Zweiter Anlauf

Canon EOS R6 Mark II nun mit mehr Auflösung und ohne Wärmeprobleme

2022-11-02 Mit der Canon EOS R6 Mark II bringt der japanische Kameramarktführer ein in vielen Punkten verbessertes Nachfolgemodell der EOS R6 auf den Markt. Dabei werden viele Kritikpunkte ausgemerzt. So gibt es etwa einen nun 24 Megapixel auflösenden Bildsensor und dank eines leistungsfähigeren, weniger hitzköpfigen Prozessors sind die Wärmeprobleme vor allem bei Videoaufnahmen trotz des weiterhin eingesetzten Kunststoffgehäuses Geschichte.  (Benjamin Kirchheim)

Zunächst einige grundsätzliche Dinge, die sich bei der Canon EOS R6 Mark II nicht geändert haben: Das wettergeschützte Kunststoffgehäuse mit innenliegendem Leichtmetallkäfig aus einer Magnesiumlegierung ist genauso wie der Touchscreen (7,5 Zentimeter LCD, 1,62 Millionen Bildpunkte, dreh- und schwenkbar) und der Sucher (0,76-fache Vergrößerung, 3,69 Millionen Bildpunkte OLED, flüssige 120 Bilder pro Sekunde) unverändert. Auch der Sensor-Shift-Bildstabilisator ist genauso effektiv und erlaubt je nach Objektiv bis zu acht Blendenstufen längere Belichtungszeiten. Neu sind aber ein Mitziehassistent sowie ein Panoramaassistent. Der Akku (LP-E6NH) und das Doppel-Speicherkartenfach für zwei SD/SDHC/SDXC-Karten mit UHS I oder UHS II sind ebenfalls unverändert. Selbst der optionale Hochformatgriff BG-R10 bleibt derselbe.

Neu ist hingegen der 24 Megapixel auflösende Vollformat-Bildsensor, womit die R6 Mark II nun zur Standard-Auflösung der Konkurrenz aufschließt. Das war laut Canon weniger von Technologie getrieben, sondern einfach so vom Markt gefordert worden. Zwar handelt es sich nicht um den Stacked-Sensor der EOS R3, aber der neue 24-Megapixel-Sensor ist schneller als das alte 20-Megapixel-Modell. Das macht sich etwas in einer schnelleren Auslesung mit verringertem Rolling-Shutter-Effekt bemerkbar, wobei die Stärke der Reduzierung vom Modus abhängt. Bei normalen Fotos sollen es um die 20 Prozent sein, bei 4K-Videos mit 30 Bildern pro Sekunde aber beispielsweise 40 Prozent weniger. Trotz der höheren Auflösung soll der neue Bildsensor weniger rauschen als der alte. Die maximale Standard-Empfindlichkeit beträgt nun sogar ISO 102.400.

Der vielleicht wichtigste Baustein ist ein optimierter Digic X Bildprozessor. Er soll deutlich weniger Energie verbrauchen (mit Bildschirm wurde die Akkulaufzeit um 50 Prozent verlängert) und vor allem soll sich weniger Hitze entwickeln. Die Hitze war bei der R6 je nach Anwendung durchaus ein Thema, das soll bei der EOS R6 Mark II nicht mehr der Fall sein, obwohl nicht einmal eine Metallrückwand zur Wärmeabfuhr verbaut wurde.

Dank des neuen Bildsensors und Bildprozessors erreicht die Canon EOS R6 Mark II mit elektronischem Verschluss 40 Serienbilder pro Sekunde bei voller Auflösung mit Autofokus- und Belichtungsnachführung, womit sie die schnellste ihrer Art ist. 191 JPEG-Bilder sollen mit dieser hohen Geschwindigkeit am Stück möglich sein. Bei Rohdatenaufnahmen mit 12 Bit Farbtiefe sollen es 75 Aufnahmen sein. Die Nutzung eines Highspeed-Blitzes ist indes mit elektronischem Verschluss nicht möglich, jedoch mit mechanischem, mit dem nach wie vor zwölf Bilder pro Sekunde erreicht werden. Neu ist eine Pre-Burst-Funktion, die Bilder bis zu einer halben Sekunde vor dem Durchdrücken des Auslösers bei 30 Bildern pro Sekunde aufzeichnet, was in Raw und in JPEG möglich ist.

Auch den ohnehin bereits sehr guten Deep-Learning-Autofokus, der mit der Dual Pixel CMOS AF II Technologie arbeitet, hat Canon weiter verbessert. So werden nun garantiert auch Pferde (inklusive Zebras) erkannt, selbstverständlich auch die Gesichter und Augen der Tiere. Darüber hinaus werden Flugzeuge und Züge inklusive Cockpit und Fahrer neuerdings erkannt. Die bisherige Erkennung von Körpern, Köpfen, Gesichtern und Augen von Menschen ist weiterhin an Bord, wobei sich nun eine Priorität auf das linke oder rechte Auge legen lässt. Auch die allgemeine Erkennung von Tieren und Objekten ist mit dabei. Der Autofokus arbeitet nach wie vor bereits ab -6,5 EV. Überhaupt soll der Autofokus noch schneller geworden sein, das Tracking soll sich sogar auf dem Niveau der EOS R3 bewegen. Fokus-Stacking und Fokus-Bracketing beherrscht die EOS R6 II wie das Vorgängermodell.

Darüber hinaus sind wie beim Vorgängermodell auch Motivprogramme und Bildeffekte mit an Bord, um dem Einstieg in die Fotografie und Kreativität zu erleichtern. Auch für fortgeschrittene Fotografen nützlich sein dürfte der verbesserte HDR-Modus, der nun auch bei bewegten Motiven ohne Doppelbilder funktionieren soll. Zwar verwendet die R6 II dasselbe Gehäuse, dennoch hat Canon das Bedieninterface optimiert: So werden bei der M-Fn-Taste nun alle drei Bedienräder benutzt, so dass sich zwei Funktionen parallel einstellen lassen (das dritte Rad wählt aus, welche Funktionen man mit den anderen beiden Rädern verstellt).

Dank eines neuen Umschalters, mit dem sich zwischen Foto- und Videomodus wählen lässt, können die Benutzerprogramme nun für beide Modi getrennt verwendet werden. Die maximale Videoauflösung beträgt 4K bei 60 Bildern pro Sekunde, wobei dank 6K-Oversampling kein Crop nötig ist. 6K-Videos lassen sich hingegen nur extern aufzeichnen, dafür gleich im Raw-Format bei bis zu 60 Bildern pro Sekunde. Canon verspricht, dass nun sechs Stunden lange Videoaufzeichnungen bei normalen Umgebungstemperaturen ohne Hitzeprobleme möglich sein sollen. In Full-HD-Auflösung sind übrigens sogar 180 Bilder pro Sekunde möglich, dann aber maximal "nur" eine Stunde am Stück.

Eine weitere Neuerung ist die digitale Kompensation von Fokusatmen, sofern das vom Objektiv unterstützt wird. Während das RF 24 mm F1.8 Macro IS STM das direkt unterstützt, wird es für sechs Objektive passende Firmwareupdates geben: 14-35 mm F4, 15-35 mm F2.8, 24-70 mm F2.8, 24-105 mm F4, 70-200 mm F2.8 und 70-200 mm F4. Insgesamt werden also erstmal sieben Objektive unterstützt. Die Kompensation kostet logischerweise etwas Bildwinkel.

Wie bei Serienbildaufnahmen gibt es nun auch bei Videoaufnahmen eine Pre-Recording-Funktion. Sie ermöglicht eine Voraufnahme von wahlweise drei oder fünf Sekunden vor dem Drücken der Aufnahmetaste. Videoaufnahmen sind in 10 Bit 4:2:2 HDR PQ möglich, auch Canon Log 3 mit 10 Bit steht zur Verfügung. Neu ist die Unterstützung von UVC und UAC, also USB Video Class und USB Audio Class. Somit kann die EOS R6 II ohne weitere Software als Full-HD-Webcam oder zum Livestreaming mit allerdings maximal 30 Bildern pro Sekunde genutzt werden.

Neu ist der Multifunktions-Zubehör-Blitzschuh, der aus den Videokameras stammt und im Fotobereich erstmals bei der EOS R3 zum Einsatz kam und auch in den neuesten APS-C-Modellen R7 und R10 verbaut ist. Altes Blitzschuhzubehör passt zwar, aber einen Spritzwasserschutz gibt es aufgrund der zusätzlichen 21 Kontakte nur bei Verwendung des 50 Euro teuren Adapters AD-E1. Dafür erlaubt der neue Schuh auch den Anschluss von Audiozubehör, etwa das Zweikanal-XLR-Interface Tascam CA-XLR2d-C. Auch für die Verwendung des neuen Speedlite EL-5 (siehe weiterführende Links) ist der neue Blitzschuh Voraussetzung.

Bei den Schnittstellen setzt Canon weiterhin auf zwei 3,5 mm Klinkenbuchsen für den Mikrofoneingang und Kopfhörerausgang, USB-C mit Power Delivery zur Stromversorgung und die kleine Micro-HDMI-Buchse. Drahtlos steht neben Bluetooth (nun in Version 5) auch WLAN auf 2,4 und 5 GHz zur Verfügung. FTP, SFTP und FTPS werden ebenfalls via WLAN unterstützt. Passend dazu soll es die App Canon Camera Connect in einer neuen Version 3.0 geben.

Ab Ende November 2022 soll die Canon EOS R6 Mark II zu einem Preis von knapp 2.900 Euro erhältlich sein. Zudem gibt es zwei Sets mit 24-105mm-Objektiven: Einmal in lichtschwach und günstig mit dem RF 24-105 mm F4-7.1 IS STM für knapp 3.260 Euro und einmal in lichtstärker und hochwertiger mit dem RF 24-105 mm 4L IS USM für gut 4.200 Euro. Die bisherige EOS R6 "Mark I" bleibt dagegen nicht am Markt und läuft aus.


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Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.