DxO Labs
Testbericht: DxO Labs DxO Optics Pro 3.0
2005-09-28 Bis vor kurzem musste man sich noch mit dem zufrieden geben, was Kamera- und Objektiv-Hersteller auf den Markt gebracht hatten. Die in die Kamera integrierte Software "interpretierte" die vom Bildsensor gelieferten Daten vor, Objektivfehler mussten mit EBV-Software und Spezial-Plugins aufwändig korrigiert werden: Rauschen, Farbstichigkeit, Bildschärfe, Verzerrungen, Verzeichnungen, Farbsäume etc. wurden mühselig, Bild für Bild, repariert. Mit der Einführung des RAW-Formats und Softwareentwicklungen wie DxO Optics Pro 3.0 hingegen hat sich eine stille Revolution vollzogen, denn seither kann man über die Software sozusagen in die Hardware – Kamera-Body und Objektiv – eingreifen und hochwertige Ergebnisse erzielen. (Dr. Bernd Schäbler)
Zur
korrekten Funktion müssen die unbehandelten Bilddateien direkt von der
Speicherkarte in DxO Optics Pro transferiert werden, weil das Programm –
RAW-Konverter und "Bildveredler" in einem – die EXIF-Metadaten benötigt. Die
ausgewählten RAW-Dateien lädt man von der Speicherkarte bzw. Festplatte also
auf die Arbeitsfläche von Optics Pro, wo sie als skalierbare Vorschaubilder,
übersichtlich angeordnet, einzeln geöffnet und bearbeitet werden können.
Zudem werden hier weitere wichtige Entscheidungen getroffen: welche
Bilddatei in einen Stapelverarbeitungsprozess (Batch-Processing) aufgenommen wird und aus
welcher Datei benutzerspezifische Einstellungen auf andere übertragen werden
sollen. Diese Einstellungen, ebenso wie die am Ende als JPEG, TIFF oder DNG
ausgegebenen Dateien, werden gesondert gespeichert, so dass das
"Ur-Negativ", die RAW-Datei, immer erhalten bleibt. Die
Korrekturmöglichkeiten, die man entweder dem Kamera-Body oder der optischen
Konstruktion zuordnen kann und die in einer Reihe von Palettenfeldern zur
Verfügung stehen, beinhalten – je nach gewähltem Arbeitsmodus (Automatisch –
Fortgeschrittener – Experte) – unterschiedlich differenzierte Eingriffe: (1)
Korrekturen von Sensorfehlern ("Demosaicing", Bildrauschen,
Unschärfe-Korrektur, Wiederherstellung von Zeichnung in den Schatten und
Lichtern), (2) Korrekturen von Objektiv-Fehlern (Verzeichnung,
Farbquerfehler, Vignettierung, linsenspezifische Unschärfe) und (3)
grundlegende Einstellungen bei der RAW-Konvertierung (Weiß-Abgleich,
Belichtung, Farbtemperatur, Histogramm- und Kontrastregelung, Einstellung
von Farbton, Sättigung und Luminanz).
Zwei
Korrekturschritte in den Palettenfeldern "DxO Lighting" (Fehler der
Objektivkonstruktion) und "DxO Optics" (Fehler des Bildsensors) sollen
exemplarisch einmal die Möglichkeiten der Bildverbesserung in Optics Pro
verdeutlichen: Weist ein Bild etwa Verzeichnungen auf – wie z.B. die
typischen tonnen- oder kissenförmigen Verformungen im Weitwinkel- bzw.
Telebereich eines Objektivs mit variabler Brennweite –, muss man lediglich
im Palettenfeld DxO Optics die Entfernungseinstellung (sofern nicht in den
EXIF-Daten vorhanden) eingeben, die Einstellung "Verzeichnung" aktivieren,
und das Programm rechnet den Fehler heraus. Perspektivische
Verzerrungen kann DxO Optics freilich nicht korrigieren, aber Vignettierung/Randabschattung
sowie Verzeichnungen im Nahbereich können ausgeglichen werden. In jedes
Programmpaket, das aus einem Grundmodul (Kamera) und mindestens einem
Objektivmodul zusammengesetzt ist, sind Tausende von Aufnahmen mit einer
Kamera+Objektiv-Kombination eingeflossen, so dass Korrekturen mit DxO Optics
Pro in allen Aufnahmebereichen oder -situationen ausgeführt werden können.
Um den
Hauptvorteil von DxO – die automatische Batch-Verarbeitung aller
Arbeitsschritte in einem Rutsch in zumindest annehmbarer Qualität –
konsequent nutzen zu können, benötigt das Programm die
Entfernungsinformation (Entfernung des Motivs) aus den EXIF-Daten. Genau
hier gibt es nun aber zunehmend ein Problem: Gerade die beiden unter den
Bestsellern rangierenden Kameras Canon EOS 20D und Canon EOS 350D schreiben
diese Informationen nicht mehr in die EXIF-Dateien (im Gegensatz etwa zur
Canon EOS 300D oder den Nikons). Das hat zur Folge, dass man in DxO Optics
Pro 3.0 bei Benutzung dieser Kameras diese Information von Hand eingeben
muss – für jedes Bild einzeln. Schluss also mit der automatischen
Stapelverarbeitung!
Der andere, wichtige Korrektureingriff betrifft Belichtungsfehler, die
dadurch bedingt sind, dass der Kontrastumfang in einer Aufnahme zu groß ist
und die Kapazität des Bildsensors in der Kamera überschreitet: Tiefschwarze
bzw. weiße Bildteile ohne Details und Zeichnung sind die Folge. Sicherlich
vermag auch DxO Optics dort keine Bildinformationen herzustellen, wo keine
vorhanden sind, aber es ist auf jeden Fall einen Versuch wert, mit Hilfe der
beiden Palettenfelder "Farbe und Belichtung" sowie "DxO Lighting" den
Dynamikbereich zu optimieren. Zunächst aktiviert man in Ersterem
die Option "Lichter wiederherstellen" und kann dann im anderen Feld mit
diversen Reglern Kontrast und Helligkeit einstellen. Dieser Korrekturvorgang
erinnert an den Vorgang des "Abwedelns" und "Nachbelichtens" in der analogen
Fotografie.
Fazit: Mit DxO Optics Pro gewinnt das "Ur-Negativ" in der Digitalfotografie,
das RAW-Dateiformat, und die weitere Bearbeitung noch mehr an Bedeutung.
Neben den Dateien wird gleichsam auch die "Hardware" – der Kamera-Body und
die Objektivkonstruktion – in den Bereich der digitalen
Dunkelkammer-Arbeiten mit einbezogen. Jedem Fotografen, der sich eine neue
digitale Spiegelreflexkamera und/oder ein Wechselobjektiv zulegen möchte,
sei der Blick auf die Website von DxO Labs empfohlen. Dort kann er
nachschauen, ob die gewünschte Kamera im Standard/Elite-Paket vertreten ist
und ob für das Objektiv seiner Wahl ein Objektivmodul angeboten wird. Das
schont letztendlich auch den Geldbeutel, denn mit einer nicht ganz so teuren
Ausrüstung lassen sich Ergebnisse wie mit einer Höherwertigen erzielen.