Klassische Porträt-Festbrennweite

Testbericht: Nikon Z 85 mm F1.8 S

2021-01-25 Das Nikon Z 85 mm F1.8 S ist ein klassisches Porträtobjektiv und sollte als solches eine hohe Auflösung auch bei Offenblende mitbringen und ein schönes Bokeh zeichnen. Gleichzeitig verspricht es dank "nur" F1,8 Offenblende nicht zu schwer und zu teuer zu sein. Letzteres ist mit einer UVP von unter 900 Euro definitiv gegeben. Wie es aber um die Bildqualität bestellt ist, zeigt unser Test an der fast 46 Megapixel auflösenden Vollformat-Systemkamera Nikon Z 7II.  (Benjamin Kirchheim)

Der Straßenpreis des Nikon Z 85 mm F1.8 S liegt unter 800 Euro. Zum Lieferumfang gehört eine 35 Gramm leichte, röhrenförmige, innen matte und geriffelte, aus Kunststoff gefertigte Streulichtblende, die sich zum Transport verkehrt herum montieren lässt. Die beiliegende "Tasche" hingegen hat diesen Namen nicht verdient, denn es handelt sich lediglich um einen dünnen Mikrofaserbeutel, der allenfalls vor Kratzern schützt.

Verarbeitung

Trotz "nur" 85 mm Brennweite ist das Nikon Z 85 mm F1.8 S gut zehn Zentimeter lang, wobei der Tubus mit gut sieben Zentimetern Durchmesser recht schlank ausfällt. Nur im vorderen Bereich verbreitert er sich auf 7,5 Zentimeter Durchmesser. Insgesamt wird das Objektiv damit wie ein kleines Tele, was es ja auch ist. Knapp 470 Gramm bringt das 85mm auf die Waage, betriebsbereit mit Streulichtblende an der Z 7II montiert belasten knapp über 1,2 Kilogramm den Kameragurt.

Das Gehäuse des Z 85 mm F1.8 S besteht aus einem Materialmix von Kunststoff und Leichtmetall, das Bajonett ist aus massiverem Metall gefertigt und wirkt langlebig. Hier ist auch direkt ein Dichtungsring zu sehen, der den Anschluss gegen das Eindringen von Feuchtigkeit und Staub schützen soll. Das Objektiv ist wie auch die Testkamera Nikon Z 7II gegen Staub und Spritzwasser geschützt. Laut Nikon-Website verträgt das Objektiv sogar eine Champagnerdusche, was wohl eher mit einem zwinkernden Auge auf die Hochzeitstauglichkeit hinweisen soll, als dass man wirklich mutwillig Getränke über das Objektiv schütten sollte.

Mit Ausnahme des hintersten Tubusteils sowie des Fokusrings besteht das Gehäuse aus hochwertig wirkendem Kunststoff. Das schließt leider das 67 Millimeter große Filtergewinde mit ein, entsprechende Sorgfalt ist beim Anbringen optischer Filter gefragt (siehe auch Fototipp in den weiterführenden Links).

Fokus

Die einzigen beiden Bedienelemente des Z 85 mm F1.8 S beziehen sich auf den Fokus, denn einen optischen Bildstabilisator besitzt es nicht. Dieser wird auch gar nicht benötigt, denn den bringen die Kameras dank des beweglich gelagerten Bildsensors bereits mit. Der Schalter links am Objektiv wechselt zwischen automatischer und manueller Fokussierung, wobei der Autofokus jederzeit mittels eines Drehs am mit fast fünf Zentimetern sehr breiten Fokusring nachkorrigiert werden kann. Der Fokusring besteht aus fein geriffeltem Metall und ist damit nicht nur sehr griffig, sondern fühlt sich auch hochwertig an. Der Autofokus arbeitet leise und zuverlässig, auch Fokusatmen tritt praktisch nicht auf. Der Fokusmotor treibt eine interne Fokusgruppe an, sodass sich die Länge des Objektivs nicht ändert.

Die Naheinstellgrenze beträgt laut technischen Daten 80 Zentimeter ab Sensorebene, wir konnten beim manuellem Fokus in der Praxis sogar knapp unter unter 76 cm erreichen. Der Arbeitsabstand beträgt dabei knapp 65 Zentimeter. Den maximalen Abbildungsmaßstab gibt Nikon nicht an, wir haben bei 80 cm Fokusabstand 1:7,9 ermittelt. In der Praxis konnten wir bei 76 cm Fokusabstand einen 26 x 17,3 cm kleinen Bereich formatfüllend abbilden, was einem Abbildungsmaßstab von 1:7,2 entspricht. Das ist nicht viel, aber für ein Porträtobjektiv völlig normal und ausreichend.

Der Fokusring arbeitet übrigens rein elektronisch und erlaubt eine sehr präzise Fokussierung, zumal mit einer Lupe und dem Fokus-Peaking sowie einem Fokusindikator und Hilfspfeilen praktische Einstellhilfen zur Verfügung stehen. Der Fokusring arbeitet nicht linear, das heißt bei langsamen Bewegungen reagiert er feinfühliger und der Drehwinkel muss für dieselbe Fokusverstellung größer sein, als wenn man den Ring schnell dreht. Für Fotografen ist das sehr gut, erlaubt es doch eine feinfühligere Fokusjustage. Wer möchte, kann den Ring im Autofokusbetrieb übrigens umprogrammieren und statt dem Fokus unter anderem die Blende oder die ISO-Empfindlichkeit lautlos verstellen.

Bildqualität

Der optische Aufbau des Nikon Z 85 mm F1.8 S setzt sich aus zwölf Linsen zusammen, die in acht Gruppen angeordnet sind. Zwei ED-Linsen sollen für eine hohe Auflösung bis an den Bildrand bereits ab Offenblende und minimierte Farbfehler sorgen. Beides lässt sich bereits im Praxiseindruck bestätigen. Nur die Nanokristallvergütung überzeugt überraschenderweise nicht auf ganzer Linie, wir konnten im Gegenlicht durchaus Kontrastverluste beobachten. Leichte Blendenreflexe treten ebenfalls auf.

Das von neun abgerundeten Blendenlamellen gleichmäßig rund geformte Bokeh kann sich sehen lassen. Das Bokeh weist keine Doppelkonturen auf und die Unschärfescheibchen sind gleichmäßig. Selbst Farbsäume konnten wir im Unschärfebereich kaum ausmachen. Sie werden höchstens bei sehr starker Vergrößerung sichtbar.

Den Labortest des Z 85 mm F1.8 S haben wir an der neuen Nikon Z 7II vorgenommen, die mit ihren knapp 46 Megapixeln Auflösung die Vor- und Nachteile des Objektivs gut herausarbeiten sollte. Laut Labortest treten weder eine Verzeichnung, noch Farbsäume auf. Die Randabdunklung beträgt bei Offenblende lediglich 0,6 Blendenstufen, die sich beim Abblenden auf F2,8 halbieren. Dank des sanften Helligkeitsabfalls ist die mit maximal 36 Prozent ohnehin geringe Randabdunklung praktisch nicht sichtbar.

Bei der Auflösungsmessung offenbaren sich ebenfalls keine Schwächen (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Bereits bei Offenblende werden im Bildzentrum 73 Linienpaare pro Millimeter (lp/mm) bei 50 Prozent Kontrast aufgelöst, am Bildrand sind es mit 68 lp/mm keine zehn Prozent weniger. Beim Abblenden lässt sich die Auflösung im Bildzentrum auf bis zu 79 lp/mm bei F4 und F5,6 steigern, am Bildrand wird bei F8 und F11 das Auflösungsmaximum mit 76 lp/mm erreicht. Die Unterschiede zwischen den Blenden sind im gesamten einstellbaren Bereich von F1,8 bis F16 so gering, dass man die Blende als reines Mittel zur kreativen Bildgestaltung der Schärfentiefe einsetzen kann und sich keine Gedanken um die Auflösung machen muss.

Fazit

Für den Straßenpreis von unter 800 Euro bekommt man mit dem Nikon Z 85 mm F1.8 S eine sehr gute Gegenleistung. Abgesehen von den leichten Kontrastverlusten im Gegenlicht leistet sich das Porträt-Teleobjektiv keine Schwächen und ist solide verarbeitet. Der Autofokus ist schnell und leise, das Bokeh sehr schön, optische Fehler sind praktisch nicht vorhanden. Die Auflösung kann sich bereits ab Offenblende bis an den Bildrand sehen lassen. Dank der konstanten Auflösung kann die Blende als reines Stilmittel zur kreativen Gestaltung der Schärfentiefe eingesetzt werden.

Kurzbewertung

  • Gute Verarbeitung
  • Sehr breiter, griffiger Multifunktionsring
  • Frei von Verzeichnungen
  • Hohe Auflösung bereits ab Offenblende
  • Schönes Bokeh
  • Im Gegenlicht leicht nachlassender Kontrast
  • Kunststoff-Filtergewinde

Nikon Z 85 mm F1.8 S mit Nikon Z 7II

Auflösung MTF


Z 7II

F1,8F2,0F2,8F4,0F5,6F8,0F11,0F16,0
85 mm73,4 / 68,2 (7 %)74,5 / 68,3 (8 %)77,6 / 69,9 (10 %)78,9 / 72,2 (8 %)79,3 / 73,9 (7 %)77,8 / 75,6 (3 %)76,8 / 76,2 (1 %)70,5 / 68,4 (3 %)

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.

Hersteller Nikon
Modell Z 85 mm F1.8 S
Unverbindliche Preisempfehlung 929,00 €
Bajonettanschluss Nikon Z
Brennweite 85,0 mm
Lichtstärke (größte Blende) F1,8
Kleinste Blendenöffnung F16
KB-Vollformat ja
Linsensystem 12 Linsen in 8 Gruppen
inkl. ED Linse(n)
Anzahl Blendenlamellen 9
Naheinstellgrenze 800 mm
Bildstabilisator vorhanden nein
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz ja
Filtergewinde 67 mm
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 75 x 99 mm
Objektivgewicht 470 g

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.