Lichtstarkes Porträtobjektiv

Nikon Z 85 mm F1.2 S im Test

Seite 2 von 2, vom 2024-01-13 (Autor: Benjamin Kirchheim)Zur Seite 1 wechseln

Fokussierung

Auf den ersten Blick scheint das Nikon Z 85 mm F1.2 S sogar drei Einstellringe zu haben. Doch der Eindruck täuscht, denn der geriffelte Gummiring an der Objektivfront sitzt fest und dient nur der Optik und gegebenenfalls zum Abdrehen des Objektivs vom Kamerabajonett.

Dahinter sitzt der Fokusring, der mit seiner 2,8 Zentimeter breiten Gummiriffelung das Objektiv dominiert. Er arbeitet rein elektronisch und verstellt den Fokus standardmäßig nicht-linear. Das bedeutet, dass langsame Drehungen am Fokusring zu feineren Einstellungen führen als schnelle Drehungen, mit denen sich dafür große Distanzen zurücklegen lassen. Mithilfe der Fokuslupe und dem aktivierbaren Fokuspeaking lässt sich problemlos und zielgenau sowie präzise manuell fokussieren.

Im Menü der Z 8 lässt sich aber auch ein linearer Betrieb des Fokusrings aktivieren, wobei sich der Drehbereich in zwölf Stufen von 90 Grad (eine viertel Umdrehung) bis hin zu 720 Grad (zwei volle Umdrehungen) anpassen lässt. Damit sollte jeder Videograf seinen favorisierten Drehbereich finden können. Unschön ist in dem Zusammenhang allerdings das sichtbare Fokusatmen, vor allem in Richtung Nahbereich wird der Bildausschnitt sichtbar kleiner.

Die beiden Fokusmotoren im Inneren arbeiten unabhängig voneinander und sorgen trotz der hohen Lichtstärke und damit großen zu bewegenden Glasmassen für eine schnelle Fokussierung. Sie sind zwar leise, aber nicht unhörbar. Umgeschaltet zwischen manuellem und Autofokus wird über den Schalter links hinten in der Nähe des Bajonetts.

Die Naheinstellgrenze von 85 Zentimeter ist wenig beeindruckend, auch wenn wir in der Praxis bereits ab 81,8 Zentimeter von der Sensorebene entfernt fokussieren konnten. Die Entfernung der Objektivfront vom Motiv beträgt dann 66 Zentimeter, ab Sonnenblende sind es knapp unter 60 Zentimeter. Das minimale Bildfeld beträgt 28,5 mal 19 Zentimeter, was einem maximalen Abbildungsmaßstab von 1:7,9 entspricht. Das ist immerhin etwas besser als der von Nikon angegebene Maßstab von 1:9,1.

Bildqualität

Der optische Aufbau des Nikon Z 85 mm F1.2 S setzt sich aus beeindruckenden 15 Linsen zusammen, die in zehn Gruppen angeordnet sind. Eine ED-Linse und zwei asphärische Linsen sollen Bildfehler minimieren. Zudem kommt auf einigen Linsen eine Nanokristallvergütung zum Einsatz, um Kontrastverluste im Gegenlicht, Geisterbilder und Blendenreflexe zu minimieren. Das ist angesichts der gut 65 Millimeter großen Frontlinse ein wichtiger Faktor. Tatsächlich zeigt das Objektiv im Gegenlicht praktisch keinen Kontrastverlust und nur sehr geringe Blendenreflexe.

Elf abgerundete Blendenlamellen sollen für eine gleichmäßig runde Öffnung sorgen und damit ihren Teil zu einem schönen Bokeh beitragen. Tatsächlich ist das Bokeh sehr weich, so wie man es von einem solchen Objektiv auch erwarten würde. Die Unschärfescheibchen sind gleichmäßig hell. Einzig ganz leichte Farbsäume können im Bokeh auftauchen. Um sie zu entdecken, muss man aber ordentlich ins Bild hineinzoomen. Die elf Blendenlamellen erzeugen übrigens eine so runde Öffnung, dass wir selbst auf F16 abgeblendet keinen Blendenstern an punktuellen Lichtquellen entdecken konnten. Die sternförmigen Lichtstrahlen treten nämlich genau an den "eckigen" Übergängen der einzelnen Blendenlamellen auf, die es beim 85 mm F1.2 nicht gibt.

Den Labortest des Z 85 mm F1.2 S haben wir an der über 45 Megapixel auflösenden Nikon Z 8 vorgenommen, wobei die Verzeichnungs- und Vignettierungskorrektur sowie der Beugungsausgleich standardmäßig aktiviert waren. Sie lassen sich auf Wunsch abschalten. Im Labortest zeigte sich keine Verzeichnung und die Farbsäume bewegen sich auf sehr niedrigen Niveau, sodass sie normalerweise nicht auffallen. Die Randabdunklung wird hingegen nicht voll auskorrigiert. Sie beträgt bei Offenblende und F1,4 etwas weniger als eine Blendenstufe (knapp unter 50 Prozent Lichtverlust in den Bildecken) und nimmt beim Abblenden auf F2 auf unter 30 Prozent (0,5 Blendenstufen) ab. Beim weiteren Abblenden verharrt sie letztlich noch knapp darunter. Dabei ist der Verlauf stets sanft, wodurch die Randabdunklung kaum auffällt.

Im Bildzentrum ist die Auflösung bei 50 Prozent Kontrast bereits ab Offenblende mit 69 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) hoch (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Dank des Beugungsausgleichs bleibt sie auch stets über 69 lp/mm, wobei jedoch beim Abblenden die Schärfeartefakte leicht ansteigen. Das Auflösungsmaximum wird bei F4 mit knapp 79 lp/mm erreicht. Am Bildrand sieht es etwas anders aus. Hier ist die Auflösung mit 54 lp/mm bei Offenblende nur gut und liegt bis zu 25 Prozent unter dem Niveau des Bildzentrums. Sie legt beim Abblenden stetig zu und erreicht bei F4 knapp 70 lp/mm. Ab F5,6 springt die Randauflösung auf 75 lp/mm und der Auflösungs-Randabfall beträgt zwischen F5,6 und F16 unter fünf Prozent. Bei F16 nimmt die Auflösung aber insgesamt etwas ab.

Für die Praxis bedeutet das, dass man viele Motive problemlos bei Offenblende fotografieren kann, etwa Porträts. Auch bei der Available-Light-Fotografie kann die Offenblende verwendet werden, sofern die Randauflösung keine Rolle spielt. Für Landschafts- und Architekturaufnahmen mit vielen Details bis in die Bildecken sollte man auf den Bereich von F5,6 bis F11 abblenden. Diese Motive erfordern aber meistens ohnehin eine größere Schärfentiefe, außer man fotografiert Available Light ohne Stativ und mit Belichtungszeiten von länger als 1/2,5 Sekunde bei F5,6, dann muss man weiter aufblenden oder die ISO-Empfindlichkeit erhöhen. Bei gutem Licht wird man diese Motive aber eher bei F5,6 bis F11 fotografieren.

Fazit

Das Nikon Z 85 mm F1.2 S ist nicht nur besonders lichtstark, sondern auch enorm groß, schwer und teuer. Es ist damit ein Objektiv, das man sich bewusst zulegt und bei dem man genau überlegt, wann und wofür man es einsetzt. Dafür wird man aber auch mit einer hohen Bildqualität und vor allem einem wunderschönen Bokeh belohnt. Zwar löst es bei Offenblende schon hoch auf, richtig gut wird es aber erst ordentlich abgeblendet – dann sogar bis in die Bildecken. Trotz der großen Frontlinse meistert das 85er F1.2 auch schwierige Lichtsituationen souverän. Damit eignet es sich nicht nur für Porträts, sondern auch viele andere Motive und kreative Ideen.

Kurzbewertung

  • Gute Verarbeitung
  • Sehr breiter, griffiger Fokusring
  • Hohe Kontraste auch im Gegenlicht
  • Wunderschönes Bokeh
  • Von F5,6 bis F11 sehr scharf bis in die Ecken
  • Muss für höchste Auflösung abgeblendet werden
  • Sehr groß, schwer und teuer
  • Deutliches Fokusatmen

Nikon Z 85 mm F1.2 S mit Nikon Z 8

Auflösung MTF


Z 8

F1,2F1,4F2,0F2,8F4,0F5,6F8,0F11,0F16,0
85 mm69,4 / 54,2 (22 %)73,4 / 54,9 (25 %)76,1 / 58 (24 %)77,6 / 62,9 (19 %)78,9 / 69,5 (12 %)78,2 / 74,9 (4 %)75,7 / 76,1 (0 %)74,7 / 75,9 (0 %)69 / 69,7 (0 %)

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.

Hersteller Nikon
Modell Z 85 mm F1.2 S
Unverbindliche Preisempfehlung 3.299,00 €
Bajonettanschluss Nikon Z
Brennweite 85,0 mm
Lichtstärke (größte Blende) F1,2
Kleinste Blendenöffnung F16
KB-Vollformat ja
Linsensystem 15 Linsen in 10 Gruppen
inkl. ED und asphärische Linsen
Anzahl Blendenlamellen 11
Naheinstellgrenze 850 mm
Bildstabilisator vorhanden nein
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz ja
Filtergewinde 82 mm
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 103 x 142 mm
Objektivgewicht 1.154 g

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.