Winzige Kamera für spezielle Anwendungen

Testbericht: Sony DSC-RX0M2 (RX0 II) mit Handgriff VCT-SRG1

Seite 2 von 2, vom 2019-06-10 (Autor: Jan-Markus Rupprecht)Zur Seite 1 wechseln

Bildqualität bei Foto

Wir haben die Sony RX0 II wie jede andere Digitalkamera ganz normal im Labor getestet. Das war angesichts des 24mm-Objektivs (im Kleinbildäquivalent) überhaupt kein Problem. Der detaillierte Labortest mit allen Diagrammen, auf denen die folgenden Betrachtungen beruhen, kann über die weiterführenden Links gegen ein kleines Entgelt abgerufen werden. Im Labor beeindruckt das Objektiv trotz seiner Weitwinkelbrennweite mit seiner absoluten Verzeichnungsfreiheit, auch Farbsäume spielen praktisch keine Rolle, sie liegen selbst im Maximum deutlich unter einem Pixel Breite. Recht gering ist zudem die Randabdunklung mit etwas weniger als 30 Prozent. Das sieht man kaum, zumal der Helligkeitsabfall zum Bildrand sehr gleichmäßig verläuft. Die Auflösung bei 50 Prozent Kontrast ist ebenfalls sehr gut, sie beträgt glatte 58 Linienpaare pro Millimeter im Kleinbildäquivalent, für etwas mehr als 15 Megapixel ein guter Wert und eine Steigerung zum Vorgängermodell von etwa 20 Prozent. Zum Bildrand hin fällt die Auflösung auf etwa 42 Linienpaare pro Millimeter ab, was die Qualität des Objektivs unterstreicht. Wäre die Verzeichnung etwa digital korrigiert, so würde die Randauflösung viel mehr darunter leiden. Die Blende ist übrigens auf F4 fixiert und nicht verstellbar.

Der Signal-Rauschabstand ist in Ordnung und liegt von ISO 80 bis 1.600 im akzeptablen Bereich von 35 bis 40 dB. Oberhalb von ISO 1.600 hingegen hebt sich das Bildsignal nicht mehr deutlich genug vom Rauschen ab. Dabei unterdrückt die Rauschunterdrückung das Bildrauschen ziemlich gut. Bis ISO 3.200 tritt praktisch kaum Rauschen auf, darüber wird lediglich leichtes Helligkeitsrauschen sichtbar. Das störendere Farbrauschen spielt keine Rolle. Die starke Überschärfung des Vorgänger gehört bei der RX0 II der Vergangenheit an und Artefakte erzeugen keine künstlichen Details im Bild. Ab ISO 800 sinken die Artefakte auf Normalniveau ab, oberhalb von dieser Empfindlichkeit gehen langsam feinste Details verloren, weil sie zusammen mit dem Bildrauschen des Sensors entfernt werden. Etwa bei ISO 3.200 werden die Aufnahmen dann sichtbar unscharf ohne dabei unbrauchbar zu werden. Selbst die maximale ISO-Einstellung von ISO 12.800 kann bedingt eingesetzt werden.  

Die RX0 II liefert also bis in hohe ISO-Empfindlichkeiten noch viele Details. Dem steht jedoch das lichtschwache Objektiv entgegen. Eine Kamera mit F2 lichtstarkem Objektiv käme mit ISO 400 aus, wo man die RX0 bereits auf ISO 1.600 einstellen müsste. Das "frisst" den Vorteil des großen Sensors bezüglich Bildrauschen und Details fast komplett auf. Doch auch in einem anderen Bereich hat ein Sensor mit großen Pixeln Vorteile: Der Eingangsdynamik. Hier enttäuscht die RX0 II im Gegensatz zum Vorgänger etwas. Zwischen ISO 400 und 800 liefert sie über zehn Blendenstufen Dynamikumfang. Bis ISO 6.400 verliert sie rund zwei Blendenstufen, bei ISO 12.800 eine weitere auf magere sieben Blendenstufen Dynamikumfang.

Die Bildaufbereitung zeigt nicht nur beim Nachschärfen, dass die Fotos für die direkte Verwendung statt die Nachbearbeitung optimiert sind, sondern auch bei der Tonwertkurve. Diese verstärkt vor allem bei mittleren Helligkeiten die Kontraste für ein knackigeres Bildergebnis. Immerhin bewegt sich der Ausgangs-Tonwertumfang bis ISO 800 auf einem hohen Niveau von etwas mehr  als 160 Helligkeitsabstufungen von 256 möglichen. Bei ISO 3.200 wird mit weniger  als 128 Stufen nur noch ein akzeptabler Wert erreicht. Bei ISO 6.400 und erst Recht 12.800 sackt dieser Wert jedoch deutlich ab, sodass Helligkeitsverläufe nur noch sehr ungleichmäßig dargestellt werden.

Mit den Farben nimmt es die Sony RX0 II nicht so genau. So weisen viele Farbtöne, vor allem die, die einen Rotanteil besitzen, eine deutliche Übersättigung auf. Bei der reinen Farbtonabweichung sieht es zum Glück etwas besser aus. Es zeigt sich also auch hier, dass die Bilder knackig und leuchtend aussehen sollen statt neutral. Immerhin ist die RX0 II in der Lage, Farben sehr fein zu differenzieren – und das über einen großen Empfindlichkeitsbereich. Auch dies ist dem großen Sensor zu verdanken. So stellt die Sony bis ISO 1.600 über vier Millionen Farben dar. Bei ISO 6.400 kann die Kamera keine zwei Millionen Farben mehr darstellen, was nicht sonderlich überzeugen kann.

In der Summe zeigen die Fotos im Labor also eine wirklich gute Bildqualität mit hoher Auflösung fast ohne optische Fehler und sind zudem über einen großen Empfindlichkeitsbereich rauscharm, farbenfroh und detailreich. Ab ISO 1.600 setzen Einbußen ein, die bei ISO 3.200 und 6.400 stärker sichtbar werden. ISO 6.400 sollte man eher vermeiden und bei ISO 12.800 sollte man von der  Bildqualität keine Wunder erwarten.

In der Praxis außerhalb des Labors hinterlässt die RX0 II hingegen gemischte Gefühle. Bei viel Licht sind die Fotos mit dem verzeichnungsfreien Weitwinkelobjektiv und dem zu 75 Prozent ausgenutzten 1-Zoll-Sensor tadellos. Warum Sony den Bildkreis des Objektivs auf dem ohnehin größeren Sensor bei Fotos im Format 4:3 oder 16:9 nicht ausnutzt (wie etwa Panasonic bei der LX100), sondern die 3:2-Bilder einfach noch weiter beschneidet, bleibt ebenso ein Rätsel wie der effektive Cropfaktor von 3 anstelle von 2,7. Sobald das Licht aber nachlässt, insbesondere bei Innenaufnahmen, geht die Kamera aufgrund ihres lichtschwachen Objektivs gnadenlos mit der Empfindlichkeit hoch. ISO 6.400 haben wir in der unlimitierten Automatik bei normalen Innenaufnahmen und bei bedecktem Himmel tagsüber erreicht. Oberhalb von ISO 800 bricht aber die Bildqualität wie im Labor ermittelt ein, bei ISO 6.400 sogar stark. Da hilft nur eine Begrenzung der ISO-Automatik auf 800 oder 1.600 – dann aber erreicht die Belichtungszeit schnell Bereiche mit Verwacklungen oder motivseitiger Bewegungsunschärfe. Dem nur F4 lichtschwachen Weitwinkel können wir also nicht viel abgewinnen.

Bildqualität bei Video

Videoaufnahmen von der RX0 II sind von richtig guter Qualität, auch in 4K. Datenraten bis zu 100 MBit/s kann die kleine Kamera auf entsprechend schnellen Speicherkarten schreiben. Entsprechend sauber sind die Videos und haben wenig Kompressionsartefakte. Die Umstellung 25 versus 30 fps erfolgt über die Umschaltung PAL/NTSC, eigentlich ein Anachronismus. Dazu muss die Speicherkarte formatiert werden. Sowas kann nerven, besonders wenn man schon einige Fotos aufgenommen hat und dann filmen will und feststellt, dass die Kamera im falschen Modus läuft (sofern man das auf dem winzigen Bildschirm überhaupt mitbekommt).

Ein neues Feature der zweiten Version der RX0 ist die Video-Bildstabilisierung, die wir uns natürlich auch angeschaut haben. Unsere Begeisterung hält sich allerdings ein Grenzen. In 4K ist die Stabilisierungswirkung ziemlich gering. Weitaus besser ist die Wirkung beim Filmen in FullHD. Der Unterschied liegt darin, dass die Kamera beim Einschalten der Stabilisierung das Bildfeld unterschiedlich stark beschneidet. Bei 4K bleiben links und rechts "nur" jeweils 480 Pixel "Luft", die abgeschnitten werden können. oben und unten sind es jeweils 520 Pixel die zur Stabilisierung genutzt werden können. Das hört sich viel an, reicht in der Praxis aber für gut stabilisierte Freihand-Videos nicht aus. Reine Erschütterungen (auf/ab) werden noch gut stabilisiert, aber insbesondere bei Drehbewegungen der Kamera (in Objektivachse) stößt die Stabilisierung bei 4K-Auflösung schnell an ihre Grenzen. Sichtbar besser sieht das in FullHD aus, denn dort kann die Kamera einen noch kleineren Bildausschnitt wählen, hat also entsprechend mehr Raum, in dem die elektronische  Bildstabilisierung wirken kann– aber auch deutlich weniger Weitwinkel.

Immerhin kommt bei 4K am Ende noch "echtes 4K" raus und es wird nicht – wie bei aktuellen Actioncams, z. B. von GoPro oder DJI mit kleinem 4:3-Format 12-Megapixel-Sensor – für die Stabilisierung erstmal auf einen Wert von weniger als 4K heruntergecroppt und das stabilisierte Ergebnis dann auf 4K hochskaliert. Dennoch ist es – gerade auch für die Bildstabilisierung – sehr schade, dass das Objektiv in der RX0 und RX0 II nur einen Teil der Fläche des 20-Megapixel-Sensors nutzt. Würde die volle Fläche genutzt, wäre auch in 4K viel mehr Spielraum für die Bildstabilisierung vorhanden. Die kurzen Highspeed-Videos, die die RX0 II mit bis zu 1.000 Bildern/s aufzeichnen kann, sind sichtbar verrauscht, aber Welten besser als das, was z. B. Actioncams bei maximal 240 Bilder/s derzeit abliefern.

Fazit

Die Sony RX0 II ist eine Kamera für Spezialanwendungen. Auch wenn Sony sie als Fotokamera bezeichnet, scheint doch die Videofunktion ebenso wichtig, insbesondere, da die Kamera in ihrer zweiten Ausgabe nun 4K-Video intern aufzeichnen kann. Die Bild- (und Ton-) Qualität von Fotos und Videos ist richtig gut. Die Wirkung der Video-Bildstabilisierung, insbesondere bei 4K, ist gering und ersetzt keinesfalls einen Gimbal. Die Bedienbarkeit der RX0 empfinden wir als unterirdisch. Der schwenkbare Monitor ist zwar praktisch, aber er ist viel zu klein und die Menüs nicht darauf abgestimmt. Personen mit weniger guter Sehstärke werden die Kamera aufgrund der komplexen Menüs auf winzigem Monitor wahrscheinlich als unbedienbar ansehen. Die Smartphone-App lindert das nur bedingt. Zudem fehlen elementare Bedienelemente, nicht einmal ein dedizierter Videoauslöser ist vorhanden.

Kurzbewertung

  • sehr kleines, robustes Gehäuse
  • wasserdicht bis 10 Meter
  • für eine Kamera dieser Größe sehr gute Bildqualität (auch bei 4K-Video)
  • viele Schnittstellen (inkl. HDMI und Mikrofon)
  • schwenkbarer Monitor
  • sehr lichtschwaches Objektiv
  • winziger Monitor
  • Bildschirmmenüs nicht an kleine Monitorgröße angepasst
  • wichtige Bedienelemente fehlen
  • sehr geringe Akku-Kapazität

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Autor

Jan-Markus Rupprecht

Jan-Markus Rupprecht, 59, fotografiert mit Digitalkameras seit 1995, zunächst beruflich für die Technische Dokumentation. Aus Begeisterung für die damals neue Technik gründete er 1997 digitalkamera.de, das Online-Portal zur Digitalfotografie, von dem er bis heute Chefredakteur und Herausgeber ist. 2013 startete er digitalEyes.de als weiteres Online-Magazin, das den Bogen der digitalen Bildaufzeichnung noch weiter spannt.