Lichtstarkes APS-C-Porträtobjektiv

Sigma 56 mm F1.4 DC DN Contemporary im Test

2023-05-15 Mit einer kleinbildäquivalenten Brennweite von ca. 85 Millimetern ist das Sigma 56 mm F1.4 DC DN Contemporary das langbrennweitigste Objektiv des lichtstarken APS-C-Festbrennweiten-Trios von Sigma. Trotz der hohen Lichtstärke lockt das Objektiv mit einem günstigen Preis von rund 400 Euro Straßenpreis (Fujifilm XF, Canon EF, Sony E, MFT und L-Mount) beziehungsweise 500 Euro (Nikon Z), ohne auf eine hochwertige optische Konstruktion mit Spezialgral und asphärischen Linsen zu verzichten. Ob die Bildqualität aber auch dem mit 40 Megapixeln am höchsten auflösenden APS-C-Sensor von Fujifilm gewachsen ist, haben wir an der X-T5 getestet.  (Benjamin Kirchheim)

Verarbeitung

Angesichts des günstigen Preises darf man beim Sigma 56 mm F1.4 DC DN Contemporary kein spritzwassergeschütztes Metallgehäuse erwarten. Hauptsächlich kommt ein hochwertiger, thermisch stabiler Verbundstoff zum Einsatz, dessen Formstabilität weniger stark durch Temperaturschwankungen beeinträchtigt wird. Die Wärmeausdehnung ist ähnlich wie bei Aluminium, das ebenfalls bei einem Teil des Gehäusematerials zum Einsatz kommt.

Das Bajonett hingegen besteht aus Messing und ist mit einer Dichtlippe versehen, so dass wenigstens hier kein Spritzwasser und Staub eindringen kann. Da es sich um eine Innenfokus-Konstruktion mit nur einem Bedienring handelt, dürfte aber auch ohne Abdichtung eine gute Resistenz gegen Staub, aber auch Feuchtigkeit bestehen. Weniger resistent ist wahrscheinlich das 55mm-Filtergewinde, wenn man Metallfilter mit zu viel Kraft falsch eindreht, denn es besteht ebenfalls aus Kunststoff. Hier sollte man also Sorgfalt walten lassen.

Die Brennweite des Sigma 56 mm F1.4 DC DN Contemporary ist zwar die größte des F1,4-Objektivtrios, aber die Abmessungen sind mit einer Länge von 5,8 Zentimeter und einem Durchmesser von 6,7 Zentimeter die kleinsten. Das Gewicht ist mit 278 Gramm nur minimal höher als beim 30 mm F1.4. Der Durchmesser ist bei fünf der sechs Anschlussvarianten (Canon EF, Sony E, L-Mount, MFT, Fujifilm XF) identisch, nur die Nikon-Z-Version ist mit sieben Zentimetern etwas dicker. Die L-Mount-Version ist mit der XF-Version am kürzesten, während die Nikon-Z-Version mit 6,2 Zentimeter die längste und mit 295 Gramm auch die schwerste ist. Am leichtesten ist das Objektiv mit MFT-Anschluss, hier wiegt es nur 256 Gramm. Übrigens lässt sich der Anschluss vom Sigma-Service kostenpflichtig wechseln.

In Kombination mit der 559 Gramm schweren Fujifilm X-T5 wirkt das Sigma 56 mm F1.4 DC DN Contemporary sehr stimmig. Vor allem durch die geringe Baulänge des Objektivs ist die Kombination schön kompakt. Die Balance ist dadurch ebenfalls gut ausgeglichen, das Objektiv wirkt trotz des relativ kleinen Kameragriffs nicht frontlastig.

Die mitgelieferte, zylindrische Streulichtblende besteht komplett aus Kunststoff. Dieser ist matt und von innen geriffelt, um keine ungewollten Reflexionen zu erzeugen. Sie misst 3,1 Zentimeter in der Länge und 7,8 Zentimeter im Durchmesser, ist mit gut 28 Gramm aber angenehm leicht. Sie lässt sich zum Transport verkehrt herum am Objektiv montieren und deckt dabei den Fokusring fast komplett ab. Eine Bedienung ist zwar noch möglich, aber nicht mehr gut.

Ausstattung und Bedienung

Das Sigma 56 mm F1.4 DC DN Contemporary besitzt lediglich einen großen Einstellring, der dank der 2,4 Zentimeter breiten Gummiriffelung sehr griffig ist. Fujifilm-Fotografen werden den obligatorischen Blendenring vermissen. Stattdessen wird die Blende über das vordere Multifunktionsrad eingestellt, wobei nach F16 als kleinster Blende die Blendenautomatik kommt – man sollte also nicht zu energisch am Rad drehen.

Über einen optischen Bildstabilisator verfügt das Sigma 56 mm F1.4 DC DN Contemporary nicht. Angesichts des in immer mehr Kameras aller Hersteller integrierten Sensor-Shift-Bildstabilisators ist das aber zumindest teilweise verschmerzbar. Auch die Testkamera Fujifilm X-T5 besitzt einen solchen und verspricht bis zu sieben Blendenstufen längere Belichtungszeiten. Das wären beim 56 mm stolze 1,5 Sekunden Belichtungszeit – ein utopischer Wert. In der Praxis konnten wir bei einer viertel Sekunde noch verwackelungsfrei fotografieren, was immerhin 4 1/3 Blendenstufen entspricht. Dabei gab es jedoch noch etwas Ausschuss. Bei einer fünftel Sekunde, was vier Blendenstufen entspricht, lagen wir aber auf der sicheren Seite.

Fokus

Der breite Fokusring ist etwas leichtgängig, reagiert aber präzise. Er arbeitet elektronisch und defaultmäßig nicht-linear. In diesem Modus bestimmt die Drehgeschwindigkeit, wie weit der Fokus verstellt wird. Dreht man den Ring langsam, lässt sich der Fokus in allerfeinsten Schritten sehr präzise einstellen. Dreht man schnell am Fokusring, werden sehr weite Verstellwege zurückgelegt. Per Menü lässt sich dieses Verhalten an der Fujifilm X-T5 jedoch auf linear umschalten, dann bestimmt allein der Drehwinkel des Fokusrings, wie weit die Entfernungseinstellung verändert wird.

Der Fokus selbst wird von einem unhörbaren Schrittmotor eingestellt. Der Autofokus arbeitet sehr schnell und präzise, wobei sämtliche Kamerafunktionen des Autofokus unterstützt werden. Allerdings zeigt es erhebliches Fokusatmen, womit es sich weniger gut für Videoaufnahmen eignet. Auf manuellen Fokus umgeschaltet wird über die Kamera. Dabei bietet die X-T5, wie bei Fujifilm üblich, eine Fokus-Peaking-Funktion, aber auch eine Fokuslupe lässt sich aktivieren, die besonders bei manueller Fokussierung hilfreich ist. Je nach Kameramodell lässt sich zudem beispielsweise ein digitaler Schnittbildindikator aktivieren. Ebenfalls praktisch ist die Entfernungsanzeige in einem Balkendiagramm, sogar die Schärfentiefe wird farbig markiert.

Das Sigma 56 mm F1.4 DC DN Contemporary hat laut technischen Daten eine Naheinstellgrenze von 50 Zentimetern. In der Praxis konnten wir knapp darunter ab einer Entfernung von 48,6 Zentimetern zur Sensorebene fokussieren. Der Motivabstand von der Objektivfront beträgt dabei 41 Zentimeter. Das minimale Bildfeld haben wir mit 15,8 x 10,5 Zentimeter gemessen, was einem Abbildungsmaßstab von 1:6,7 entspricht und damit sogar etwas besser als die Herstellerangabe von 1:7,4 ausfällt.

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.