Ultraweitwinkel-Erweiterung

Canon RF 10-20 mm F4 L IS STM nimmt bis zu 130 Grad diagonal auf

2023-10-11 Mit dem RF 10-20 mm F4 L IS STM präsentiert Canon sein bisher weitwinkligstes Objektiv im EOS-R-System, selbst das legendäre EF 11-24 F4 L USM wird vom Bildwinkel her übertroffen. Aber auch die Bildqualität des RF-Objektivs soll besser sein. Dabei müssen Käufer weder auf die L-Qualität, noch auf einen Bildstabilisator verzichten. Zudem feiert der STM-Fokusantrieb in der L-Serie seine Premiere.  (Benjamin Kirchheim)

Die erste Frage, die einem angesichts des enormen Bildwinkels von bis zu 130 Grad diagonal in den Kopf schießt, ist die nach der Verzeichnung, schließlich ist das bei besonders weitwinkligen Objektiven immer ein großes Problem. Tatsächlich wird die Verzeichnung des RF 10-20 mm F4 L IS STM nicht vollständig optisch korrigiert, sondern es kommt eine nicht abschaltbare digitale Korrektur zum Einsatz. Immerhin verspricht Canon, dass sich die Angabe des Bildwinkels beziehungsweise der Brennweite auf das korrigierte Bild bezieht. Wer also ein Rohdatenbild ohne Korrektur entwickelt, bekommt sogar noch mehr Bildwinkel, allerdings mit Verzeichnung.

Um den enormen Bildwinkel von 130 Grad des Canon RF 10-20 mm F4 L IS STM einmal zu verdeutlichen: Die Bildfläche ist doppelt so groß wie bei einem 16mm-Objektiv. Als Motivwelten sieht Canon vor allem Architektur, insbesondere Innenarchitektur, aber auch Landschaftsaufnahmen sowie Videos.

Die optische Konstruktion besteht aus 16 Linsen, die in zehn Gruppen angeordnet sind. Drei asphärische Linsen, eine davon doppelt asphärisch, drei UD-Linsen (eine davon gehört zu den drei asphärischen Linsen) und eine Super-UD-Linse sollen optische Fehler korrigieren und für eine hohe Auflösung bis an den Bildrand sorgen. Hinzu kommen die ASC- und auf zwei Linsenoberflächen noch die SWC-Vergütung, damit auch in Gegenlicht-Situationen die optische Qualität hoch bleibt.

Fokussiert wird lediglich mit einer dieser 16 Linsen, wodurch ein kleiner STM-Antrieb reicht, der damit seine Premiere in der L-Serie feiert. Dank eines Positionssensors soll der Fokusantrieb schneller starten können und damit eine hohe Geschwindigkeit bieten. Ebenfalls eine Premiere bei einem derart weitwinkligen Objektiv ist der optische Bildstabilisator – das bietet kein anderer Hersteller. Auch das Spiegelreflex-Objektiv EF 11-24 F4 L USM, das dem neuen Ultraweitwinkel als Vorbild diente, bot keinen Bildstabilisator.

Apropos Vorbild: War das 11-24 noch recht frontlastig und schwer, konnte das RF 10-20 mm F4 L IS STM aufgrund des großen R-Bajonetts mit seinem geringen Auflagemaß deutlich kompakter gebaut werden. Zudem ist kein so hoher Konstruktionsaufwand nötig, um für eine hohe Bildqualität zu sorgen. So soll das RF 10-20 trotz der geringen Größe sogar – vor allem am Bildrand – eine höhere Bildqualität bieten als der EF-Weitwinkelkönig. Für eine gleichmäßige Blendenöffnung wird diese aus neun Lamellen geformt.

Lediglich 570 Gramm wiegt das Canon RF 10-20 mm F4 L IS STM, zudem ist es mit einer Länge von 11,2 und einem Durchmesser von 8,4 Zentimetern recht kompakt. Zum Vergleich: Das alte EF 11-24 mm F4 L USM wiegt mit 1,18 Kilogramm mehr als doppelt so viel, ist 13,2 Zentimeter lang und 10,8 Zentimeter "dick". Aufgrund der großen gewölbten Frontlinse, die übrigens mit einer schmutzabweisenden Fluorbeschichtung versehen ist, gibt es kein Filtergewinde, stattdessen können auf der Bajonettseite Filterfolien eingeschoben werden. Zudem ist die Streulichtblende fest verbaut.

Doch zurück zum optischen Bildstabilisator, denn dieser bietet in Zusammenarbeit mit dem Sensor-Shift-Bildstabilisator, den die EOS R6, R6 Mark II, R5, R3 und R7 haben, eine Besonderheit: Ein Peripheral Control IS (kurz PCCIS) soll vor allem am Bildrand für weniger Verwackelungsunschärfen sorgen. Die Kameras benötigen ein Firmwareupdate, um diesen Modus bereitstellen zu können. Allein der optische Bildstabilisator soll bis zu fünf Blendenstufen längere Belichtungszeiten an allen EOS-R-Kameras bieten, zusammen mit dem Sensor-Shift-Bildstabilisator der genannten Kameras sind es bei langer Brennweite (20 mm) sogar sechs Blendenstufen.

Zu beachten ist aber auch, dass mit den Kameras EOS R, Ra, RP, R5 und R6 keine Fokusreihen mit dem RF 10-20 mm F4 L IS STM möglich sind. Laut Canon können diese Kameras die unterschiedlichen Bildwinkel bei Fokusverschiebungen nicht kompensieren. Mit den neueren Modellen, beispielsweise EOS R3, R6 Mark II oder R8 sollte es hingegen funktionieren.

Da das Canon RF 10-20 mm F4 L IS STM der L-Serie angehört, ist das Gehäuse gegen das Eindringen von Staub und Spritzwasser geschützt. Zudem bietet das Objektiv neben einem Zoom- und elektronischen Fokusring auch einen rastenden Funktionsring (Rastung wie üblich vom Canon-Service deaktivierbar), eine seitliche Funktionstaste sowie zwei Schalter zur Steuerung der AF/MF-Funktion und des optischen Bildstabilisators. Ab Oktober 2023 soll das Canon RF 10-20 mm F4 L IS STM zu einem Preis von knapp 3.150 Euro erhältlich sein.

Canon will übrigens weiterhin mit einer hohen Schlagzahl das RF-Objektivangebot ausbauen, es sind nach wie vor rund acht neue Objektive pro Jahr geplant. In den fünf Jahren, die das EOS-R-System inzwischen besteht, hat Canon immerhin 14 Kameras und 36 Objektive (inklusive des heutigen) auf den Markt gebracht. Womöglich wird das 10-20 mm nicht das letzte Objektiv in diesem Jahr gewesen sein, denn einschließlich des 2022 vorgestellten, aber erst seit 2023 erhältlichen RF 135 mm F1.8 L IS USM und des neuen RF 10-20 mm F4 L IS STM zählen wir 2023 erst sechs Objektive.

Hersteller Canon
Modell RF 10-20 mm F4 L IS STM
Unverbindliche Preisempfehlung 3.149,00 €
Bajonett Canon RF
Brennweitenbereich 10-20 mm
Lichtstärke (größte Blende) F4 (durchgängig)
Kleinste Blendenöffnung F22
Linsensystem 16 Linsen in 12 Gruppen
inkl. ED und asphärische Linsen
KB-Vollformat ja
Anzahl Blendenlamellen 9
Naheinstellgrenze k. A.
Bildstabilisator vorhanden ja
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz ja
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 84 x 112 mm
Objektivgewicht 570 g

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Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.