Weitwinkel-Festbrennweite

Testbericht: Nikon Z 28 mm F2.8 SE

2021-11-01, aktualisiert 2021-11-08 Auch wenn mancher Händler es inzwischen auch einzeln anbietet, ist das Nikon Z 28 mm F2.8 SE eigentlich nur als Setobjektiv mit der APS-C-Kamera Z fc erhältlich, obwohl es sich um ein Kleinbildobjektiv handelt. Die "normale" Version Z 28 mm F2.8 (ohne SE) ist dagegen noch nicht einmal offiziell vorgestellt, es gibt lediglich eine Entwicklungsankündigung dazu. Das hat uns aber nicht davon abgehalten, stellvertretend die SE-Version an der fast 46 Megapixel auflösenden Vollformatkamera Nikon Z 7II zu testen. Bei unserem Test an der Z fc zeigte das 28er bereits eine hohe Bildqualität. Ob das aber auch am viel größeren Vollformatsensor der Fall ist, zeigt dieser ausführliche Testbericht.  (Benjamin Kirchheim)

Weil das Nikon Z 28 mm F2.8 SE regulär nicht einzeln erhältlich ist, lässt sich der Preis nur ungefähr abschätzen. Im Set mit der Nikon Z fc kostet es 250 Euro Aufpreis in der UVP. Entsprechend würden wir eine Einzel-UVP auf 350-450 Euro schätzen. Weil das recht ähnliche und inzwischen bereits vorgestellte Z 40 mm F2.0 eine relativ günstige UVP von knapp 280 Euro hat, wird das 28er vermutlich auch recht nahe daran liegen, so dass wir eher auf 350-400 Euro UVP tippen würden. Auch zum Lieferumfang können wir keine Angaben machen, da es sich um ein Setobjektiv handelt. Da beim 40 mm F2 allerdings ebenfalls kein Zubehör (außer den obligatorischen Deckeln) dabei ist, dürfte auch das beim 28er nicht anders sein. Vereinzelt bieten einige Händler das Z 28 mm F2.8 SE inzwischen für knapp 340 Euro zum Kauf an.

Nachtrag vom 08.11.2021: Inzwischen ist das Objektiv offiziell bei Nikon für 339 Euro gelistet, scheint aber nach wie vor nur in der SE-Designvariante erhältlich zu sein.

Verarbeitung

Mit einer Länge von 4,5 Zentimetern und einem Durchmesser von sieben Zentimetern ist das Nikon Z 28 mm F2.8 SE eines der kompaktesten Objektive im Z-Objektivprogramm. Auch das Gewicht fällt mit 158 Gramm erstaunlich gering aus. An der Testkamera Z 7II spürt man es somit kaum, schließlich wiegt die Kamera fast 700 Gramm, so dass die Kombination es auf 855 Gramm bringt.

Das geringe Gewicht kommt nicht von ungefähr. Einerseits ist das Objektiv mit F2,8 für eine Festbrennweite nicht gerade lichtstark. Der Frontlinsendurchmesser beträgt lediglich 1,3 Zentimeter. Überhaupt kommt die optische Konstruktion mit lediglich neun Linsen aus, wobei diese zur Objektivrückseite hin immer größer werden. Die Hinterlinse bringt es auf einen vergleichsweise stattlichen Durchmesser von 3,4 Zentimetern. Das dürfte dafür sorgen, dass die Lichtstrahlen möglichst senkrecht auf den Bildsensor fallen, was für eine höhere Abbildungsleistung sorgt.

Der andere Grund für das geringe Gewicht lässt sich mit einem abwertenden "Plastik" zusammenfassen. Überall kommt Kunststoff zum Einsatz: Beim Bajonett, beim Objektivgehäuse und selbst beim 52mm-Filtergewinde. Ein Bajonett für eine Streulichtblende fehlt vollends, entsprechend bekommt man auch optional keine als Zubehör. Dabei fühlt sich das Objektiv trotz des geringen Gewichts gar nicht so billig an, wie man jetzt vielleicht anhand des günstigen Preises vermuten würde. Das Gehäuse gibt auch bei beherztem Drücken nicht nach und die Verarbeitung ist sauber.

Was man auf den ersten Blick nicht vermuten würde: Sogar Dichtungen zum Schutz vor Staub und Spritzwasser sind verbaut. Leider fehlt aber ausgerechnet an der Nahtstelle zur Kamera der Dichtungsring. Was sich die Ingenieure dabei gedacht haben, ist uns ein Rätsel. Ob der Kunststoff gegen das Metallbajonett wohl trotzdem ausreichend abdichtet? Riskieren würden wir es nicht.

Fokus

Das einzige Bedienelement des Z 28 mm F2.8 SE ist der 1,6 Zentimeter breite Multifunktionsring, der auf einer Breite von 1,1 Zentimetern mit einer grob geriffelten, sehr griffigen Gummierung versehen ist. Mit diesem lässt sich nicht nur der Fokus verstellen, sondern auf Wunsch je nach Konfiguration der Kamera auch andere Aufnahmeparameter, etwa die Blende. Auf einen AF-MF-Schalter hat Nikon hingegen leider verzichtet, so muss auch diese Umschaltung an der Kamera erfolgen.

Einen optischen Bildstabilisator besitzt das Z 28 mm F2.8 SE nicht. Dieser wird auch nicht unbedingt benötigt, denn den bringen zumindest die Vollformatkameras von Nikon dank des beweglich gelagerten Bildsensors bereits mit. Wer das Objektiv hingegen als 42mm-Normalbrennweite an seiner APS-C-Nikon einsetzen möchte, muss ohne Bildstabilisator auskommen. An unserer Testkamera Z 7II konnten wir bei immerhin vier Blendenstufen längeren Belichtungszeiten als nach Faustregel möglich noch scharfe Aufnahmen erzielen. Statt 1/30 Sekunde Belichtungszeit konnten wir auch 0,5 Sekunden lange Belichtungen aus der Hand schießen, was ein mehr als ordentlicher Wert ist.

Doch zurück zum Fokus. Der Autofokus arbeitet leise und zuverlässig, ist jedoch nicht der schnellste. An der Nikon Z fc haben wir eine reine Fokusgeschwindigkeit von 0,45 Sekunden beim Fokussieren von unendlich auf zwei Meter gemessen. Der Fokusmotor bewegt zwei Linsenelemente im Inneren des Objektivs, was für eine hohe Abbildungsqualität bis in den Nahbereich sorgen soll. Dank des internen Fokus ändert sich die Länge des Objektivs beim Fokussieren nicht. Dafür konnten wir Fokusatmen beobachten, auch wenn es nur gering ausfällt. Das heißt, dass sich der Bildausschnitt beim Fokussieren leicht ändert.

Die Naheinstellgrenze beträgt laut technischen Daten 19 Zentimeter ab Sensorebene. Wir konnten sowohl beim manuellen als auch beim automatischen Fokus in der Praxis sogar knapp über 18 Zentimeter erreichen. Der Arbeitsabstand beträgt dabei rund zwölf Zentimeter. Der maximale Abbildungsmaßstab beträgt laut Datenblatt 1:5, in der Praxis konnten wir einen 16 x 10,7 cm kleinen Bereich formatfüllend abbilden, was sogar einem Abbildungsmaßstab von 1:4,4 entspricht. Das ist angesichts des großen Bildwinkels von 75 Grad diagonal ein sehr guter Wert. Das erlaubt starke Vergrößerungen kleiner Motive im Verhältnis zum Hintergrund und damit dramatische Perspektiven, auch wenn man dem Motiv dafür ziemlich auf die Pelle rücken muss.

Der Fokusring arbeitet übrigens rein elektronisch und erlaubt eine sehr präzise Fokussierung, zumal mit einer Lupe und dem Fokus-Peaking sowie einem Fokusindikator und Hilfspfeilen praktische Einstellhilfen im Livebild zur Verfügung stehen. Der Fokusring arbeitet nicht linear, das heißt bei langsamen Bewegungen reagiert er feinfühliger und der Drehwinkel muss für dieselbe Fokusverstellung größer sein, als wenn man den Ring schnell dreht. Für Fotografen ist das sehr gut, erlaubt es doch eine feinfühligere Fokusjustage.

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.