Fokus
Der mittlere der drei Schalter steuert den Fokusbegrenzer. Wahlweise wird nur von unendlich bis drei Meter oder von unendlich bis zur brennweitenabhängigen Naheinstellgrenze fokussiert (dazu weiter unten mehr) oder von 3 Meter bis zur Naheinstellgrenze. Der oberste Schalter schaltet zwischen AF und MF um. Der Schalter darunter aktiviert oder deaktiviert den "Full Time DMF". DMF bedeutet "Direct Manual Focus". Ist diese Funktion aktiv, lässt sich der Fokus jederzeit manuell korrigieren, was jedoch im AF-S besser funktioniert als im AF-C, weil letzterer nach einer minimalen Gedenkpause immer wieder das Zepter übernimmt und nachfokussiert.
Der Fokusring sitzt vorne am Objektiv und fällt mit einer 1,9 Zentimeter breiten, ebenfalls griffigen Gummiriffelung etwas schmaler aus als der Zoomring. Der Fokusring dreht sich spürbar leichter als der Zoomring. Er arbeitet rein elektronisch, verstellt wird der Fokus immer von den vier unhörbaren XD-Linearmotoren, die äußerst schnell zupacken. Je zwei Motoren treiben ein Element an, so dass die beiden Fokuselemente unabhängig voneinander arbeiten können. Das sorgt nicht nur für eine bessere Naheinstellgrenze, sondern auch für eine hohe Auflösung über den gesamten Fokusbereich. Das Objektiv konnte bei unseren Tests mühelos schnelle Motive zuverlässig im Fokus halten, was nicht zuletzt auch an den guten AF-Algorithmen und Erkennungsfunktionen der Testkamera Sony Alpha 7R IV lag.
Sony verspricht zwar ein geringes Fokusatmen, ohne digitale Korrektur, die ebenfalls unterstützt wird, ist es allerdings insbesondere im Nahbereich erheblich. Positiv hervorzuheben ist die Tatsache, dass der Fokus beim Zoomen im Gegensatz zum Vorgängermodell nachgeführt werden kann, was gut funktioniert und sowohl bei Fotos als auch bei Videos nützlich ist.
Im hinteren Bereich ist das Sony FE 70-200 mm F4 Macro G OSS II schmaler, so dass neben dem Handgriff der Sony Alpha 7R IV genügend Platz für die Finger bleibt. [Foto: MediaNord]
Der Fokusring reagiert linear auf verschieden schnelle Drehbewegungen, erlaubt aber dennoch eine äußerst feine Fokussierung, da der Nahbereich wesentlich feiner aufgelöst ist. Dabei wird der Fotograf von Hilfen wie einer Fokuslupe und Fokuspeaking sowie einer Entfernungsanzeige unterstützt, die von der Kamera zur Verfügung gestellt werden.
Mit etwa einer halben Drehung am Fokusring wird der gesamte Fokusbereich von unendlich bis zur Naheinstellgrenze durchfahren. Diese ist brennweitenabhängig und beträgt laut technischen Daten 26 Zentimeter bei kürzester und 42 Zentimeter bei längster Brennweite, jeweils ab Sensorebene. Der maximale Abbildungsmaßstab beträgt laut technischen Daten 1:2 über den gesamten Brennweitenbereich. Damit verdient sich das Telezoom den Zusatz "Macro". Besonders interessant wird dies in Kombination mit dem zweifachen Telekonverter von Sony, denn damit wird aus dem FE 70-200 mm F4 Macro G OSS II ein echtes 1:1-Makro.
In der Praxis konnten wir bei 70 Millimetern Brennweite sogar auf 25,4 Zentimeter ab Sensorebene beziehungsweise 8,7 Zentimeter ab Objektivfront fokussieren. Damit konnten wir ein minimales Bildfeld von 6,9 mal 4,6 Zentimeter einfangen, was einem Abbildungsmaßstab von etwa 1:1,9 entspricht. Die Fotos waren im Bildzentrum sehr scharf, verloren zum Bildrand jedoch vor allem bei Offenblende sichtbar an Schärfe.
Mit dem Sony FE 70-200 mm F4 Macro G OSS II (SEL70200G2) konnten wir bei 70 mm Brennweite ab 25,4 cm fokussieren und damit eine minimale Bildbreite von 6,9 cm aufnehmen, was einem Abbildungsmaßstab von 1:1,9 entspricht. [Foto: MediaNord]
Mit dem Sony FE 70-200 mm F4 Macro G OSS II (SEL70200G2) konnten wir bei 200 mm Brennweite ab 41,5 cm fokussieren und damit eine minimale Bildbreite von 6,8 cm aufnehmen, was einem Abbildungsmaßstab von 1:1,9 entspricht. [Foto: MediaNord]
Bei 200 Millimetern Brennweite konnten wir bis auf 41,5 Zentimeter an die Sensorebene heran fokussieren, der Abstand des Motivs von der Objektivfront betrug dabei komfortable 19,2 Zentimeter. Das minimale Bildfeld haben wir mit 6,8 mal 4,5 Zentimeter gemessen, was einem Abbildungsmaßstab von ebenfalls 1:1,9 entspricht. Hierbei ist die Bildqualität an den Bildrändern sichtbar höher als bei kürzester Brennweite, ein leichter Auflösungsverlust zum Bildrand lässt sich bei Offenblende dennoch beobachten.
Bildqualität
Der optische Aufbau des Sony FE 70-200 mm F4 Macro G OSS II besteht aus 19 Linsen, die in 13 Gruppen angeordnet sind. Dabei kommen zwei asphärische Elemente zum Einsatz, bei einem davon handelt es sich um ein AA (advanced aspherical) Element. Sie sollen Aberrationen auf ein Mindestmaß reduzieren und für eine bestmögliche Auflösung über den gesamten Zoom- und Blendenbereich sorgen. Zusätzlich sollen ein Super-ED und drei ED-Glaselemente chromatische Aberrationen minimieren.
Die kreisförmige Blende setzt sich aus neun Lamellen zusammen und soll für ein natürliches Bokeh sorgen. Das funktioniert über den gesamten Brennweitenbereich sehr gut. Die Unschärfekreise sind sehr gleichmäßig und besitzen nur einen minimal helleren Rand, der nicht weiter störend auffällt. Bei kürzester Brennweite zeigen sich allerdings leichte Farbsäume an Kontrastkanten im Unschärfebereich, die beim Zoomen fast vollständig verschwinden. Ein Blendenstern zeigt sich dagegen selbst bei F22 nicht. Im Gegenlicht zeigt das Zoom bei allen Brennweiten hohe Kontraste, wobei sich vor allem bei kürzeren Brennweiten leichte Blendenreflexe zeigen können.
Im Testlabor an der Sony Alpha 7R IV zeigt das FE 70-200 mm F4 Macro G OSS II nur eine geringe Randabdunklung, die dank des sanften Verlaufs selbst bei maximaler Ausprägung von 0,4 Blendenstufen praktisch nicht auffällt. Farbsäume in Form chromatischer Aberrationen sind ebenfalls gering. Bei der Verzeichnung sieht es nicht anders aus. Alle diese optischen Fehler werden auch digital korrigiert, wobei sich die Korrektur der Verzeichnung nicht deaktivieren lässt. Tatsächlich ist die Verzeichnung ohne Korrektur immer kissenförmig. Bei 70 Millimetern Brennweite minimal, beim Zoomen wird sie etwas sichtbarer. Sie ist aber nicht dramatisch.
Die Bildqualität des Sony FE 70-200 mm F4 Macro G OSS II kann mit geringen optischen Fehlern, einer hohen Auflösung selbst an den 61 Megapixeln der Sony Alpha 7R IV und einem sehr schönen Bokeh überzeugen. [Foto: MediaNord]
Die 61 Megapixel des Vollformatsensors der Sony Alpha 7R IV sind für Objektive eine Herausforderung, erst recht für ein Zoomobjektiv wie das FE 70-200 mm F4 Macro G OSS II. Doch es meistert diese Disziplin gut. Bei allen Brennweiten ist die Auflösung im Bildzentrum bei 50 Prozent Kontrast hoch, wobei sie bei längster Brennweite etwas niedriger ist. Bei kurzer und mittlerer Brennweite lässt sich die Auflösung bei Abblenden auf F5,6 sogar noch leicht steigern und bleibt bis F8 konstant hoch. Bei kürzester Brennweite werden im Zentrum knapp über 90 Linienpaare pro Millimeter (lp/mm) erreicht, bei mittlerer Brennweite knapp darunter und bei längster Brennweite sind es knapp unter 80 lp/mm. Jenseits von F8 sinkt die Auflösung, ist bei F11 aber mit 75 bis 81 lp/mm (je nach Brennweite) noch hoch. Bei F22 hingegen erhält man nur noch knapp über 50 lp/mm, was für einen 61-Megapixel-Sensor nicht mehr viel ist.
Zum Bildrand fällt die Auflösung bei kürzester und längster Brennweite zwar am stärksten ab, aber stets um weniger als 25 Prozent. Das liegt im Bereich von Festbrennweiten. Bei mittlerer Brennweite beträgt der Randabfall im Maximum sogar nur elf Prozent, bei F8 sogar nur noch drei Prozent. Das schaffen sonst nur sehr gute Festbrennweiten. Bei F8 wird bei mittlerer Brennweite mit knapp 84 lp/mm auch absolut gesehen das Auflösungsmaximum am Bildrand erreicht. Bei kürzester und längster Brennweite beträgt die Randauflösung über 60 bis über 70 lp/mm (siehe auch Diagramm aus dem Labortest unten).
Fazit
Das komplette Redesign im Vergleich zum Vorgängermodell hat sich beim Sony FE 70-200 mm F4 Macro G OSS II mehr als gelohnt. Die zweite Generation ist nicht nur deutlich leichter und kompakter, sondern auch schneller und besser ausgestattet. Dank der vielen Schalter lässt es sich direkt an die Aufnahmesituation anpassen und vor allem Fotografen, aber auch Videografen kommen voll auf ihre Kosten, etwa indem der elektronische Fokusring linear und feinfühlig arbeitet und der Fokus beim Zoomen nachjustiert werden kann. Die hervorragende Makrofunktion macht das 70-200 F4 G II zu einem echten Allround-Talent, erst recht in Kombination mit einem Telekonverter. Auch die Bildqualität kann mit geringen optischen Fehlern, einer hohen Auflösung selbst an 61 Megapixeln und einem sehr schönen Bokeh überzeugen.