Standardzoom mit viel Weitwinkel

Sony FE 20-70 mm F4 G im Test

2023-01-17 Mit dem FE 20-70 mm F4 G bringt Sony ein Vollformat-Standardzoom mit durchgehender Blende auf den Markt, das mehr Weitwinkel als andere Standardzooms mit 70 Millimetern Endbrennweite bietet. Trotz des großen Bildwinkels von 94 Grad diagonal ist es recht kompakt und leicht, zudem soll es dank zwei XD-Linearmotoren sehr schnell fokussieren und bietet dank einer geringen Naheinstellgrenze einen großen Abbildungsmaßstab. Ob aber auch die Bildqualität des Ultraweitwinkel-Standardzooms stimmt, haben wir mit der Sony Alpha 7 III, 7R III und 7R V an 24, 42 und 60 Megapixeln getestet.  (Benjamin Kirchheim)

Als Hauptkamera zum Testen haben wir mit der Alpha 7R V zwar die neueste Alpha-Vollformatkamera der 7er-Serie von Sony verwendet, im Abschnitt Bildqualität gehen wir aber auch auf die Auflösung an den niedriger auflösenden Kameras Sony Alpha 7 III (24 Megapixel) und Alpha 7R III (42 Megapixel) ein, denn dieser Test soll auch zeigen, für welche Auflösungen sich das Objektiv mehr oder weniger eignet.

Verarbeitung

Trotz des großen Bildwinkels von 94 Grad diagonal bei 20 Millimetern Brennweite und der durchgehenden Lichtstärke von F4 sowie des Vollformat-Bildkreises wiegt das Sony FE 20-70 mm F4 G weniger als ein halbes Kilogramm, knapp 487 Gramm sind es laut unserer Feinwaage. Im Vergleich zum Quasi-Vorgängermodell Sony FE 24-70 mm F4 Vario-Tessar T* ZA OSS ist trotz des größeren Zoombereichs nur gut 60 Gramm schwerer. Auch bei der Größe sind die Unterschiede gering, mit einer Länge von 9,9 Zentimetern und einem Durchmesser von 7,9 Zentimetern ist das neue Sony nur vier Millimeter länger und sechs Millimeter dicker als das Zeiss. Ein weiterer Unterschied besteht beim Filtergewinde, das nun 72 statt 67 Millimeter misst – schließlich soll ein Filter nicht für Abschattungen in den Bildecken sorgen, was angesichts des deutlich größeren Bildwinkels von 94 statt 84 Grad bei dicken Filtern natürlich viel leichter passiert.

Zusammen mit der Testkamera Sony Alpha 7R V liegt das Gewicht bei 1.209 Gramm. Inklusive der 23 Gramm leichten Streulichtblende kommt die Waage bei 1.232 Gramm zum Stehen. Die Kombination ist im Weitwinkel nur minimal und im Tele etwas stärker frontlastig, sie lässt sich somit dank des gut ausgeformten Griffs der Alpha 7R V auch mit einer Hand gut halten. Spätestens mit der linken Hand unter dem Zoomring liegt die Kombination sehr gut ausbalanciert in den Händen.

Das geringe Gewicht des Sony FE 20-70 mm F4 G kommt aber nicht von ungefähr: Das Gehäuse besteht mit Ausnahme eines Metall-Zierrings an der Objektivfront und des Metall-Bajonetts vollständig aus Kunststoff. Die Verarbeitung ist dennoch sehr gut. Leider ist auch das Filtergewinde komplett aus Kunststoff gefertigt, so dass beim Einschrauben von Filtern mit Metallfassung Sorgfalt geboten ist. Immerhin wurden zahlreiche Dichtungen zum Schutz vor Spritzwasser und Staub verbaut, auch am Bajonett befindet sich eine entsprechende Gummilippe. Zudem ist die Frontlinse mit einer schmutzabweisenden Fluorvergütung versehen.

Zum Lieferumfang des Sony FE 20-70 mm F4 G, das mit knapp 1.600 Euro wahrlich kein Schnäppchen ist, gehören neben den obligatorischen Deckeln auch eine Tasche und eine tulpenförmige Streulichtblende. Sie besteht ebenfalls aus Kunststoff und ist innen mattschwarz gehalten. Zum platzsparenden Transport lässt sich die gut 3,5 Zentimeter lange Blende auch verkehrt herum anbringen, wobei sie jedoch den Fokusring fast vollständig verdeckt. Der Durchmesser der Blende beträgt 9,6 Zentimeter.

Ergonomie und Ausstattung

Gezoomt wird das Sony FE 20-70 mm F4 G (SEL2070G) mechanisch. Der 1,9 Zentimeter breite Zoomring besitzt auf einer Breite von 1,5 Zentimetern eine sehr griffige Gummiriffelung, während im hinteren Bereich des Rings die Brennweiten 20, 24, 28, 35, 50 und 70 Millimeter gut lesbar in weißer Schrift aufgedruckt sind. Das umfasst somit alle klassischen Festbrennweiten des Zoombereichs, wodurch praktisch keine Wünsche offen bleiben, obwohl die Kamera die Brennweite nicht im Livebild einblendet.

Der Zoomring lässt sich einigermaßen leicht drehen und mit weniger als einer viertel Drehung wird von 20 auf 70 Millimeter gezoomt, wobei der Tubus um vier Zentimeter ausfährt. An der linken Seite sowie oben auf dem Objektiv ist zwischen Zoom- und dem davor angebrachten Fokusring je eine Taste zu finden, die sich über das Kameramenü mit verschiedenen Funktionen belegen lässt. Defaultmäßig sind sie mit der Fokus-Stopp-Funktion vorbelegt. Unterhalb der seitlichen Taste befindet sich der AF-MF-Schiebeschalter.

Der Fokusring fällt mit 1,5 Zentimetern etwas schmaler als der Zoomring aus. Er ist ebenfalls mit einem griffigen, geriffelten Gummiüberzug versehen, der etwa 1,2 Zentimeter breit ist. Der Fokusring dreht sich deutlich leichter als der Zoomring. Er arbeitet rein elektronisch, verstellt wird der Fokus immer von den zwei unhörbaren XD-Linearmotoren, die äußerst schnell zupacken. Dabei tritt zwar leichtes Fokusatmen auf, das lässt sich aber elektronisch von kompatiblen Kameras kompensieren, so auch von unserer Testkamera Alpha 7R V.

Der Fokusring reagiert linear auf verschieden schnelle Drehbewegungen, erlaubt aber dennoch eine äußerst feine Fokussierung, da der Nahbereich wesentlich feiner aufgelöst ist. Dabei wird man von Hilfen wie einer Fokuslupe und Fokuspeaking sowie einer Entfernungsanzeige unterstützt, die von der Kamera zur Verfügung gestellt werden.

Mit etwa einer 3/8-Drehung am Fokusring wird der gesamte Fokusbereich von unendlich bis zur Naheinstellgrenze durchfahren. Diese ist nicht nur leicht brennweitenabhängig, sondern darüber hinaus im Weitwinkel bei manueller Fokussierung einige Zentimeter geringer als mit Autofokus. Sony verspricht bei längster Brennweite einen beeindruckenden 0,39-fachen Vergrößerungsfaktor, was einem Abbildungsmaßstab von 1:2,56 entspricht.

In der Praxis konnten wir sogar noch etwas näher fokussieren. Bei 20 Millimetern Brennweite haben wir mit Autofokus 25,2 Zentimeter ab Sensorebene beziehungsweise 13,5 Zentimeter ab Objektivfront gemessen. Damit konnten wir ein minimales Bildfeld von 30,2 mal 20,1 Zentimeter einfangen, was einem wenig beeindruckenden Abbildungsmaßstab von etwa 1:8,4 entspricht. Bei manueller Fokussierung konnten wir auf 22 Zentimeter ab Sensorebene beziehungsweise 10,3 Zentimeter ab Objektivfront fokussieren. Das minimale Bildfeld von 24,1 mal 16,1 Zentimeter entspricht einem ebenfalls nicht besonders beeindruckenden Abbildungsmaßstab von 1:6,7.

Bei 70 Millimetern Brennweite konnten wir dagegen mit Autofokus und manuellem Fokus gleichermaßen bis auf 24,1 Zentimeter an die Sensorebene heran fokussieren, der Abstand des Motivs von der Objektivfront betrug dabei gut 8,3 Zentimeter. Das minimale Bildfeld haben wir mit 8,6 mal 5,7 Zentimeter gemessen, was einem beeindruckenden Abbildungsmaßstab von sogar 1:2,4 entspricht. Dabei zeigen sich jedoch äußerst starke Unschärfen am Bildrand, vor allem in den Bildecken sind sie selbst in kleinen Bildgrößen kaum zu übersehen. Das eignet sich also nur für Motive mit Schärfe in der Nähe der Bildmitte, dann fallen die Randunschärfen nicht auf.

Im Gegensatz zum Zeiss 24-70 F4 verfügt das Sony FE 20-70 mm F4 G über einen Blendenring. Er befindet sich hinten am Objektiv und misst knapp neun Millimeter in der Breite. Vier Millimeter davon sind für die nötige Griffigkeit mit einer Plastikriffelung versehen, auf der anderen Hälfte sind die ganzen Blendenstufen von F4 bis F22 kontrastreich weiß beschriftet und mit einer 1/3-Blendenstufen-Skala versehen. Der Blendenring rastet satt und verfügt zudem über eine Automatikstellung mit weiterem Einstellweg zu F22 und deutlichem Einrasten. So leicht verlässt man also die Automatikstellung nicht versehentlich. Damit das aber auch wirklich nicht passiert, gibt es auf der linken Seite des Objektivs einen mechanischen Schiebeschalter, der mit "Iris Lock" beschriftet ist. Wenn er aktiviert ist, bewegt sich der Blendenring nur im manuellen Bereich oder aber er ist fest auf Automatik gestellt – je nachdem, auf welcher Einstellung sich der Blendenring bei Aktivierung des Schalters befindet.

Automatikstellung ist aber eigentlich nicht ganz das richtige Wort für die "A-Stellung", denn nur im manuellen oder Zeitautomatikmodus hat das überhaupt eine Auswirkung. In der Blendenautomatik, Programmautomatik oder Vollautomatik übernimmt die Kamera unabhängig von der Einstellung des Blendenrings die Kontrolle über die tatsächliche Blendeneinstellung. Stellt man den Blendenring im manuellen oder Zeitautomatik-Modus auf Automatik, kann die Blende über ein Funktionsrad an der Kamera eingestellt werden, wird also nicht automatisch eingestellt.

Videografen dürfte der rechts unten angeordnete, mit "Click" beschriftete Schiebeschalter freuen: Stellt man ihn von "On" auf "Off", läuft der Blendenring stufenlos und ohne Rastung. Auch wenn die Kamera keine feineren Abstufungen als 1/3-Blendenstufen auf dem Bildschirm beziehungsweise im Sucher anzeigt, arbeitet die Blendenöffnung völlig stufenlos und butterweich. Auch störende Geräusche erzeugt der Mechanismus nicht.

Zwar verfügt das FE 20-70 mm F4 G über keinen optischen Bildstabilisator, die Sony Alpha 7R V hingegen schon (wie auch die anderen Alpha-Vollformatkameras seit der zweiten Generation). Bei 20 Millimetern Brennweite konnten wir 0,8 Sekunden lang verwackelungsfrei belichten, was vier Blendenstufen entspricht. Bei 70 Millimetern Brennweite waren es immerhin 0,4 Sekunden, was sogar fünf Blendenstufen entspricht.

Fortsetzung auf Seite 2

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.