2019-01-11 Erst gut 18 Monate nach Verkaufsende der X70 brachte Fujifilm mit der XF10 ein Nachfolgemodell auf den Markt, das zudem mit unter 500 Euro einen 200 Euro günstigeren und damit äußerst attraktiven Preis aufweist. Keine andere APS-C-Kamera ist inklusive hochwertigem Objektiv so günstig zu bekommen. Äußerst kompakt fällt die XF10 obendrein aus und ist zudem technisch gut, wenn auch nicht auf höchstem Niveau, ausgestattet. Auf einen (optionalen) Sucher muss man aber genauso verzichten wie auf einen Blitzschuh. Was die Fujifilm XF10 taugt und wie es um ihre Bildqualität bestellt ist, zeigt unser Test. (Benjamin Kirchheim)
Ergonomie und Verarbeitung
Mit Gold als Alternative zu Schwarz bietet Fujifilm die XF10 in einer hierzulande eher ungewöhnlichen Farbe an – und ausgerechnet diese schickte uns Fujifilm zum Test. Schade, die schwarze Version wäre in der Redaktion definitiv auf mehr Gegenliebe gestoßen, genauso wie eine klassische silber-schwarze Alternative, die Fujifilm leider nicht anbietet. Dadurch fallen die leicht unterschiedlichen Spaltmaße der Metallgehäuseschalen etwas mehr ins Auge. Zudem hat Fujifilm das gold-braune Farbschema nicht konsequent durchgezogen, denn Elemente wie die rückseitige Daumenauflage, der Joystick oder die Objektivfront rund um die recht kleine Linse sind trotzdem schwarz, sodass das Design unabhängig von der sicherlich subjektiven Kritik an der Farbwahl nicht ganz stimmig wirkt. Auch das Objektivfrontglas wirkt relativ fipsig, aber es hat ja auch nur eine geringe reale Brennweite von 18,5 Millimetern mit einer nicht allzu großen Lichtstärke von F2,8.
Ansonsten wirkt die XF10 solide verarbeitet und abgesehen von der Ricoh GR II und der zukünftigen GR III ist sie die wohl kompakteste APS-C-Kamera, die man bekommen kann. Das Objektiv eingerechnet ist sie ohnehin die günstigste, wie bereits eingangs erwähnt. Nur knapp 280 Gramm drückt sie betriebsbereit auf die Waage, das ist sogar etwas weniger als eine typische 1"-Sensor-Kamera wie eine Sony der RX100er Serie, nur in der Breite und Höhe ist die Fujifilm mit 11,3 mal 6,4 Zentimetern etwa einen beziehungsweise einen halben Zentimeter größer als beispielsweise die Sony RX100 V. Die Gehäusetiefe beträgt inklusive Objektiv nur knapp über vier Zentimeter, womit sie problemlos in viele Taschen passt, ohne diese allzu sehr auszubeulen (wir empfehlen trotzdem nicht, solche Kameras ungeschützt in eine gewöhnliche Tasche zu stecken, denn darin ist es meist recht staubig und die XF10 verfügt über keinen speziellen Spritzwasser- und Staubschutz, sie muss im Gegensatz zu einer Wechselobjektivkamera zur Reinigung des Bildsensors sogar auseinandergebaut werden).
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Zwar steht der Objektivtubus gut einen Zentimeter aus dem Gehäuse hervor, doch im Grunde genommen kann man die XF10 zu den "ziegelsteinartigen" Kameras zählen. Der Handgriff ist sogar nur einen halben Zentimeter flach und mit einem rutschhemmenden, genarbten Lederimitat versehen. Zwar ist sie damit kein ausgesprochener Handschmeichler, doch man kann sie, nicht zuletzt aufgrund der ebenfalls rutschhemmenden Daumenauflage auf der Rückseite, problemlos sicher festhalten und sogar einhändig damit fotografieren. Der Auslöser, die beiden Multifunktionsräder auf der Kameraoberseite sowie die Einschalttaste lassen sich einhändig bedienen, für die anderen Tasten braucht es aber definitiv die zweite Hand zur Unterstützung, um die Kamera festzuhalten.
Der rückwärtige Touchscreen ist leider nicht beweglich, aber mit einer Diagonale von 7,6 Zentimetern ausreichend groß, löst übliche 1,04 Millionen Bildpunkte auf, besitzt mit 3:2 dasselbe Seitenverhältnis wie der APS-C-Bildsensor und bietet mit 575 cd/m² eine ausreichende Helligkeit auch in helleren Umgebungen. Einen elektronischen Sucher bietet die XF10 hingegen genauso wenig wie einen Blitzschuh oder eine Möglichkeit, einen optionalen Sucher anzubringen. Man ist also wirklich auf den Touchscreen angewiesen. Das gilt nicht für die Bedienung. Da ist der Touchscreen zwar nützlich, zumal die XF10 etwas spärlich mit Tasten ausgestattet ist, aber im Prinzip lässt sich auch alles ohne Touchfunktion einstellen. Bequemer ist es trotzdem, mit einem Fingertipper fokussieren oder den einen oder anderen Parameter einstellen zu können. Die Wischgesten hingegen, die Funktionseinstellungen aufrufen, arbeiten zuweilen etwas störrisch. Des Öfteren wird ein Wischen nicht erkannt oder als Tippen fehlinterpretiert.
Die Menüs lassen sich überhaupt nicht per Touchscreen bedienen, auch das umfangreiche Quick-Menü nicht, hier ist Fujifilm wieder ganz konservativ. Das Hauptmenü teilt sich auf acht Seiten in zwei Kategorien mit maximal sieben Menüpunkten pro Seite. Damit ist es recht übersichtlich und lässt dennoch keine wichtigen Funktionen vermissen (dazu im nächsten Abschnitt mehr). Auf dem Bildschirm können nicht nur Gitterlinien eingeblendet werden, sondern auch eine 2D-Wasserwaage (das Verkippen nach unten oder oben wird damit leider nicht angezeigt) und ein Livehistogramm. Eine Belichtungsvorschau gibt es ebenso und die Schärfentiefe wird angezeigt, sobald man den Auslöser halb drückt und die Kamera fokussiert hat.
Die Tasten an der XF10 bieten gute Druckpunkte und lassen sich teilweise individuell programmieren. Das gilt auch für den Funktionsring am Objektiv, das leider ein Filtergewinde vermissen lässt. Zudem hat Fujifilm sich entschieden, einen Joystick statt eines Vierwegewählers auf der Rückseite zu platzieren. Dadurch wirkt diese sehr aufgeräumt und man kann den Fokuspunkt auch ohne Touchscreen wunderbar verstellen. Zudem sorgen die zwei Einstellräder dafür, dass man Parameter wie die Belichtung oder die Fokuszonengröße und vieles mehr sehr direkt und intuitiv einstellen kann.
Für eine minimalistisch gestaltete Kamera bietet die Fujifilm XF10 überraschend viele Schnittstellen. Naja, zumindest eine und damit 50 Prozent mehr, als man erwarten würde. Hinter einer kleinen Klappe auf der Handgriffseite verbergen sich drei Anschlüsse mit fünf Funktionen. Neben Micro-USB und Micro-HDMI gibt es auch einen 2,5mm-Klinkenanschluss, der wahlweise ein Fernauslösekabel oder ein Stereomikrofonkabel aufnimmt. Die USB-Buchse dient neben der Datenübertragung zum Aufladen des wechselbaren Lithium-Ionen-Akkus. Dieser bietet nach CIPA-Standard für 330 Bilder Energie, was für eine so kleine Kamera durchaus befriedigend ist.
Ein USB-Netzteil samt Kabel wird mitgeliefert, das Aufladen funktioniert aber genauso mit jedem beliebigen Smartphone-Ladegerät oder einer Powerbank, die XF10 ist hier überhaupt nicht wählerisch. Nur ausgeschaltet muss sie sein, sonst lädt der Akku leider nicht. Das wäre für die Intervallfunktion ja auch zu schön gewesen. Immerhin lässt sich der Akku prinzipiell durch einen Dummy mit Netzkabelanschluss ersetzen, eine entsprechende Kabeldurchführung ist vorgesehen.
Entnommen wird der Akku an der Kameraunterseite, er teilt sich das Fach mit der SD-Wechselspeicherkarte. Die XF10 ist auch zu SDHC, SDXC und UHS I kompatibel, nutzt die mögliche Geschwindigkeit von über 100 MB/s aber nur zu gut einem Drittel aus, lediglich 33,4 MB/s konnten wir ermitteln. Unschön platziert wurde zudem das Metallstativgewinde. Es sitzt nicht nur außerhalb der optischen Achse, sondern auch direkt neben dem Akku- und Speicherkartenfachdeckel, selbst kleinste Stativschnellwechselplatten blockieren so den Zugang.
Ausstattung
Auch wenn die XF10 unscheinbar wirkt und einen Blitz- sowie Sucheranschluss vermissen lässt, bietet sie doch einen großen Funktionsumfang sowohl für Einsteiger als auch ambitionierte Fotografen, die lieber selbst alles einstellen möchten. Im SR+ getauften Modus nimmt die Fujifilm alle Einstellungen automatisch vor. Sie erkennt Motive und stellt die Belichtung wie auch die Bildaufbereitung auf das Motiv ein. Der Adv.-Modus bietet dem kreativen Automatikfotografen zahlreiche Filtereffekte, gleichwohl fehlen selbstverständlich die Fujifilm-typischen Filmsimulationsmodi nicht, die auch mit manuellen Belichtungseinstellungen kombiniert werden können. Per Knopfdruck legt man quasi verschiedene "Filme" ein, seien es Klassiker wie der farbenfrohe Velvia oder digitale Neuerfindungen wie der Classic Chrome. Schwarzweiß, Retro- und Sepiafilter beziehungsweise Filmsimulationsmodi fehlen ebenfalls nicht.
Wer sich nicht auf die Motivautomatik verlassen möchte, kann selbst ein Motivprogramm wählen. Die wichtigsten (Porträt, Landschaft, Sport und Nachtaufnahme) befinden sich direkt auf dem Programmwählrad, weitere Motivprogramme wie etwa Sonnenuntergang oder Strand und Schnee befinden sich hinter der SP-Einstellung. Die nach wie vor angesagten Schwenkpanoramaaufnahmen beherrscht die XF10 ebenfalls, wenn auch dafür nicht die volle Sensorauflösung zum Einsatz kommt. Für hohe Ansprüche bleiben damit ein Stativ und Panoramakopf Pflicht.
Drei Schnittstellen mit fünf Funktionen bietet die Fujifilm XF10: 2,5 mm Klinkenbuchse für Fernauslösekabel oder Stereomikrofon, Micro-HDMI für den Fernseheranschluss und Micro-USB zur Datenübertragung und zum Laden des Akkus. [Foto: Fujifilm]
Auch die Schnittstellenklappe der Fujifilm XF10 ist "beledert". [Foto: MediaNord]
Ambitionierte Fotografen können sich in den klassischen Belichtungsprogrammen P, A, S und M austoben und die Parameter damit auf Wunsch halbautomatisch oder manuell einstellen. Dank der drei Bedienräder (am Objektiv und zweimal auf der Kameraoberseite) geht dies auch sehr direkt vonstatten. Die ISO-Automatik arbeitet wahlweise auch während der manuellen Belichtung, allerdings dann ohne Belichtungskorrekturmöglichkeit. Zudem kann man gleich drei Automatiken mit verschiedenen Einstellbereichen und minimalen Verschlusszeiten programmieren.
Apropos Verschlusszeiten: Die Fujifilm XF10 arbeitet mit einem leisen, mechanischen Zentralverschluss im Objektiv, der bis zu 1/4.000 Sekunde kurze Belichtungszeiten erlaubt, auch mit Blitz. Bei der Kombination auf Blende und Verschlusszeit gibt es ausnahmsweise keine Einschränkungen, was bei einer größten Lichtstärke von F2,8 aber auch wenig verwundert. Bis zu 30 Sekunden lange Belichtungszeiten können ausgewählt werden, Bulb-Langzeitbelichtungen sind bis zu 60 Minuten möglich. Auch wenn der Verschluss nur ein leises Klackern produziert, kann er mit Aktivierung des elektronischen Verschlusses ganz abgeschaltet werden. Das erlaubt zudem bis zu 1/16.000 Sekunde kurze Belichtungszeiten, allerdings können Rolling-Shutter-Effekte bei schnellen Motiven auftreten und eine Blitznutzung ist nicht möglich.
Zwar bietet die XF10 keinen Blitzanschluss, aber immerhin einen integrierten kleinen Bordblitz. Fujifilm gibt eine Leitzahl von 5,26 an, unsere Messung hat sogar 7,3 ergeben. Von den Funktionen bleiben keine Wünsche offen. Neben einer Automatik gibt es einen Aufhellblitz, eine Langzeitsynchronisation und es kann auf Wunsch am Ende der Belichtung statt am Anfang geblitzt werden. Des Weiteren steht eine Blitzbelichtungskorrektur zur Verfügung, aber leider keine manuelle Blitzleistungswahl. Zudem gibt es eine Commander-Funktion zur Zündung externer Blitzgeräte.