Spiegellose Systemkamera, Systemkamera

Testbericht: Olympus OM-D E-M5 Mark II

2015-02-05, aktualisiert 2015-06-29 Mit der OM-D E-M5 Mark II löst Olympus Ende Februar 2015 die erste und sehr erfolgreiche OM-D Namens E-M5 ab. In vielen Punkten will Olympus die ohnehin schon sehr gute spiegellose Systemkamera verbessert haben, etwa mit einem Frostschutz zusätzlich zum Spritzwasser- und Staubschutz, einem verbesserten Bildstabilisator, der der weltweit effektivste sein soll, einer neuen Mechanik für den beweglichen Touchscreen für noch mehr Freiheitsgrade, einem höher auflösenden Sucher sowie zahlreichen neuen Videofunktionen. Wir konnten bereits ein Modell, das der Serie entspricht, im Labor sowie in der Praxis testen.  (Benjamin Kirchheim)

Ergonomie und Verarbeitung Die Ähnlichkeit zur OM-D E-M5 kann die Mark II kaum verhehlen, im Detail sind jedoch einige Unterschiede auszumachen. Am auffälligsten ist dabei vielleicht der geänderte Sucherbuckel, der nun etwas höher und spitzer zuläuft, am hinteren Ende aber flacher ist – der Accessory-Port fehlt (dazu im Abschnitt "Ausstattung" mehr). Auch den Griff hat Olympus leicht überarbeitet, dieser ist minimal voluminöser, fällt aber immer noch sehr flach aus. Wie schon bei der ersten E-M5 bietet Olympus aber für die Fans voluminöserer Griffe nun sogar zwei verschiedene Zusatzgriffe für jeweils 150 Euro an, die mit interessanten Zusatzfunktionen wie einer Kopfhörerbuchse oder sogar einer Arca-Swiss-Platte aufwarten können. Da die E-M5 Mark II auf der Rückseite aber sehr guten Gegenhalt für den Daumen bietet, lässt sie sich mit normalen Objektiven, die im Micro-Four-Thirds-System genau wie die Kamera kleiner ausfallen als bei Spiegelreflexmodellen oder Systemkameras mit größeren Bildsensoren, recht passabel halten. Das Gehäuse besteht zum Teil aus einer Magnesiumlegierung und zum Teil aus Kunststoff. Es macht einen sehr robusten Eindruck, nicht zuletzt auch, weil es nicht nur gegen Spritzwasser und Staub abgedichtet, sondern auch noch bis -10 Grad Celsius kältegeschützt ist. Widrige Umweltbedingungen stellen also kein Problem für die Mark II dar.

Ebenfalls neu ist der rückwärtige Bildschirm, am auffälligsten ist dabei der nun seitliche Anschlag des Bewegungsmechanismus. Das drei Zoll (7,6 Zentimeter) große Display ist nun schwenk- und drehbar statt wie bisher klappbar. Damit ist es beim Fotografieren in Bodennähe oder über Kopf im Querformat zwar nicht mehr ganz so komfortabel, dafür erhöhen sich jedoch die Freiheitsgrade enorm, sogar Selbstporträts sind damit möglich. Beim Bildschirm handelt es sich um einen 1,04 Millionen Bildpunkte fein auflösenden Touchscreen, per Fingertipper kann der Fokus gesetzt und auf Wunsch sogar ausgelöst werden. Dank des sehr schnellen Autofokus geschieht dies nahezu verzögerungsfrei (ca. 0,12 Sekunden).

Freunde des Suchers kommen aber ebenfalls auf ihre Kosten: Olympus hat der E-M5 Mark II nämlich den formidablen Sucher der OM-D E-M1 verpasst, der mit 2,36 Millionen Bildpunkten höher auflöst als der alte Sucher und mit einem Vergrößerungsfaktor von 1,48 auch noch sichtbar größer ausfällt. Die Suchergröße entspricht einer Kleinbild-DSLR mit 0,74-facher Suchervergrößerung und 100 Prozent Bildfeldabdeckung; nur dass der Sucher der E-M5 Mark II deutlich mehr Informationen anzeigt, wie etwa alle Kameraeinstellungen, Livehistogramm, Gitterlinien, Belichtungsvorschau, zweidimensionale Wasserwaage, Weißabgleichsvorschau etc. Sowohl das Sucher- als auch das Monitorbild können zudem in Farbe, Helligkeit und Kontrast angepasst werden, ganz wie es den persönlichen Vorlieben des Fotografen entspricht.

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Doch zurück zum Kameragehäuse: Dieses ist großzügig mit genarbtem Gummi "beledert", sogar die Bajonettentriegelung zum Wechseln der Objektive ist mit dieser Applikation versehen. Die Speicherkarte wird auf der rechten Seite am Handgriff entnommen, der Lithium-Ionen-Akku unten. Das Metallstativgewinde ist praktischerweise in die optische Achse gewandert, zudem reicht der Abstand zum Akkufach zumindest bei kleinen Stativplatten, um den Akku auch bei montierter Platte wechseln zu können. Die Schnittstellen sitzen links hinter einer etwas schnöden Gummiklappe, die Feuchtigkeit fernhalten soll. Neben einer Mikrofonbuchse sind hier noch ein Micro-HDMI-Ausgang sowie die USB-Schnittstelle zu finden, die auch ein optionales Fernauslösekabel aufnimmt. Vorne hat die E-M5 Mark II sogar einen Studioblitzanschluss zu bieten.

Ergonomisch hat sich bei der Mark II ebenfalls einiges getan: Das Programmwählrad ist nun verriegelbar, der Knopf rastet jeweils in der Verriegelungs- und Freigabestellung ein, so dass er nicht beim Drehen des Rades gedrückt gehalten werden muss. Der Einschalthebel sitzt nun unterhalb des Programmwählers. Die beiden Einstellräder für Daumen und Zeigefinger sind nun ebenfalls etwas besser erreichbar und wie das Programmwählrad hochwertiger und neu designt. Etwas schlecht erreichbar ist hingegen der Fn1-Knopf, der normalerweise mit der AE-L/AF-L-Funktion belegt ist, das vorstehende Display ist etwas im Wege. Hier befindet sich außerdem der ebenfalls nicht optimal erreichbare Hebel, mit dem die Belegung der beiden Drehräder umgeschaltet wird. Statt Belichtungsparametern (Blende/Belichtungszeit/Belichtungskorrektur je nach Modus) werden dann Weißabgleich und ISO-Empfindlichkeit verstellt. Das ist sehr pfiffig, zumal die Drehradfunktionen im umfangreichen, aber auch etwas unübersichtlichen Menü an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden können.

Apropos anpassen: Die Mark II hat noch einige weitere frei belegbare Knöpfe zu bieten und speichert sogar ganze Einstellungssets schnell abrufbar ab. Wer möchte, kann sich die Einstellungen sogar auf einzelne Plätze des Programmwählrads legen und dabei die Motivprogramme oder andere Funktionen des Programmwählers, wenn sie nicht benötigt oder erwünscht sind, überschreiben. Der Individualisierung sind fast keine Grenzen gesetzt, selbst die Belichtung kann beispielsweise justiert werden. Dank der vielen Bedienelemente und des guten Schnellmenüs muss man zudem nur selten ins nach wie vor unübersichtliche Hauptmenü.

Ausstattung Zwar richtet sich die OM-D E-M5 Mark II mit ihren Kreativprogrammen und den vielen Einstellmöglichkeiten an ambitionierte Fotografen, dennoch bietet sie auch Einsteigern einfach bedienbare Programme. Im iAuto-Modus übernimmt sie alle Einstellungen inklusive Motiverkennung selbst, bietet aber auch manuell wählbare Motivprogramme. Einzig einen modernen Schwenkpanoramamodus hat die Mark II nicht zu bieten. Mit den Art-Filtern lässt sich herrlich kreativ spielen und den Fotos ein ganz eigener Look verpassen. Diese sind sogar mit manuellen Aufnahmeeinstellungen kombinierbar, auch wenn diese Möglichkeit etwas schwer zu finden ist.

Wirklich auftrumpfen kann die Kamera aber erst in den Händen eines Fotografen, der die vielen Funktionen oder zumindest die für ihn individuell wichtigen zu verwenden weiß. So lässt sich etwa bei manueller Belichtung eine ISO-Automatik aktivieren, deren Arbeitsbereich zudem justiert werden kann (nur eine Belichtungskorrektur in M fehlt dabei nach wie vor). Beim Bracketing erlaubt die Mark II bis zu sieben Aufnahmen bei Belichtungsreihen, im HDR-Modus mit einer besonders weiten Spreizung von 3 EV bei fünf Bildern oder 2 EV Abstand bei 7 Bildern, also in Summe bis zu 15 EV zwischen dem hellsten und dunkelsten Bild. Wer möchte, kann sich vier HDR-Aufnahmen aber auch automatisch von der Kamera zusammensetzen lassen. Ebenfalls sehr innovativ sind die Funktionen Live-Bulb und Live-Time. Im Gegensatz zu anderen Kameras bleibt der Bildschirm bei der Bulb-Aufnahme nicht dunkel, sondern zeigt in Intervallen aktualisiert den jeweils aktuellen Belichtungsstand an, der Fotograf kann damit die Aufnahme gezielt beenden.

Noch ausgebuffter arbeitet Live-Composite: Man legt eine Grundbelichtungszeit fest, die die Kamera ständig wiederholt und die Bilder direkt zusammen setzt. Dabei kommen immer nur die hellen Bildteile dazu, so dass beispielsweise Leuchtspuren vor einem Hintergrund entstehen, ohne diesen überzubelichten wie es bei einer Bulb-Aufnahme der Fall wäre. Mit etwas Kreativität lassen sich damit tolle Effekte erzielen. Welche Kamera kann schon mit Bordmitteln beispielsweise Sternenspuren vor einer beleuchteten Landschaft aufzeichnen, ohne diese überzubelichten?

Besondere Erwähnung verdient der Fünf-Achsen-Bildstabilisator, den Olympus nochmals verbessert hat. Der beweglich gelagerte, 16 Megapixel auflösende Sensor (im Gegensatz zum Vorgängermodell ohne auflösungsreduzierenden Tiefpassfilter) kann sich frei im Gehäuse bewegen und wird durch Elektromagnete in Position gehalten. Dabei kann der Sensor nicht nur verschoben, sondern auch etwas gedreht werden – diese fünfte Achse können objektivbasierte Systeme prinzipbedingt nicht ausgleichen. Ein Vorteil ist ohnehin, dass der Stabilisator mit jedem angesetzten Objektiv arbeitet. Der Gyro-Sensor der E-M5 löst besonders fein auf, so dass der Bildstabilisator bis zu fünf EV-Stufen nach CIPA-Standard ausgleichen kann. Dies funktioniert in der Praxis auch erstaunlich gut und erlaubt Aufnahmen aus der Hand, wo normalerweise ein Stativ erforderlich ist. Ein besonderes Schmankerl ist eine spezielle Funktion des Stabilisators: Stellt man die Kamera auf ein Stativ und nimmt ein statisches Motiv auf, so lässt sich ein Modus aktivieren, bei dem die E-M5 Mark II acht Aufnahmen in schneller Abfolge mit jeweils um einen halben Pixel versetztem Sensor aufnimmt. Diese werden zu einem 40 Megapixel auflösenden JPEG und wahlweise zusätzlich zu einem 64 Megapixel auflösenden Raw zusammen gesetzt. Das Raw kann aber aktuell aufgrund der großen Datenmengen (über 100 Megabyte pro Bild) nur mit einem Plug-In von Adobe Photoshop entwickelt werden.

Fortsetzung auf Seite 2

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Steckbrief

Hersteller Olympus
Modell OM-D E-M5 Mark II
Sensor CMOS 4/3" 17,3 x 13,0 mm (Cropfaktor 2,0)
17,2 Megapixel (physikalisch)
16,1 Megapixel (effektiv)
Pixelpitch 3,7 µm
Auflösung (max.) 4.608 x 3.456 (4:3)
Video (max.) 1.920 x 1.080 60p
Objektiv Olympus 12-40 mm 2.8 ED (EZ-M1240) (Zoom-Objektiv)
Videosucher EVF, 100 % Bildfeldabdeckung, 2.360.000 Bildpunkte Auflösung, 1,48-fache Vergrößerung (Sensor-bezogen), 0,74-fache Vergrößerung (KB-Äquiv.), Dioptrienausgleich (-4,0 bis 2,0 dpt)
Monitor 3,0" (7,6 cm)
  Auflösung 1.037.000 Bildpunkte
  kippbar
  drehbar ja
  schwenkbar ja
  Touchscreen ja
AV-Anschluss HDMI-Ausgang Micro (Typ D)
Vollautomatik ja
Motivautomatik ja
Motivprogramme 20
Programmautomatik ja
Programmshift ja
Blendenautomatik ja
Zeitautomatik ja
Manuell ja
Bulb-Langzeitbelichtung ja
HDR-Funktion ja
Panoramafunktion ja, Stich-Panorama-Assistent (zum extern zusammenfügen)
Belichtungsmessung Matrix/Mehrfeld-Messung (324 Felder), Mittenbetonte Integralmessung, Spotmessung
kürzeste Verschlusszeit 1/16.000 s
Blitz mitgelieferter Aufsteckblitz
  Synchronzeit 1/250 s
  Blitzanschluss Blitzschuh: Olympus/Panasonic (auch Leica-Kompaktkamera), Standard-Mittenkontakt
WLAN ja
NFC
GPS extern, Smartphone als GPS-Logger
Fernauslöser ja, Kabelauslöser, Fernsteuerung über Smartphone/Tablet
Intervallaufnahme ja
Speichermedium
SD (SDHC, SDXC, UHS I)
  automatisch ISO 100-25.600
  manuell ISO 100-25.600
  automatisch ja
  manuelle Messung ja
  Kelvin-Eingabe ja
  Feinkorrektur ja
Autofokus ja
  Anzahl Messfelder 81 Kontrastsensoren
  Geschwindigkeit 0,12 s bis 0,13 s
  AF-Hilfslicht LED
Abmessungen 124 x 85 x 38 mm
Gewicht (betriebsbereit) 496 g (nur Gehäuse)
840 g (mit Objektiv)
Stativgewinde in optischer Achse
  Zoomverstellung manuell am Objektiv
Akkulaufzeit 330 Aufnahmen (gem. CIPA-Standard)

Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.