Allround-Makro-Telezoom

Sony FE 70-200 mm F4 Macro G OSS II im Test

2023-07-12 Beim Sony FE 70-200 mm F4 Macro G OSS II (SEL70200G2) handelt es sich nicht etwa um eine leichte Produktpflege, sondern eine völlige Neuentwicklung. Mit Ausnahme der Brennweite und Lichtstärke bliebt kein "Stein auf dem anderen". Das Gehäuse ist genauso wie der optische Aufbau neu, wobei es sich zugunsten kompakterer Abmessungen um kein Innenzoom mehr handelt. Zudem gibt es mehr Bedienelemente, einen schnelleren Autofokus sowie eine deutlich kürzere Naheinstellgrenze bis in den Makrobereich. Wie gut die Bildqualität tatsächlich ist und wie sich Bedienung und (Auto-) Fokus schlagen, haben wir an der 61 Megapixel auflösenden Sony Alpha 7R IV getestet.  (Benjamin Kirchheim)

Verarbeitung

Lediglich 791 Gramm wiegt das Sony FE 70-200 mm F4 Macro G OSS II, was fast 50 Gramm weniger sind als beim Vorgängermodell. Zusammen mit der Testkamera Sony Alpha 7R IV sind es dann 1.454 Gramm in dieser leichtesten Konstellation, denn je nach Bedarf kommen noch der 68 Gramm schwere Stativfuß und die 48 Gramm schwere Streulichtblende (ALC-SH176) hinzu, so dass sich ein maximales Gesamtgewicht von 1.570 Gramm ergibt.

Gegen das knapp 15 Zentimeter lange, 8,2 Zentimeter dicke Gehäuse des Objektivs wirkt die Sony Alpha 7R IV fast schon zierlich, obwohl Sony die Alpha-Serie im Laufe der Generationen immer wieder leicht vergrößert und vor allem den Griff ergonomisch optimiert hat. Man kann mit der Kombination gut einhändig arbeiten, auch wenn sie nur an der Kamera gehalten leicht frontlastig ist.

Das Gehäuse des Sony FE 70-200 mm F4 Macro G OSS II wurde wie auch der optische Aufbau völlig neu designt. Es handelt sich im Gegensatz zum Vorgängermodell nicht mehr um ein Innenzoom, was für die deutlich kürzere Transportlänge sorgt (14,9 statt 17,5 Zentimeter). Dennoch ist das Gehäuse gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet. Zudem ist die Frontlinse mit einer schmutzabweisenden Fluorvergütung versehen.

Das äußere Gehäuse besteht aus Kunststoff. Dank der hochwertigen, hellgrauen Lackierung, die in erster Linie dem Hitzeschutz dient, wirkt es trotzdem hochwertig. Zudem lässt es sich nicht eindrücken und knarzt nicht. Selbst das 72 mm große Filtergewinde ist aus Kunststoff gefertigt, wobei das Objektiv im vorderen Bereich schwarz gehalten ist und außen um das Filtergewinde einen schützenden Metallring besitzt. Die dunkle Farbe ohne Beschriftungen an der Front reduziert Reflexionen des Objektivs im Motiv. Das Bajonett besteht selbstverständlich aus Metall und besitzt ebenfalls eine Dichtlippe.

Die Stativschelle des Sony FE 70-200 mm F4 Macro G OSS II lässt sich komplett abnehmen. Mittels einer Schraube wird die Drehung freigegeben beziehungsweise fixiert. Bei komplett gelöster Schraube kann diese nach außen gezogen und der Metallring geöffnet werden, um die Schelle abzunehmen. Drei Markierungen oben, links und rechts an der Schelle erleichtern die Ausrichtung im Hoch- und Querformat, jedoch muss man sich dabei auf sein Augenmaß verlassen, denn Rastungen gibt es nicht.

Auf der Unterseite des Stativfußes befindet sich ein kleiner Metallfuß, bei dem Sony leider eine Arca-Swiss-kompatible Fräsung vergessen hat. Der Fuß besitzt sowohl ein 1/4"-Stativgewinde als auch einen Videopin zur Verdrehsicherung. Der Fuß sitzt allerdings für die Sony Alpha 7R IV zu weit vorne, die Kombination ist selbst bei ausgefahrenem Zoom und mit montierter Sonnenblende noch hecklastig.

Zum Lieferumfang des Sony FE 70-200 mm F4 Macro G OSS II, das mit knapp 2.000 Euro eine um 300 Euro höhere unverbindliche Preisempfehlung als das Vorgängermodell besitzt, gehört neben den obligatorischen Deckeln und der Stativschelle auch eine leicht tulpenförmige Streulichtblende ALC-SH176. Sie besteht aus Kunststoff und ist innen mattschwarz, außen dagegen hellgrau. Eine "Schiebeluke" zur Bedienung eines Drehfilters fehlt leider. Zum platzsparenden Transport lässt sich die 6,7 Zentimeter lange, zehn Zentimeter durchmessende Blende auch verkehrt herum anbringen. Dabei verdeckt sie nicht nur den Fokusring, sondern auch die vorderen Funktionstasten sind dann nicht mehr erreichbar. Selbst der Zoomring wird teilweise verdeckt, bleibt aber bedienbar. Sobald man zoomt, werden die Bedienelemente nach und nach freigegeben.

Das Telezoom ist übrigens zu den Telekonvertern von Sony kompatibel. Mit dem 1,4-fach-Konverter ergibt sich ein durchgehend F5,6 lichtstarkes 100-280 mm, mit dem 2-fach-Konverter ein durchgehend F8 lichtstarkes 140-400 mm. Vor allem aber erhöht sich auch der Abbildungsmaßstab entsprechend, was die Makrofunktion, auf die wir im Abschnitt "Fokus" detailliert eingehen, noch spannender macht.

Ausstattung

Gezoomt wird das Sony FE 70-200 mm F4 Macro G OSS II mechanisch. Der mittig sitzende, 3,1 Zentimeter breite Zoomring besitzt eine 2,5 Zentimeter breite, griffige Gummiriffelung, während im hinteren Bereich des Rings die Brennweiten 70, 100, 135 und 200 Millimeter gut lesbar in schwarzer Schrift aufgedruckt sind. Im Livebild blendet die Kamera die Brennweite leider nicht ein. Mit etwas weniger als einer viertel Drehung lässt sich die Brennweite sehr leicht von 70 auf 200 Millimeter zoomen. Dabei fährt der Tubus um 5,6 Zentimeter aus, so dass das Objektiv eine Gesamtlänge von 20,5 Zentimeter erreicht. Der Tubus hat zwar ein leichtes Spiel, wirkt aber robust. Genauso kann man aber auch an der Objektivfront oder der Streulichtblende ziehen und das 70-200 so als Schiebezoom verwenden. Damit das nicht beim Transport passiert, kann man den Zoommechanismus bei kürzester Brennweite mittels eines mechanischen Schalters blockieren.

An der linken Seite sowie oben und unten auf dem Objektiv ist vor dem Zoomring je eine identisch funktionierende Taste zu finden, die sich über das Kameramenü mit verschiedenen Funktionen belegen lässt. Defaultmäßig ist sie mit der Fokus-Stopp-Funktion vorbelegt. Hinter dem Zoomring befinden sich auf der linken Objektivseite fünf Schiebeschalter, von denen drei den Fokus und zwei den Bildstabilisator steuern. Mit dem untersten der fünf Schalter lässt sich der Bildstabilisator-Modus wählen. 1 ist der normale Modus, 2 ist für Schwenks optimiert und Modus 3 für dynamische Sportaufnahmen. Der zweitunterste Schalter aktiviert und deaktiviert den Bildstabilisator. Gleichzeitig wird auch der Kamerainterne Bildstabilisator aktiviert beziehungsweise deaktiviert.

Der mechanische Bildstabilisator des Objektivs arbeitet mit dem Sensorshift-Bildstabilisator der Kamera zusammen. Bei 200 Millimetern Brennweite konnten wir bis zu 1/6 Sekunde lang aus der Hand belichten, was fünf Blendenstufen entspricht. Dabei gab es allerdings einiges an Ausschuss. Bei 1/13 Sekunde, also vier Blendenstufen, waren dagegen fast alle Aufnahmen trotz der hohen Auflösung von 61 Megapixeln scharf. Auch bei 70 Millimetern Brennweite war 1/6 Sekunde die Grenze für sichere scharfe Fotos auf Pixelebene, aber auch bei 1/3 Sekunde war noch die eine oder andere Aufnahme scharf.

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.