Vlogging mit Wechselobjektiv

Testbericht: Sony ZV-E10

2021-08-26 Die Sony ZV-E10 ist eine spiegellose, 24 Megapixel auflösende APS-C-Systemkamera mit Sony-E-Mount-Bajonett. Die ZV-E10 wurde, wie schon die Premium-Kompaktkamera ZV-1, für Vlogger konzipiert, geht aber durch die Möglichkeit des Objektivwechsels einen Schritt weiter als ihre kleine "Schwester". Wie es um die Bildqualität der Sony ZV-E10, die auf der Alpha 6100 basiert, bestellt ist und wie sich die Kamera in der Praxis anstellt, haben wir in diesem Testbericht zusammengefasst.  (Harm-Diercks Gronewold)

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Ergonomie und Verarbeitung

Wie wir schon bei der Ankündigung der ZV-E10 geschrieben haben, handelt es sich bei der ZV-E10 im Grunde um eine modifizierte Alpha 6100, die auf das Vlogging angepasst wurde. Auch wenn das griechische "Alpha”-Zeichen auf dem Gehäuse prangt, wird sie nicht von Sony in der Alpha-Serie eingeordnet, sondern bildet mit der ZV-1 ein eigenes Kamerasegment speziell für Vlogger.

Die ZV-E10 ist mit Abmessungen von 115 x 65 x 45 mm (B x H x T) etwas kleiner als die Alpha 6100 (120 x 67 x 60 mm). Die Kamera wiegt einsatzbereit mit dem Set-Objektiv E 16-50 mm gut 460 Gramm und etwa 340 Gramm ohne Objektiv.

Der Look der Kamera gleicht einem Ziegelstein, sieht man einmal vom Objektiv und dem kleinen Handgriff ab. Der Handgriff lässt sich trotz seiner geringen Größe gut greifen, auch mit größeren Händen. Der Abstand vom Objektiv zum Handgriff kann aber bei Objektiven mit größerem Durchmesser problematisch werden. Der Counterpart zum Handgriff ist die Daumenmulde auf der Rückseite. Diese ist zwar vorhanden, aber eher subtil und bietet nur wenig halt. Sowohl die Daumenmulde als auch der Handgriff sind gummiert, der Rest der Kamera ist mit Kunststoff verblendet.

Die Verarbeitung des Gehäuses ist sauber und es zeigen sich gleichmäßige Spaltmaße. Nichts wirkt klapprig oder billig. Auch die Klappen machen einen soliden Eindruck. Einzig für die Abdeckung des Mikrofoneingangs setzt Sony auf eine etwas weichere Kunststoffkappe. Eine Dichtung gegen Spritzwasser oder Staub besitzt die ZV-E10 hingegen nicht.

Bei den Bedienelementen hält sich die ZV-E10 ziemlich zurück, ohne aber sparsam zu wirken. Dem Fotografen beziehungsweise Vlogger stehen zwei Drehräder zur Verfügung. Eines befindet sich auf der Oberseite und das zweite umschließt das Steuerkreuz auf der Rückseite. Beide Räder sind gut erreichbar, zumindest für die rechte Hand. Neben dem bereits erwähnten Steuerkreuz sind dedizierte Funktionstasten auf der Rückseite zu finden.

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Auf der Oberseite ist die Modustaste angeordnet, denn für ein Moduswahlrad ist schlicht kein Platz auf der Kamera. Mit der Taste wird zwischen den Betriebsarten Video, Slow&Quick-Video sowie Foto umgeschaltet. Darüber hinaus sind der Ein- und Ausschalter, der üppig proportionierte Videoauslöser und eine Funktionstaste auf der Oberseite zu finden. Oben auf dem Handgriff, etwas abgesetzt, sind der Fotoauslöser und die ihn umschließende Zoomwippe zu finden. Letztere lässt sich natürlich nur einsetzen, wenn ein Objektiv mit Elektrozoom benutzt wird, wie es zum Beispiel beim Set-Objektiv E 16-50 mm der Fall ist.

In Sachen Individualisierung zeigt die ZV-E10 sehr offen. So lassen sich drei der vier Steuerkreuz Positionen mit anderen Funktionen belegen. Auch die zwei Funktionstasten und der Videoauslöser lassen sich zweckentfremden. Außerdem kann die Funktionstaste am Objektiv umprogrammiert werden, sofern eine solche Taste am Objektiv vorhanden ist. Darüber hinaus lässt sich das komplette Aufnahmemenü nach eigenem Wunsch belegen, sogar für den Foto- und Videomodus getrennt voneinander.

Die Oberseite beherbergt zudem den Multi-Interface-Blitzschuh, an den sich neben Blitzen auch Mikrofone und anderes Zubehör befestigen lässt. Ein großer Bereich der Oberseite ist aber für das üppige Mikrofon vorgesehen. Anstelle eines einfachen Mikros hat Sony der ZV-E10 ein 3-Kapsel-Mikrofon mit auf den Weg gegeben, was sich in deutlich besseren Tonaufnahmen widerspiegeln soll. Es gibt sogar einen puscheligen Windschutz im Lieferumfang.

Dominiert wird die Rückseite der ZV-E10 von dem 7,5 Zentimeter großen Touchscreen, der für diese Größe mit 921.600 Bildpunkten fein genug auflöst. Leider ist die Touchfunktion schlecht integriert. So lassen sich zwar die Autofokus-Messpunkte verschieben und das AF-Tracking aktivieren, aber eine Menünavigation ist ebenso wenig möglich wie Finger-Gesten, beispielsweise "pinch in” oder einfaches Wischen bei der Navigation im Wiedergabemodus. Ziemlich nostalgisch, finden wir.

Das Seitenverhältnis des Displays beträgt etwas ungewöhnliche 3 zu 2,25. Das erlaubt die Darstellung des nativen Sensor Seitenverhältnisses und einer festen Statusleiste bei der Aufnahme. Damit wird gewährleistet, dass der Fotograf zu jederzeit die wichtigsten Aufnahmeeinstellungen im Blick hat.

Immerhin hat Sony sich nicht lumpen lassen und dem Display ein Dreh- und Schwenkgelenk spendiert. Es lässt sich also um knapp 180 Grad aufklappen und um insgesamt 270 Grad drehen. Frosch- und Vogelperspektive sind ebenso wenig ein Problem wie Selfies. Gerade letzteres ist schließlich für das Vloggen essenziell. Auf einen elektronischen Sucher muss man bei der ZV-E10 allerdings verzichten.

Leider hat es Sony nicht für sonderlich wichtig erachtet, dem Display eine hohe Leuchtdichte (Helligkeit) mit auf den Weg zu geben. So dümpelt diese im "sonnig”-Modus bei etwa 600 cd/m² rum. Das ist zwar noch im Durchschnitt, aber im unteren Bereich. Die Leuchtdichte ist wichtig, wenn die Kamera bei hellem Umgebungslicht einsetzt werden soll. Bei zu wenig Leuchtdichte erkennt man dann nichts mehr auf dem Display.

Auf der linken Seite der Kamera sind die Anschlüsse untergebracht. Neben eine Mikro-HDMI-Schnittstelle sind zwei 3,5mm-Klinkenbuchsen für Mikrofon und Kopfhörer untergebracht. Eine USB-C-Schnittstelle (3.2 Super Speed) sorgt für verkabelte Konnektivität. Darüber wird die Kamera aufgeladen und kann sogar mit Dauerstrom versorgt werden. Dazu ist auch kein Power-Delivery-Netzteil notwendig. Zusätzlich besitzt die Kamera mit WLAN und Bluetooth drahtlose Verbindungsmöglichkeiten.

Am Boden der ZV-E10 ist das Stativgewinde in der optischen Achse untergebracht. Auch das kombinierte Akku- und Speicherkartenfach befindet sich hier. Es ist weit genug vom Stativgewinde entfernt, so dass man den Akku und die Speicherkarte auch wechseln kann, wenn eine kleine Stativwechselplatte angeschraubt ist.

Als Akku kommt ein NP-FW40 mit Lithium-Ionen-Zellen zum Einsatz, der laut Herstellerangabe bis zu 440 Aufnahmen nach CIPA-Standard ermöglichen soll. Als Speicherkarte dienen Sonys proprietäre MemorySticks (DuoPro, Micro Mark II) sowie wahlweise SD-Karten (SDHC, SDXC und UHS-I). UHS-II-Karten sind zwar einsetzbar, bringen aber keinen Geschwindigkeitsvorteil gegenüber UHS-I-Speichern. Wie schon die Alpha 6100 bricht auch die ZV-E10 keine Geschwindigkeitsrekorde und speichert Daten mit knapp 40 Megabyte pro Sekunde auf die Karte. Für den Einsatz sind also keine superschnellen Karten notwendig.

Ausstattung

Die Sony ZV-E10 ist im Set mit dem E 16-50 mm (SELP1650) für etwa 850 Euro (UVP) zu haben und zielt auf Einsteiger und ambitionierte Hobbyfotografen beziehungsweise Vlogger ab. Entsprechend besitzt die Kamera auch verschiedene Automatikprogramme, die einem das Leben erleichtern können. Doch zunächst einmal muss man zur Betriebsart kommen, die man einsetzen möchte. Hier macht sich das fehlende Moduswahlrad negativ bemerkbar, denn um beispielsweise an den manuellen Foto-Modus heranzukommen, muss zunächst mit Hilfe des Modusschalters durch die drei Betriebsarten durchgeschaltet werden.

Doch da ist noch nicht Schluss, denn dann muss man die Fn-Taste auf der Rückseite drücken und das Einstellungsmenü öffnen. Dann muss man ganz nach rechts unten navigieren, die Bestätigungsttaste in der Mitte des Steuerkreuzes drücken und nun kann man durch die verschiedenen Betriebsarten in diesem Funktionskomplex schalten. Benutzerfreundlich ist das nicht gerade, aber immerhin "merkt” sich die Kamera die zuletzt eingestellten Werte in der jeweiligen Betriebsart.

Es gibt drei Ober-Betriebsarten. Zum einen die Videofunktion, dann die "Slow and Quick” (S&Q) Video-Betriebsart und den Fotomodus. Die Video- und Fotofunktion bieten neben einer Programmautomatik auch Halbautomatiken für Blende und Zeit. Zusätzlich können im Fotomodus auch Motivprogramme manuell ausgewählt werden, wenn man der Motivautomatik nicht traut oder diese beim gewählten Motiv kein sinnvolles Programm einstellt.

Im Fotomodus gibt es neun Programme, die von Porträts bis Nachtaufnahmen, Nahaufnahmen und Landschaftsaufnahmen reichen. Zusätzlich bietet der Fotomodus noch eine Panoramafunktion mit maximal 12.416 x 1.856 Bildpunkten Auflösung. Durch einfaches Schwenken der Kamera lässt sich ein überzeugendes Panoramafoto erstellen, zumindest, wenn man Objekte vermeidet, die sich dicht vor der Kamera befinden. Diese erzeugen nämlich oft unschöne Artefakte im Bild, die typisch für Schwenkpanoramen sind.

Der S&Q-Modus ist die Video-Zeitraffer- und Video-Zeitlupen-Funktion der Kamera. Hier finden sich ebenfalls Programm- und Halbautomatiken sowie ein manueller Modus. In Abhängigkeit, welche Bildwechselfrequenz ausgewählt wird, ist die Funktion Zeitlupe (hohe Frequenz) oder Zeitraffer (niedrige Frequenz) aktiv. Die Kamera zeigt dabei an, welchen Faktor das Zeitraffer- beziehungsweise Zeitlupenvideo besitzt. Das macht es supereinfach, Zeitraffer- und Zeitlupenvideos in der Kamera zu erzeugen.

Im kreativen Bereich bietet der Foto- und Videomodus der ZV-E10 Fotoprofile (Picture Profiles). Davon gibt es zehn Stück, die sich alle nach eigenen Anforderungen anpassen lassen. Die Anpassungsoptionen sind sehr umfangreich und umfassen Änderungen für Gamma, Farbtiefe, Schwarzpunkt und vieles mehr. Die Speicher sind übergreifend. Das bedeutet, dass ein Fotoprofil den gleichen Effekt im Foto- und Videomodus hat.

Zusätzlich ist ein Kreativmodus enthalten. Dieser hat weniger mit präzisen Fotoprofilen zu tun, sondern vielmehr mit kreativen Effekten (zum Beispiel Sepia und Schwarzweiß), die individuell auf das Motiv abgestimmt werden können. Fotoprofile und der Kreativmodus lassen sich allerdings nicht kombinieren.

Sony hat der ZV-E10 keinen Bildstabilisator im Gehäuse eingebaut. So muss sich der Fotograf auf Stabilisationssysteme im Objektiv verlassen. Immerhin steht im Videomodus ein elektronischen Stabilisator zur Verfügung, auch wenn dieser bei Aktivierung den Bildausschnitt der Aufnahme (Crop) reduziert.

Die ZV-E10 besitzt ein Hybrid-Autofokus-System mit 425 Messpunkten, die über etwa 84 Prozent der Bildfläche verteilt sind. Hybrid-AF-Systeme nutzen das beste aus zwei Welten (Phasenvergleichs- und Kontrast-AF). Zum einen wird Front- und Backfokus-Problemen aus dem Weg gegangen, zum anderen ist ein solches System deutlich schneller als ein reiner Kontrast-AF. Wie ein Phasenvergleichs-AF funktioniert, haben wir in einem Fototipp zusammengefasst (siehe weiterführende Links).

Beim Test zeigte sich, dass die ZV-E10 beim Fokussieren genauso flott ist wie die Alpha 6100 und in etwa 0,29 Sekunden den Fokus einstellt. Die reine Auslösegeschwindigkeit ist mit 0,04 Sekunden ebenfalls flott und genauso schnell wie bei der "Schwesterkamera” von 2019. Mit aktiviertem Vor-AF-System kann der Autofokus noch etwas beschleunigt werden. Letztlich hängt die AF-Geschwindigkeit aber auch vom Motiv und der Beleuchtung ab.

Die Einstellungsoptionen für die Kamera sind umfangreich und erlauben die Anpassung der AF-Verfolgungsgeschwindigkeit und der Übergangsgeschwindigkeit der Fokussierung. Gerade bei Videoselfies bleibt der Fokus sehr schnell und agil, auch wenn sich der Sprecher im Bildfeld bewegen sollte. Außerdem erlaubt diese Feinabstimmung die optimale Anpassung für jede Anforderung. Für Freunde des manuellen Fokus bietet die ZV-E10 Fokuslupen in verschieden Stärken sowie eine Kantenanhebung, mit der sich visuell beurteilen lässt, ob die Entfernung korrekt eingestellt ist. Diese Funktion ist auch als Fokuspeaking bekannt.

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