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Olympus Kameras vom PC aus via WLAN fernsteuern mit Camera Control

2014-08-11 Manchmal fallen spezielle Funktionen von Kameras dem Rotstift des Herstellers zum Opfer, etwa die Steuerung vom PC aus. Zwar bieten immer mehr Kameras WLAN und Steuerungsmöglichkeiten vom Smartphone oder Tablet aus via App, aber PC-Benutzer bleiben außen vor. So auch bei Olympus. Zwar gibt es eine Steuerungssoftware für alle Kameras des E-Systems vom Einsteigermodell bis zur Semiprofikamera, nicht jedoch für die Pen- und OM-D-Kameras des Micro-Four-Thirds-Systems. Doch für alle Olympus-Digitalkameras, die mit eingebauten WLAN ausgestattet sind, gibt es Abhilfe in Form einer Freeware. Camera Control steuert die OM-D E-M10, E-M1, Pen E-P5 und sogar die Kompaktkamera Stylus 1.  (Benjamin Kirchheim)

Der Programmierer Andreas Rebs hat die Software "Camera Control" (Downloadmöglichkeit siehe weiterführende Links) in Eigenregie anhand der Netzwerkkommunikation von OI.Share, der offiziellen App von Olympus, entwickelt. Offiziell ist die entsprechende Schnittstelle von Olympus nicht dokumentiert und somit gibt es keine Funktionsgarantie. Auch einen Support leistet der Programmierer der kostenlosen Software logischerweise nicht, Unterstützung lässt sich aber beispielsweise bei anderen Anwendern im oly-forum.com finden (siehe weiterführende Links), auch im DSLR-Forum gibt es Anwender der Software. Camera Control wurde für Windows 32 Bit Betriebssysteme entwickelt und läuft auch auf dem aktuellen Windows 8 in 64 Bit, das für diesen Fototipp verwendet wurde. MacOS wird offiziell nicht unterstützt, Anwender konnten Camera Control jedoch schon erfolgreich mit entsprechenden Emulatoren testen.

Voraussetzung für die Benutzung von Camera Control ist ein WLAN-Modul des Computers, da die Verbindung zur Kamera direkt und nicht über das Heim-WLAN hergestellt wird. Notebooks bieten üblicherweise eingebautes WLAN, stationäre PCs lassen sich beispielsweise per USB mit einem WLAN-Stick aufrüsten. Die Software Camera Control ist nur etwa drei Megabyte groß, für die Installation muss wie üblich den Nutzungsbedingungen zugestimmt werden. Erfreulicherweise wurde die Software auf Deutsch entwickelt, ist aber inzwischen Multilingual und unterstützt aktuell Englisch als zweite Sprache. Nach der Installation kann die Kamera eingeschaltet werden. Wichtig ist, das WLAN in den Einstellungen der Kamera in den Modus "Privat" zu schalten. Anschließend kann das WLAN auf der Kamera gestartet werden, dann sollte es auch in der WLAN-Liste des Computers auftauchen. Hier ist nun entsprechend die Verbindung herzustellen, SSID und Passwort werden auf dem Kamerabildschirm eingeblendet. Ob die Verbindung richtig funktioniert, lässt sich ganz einfach mit einem Webbrowser testen, indem hier "oishare" in die Adresszeile eingegeben wird. Nun sollte sich im Browser eine Ansicht mit dem Inhalt der Speicherkarte öffnen. Damit Camera Control jedoch richtig funktioniert, sollte es als Anwendung in der Firewall des Computers freigegeben werden. Da sich der Vorgang von System zu System unterscheidet und manche Sicherheitssoftware eine eigene Firewall mitbringt, kann dieser Vorgang im Rahmen dieses Fototipps nicht weiter erläutert werden.

Ist der Computer mit der Kamera per WLAN verbunden, so kann Camera Control gestartet werden und sollte sich mit der Kamera verbinden. Im Großen und Ganzen bietet die Software dieselbe Funktionalität wie die App OI.Share, nur dass Camera Control mit der Maus statt dem Finger bedient wird und anders aussieht. Links wird das Livebild der Kamera eingeblendet, darunter sind Aufnahmeparameter zu sehen, auf der rechten Seite können einige Parameter geändert werden. Was die App OI.Share nicht bietet, ist ein direktes automatisches Herunterladen der soeben per Fernsteuerung angefertigten Aufnahme. Camera Control hingegen bietet eine solche Funktion, dafür muss aber in den Einstellungen ein Standardverzeichnis festgelegt werden, wo die Bilder landen. Die Bildübertragung dauert relativ lange, man sollte sich also etwas gedulden. Den Flaschenhals bildet hierbei das WLAN-Modul der Kamera.

Für die Aufnahme einstellen lassen sich etwas das Aufnahmeprogramm und je nachdem Blende, Zeit, Belichtungskorrektur, ISO-Empfindlichkeit, Weißabgleich und Auslöseart. Kameraparameter wie Rauschminderung, Bulb-Zeitlimit, Anti-Shock-Zeit oder Digitalkonverter lassen sich zwar anzeigen, aber nicht von Camera Control ändern. Tröstlich mag dabei sein, dass auch die App OI.Share diese Parameter nicht ändern kann. Als besondere Funktion bietet Camera Control eine Intervallaufnahmefunktion, bei der sich Startzeit, Intervallzeit und die Anzahl der Aufnahmen festlegen lassen. Fokussiert wird übrigens ganz simpel per Mausklick auf ein Motivdetail im Livebildbereich. Was bei uns übrigens nicht funktionierte, war die Steuerung des elektronischen Zooms des 14-42 mm EZ an der Olympus OM-D E-M10. Zum Glück lässt sich das Zoom, im Gegensatz zu allen anderen Kamerafunktionen, auch im Fernsteuermodus direkt an der Kamera beziehungsweise am Objektiv steuern. Wer hingegen alle Parameter der Kamera direkt an der Kamera steuern möchte und nur die Fernauslösung erschütterungsfrei via WLAN erledigen möchte, findet in Camera Control auch eine reine Fernauslösefunktion, bei der wie in der App OI.Sharte ein Funkfernauslöser nachgeahmt wird.

Ebenfalls etwas mächtiger als die Original-App ist der so genannte Foto-Import. Dieser erlaubt nicht nur die Übertragung der JPEG-Aufnahmen, die sich auf der Speicherkarte befinden, sondern auch der Raw-Aufnahmen sowie der Filme. Dabei ist es nicht nur möglich, die zu übertragenden Dateien durch einzelnes Anwählen auszusuchen, sondern auch anhand des Dateityps. Während der anschließenden Bildübertragung, die je nach Datenmenge recht viel Zeit in Anspruch nehmen kann, sind die Kamera und Camera Control blockiert. Im Gegensatz zur App OI.Share bietet Camera Control jedoch die Möglichkeit, im Fernsteuermodus das aufgenommene Foto direkt im Hintergrund automatisch auf den PC zu übertragen. Bis auf die etwas langsame Übertragung sowie die begrenzten Einstellmöglichkeiten kommt Camera Control also der alten Studiosoftware recht nahe. Bleibt zu hoffen, dass Olympus die Schnittstelle noch erweitert und vor allem offiziell dokumentiert, damit Programme wie Camera Control zuverlässig darauf aufbauen können. Wie Camera Control zeigt, macht die Not die Anwenderschaft jedenfalls erfinderisch.


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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.