Micro-Four-Thirds Wachablösung

Panasonic Lumix DC-G9 II im Hands-on-Test

2023-09-12 Um einen Nachfolger für das 2017 vorgestellte Micro-Four-Thirds-Foto-Flaggschiff Panasonic Lumix DC-G9 rankten sich Spekulationen. Diesen setzt Panasonic mit der Vorstellung der Lumix DC-G9 II nun ein Ende. Mit 25 Megapixel auflösendem Sensor, Phasen-Hybrid-Autofokus, neuem Bildprozessor, neuem Monitor, vielen neuen Funktionen sowie einer aufgebohrten Videofunktionalität mit maximal 5,8K Auflösung liefert Panasonic, zumindest auf dem Papier, eine Ausstattung, die eines Flaggschiff würdig ist. Wir konnten uns von der Kamera anhand eines Vorserienmodells einen persönlichen Eindruck verschaffen. Zudem stand uns auch das neue 35-100 mm, F2,8 lichtstarke Objektiv für eine Prüfung zur Verfügung.  (Harm-Diercks Gronewold)

Vorwort

Wie es Vorserienmodelle so an sich haben, besitzen sie noch nicht die finale Firmware. Deshalb müssen wir leider auf die Erstellung eines Labortests sowie die präzise Ermittlung der Serienbildgeschwindigkeit, Speichergeschwindigkeit, AF-Geschwindigkeit und andere Messungen vorerst verzichten. Wir holen das aber nach, sobald wir ein Serienmodell von Panasonic zur Verfügung gestellt bekommen.

Panasonic wird die Lumix DC-G9 II (DC-G9M2E) als Body für knapp 1.900 Euro und in zwei Sets mit 12-60 mm F2.8-5.6 Asph. (H-FS12060) für 2.100 Euro sowie mit dem 12-60 mm F2.8-4 Asph. (H-ES12060) für 2.500 Euro anbieten. Allerdings müssen sich interessierte Foto- und Videografen noch bis Anfang November 2023 gedulden.

Ergonomie und Verarbeitung

Bei den Abmessungen ist die DC-G9 II gegenüber dem Vorgänger nur im Millimeterbereich etwas geschrumpft. So ist die Kamera 134 Millimeter breit, 102 Millimeter hoch und 90 Millimeter tief. Das betriebsbereite Gewicht hat sich mit 658 Gramm gar nicht verändert. Das Gehäuse darf also gerne weiter als Klopper bezeichnet werden. Im direkten Vergleich scheint es so, dass Panasonic der DC-G9 II einfach das Gehäuse der Vollformatkamera S5II verpasst hat.

Doch das große Gehäuse hat einen entscheidenden Vorteil, es ist nämlich ein echter Handschmeichler, doch dazu später mehr. Der Großteil des Gehäuses besteht aus Metall und es macht einen robusten Eindruck. Unterstützt wird das durch die Tatsache, dass es gegen das Eindringen von Staub und Spritzwasser mit Hilfe von Dichtungen geschützt ist. Auch kräftige Regengüsse oder frostige Temperaturen bis zu -10 Grad sind kein Problem für die DC-G9 II. Das setzt allerdings voraus, dass auch ein entsprechend abgedichtetes Objektiv genutzt wird, wie beispielsweise das Set-Objektiv Leica DG Vario-Elmarit 1:2.8-4/12-60 mm Asph. Power O.I.S.. Das kam auch in unserem Test zum Einsatz und es ist ein prima Standardobjektiv, dessen Design zu dem der Kamera passt und dessen optische Abbildungsqualität schon mehrfach bestätigt wurde.

Dank eines ergonomisch geformten und gummierten Handgriffs ist die DC-G9 II sehr angenehm zu halten und das Beste daran ist, dass der kleine Finger auch noch ausreichend Platz am Griff findet, selbst bei großen Händen. Komplettiert wird das "Grifferlebnis" durch die Daumenmulde auf der Rückseite. Auch an der Mulde findet sich die gleiche Gummierung wie schon an der Vorderseite. Auf der linken Seite der Kamera wurde ebenfalls etwas Gummierung untergebracht, das ist allerdings eher Kosmetik, denn die linke Hand sollte besser das Objektiv im Griff haben als an der Seite der Kamera Pause zu machen.

Wem das and Griffigkeit nicht ausreicht, der kann die DC-G9 II mit dem optionalen Batteriegriff (DMW-BG1) erweitern. Der bietet neben einem Hochformatgriff auch eine Verdopplung der Akkulaufzeit, wenn man einen weiteren Akku in den Griff schiebt. Der Griff wird ebenfalls ab November 2023 erhältlich sein und etwa 350 Euro kosten.

Der Sucher der DC-G9 II hat sich im Gegensatz zur G9 nicht weiterentwickelt. Es kommt immer noch das sehr gut, 3,68 Millionen Bildpunkte auslösende OLED mit im Kleinbildäquivalent 0,83-fach vergrößernder Optik zum Einsatz. Während der Einblick ohne Brille nur mit leichten Abschattungen am Rand verbunden ist, müssen Brillenträger mit einem nicht mehr ganz sichtbaren Sucherbild leben oder man nimmt einfach die Brille ab und stellt den Dioptrienausgleich auf seinen Sehfehler ein. Die pfiffige Umschalttaste des Vorgängers, mit der sich das Sucherbild verkleinern ließ, hat es leider nicht in die DC-G9 II geschafft. Selbstredend kann der Sucher mit 60 oder 120 Bilder pro Sekunde betrieben werden, letzteres kostet aber etwas mehr Strom.

Das Touchdisplay auf der Rückseite der DC-G9 II ist, auch wenn es nicht den Anschein hat, komplett neu. Zum einen löst es mit 1,84 Millionen Bildpunkten auf und zum anderen ist das Display sehr hell, so dass es auch in der Sonne problemlos einsetzbar bleibt. Der Monitor hat eine Diagonale von 7,5 Zentimetern und ist um 180 Grad seitlich klappbar und um 270 Grad drehbar. Frosch- und Überkopf-Perspektiven sind also gar kein Problem. Zudem kann der Monitor für den Transport zum Kamerabody geklappt werden. Der Monitor hat ein natives Seitenverhältnis von 3:2. Ein guter Kompromiss für das native Sensor-Seitenverhältnis von 4:3 und dem 16:9 Videoformat.

Die Touchfunktion ist sehr präzise. Auch Multitouch-Gesten wie Wischen und "Kneifen" sind kein Problem für den Touchscreen. Die Touchfunktion lässt sich ebenfalls bei nach vorne geklapptem Bildschirm nutzen. Das ebenfalls per Touch bedienbare Quick Menü muss allerdings mit der entsprechenden Taste auf der Kamerarückseite aufgerufen werden. Auch mit dem Monitor nach vorne lässt sich der Touch-Autofokus benutzen.

An Bedienelementen mangelt es der Lumix DC-G9 II wahrlich nicht. So befinden sich zwei Drehräder in optimaler Nähe zum Auslöser. Eines direkt unter dem Auslöser und der zweite direkt über der Daumenmulde auf der Oberseite. Das dritte Drehrad ist um das Steuerkreuz auf der Rückseite angebracht. Durch das Wegrationalisieren des LC-Infodisplays hat Panasonic die Oberseite um Platz erweitert, der jetzt für das Moduswahlrad getrennt vom "Drive"-Wahlrad genutzt wird. So lassen sich Serien- und Einzelaufnahmen sowie Mehrfachbelichtungen und Selbstauslöser wesentlich leichter einstellen. Damit wirkt die Kamera im linken Bereich nicht mehr so überfrachtet.

Bei der Menge an Tasten an der Kamera könnte man meinen, dass Panasonic eine Schreibmaschine bauen wollte. Immerhin stehen zwei Tasten auf der Vorderseite in bequemer Reichweite zu den Fingern am Handgriff zur Verfügung, drei Tasten und ein knallroter Videoauslöser teilen sich den Raum zwischen Modus- und Daumendrehrad auf der Oberseite. Auf der Rückseite stehen acht Tasten sowie ein Knebelschalter zur Auswahl des Fokusmodus bereit.

Dank umfangreicher Konfigurationsmöglichkeiten lässt sich die Kamera individuell anpassen; Foto- und Videomodus getrennt voneinander versteht sich. Außerdem lassen sich individuelle Menüs anlegen und insgesamt können drei Nutzerprofile zusammengestellt werden, die dann auch auf dem Moduswahlrad direkt erreichbar sind. Doch damit noch nicht genug, denn auch die Sucheranzeige selbst lässt sich nach eigenen Wünschen anpassen. So kann man beispielsweise auswählen, welche Informationen angezeigt werden sollen und welche nicht. So kommen der Minimalist und der Kontrollfreak voll auf ihre Kosten.

Doch die Konfigurationsvielfalt hat ihren Preis, denn das Menü ist vollgepackt bis oben hin. Glücklicherweise hat Panasonic der DC-G9 II eine moderne und sehr hilfreiche Menüstruktur mit auf den Weg gegeben und es wird auf allzu wirre Abkürzungen verzichtet. Das Menü geht bis in die dritte Ebene und dann wird in den Einstellungen auf einen Detailbildschirm umgeschaltet, der mit leicht verständlichen Informationen die Einstellungen erklärt. Einstellungen, die nicht gewählt werden können, sind im Menü ausgegraut und wenn man sie dennoch auswählt, informiert eine Statusmeldung, warum die Funktion nicht ausgewählt werden kann. So hat eine gute Benutzererfahrung auszusehen!

Auf der linken Seite der DC-G9 II ist das Anschlussterminal untergebracht und es umfasst eine HDMI-Schnittstelle (Typ A), also die Standard HDMI-Schnittstelle, die man auch an TV-Geräten findet. Außerdem sind hier 3,5mm-Klinkenbuchsen für Mikrofon und Kopfhörer sowie eine USB-C-Schnittstelle für den schnellen Datenaustausch und zur Stromversorgung beziehungsweise Aufladung des 16 Wattstunden Akkus (DMW-BLK22) zu finden. Die USB-C-Schnittstelle unterstützt USB 3.2 HighSpeed. Auch der beliebte 2,5 Millimeter Kabelfernauslöser-Anschluss ist bei der DC-G9 II vorhanden. Alle Anschlüsse sind mit Gummiklappen geschützt, so dass kein Staub und Spritzwasser eindringen kann.

Beim Blitz hat sich hinsichtlich des Systemblitzschuhs nicht viel getan, dieser ist immer noch mit dem Micro-Four-Thirds-Blitzsystem kompatibel. Allerdings besitzt die Kamera keinen F-Stecker mehr, so dass die DC-G9 II nur noch über einen optionalen Adapter an klassische Blitzanlagen angeschlossen werden kann. Die Blitzsynchronzeit beträgt 1/250 Sekunde.

Das Akkufach ist wie schon beim Vorgänger auf der Unterseite der Kamera zu finden, natürlich mit gebührendem Abstand zum 1/4 Zoll großen Stativgewinde, so dass der Akku auch bei montierter Schnellwechselplatte gewechselt werden kann. Das Stativgewinde ist natürlich in der optischen Achse angebracht.

Auf der rechten Seite der Kamera befinden sich der bereits erwähnte Kabelfernauslöser-Anschluss und die Speicherkartenfach-Klappe. In dieser haben zwei SD-Speicherkarten (SDHC und SDXC) Platz und beide Slots sind zu UHS-I und UHS-II kompatibel. Wie schnell die DC-G9 II Daten auf die Speicherkarte schreibt, können wir aufgrund der Vorserienkamera noch nicht ermitteln. Es macht aber den Eindruck, dass der Pufferspeicher der Kamera groß ist, allerdings scheint die Speichergeschwindigkeit sich nicht wesentlich vom Vorgänger zu unterscheiden.

Ausstattung

Panasonic zielt mit der Lumix DC-G9 II zwar nicht auf das Einsteiger-Segment ab, bietet aber dennoch eine Motivautomatik auf dem Moduswahlrad. Bei dieser hat man nur sehr begrenzte Eingriffsmöglichkeiten wie die Belichtungskorrektur, die Wahl des Seitenverhältnisses sowie den Wechsel des Bildstils. Das volle Programm der Eingriffsmöglichkeit bietet die Programmautomatik und richtig umfangreich wird es bei den beiden Halbautomatiken sowie dem manuellen Modus, in dem man dann Zeit- und Blende selbst einstellen muss.

Wer gerne Fotos mit speziellen Farbeffekten fotografiert, hat bei der DC-G9 II Glück, denn die Kamera hat 17 eingebaute Bildstile, darunter der neue Leica Monochrome Stil, der sich durch starke Kontraste auszeichnet. Doch das ist noch nicht genug, denn die DC-G9 II ermöglicht es, individuelle LUTs zu importieren und bei der Aufnahme auf Fotos anzuwenden. Dafür stehen zehn Speicherplätze zur Verfügung. Für eigene Picture Styles sind vier separate Speicherplätze vorhanden. Der Einsatz der LUTs ist allerdings nicht auf den Fotomodus der Kamera beschränkt, sie können auch im Videomodus benutzt werden. Wir haben zu LUTs Fototipps veröffentlich und am Ende dieses Hands-on-Tests verlinkt.

Die Serienbildgeschwindigkeit ist hoch, so kann die DC-G9 II laut Hersteller mit elektronischem Verschluss 75 Aufnahmen pro Sekunde für mindestens drei Sekunden machen. Zudem gibt es Serienbildgeschwindigkeiten von 60 und 20 Bildern pro Sekunde. Außerdem bietet die Kamera noch Serienbilder, deren Frequenz nicht genannt wird. Wir schätzen aber, dass diese zwischen 12 und 14 Bildern pro Sekunde liegen wird. Mit mechanischem Verschluss und AF-C wird die Kamera akustisch etwas langsamer. Es ist zu vermuten, dass die DC-G9 II in dieser Serienbild-Konfigiration der DC-G9 ähnlich sein wird.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Harm-Diercks Gronewold

Harm-Diercks Gronewold, 52, ist gelernter Fotokaufmann und hat etliche Jahre im Fotofachhandel gearbeitet, bevor er 2005 in die digitalkamera.de-Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Produktdatenbanken, Bildbearbeitung, Fototipps sowie die Berichterstattung über Software und Zubehör. Er ist es auch, der meistens vor der Kamera in unseren Videos zu sehen ist und die Produkte vorführt.