32,5 Megapixel mit und ohne Spiegel

Canon EOS 90D und M6 Mark II vorgestellt

2019-08-28 Mit der M6 Mark II und EOS 90D präsentiert Canon eine spiegellose und eine Spiegelreflexkamera mit einem neuen, identischen, 32,5 Megapixel auflösenden APS-C-Sensor, der nun auch 4K-Videoaufnahmen mit Dual-Pixel-CMOS-AF erlaubt. Als klassische digitale Spiegelreflexkamera fällt die 90D aber ungleich größer als die M6 Mark II. Obwohl die 90D schnelle Serienbilder aufnimmt, ist die kleine Spiegellose nochmal deutlich schneller.  (Benjamin Kirchheim)

Die EOS M6 Mark II und 90D besitzen alleine aufgrund des identischen Bildsensors mit den damit zusammenhängenden Technologien viele Gemeinsamkeiten. Es handelt sich um einen neu entwickelten 22,5 mal 15 Millimeter großen APS-C-Sensor (Cropfaktor 1,6), der mit 32,5 Megapixeln die derzeit höchste Auflösung im APS-C-Bereich bietet. Die Pixeldichte entspricht ungefähr einem 83 Megapixel auflösenden Kleinbildsensor oder einem knapp 21 Megapixel auflösenden Micro-Four-Thirds-Sensor. Dank neuer Fertigungstechnologien soll das Rauschen gegenüber früheren, geringer aufgelösten Sensoren nicht steigen, um einen Sensor mit rückwärtig belichteter BSI-Technologie handelt es sich indes nicht.

Der Sensor bietet eine Dual-Pixel-CMOS-AF-Funktion auf 5.481 Positionen, die 88 Prozent der horizontalen und 100 Prozent der vertikalen Bildfläche abdecken. Konkret angesteuert werden können über das Benutzerinterface der Einfachheit halber aber nur 143 AF-Segmente in einem 13x11-Raster. Bis -5 LW ist der AF empfindlich, arbeitet also auch noch im Mondschein. Der Empfindlichkeitsbereich des Sensors beginnt bei ISO 100 und endet bei ISO 25.600 ohne und ISO 51.200 mit Erweiterung. Des Weiteren bietet der Sensor einen lautlosen elektronischen Verschluss mit bis zu 1/16.000 Sekunde kurzer Belichtungszeit.

Erstmals ermöglicht der Sensor im APS-C-Bereich die Nutzung des Dual-Pixel-CMOS-AFs währen 4K-Videoaufnahmen, die nun die gesamte Sensorfläche nutzen können und bis zu 30 Bilder pro Sekunde erreichen. In Full-HD sind hingegen sogar 120 Bilder pro Sekunde möglich. Wahlweise lassen sich 4K-Videos aber auch mit 1,2-fachem Crop aufnehmen, mit dem auch die High-Speed-Full-HD-Videos aufgenommen werden. Die Videolänge ist auf 29 Minuten und 59 Sekunden Abspielzeit begrenzt, das bedeutet bei Full-HD mit 120p eine maximale Aufnahmelänge von 7 Minuten 29 Sekunden. Clean-HDMI mit 4K bieten ebenfalls beide Kameras.

Des Weiteren ist ihnen neben einer Gesichtserkennung auch der Augen-Autofokus gemeinsam, der ebenfalls während 4K-Videoaufnahmen und selbstverständlich bei Serienbildaufnahmen aktiv bleibt. WLAN und Bluetooth sind ebenfalls an Bord, so kann alternativ zum Aufsteck-GPS GP-E2 auch das Smartphone zum Geotagging verwendet werden. Da Bluetooth eine einfache Verbindung erlaubt, kommt kein NFC mehr zum Einsatz. Per WLAN kann die Kamera neben einem Smartphone auch mit einem Hotspot verbunden werden, um Bilder und Videos in eine Cloud und von dort auch zu sozialen Netzwerken oder zu einem lokalen Rechner übertragen zu können. Dank stromsparendem Bluetooth kann die Kamera sogar in der Tasche geweckt werden, um Bilder zu übertragen. Auch mit dem Bluetooth-Fernauslöser BR-E1 sind die M6 Mark II und 90D kompatibel.

Zudem bieten beide Kameras einen UHS-II-kompatiblen SD-Kartenslot, womit der Puffer beispielsweise bei Serienbildaufnahmen bei entsprechender Speicherkarte schnell geleert werden kann. Auch eine Intervallfunktion samt 4K-Timelapse beherrschen beide Modelle, zudem können dank 4K-Framegrab Standbilder aus Videosequenzen extrahiert werden.

Canon EOS 90D

Die Canon EOS 90D ist das Nachfolgemodell der EOS 80D und besitzt ein ganz ähnliches Gehäuse. Es besteht aus einem Alu-Korpus mit einem Polycarbonat-Gehäuse, das gegen Staub und Spritzwasser auf ähnlichem Niveau wie die 5D-Serie abgedichtet ist. Als Akku kommt der LP-E6N zum Einsatz, der nach CIPA-Standard über 1.800 Bilder ohne Blitz beziehungsweise rund 1.300 Bilder mit Blitzeinsatz ermöglicht, sofern man den Spiegelreflexsucher verwendet. Dieser vergrößert 0,95-fach (0,59-fach im Kleinbildäquivalent) und deckt 100 Prozent des Bildfelds ab.

Trotz ähnlicher Größe wie die 80D fällt die 90D sogar etwas leichter aus, ist aber zum selben Batteriegriff BG-E14 kompatibel wie die 80D. Neu ist der Joystick auf der Rückseite, der zusätzlich zum gewohnten Multicontroller angebracht wurde. Dass der rückwärtige Touchscreen schwenk- und drehbar ist, kennt man indes schon aus der 80D.

Der Phasen-Autofokus besitzt nun neben den 45 Kreuzsensoren noch neun Hilfs-Linien-Sensoren, die im Sucher aber nicht markiert sind. 27 der AF-Sensoren arbeiten noch bei einer Lichtstärke von F8, so dass auch recht "dunkle" Objektiv-Telekonverter-Kombinationen noch automatisch fokussiert werden können. Ebenfalls neu ist der Belichtungsmesser mit 220.000 Bildpunkten Auflösung. Das genügt, um eine Gesichtserkennung zu realisieren und macht auch den Tracking-Autofokus besser.

Doch wozu braucht man eigentlich noch einen Spiegelreflexsucher sowie dessen Phasen-Autofokus, wo doch spiegellose Systeme inzwischen so gut und bei den Serienbildfrequenzen oft sogar überlegen sind? Einerseits ist der Spiegelreflexsucher stromsparend, verzögerungsfrei und funktioniert auch bei ausgeschalteter Kamera, was praktisch ist, wenn man länger auf sein Motiv warten muss. Zudem können die auf dem Bildsensor integrierten Phasen-AF-Sensoren aufgrund ihrer kleineren Messbasis nur messen, in welche Richtung der AF fahren muss und ungefähr, wie weit. Sie sind aber im Prinzip "kurzsichtig". Die großen Phasen-AF-Sensoren von DSLRs wie der 90D können hingegen messen, in welchen Entfernungen sich Objekte befinden, und zwar exakt. So kann der Phasen-AF noch besser berechnen, wohin die Kamera fokussieren muss und kann bei unvorhersehbaren Bewegungen und Richtungsänderungen des Motivs besser den Fokus verfolgen. Des Weiteren können die großen DSLR-Phasen-AF-Systeme mit den unsichtbaren Infrarot-AF-Hilfslichtern von Systemblitzen umgehen, was die Bildsensor-Phasen-AF-Punkte nicht können, weil die durch die vorgeschalteten Filter infrarotblind sind.

Zurück zur EOS 90D: Ihre Serienbildleistung kann sich sehen lassen. Im Sucherbetrieb sind zehn Serienbilder pro Sekunde mit Tracking-Autofokus möglich. Im Live-View-Betrieb sind es sogar maximal elf Serienbilder pro Sekunde, allerdings nur mit One-Shot-AF (AF-S). Mit Tracking-AF (Servo AK) sinkt die Serienbildrate mit Livebild auf sieben Bilder pro Sekunde. Neu ist übrigens außerdem ein Mitzieh-Motivprogramm, das mit 5,7 Serienbilder pro Sekunde arbeitet und das Aufnehmen von Mitziehmotiven vereinfachen soll. Der Puffer fasst maximal 54 Serienbilder in JPEG oder 23 in Raw. Der mechanische Verschluss ist übrigens immerhin 1/8.000 Sekunde schnell.

An Schnittstellen bietet die EOS 90D Mikro-USB (ohne Ladefunktion), Mini-HDMI, einen Fernauslöseanschluss, einen Mikrofoneingang und einen Kopfhörerausgang. Ab 12. September 2019 soll die Canon EOS 90D zu einem Preis von knapp 1.300 Euro erhältlich sein. Mit dem 18-55 mm IS STM als Setobjektiv steigt der Preis auf 1.400 Euro, nimmt man stattdessen das 18-135 mm IS Nano USM, sind knapp 1.700 Euro fällig.

Canon EOS M6 Mark II

Die Canon EOS M6 Mark II besitzt im Gegensatz zur EOS 90D ein sehr kompaktes Gehäuse ohne Spritzwasserschutz. An der Ergonomie beziehungsweise dem Bedieninterface hat Canon dennoch gearbeitet. Neu ist der AF-MF-Fokuswähler mit zentraler AF-Taste in Daumenreichweite auf der Kamerarückseite. Zudem ist das Belichtungskorrekturrad einem zweitem Multifunktionsrad mit integrierter Taste gewichen, das Rad rund um den Auslöser bleibt aber das Hauptbedienrad. Wie die 90D verfügt auch die M6 Mark II über einen integrierten Pop-Up-Blitz. Auch ein Systemblitzschuh ist vorhanden, der zudem den Einsatz eines elektronischen Aufstecksuchers ermöglicht, denn integriert ist keiner.

Für Videoaufnahmen steht neben dem Mikrofoneingang nur der HDMI-Ausgang mit Clean-Out zur Verfügung, ein Kopfhörer kann hingegen nicht angeschlossen werden. Dafür kommt eine moderne USB-C-Schnittstelle mit Ladefunktion zum Einsatz, eine Dauerstromversorgung ist darüber hingegen nicht möglich, Canon bietet aber weiterhin einen Akku-Dummy mit Netzteilanschluss als Zubehör an.

Bei der Serienbildfunktion übertrumpft die EOS M6 Mark II die 90D bei der Geschwindigkeit. 14 Serienbilder pro Sekunde sind mit Tracking-AF möglich und mechanischem Verschluss (der elektronische Verschluss arbeitet nur bei Einzelbildern oder Spezialfunktionen wie dem Fokus-Stacking). Auch hier fasst der Puffer wahlweise 54 JPEG- oder 23 Raw-Aufnahmen. In einem speziellen Raw-Burst-Modus nimmt die EOS M6 Mark II sogar 30 Raw-Bilder pro Sekunde mit Tracking-AF auf. Diese lösen allerdings nur 18 Megapixel auf, bieten aber die vollen 14 Bit Farbtiefe. Die Bildfeldabdeckung liegt bei 75 Prozent. Immerhin 80 Raw-Burst-Bilder kann die Kamera anfertigen, die Aufnahme beginnt bereits 0,5 Sekunden vor dem Durchdrücken des Auslösers.

Neu in der M6 Mark II ist die AI-AF-Funktion. Diese erkennt auch bei halb gedrücktem Auslöser, wenn sich das Motiv bewegt und schaltet dann automatisch vom One-Shot-AF auf den Servo-AF um. Der rückwärtige Touchscreen lässt sich um 180 Grad nach oben (das taugt auch für Selfies) und um 45 Grad nach unten klappen, zudem ist er auch beim Einsatz des elektronischen Suchers berührungsempfindlich, um beispielsweise beim Blick durch den Sucher den Autofokuspunkt bequem verschieben zu können.

Ab 26. September 2019 soll die Canon EOS M6 Mark II zu einem Preis von knapp 930 Euro erhältlich sein. Das Set mit dem EF-M 15-45 mm scheint mit einem Preis von knapp 1.200 Euro zunächst recht teuer zu sein, aber neben dem Objektiv gehört auch der elektronische Aufstecksucher EVF-DC2 zu diesem Set, was den Preis deutlich relativiert, denn der Sucher kostet eigentlich alleine schon diesen Aufpreis (269 Euro UVP) und das Objektiv kostet einzeln ab ca 240 Euro. Sowohl die 90D als auch die EOS M6 Mark II lassen sich übrigens über Canon-Händler auch in individuellen Kits mit Preisnachlass kaufen, auch eine nachträgliche Bundelung ist einige Wochen nach dem Kauf der Kamera noch möglich.


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Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.