APS-C-Reisezoom

Canon RF-S 18-150 mm F3.5-6.3 IS STM im Test

2022-10-17 Das Canon RF-S 18-150 mm F3.5-6.3 IS STM ist eines der aktuell lediglich zwei APS-C-Objektive im EOS-R-System und sowohl mit der EOS R10 als auch der EOS R7 im Set erhältlich, bei letzterer sogar als "Standardzoom". Mit einer kleinbildäquivalenten Brennweite von 29 bis 240 Millimeter kann man das 8,3-fach-Zoom als Universal- oder auch Reisezoom bezeichnen. Dank des großen Abbildungsmaßstabs von 1:1,7 soll es sogar in den Makrobereich vordringen. Ob aber auch die Bildqualität stimmt, haben wir in erster Linie an der 32 Megapixel auflösenden Canon EOS R7 getestet, aber auch an der mit 24 Megapixeln niedriger auflösenden R10.  (Benjamin Kirchheim)

Verarbeitung und Zoom

Das Canon RF-S 18-150 mm F3.5-6.3 IS STM besteht komplett aus Kunststoff, inklusive des 55 Millimeter messenden Filtergewindes und des RF-Bajonetts. Dennoch bringt es immerhin 305 Gramm auf die Waage, denn in einem solchen 8,3-fach-Zoom steckt durchaus einiges an schwerem Glas. Zusammen mit der Testkamera EOS R7, die ebenfalls ein Kunststoffgehäuse besitzt, sind es betriebsbereit stolze 917 Gramm, nicht gerade wenig für eine solche Kombi. Leider fehlt ein Wetterschutz, der bei anderen Herstellern in diesem Bereich durchaus zu finden ist.

Eigentlich misst das Zoom auch lediglich 6,2 Zentimeter im Durchmesser, wäre da nicht das für einen Kleinbildsensor ausgelegte RF-Bajonett, wodurch das Objektiv an seiner Basis 6,9 Zentimeter im Durchmesser misst. Die Länge beträgt 8,5 Zentimeter, zumindest bei 18 Millimetern Brennweite. Dreht man den 4,6 Zentimeter breiten Zoomring um etwas weniger als eine viertel Umdrehung zur Maximalbrennweite von 150 Millimetern, fährt ein Tubus um stolze 4,2 Zentimeter heraus, womit das Objektiv eine beachtliche Gesamtlänge von 12,7 Zentimetern erreicht.

Der Zoomring ist auf einer Breite von 3,5 Zentimetern geriffelt, was trotz der glatten Kunststoffoberfläche für eine gute Griffigkeit sorgt. Im hinteren Bereich sind die Brennweiten 18, 24, 35, 50, 70, 100 und 150 Millimeter ordentlich lesbar in hellgrauer Farbe beschriftet. Das entspricht aufgrund des APS-C-Sensors mit seinem 1,6-fachen Cropfaktor kleinbildäquivalenten Brennweiten von 29, 38, 56, 80, 112, 160 und 240 Millimeter. Während also die Beschriftungen klassischen Festbrennweiten entsprechen, ist das bei den Kleinbildäquivalenten nicht der Fall.

Sinnvoller würden wir beispielsweise Beschriftungen bei 18 (29), 22 (35), 31 (50), 53 (85), 63 (100), 84 (135), 125 (200) und 150 (240) Millimetern finden. Wer sich diese Brennweiten merken kann, dem wird immerhin die stets im Livebild eingeblendete Anzeige der realen Brennweite helfen. Noch eines hätten wir sinnvoller gefunden: wenn die Brennweite bei 17 Millimetern (28 mm Kleinbildäquivalent) beginnen würde, denn andere Kamerasysteme bieten bei ihren Reisezooms einfach mehr Bildwinkel (oft beginnend bei 27 mm KB, manchmal sogar bei 24).

Immerhin verfügt das Canon RF-S 18-150 mm F3.5-6.3 IS STM über einen optischen Bildstabilisator, der bei einer solchen Telebrennweite auch nicht fehlen sollte. 4,5 Blendenstufen längere Belichtungszeiten verspricht Canon, ein hoher, aber nicht ganz unüblicher Wert für optische Bildstabilisatoren, die mit beweglichen Linsen im Objektiv arbeiten. Zusammen mit dem Sensor-Shift-Bildstabilisator der EOS R7 sollen sogar bis zu sieben Blendenstufen längere Belichtungszeiten möglich sein.

In der Praxis konnten wir jedoch im Weitwinkel lediglich bis vier Blendenstufen verwackelungsfreie Fotos aufnehmen, im Tele immerhin bis zu fünf Blendenstufen. Das sind zwar gute Werte, bleiben aber doch stark hinter den Versprechungen zurück. Zwar lassen sich auch bei noch etwas längeren Belichtungszeiten verwackelungsfreie Aufnahmen erzielen, der Ausschuss steigt jedoch enorm und das Ergebnis ist auch stark vom Fotografen abhängig.

Fokus

Der Autofokus des Canon RF-S 18-150 mm F3.5-6.3 IS STM arbeitet nahezu unhörbar und sehr flott. Zudem bewegen sich das Innenfokuskonstruktion keine äußeren Teile des Objektivs. Da das Zoomobjektiv keine Schalter besitzt, kann nur über die Kamera auf manuellen Fokus umgeschaltet werden. Diese entscheidet auch darüber, welche Fokushilfen angeboten werden. Eine Fokuslupe sowie Fokuspeaking und eine Fokusskala, die aber nur eine Schätzung der exakten Entfernung zulässt, sind bei Canon im EOS-R-System Standard, so dass sich die Schärfeebene manuell gut finden lässt. Zudem gibt es einen nützlichen Fokusassistenten, der mittels dreier Pfeile anzeigt, wie weit man vom Fokuspunkt entfernt ist. Die Daten werden über das Autofokussystem ermittelt und gelten entsprechend für den gewählten Fokuspunkt. Das funktioniert allerdings nicht für den dichtesten Nahbereich.

Der manuelle Fokusring ist neun Millimeter schmal, lässt sich dank der feinen, acht Millimeter breiten Kunststoffriffelung aber ganz gut bedienen. Er arbeitet rein elektronisch und erlaubt jederzeit einen manuellen Eingriff in die Fokussierung. Es ist möglich, den Fokusring als Multifunktions-Steuerring zu verwenden. Die Umschaltung erfolgt über das Menü. Als Funktionsring lassen sich allerlei Einstellung vornehmen, beispielsweise die ISO-Empfindlichkeit oder die Belichtungskorrektur. Welche Funktion übernommen wird, kann ebenfalls im Menü festgelegt werden. Unglücklich ist aber, dass der Ring auch dann nicht als manueller Fokusring funktioniert, wenn man auf den manuellen Fokus wechselt. Man muss also auf manuellen Fokus wechseln und im Menü die Ringfunktion umschalten.

Die "Übersetzung" des Fokusrings arbeitet nicht-linear, womit neben dem Drehwinkel vor allem die Drehgeschwindigkeit über den zurückgelegten Fokusweg entscheidet. Dreht man schnell, werden mit geringem Drehwinkel große Distanzen zurückgelegt, dreht man langsam, werden mit großem Drehwinkel kleine Distanzen zurückgelegt. Damit kann man wunderbar feinfühlig manuell auf das Motiv fokussieren.

Canon gibt eine Naheinstellgrenze von 17 Zentimetern im Bereich von 18 bis 35 Millimeter Brennweite an, dann steigt die Naheinstellgrenze auf 45 Zentimeter bei 150 Millimetern Brennweite. Manuell lässt sich noch näher fokussieren, 12 Zentimeter sind es laut Canon bei 18 Millimetern Brennweite, 13 Zentimeter bei 35 Millimeter. Entsprechend gibt es fünf verschiedene Abbildungsmaßstäbe: 1:5 bis 1:2,3 bei 18 Millimetern Brennweite, 1:2,8 bis 1:1,7 bei 35 Millimetern und 1:3,2 bei 150 Millimetern. Viel nachzumessen also für uns im Zuge dieses Tests.

Bei 18 Millimetern Brennweite konnten wir bis 15 Zentimeter Abstand von der Sensorebene (ca. 5 cm ab Objektivfront) automatisch fokussieren und ein Bildfeld von 9,2 mal 6,1 Zentimeter aufnehmen, was einem Abbildungsmaßstab von 1:4,1 entspricht. Manuell konnten wir sogar bis 11,5 Zentimeter ab Sensor beziehungsweise einen Zentimeter ab Objektivfront heran fokussieren, was allerdings einerseits für sichtbar unscharfe Bildränder und andererseits Abschattungen durch die geringe Distanz zum Motiv sorgt. Das minimale Bildfeld beträgt dabei 4,2 mal 2,8 Zentimeter, was einem Abbildungsmaßstab von 1:2,1 entspricht.

Bei 35 Millimetern Brennweite konnten wir bis 16 Zentimeter Abstand von der Sensorebene (ca. 4,5 cm ab Objektivfront) automatisch fokussieren und ein Bildfeld von 5,5 mal 3,7 Zentimeter aufnehmen, was einem Abbildungsmaßstab von 1:2 entspricht und damit bereits im Makrobereich liegt. Manuell konnten wir sogar bis 12,5 Zentimeter ab Sensor beziehungsweise 1,3 Zentimeter ab Objektivfront heran fokussieren, was allerdings auch hier für sichtbar unscharfe Bildränder sowie Abschattungen durch die geringe Distanz zum Motiv sorgt. Das minimale Bildfeld beträgt dabei 3,3 mal 2,2 Zentimeter, was einem Abbildungsmaßstab von 1:1,5 entspricht.

Bei 150 Millimetern Brennweite konnten wir bis 43,5 Zentimeter Abstand von der Sensorebene (ca. 28,5 cm ab Objektivfront) automatisch fokussieren und ein Bildfeld von 6,8 mal 4,5 Zentimeter aufnehmen, was einem Abbildungsmaßstab von 1:3 entspricht. Manuell konnten wir bei dieser Brennweite nicht näher fokussieren.

Der maximale Abbildungsmaßstab mit Autofokus ist also bereits deutlich besser als versprochen, ob man allerdings den Bildqualitätsverlust bei noch näheren Distanzen in Kauf nehmen möchte, die mit manuellem Fokus möglich sind, muss wohl jeder selbst entscheiden.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.