Spiegellose Tele-Festbrennweiten
Canon RF 100 mm Macro, 400 mm F2.8 und 600 mm F4 vorgestellt
2021-04-14 Mit dem RF 100 mm F2.8 L Macro IS USM, RF 400 mm F2.8 L IS USM und RF 600 mm F4 L IS USM kündigt Canon drei weitere Tele-Festbrennweiten für sein junges spiegelloses EOS-R-Vollformat-Kamerasystem vor. Während das 400 mm und 600 mm auf den bewährten EF-Konstruktionen basieren und nur wenige Verbesserungen gegenüber den adaptierten EF-Pendants mitbringen, handelt es sich beim Canon RF 100 mm F2.8 L Macro IS USM um eine neuartige Konstruktion mit besonders starker Vergrößerung sowie einer Bokeh-Steuerung. (Benjamin Kirchheim)
Das Canon RF 100mm F2.8 L Macro IS USM bietet eine 1,4-fache Vergrößerung. [Foto: Canon]
Der "SA Control"-Ring des Canon RF 100mm F2.8 L Macro IS USM ermöglicht eine Einstellung des Bokeh-Effekts. [Foto: Canon]
Während das Canon RF 400 mm F2.8 L IS USM und RF 600 mm F4 L IS USM alleine schon aufgrund ihrer Preise von weit jenseits der 10.000-Euro nur für sehr wenige Fotografen interessant sein dürften, ist das Canon RF 100 mm F2.8 L Macro IS USM ein sehr spannendes Objektiv für Makro- und sogar auch Porträtfotografen. Mit einem Preis von etwas über 1.500 Euro ist es zwar kein Schnäppchen, dürfte aber für weitaus mehr Fotografen im leistbaren Rahmen liegen.
Zunächst einmal handelt es sich um eine moderne Konstruktion mit Innenfokus und einer klassischen Makro-Brennweite von 100 Millimetern und einer Standard-Lichtstärke von F2,8. Da es sich um ein Objektiv der L-Serie handelt, ist es gegen Staub und Spritzwasser geschützt. Spannend ist die maximale Vergrößerung von 1:0,71, was einem 1,4-fachen Vergrößerungsfaktor entspricht. Üblich ist eigentlich nur ein maximaler Abbildungsmaßstab von 1:1. Der Faktor 1,4 bedeutet auf einem 36 mal 24 Millimeter großen Kleinbildsensor eine minimale Motivfläche von 25,7 mal 17,1 Millimeter. Damit ist die Vergrößerung trotz des größeren Vollformatsensors fast so gut ist wie bei einem gewöhnlichen 1:1-Makro an einem kleineren APS-C-Sensor.
Für den Fokusantrieb sorgen zwei Nano-Ultraschallmotoren (Nano-USM), was für eine schnelle Fokussierung sorgen soll. Dass das Fokusatmen dabei auf ein Minimum reduziert wurde, dürfte nicht nur Videografen freuen, sondern auch Fotografen, die Fokus-Stacking betreiben wollen, weil sich dadurch der Bildausschnitt nicht oder nur minimal ändert im Vergleich zu bisherigen Makro-Objektiven von Canon. Eine entsprechende Funktion bieten einige Kameramodelle und auch die Canon-Software DPP unterstützt Fokus-Stacking (siehe Fototipp in den weiterführenden Links).
Das Canon RF 100mm F2.8 L Macro IS USM bietet Schalter für AF/MF, den Bildstabilisator und den Fokusbegrenzer. [Foto: Canon]
Neben der hohen Maximalvergrößerung ist ein neuer Einstellring ein Highlight des Canon RF 100 mm F2.8 L Macro IS USM. Der mit "SA Control" (eine für den deutschen Markt vielleicht etwas unglückliche Abkürzung) beschriftete Ring erlaubt die Kontrolle über die sphärischen Aberration, was das Bokeh von weicher bis härter beeinflusst. Diese Funktion ist nicht nur für Makrofotografen interessant, sondern sicherlich auch für Porträtfotografen, denn die Brennweite von 100 Millimetern fällt durchaus in den Bereich der Porträtfotografie. Schon in der Vergangenheit hat mancher Porträtfotografen ein 100mm-Makro verwendet, was nun dank der Bokeh-Kontrolle noch attraktiver wird. Damit ist das Canon RF 100 mm F2.8 L Macro IS USM nach dem RF 85 mm F2 Macro IS STM (siehe weiterführende Links) übrigens bereits das zweite Objektiv im RF-System, das sich für Porträts und Makroaufnahmen eignet. Während das 100er aber ein Makro-Objektiv mit Porträtfunktion ist, handelt es sich beim 85er um ein Porträtobjektiv mit Makrofunktion, wobei der maximale Abbildungsmaßstab jedoch "nur" bei 1:2 liegt. Mit unter 700 Euro kostet das 85er aber auch weniger als die Hälfte des 100mm-Makros. Die Blende des 100er Makros besteht übrigens aus neun abgerundeten Lamellen.
Das letzte erwähnenswerte Ausstattungsmerkmal des RF 100 mm F2.8 L Macro IS USM ist sein optischer Bildstabilisator. Er soll laut Canon fünf Blendenstufen längere Belichtungszeiten aus der Hand erlauben, in Zusammenarbeit mit dem Sensor-Shift-Bildstabilisator der EOS R5 und EOS R6 sollen es sogar acht Blendenstufen sein. Ebenfalls mit an Bord ist ein Einstellring mit Rastfunktion an der Objektivfront, der sich mit verschiedenen Funktionen belegen lässt. Die Rastung ist leider nur vom Canon-Support deaktivierbar. Ab Ende Juli 2021 soll das Canon RF 100 mm F2.8 L Macro IS USM zu einem Preis von knapp 1.550 Euro erhältlich sein.
Beim Canon RF 400 mm F2.8 L IS USM und RF 600 mm F4 L IS USM handelt es sich um keine Neukonstruktionen. Die Objektive basieren optisch und auch äußerlich weitgehend auf den erst 2018 vorgestellten EF-Objektiven 400 mm F2.8 L IS III USM und 600 mm F4 L IS III USM (siehe weiterführende Links). Rein äußerlich sehen sie so aus, als hätte Canon einfach einen RF-Adapter fest hinten angeschraubt. Nicht einmal den üblichen Objektiv-Kontrollring bieten diese beiden Tele-Objektive, stattdessen lässt sich der Fokusring alternativ als Funktionsring verwenden. Immerhin ist er damit ohne Rastung.
Das Canon RF 400mm F2.8 L IS USM basiert auf der EF-Version von 2018, bietet aber einen schnelleren Autofokus dank neuartigem Dual Drive Power System. [Foto: Canon]
Optisch bieten die beiden Objektive Spezialgläser für eine hohe Bildqualität und neun Blendenlamellen für ein gleichmäßiges Bokeh. Die optischen Bildstabilisatoren sollen bis zu 5,5 Blendenstufen längere Belichtungszeiten ermöglichen. Die Kombination des optischen Bildstabilisators mit dem Sensor-Shift-Stabilisator der EOS R5 und R6 bringt leider keine weiteren Vorteile, was daran liegt, dass Sensor-Shift-Systeme bei so langen Brennweiten kaum noch effektiv arbeiten können. Die Gehäuse der Objektive sind robust gefertigt, gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet und mit einer wärmereflektierenden, hellen Lackierung versehen.
Die die Blendensteuerung erfolgt wahlweise in 1/8-EV-Schritten, was für Videografen interessant sein dürfte. Zudem sind zwei AF-Presets speicherbar, die sich auch für Pull-Fokus-Effekte einsetzen lassen sollen. Wer manuell fokussieren möchte, kann drei verschiedene AF-Geschwindigkeiten wählen.
Das Canon RF 600mm F4 L IS USM basiert ebenfalls auf der EF-Version von 2018, bietet aber auch einen schnelleren Autofokus dank neuartigem Dual Drive Power System. [Foto: Canon]
Die sicherlich größte Neuerung gegenüber den EF-Pendants dürfte beim Autofokus liegen. Hier kommt erstmals ein Dual Drive Power System zum Einsatz, wie Canon es nennt. Es soll für eine hohe Autofokusgeschwindigkeit und Präzision auch bei einer hohen Serienbildfrequenz von 30 Bildern pro Sekunde sorgen, wie sie die neue Canon EOS R3 (siehe weiterführende Links) bietet. Das Dual Drive Power System muss jedoch auch speziell von der Kamera angesteuert werden können, was auf bisherige R-Kameras nicht zutrifft. Diese steuern ganz normal den Ultraschall-Autofokusantrieb an.
Sowohl das Canon RF 400 mm F2.8 L IS USM als auch das Canon RF 600 mm F4 L IS USM sind mit den RF-Telekonvertern (1,4- und 2-fach) kompatibel und sollen auch mit diesen eine hohe Bildqualität und einen schnellen Autofokus bieten. Ab August 2021 soll das Canon RF 400 mm F2.8 L IS USM zu einem Preis von knapp 13.000 Euro erhältlich sein, das Canon RF 600 mm F4 L IS USM soll knapp 14.000 Euro kosten und ebenfalls ab August 2021 erhältlich sein.
Höher auflösendes Bildmaterial und technische Daten in der unten stehenden Tabelle ergänzen wir, sobald uns entsprechende Informationen vorliegen.