erkennt Gesichter und Augen von Menschen, Tieren und Vögeln, Fahrzeuge wie Autos und Motorräder sowie Flugzeuge und Züge. Aber auch Köpfe und Körper werden erkannt. Neu ist zudem die Erkennung von Schmetterlingen (als Unterkategorie der Vogelerkennung) sowie Drohnen (im Bereich Flugzeuge). Zudem ist es dank einer neuen Automatik nicht mehr erforderlich, die Erkennungsfunktion vorauszuwählen. Die Kamera schaltet selbst zwischen Menschen, Vögeln, Fahrzeugen etc. um.

Der Autofokus arbeitet bereits ab -7 EV und bietet auch eine Tracking-Funktion. Während sich mit mechanischem Verschluss acht Serienbilder pro Sekunde für über 1.000 JPEG- oder komprimierte Raw-Bilder am Stück (35 unkomprimiert) aufnehmen lassen, sind es mit elektronischem Verschluss sogar 20 Bilder pro Sekunde, dann allerdings nur für 256 JPEGs am Stück oder 79 komprimierte Raws oder 28 unkomprimiert. Bei der X-S10 waren es noch maximal 105 JPEGs mechanisch, 32 elektronisch beziehungsweise nur 18 beziehungsweise 17 unkomprimierte Raws.

Besonders viel hat sich jedoch im Bereich Video getan. So können nun 6,2K-Videos mit 30 Bildern pro Sekunde bei voller Sensorauslesung, also im 3:2-Seitenverhältnis, aufgezeichnet werden. Bei 4K-Auflösung sind sogar 60 Bilder pro Sekunde möglich und in Full-HD 240 Bilder pro Sekunde. Des Weiteren erfolgt die Aufzeichnung nun mit 10 Bit Farbtiefe und einem Farbsubsampling von 4:2:2 in H.265. Die maximale Bitrate steigt von 200 auf 360 Mbps. F-Log und F-Log 2 mit 12+ und 13+ Blendenstufen Dynamikumfang werden ebenfalls unterstützt. Neu ist der Kopfhöreranschluss auf der Handgriffseite, der den Mikrofonanschluss ergänzt. Zudem lässt sich optional ein Tascam-XLR-Adapter für die Tonaufzeichnung verwenden. Via Micro-HDMI lassen sich extern auch Raw-Videos im ProRes-Format aufnehmen.

Zur weiteren Videoausstattung gehören beispielsweise ein Tally-Light und ein neuer Vlog-Modus, der sogar eine eigene Position auf dem Programmwählrad bekommen hat. In diesem Modus lassen sich via speziellem Schnellmenü auf dem Touchscreen einige wichtige Einstellungen schnell vornehmen. Dazu gehört der neue Hintergrund-Defocus-Modus. Er steuert, sofern möglich, die Blende an und öffnet diese auf Wunsch weitestmöglich, um auf optischem Wege für einen unscharfen Hintergrund zu sorgen. Darüber hinaus gibt es einen neuen Produktpräsentationsmodus. Er deaktiviert die Gesichtserkennung und fokussiert stattdessen auf das der Kamera nächste Objekt. So werden in die Kamera gehaltene Produkte ideal fokussiert.

Über den USB-C-Anschluss lässt sich die Fujifilm X-S20 dank der Unterstützung von UVC und UAC als Webcam oder zum Livestreaming verwenden. Dabei wird maximal 4K mit 60 Bildern pro Sekunde unterstützt, sofern der Computer via USB 3 angebunden ist. Das einzige Manko ist die dann nicht gleichzeitig via USB erfolgende Stromversorgung. Immerhin bietet Fujifilm einen Akku-Dummy sowie ein passendes Netzteil als Zubehör an. Abseits des Webcam-Modus lässt sich die USB-C-Schnittstelle indes durchaus zum Laden des Akkus verwenden.

Beim Gehäuse und dem Bedienkonzept bleibt die Fujifilm X-S20 zwar grundsätzlich dem Vorgängermodell treu, aber im Detail gibt es doch einige Verbesserungen. Das moderne Bedienkonzept mit Programmwählrad und die Ergonomie mit großem Griff kamen als Alternative zu den Retro-Modellen gut bei den Käufern der X-S-Serie an. Verbessert wurde die Griffigkeit des um den Auslöser angeordneten Einschalthebels, auch die Durchmesser der links und rechts des Sucherbuckels angeordneten Bedienräder wurde erhöht. Des Weiteren wurden die ISO- und Q-Menü- sowie Menü- und Disp./Back-Tasten vergrößert und das haptische Feedback der AF-On-Taste verbessert.

Darüber hinaus lässt sich der optionale Cooling-Fan der X-H2/X-H2S am Rücken der X-S20 befestigen, um die Videoaufnahmedauer ohne Überhitzung zu verlängern. Ebenfalls kompatibel ist die X-S20 zum Bluetooth-Stativ-Aufnahmegriff TG-BT1. Neben Bluetooth ist die X-S20 aber auch mit WLAN ausgestattet, nun sogar WiFi 5 (ac-WLAN) für noch schnellere Bildübertragungen. Zudem gibt es eine neue, stark verbesserte App, die wir separat vorstellen. Das SD-Speicherkartenfach der X-S20 sitzt übrigens wie bei der X-S10 im Akkufach, unterstützt jetzt aber zusätzlich zu SDHC, SDXC und UHS I auch UHS II.

Während der elektronische OLED-Sucher mit 2,36 Millionen Bildpunkten Auflösung, 0,62-facher Vergrößerung im Kleinbildäquivalent sowie maximal 100 Bildern pro Sekunde identisch zum Vorgängermodell ist, kommt bei der X-S20 ein mit 1,84 Millionen Bildpunkten höher auflösender Touchscreen zum Einsatz. Es handelt sich um ein LCD, das wie bei der X-S10 7,5 Zentimeter in der Diagonale misst und ein Seitenverhältnis von 3:2 bietet. Der Bildschirm lässt sich seitlich schwenken sowie um die eigene Achse drehen, um aus allen Perspektiven eingesehen werden zu können. Auch eine Verwendung als Kontrollmonitor sowie zur Bedienung beim Vlogging ist damit möglich. Im Sucherbuckel sitzt ein kleiner Pop-Up-Blitz, der wie beim Vorgängermodell manuell über einen Hebel hochgeklappt werden kann. Auch ein TTL-Blitzschuh ist vorhanden.

Selbstverständlich sind bei der X-S20 alle 19 Filmsimulationsmodi der Fujifilm-Kameras vorhanden, inklusive Eterna für Videoaufnahmen. Zudem gibt es digitale Filter. Der Dynikumfang lässt sich auf bis zu 800 Prozent erweitern, wobei jedoch die Basis-ISO-Empfindlichkeit steigt.

Angesichts der Leistungsdaten ist aber auch klar, dass die X-S20 nicht mehr der unteren Mittelklasse, sondern klar der Mittelklasse zuzuordnen ist, wobei sie sich jedoch aufgrund der einfachen Bedienung und der fortgeschrittenen Erkennungsfunktionen weiterhin auch als Einsteigerkamera versteht. Das schlägt sich jedoch im Preis nieder, der nun satte 400 Euro höher ist. Damit kostet die Fujifilm X-S20 knapp 1.400 Euro ohne Objektiv. Für 1.500 Euro bekommt man sie mit dem einfachen Kitobjektiv XC 14-45 mm, wir würden jedoch das knapp 1.800 Euro teure Set mit dem optisch deutlich besseren und lichtstärkeren XF 18-55 mm F2.8-4 empfehlen. Die Markteinführung ist für Ende Juni 2023 geplant.


Passende Meldungen zu diesem Thema

Artikel-Vorschläge der Redaktion

FOTOPROFI Die News sponsert FOTOPROFI, ein familien­geführter Fachhändler mit 9 Standorten in Baden-Württemberg, hochwertiger Bildmanufaktur, umfangreichem Webshop und kompetenter Telefonberatung: +49 (0) 7121 768 100.

News-Suche

von bis
Hersteller
Autor
Suche nach

Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.