Pixel Enhancer

Radiant Photo im Test

Seite 2 von 2, vom 2023-07-04 (Autor: Harm-Diercks Gronewold)Zur Seite 1 wechseln

Gefallen haben uns die Einstellungen zur Korrektur von Farbstichen. So erkennt Radiant Photo beispielsweise den Farbstich automatisch und kann diesen reduzieren; alles bequem per Schieberegler, aber auch nur, wenn Radiant Photo einen Farbstich erkannt hat. Erkennt die Software keinen Farbstich, so muss man diesen entweder mit den globalen Detailoptionen manuell zu Leibe rücken oder man setzt dazu die Farbfiltersimulation ein.

Neben den ganzen Belichtungs- und Farbanpassungsoptionen ist der letzte Bereich im erweiterten Modus den Details wie Scharfzeichnung und Entrauschung gewidmet. Während die Scharfzeichnung eine simple Unscharf-Maskieren-Funktion ist, die bei übermäßiger Stärke durchaus Artefakte ins Bild zaubert, wurde beim Entrauschen auf künstliche Intelligenz gesetzt – zumindest laut Aussage der Entwickler. Leider ist beim Einsatz des Entrauschers von der Intelligenz nicht viel zu merken. Vielmehr verhält er sich wie ein herkömmlicher Entrauscher. Das bedeutet, dass durchaus feine Details fälschlicherweise als Bildrauschen erkannt und eliminiert werden. Immerhin gibt es unterschiedliche Voreinstellungen, so dass man nicht komplett ratlos an den Reglern rumfummeln muss, um zu einem differenzierten Ergebnis zu kommen. Eine Konkurrenz für die leistungsfähige DeepPRIME-Entrauschungsfunktion von DxO ist der Radiant Photo Entrauscher also nicht.

Für die Bearbeitung von Porträts bietet Radiant Photo so viele Funktionen, dass diese in einem eigenen Unterbereich im erweiterten Modus untergebracht wurden. Neben Einstellungen zur Gesichts- und Lippenform lassen sich hier Augenringe vermindern, Augen vergrößern und rote Augen automatisch entfernen, Makeup auftragen sowie Zähne aufhellen. Bei der Zahnaufhellung kam es bei einigen Porträts vor, dass Radiant Photo die Zähne scheinbar nicht erkannt hat und sich schlicht weigerte, diese aufzuhellen, obwohl die automatische Gesichtserkennung einwandfrei das Gesicht identifizieren konnte. Eine manuelle Markierungsfunktion gibt es für die Zähne leider nicht.

Die Gesichtserkennung funktionierte in unserem Test gut, sie kann aber immer nur eine Person automatisch im Bild markieren. Soll also mehr als ein Gesicht im Bild markiert werden, muss man selbst Hand anlegen und mit einer simplen Markierungsfunktion die Augen der Person(en) per Mausklick lokalisieren. Markiert man allerdings zwei oder mehr Personen, dann erfahren diese ebenfalls alle Änderungen, die an den Schiebereglern durchgeführt werden. Eine Differenzierung der Personen ist nicht möglich.

Im letzten der drei Arbeitsbereiche dreht sich alles um das Color Grading, also die farbliche Veredelung der Fotos. Auch in diesem Bereich sind die Smart Presets und Voreinstellungen aktiv. Im Herzen des Color Gradings stehen die "Looks". Diese werden bei einigen Voreinstellungen und Smart Presets bereits aktiviert. Bei Looks handelt es sich um "Look up Tables", kurz LUT. Looks sind also Matrizen, die die Farb- und Helligkeitswerte des Fotos anhand einer umfangreichen Tabelle übersetzen. Wie das genau funktioniert, haben wir in einem Fototipp genauer erläutert (siehe weiterführende Links).

Bei einem Blick in die Tiefen der Ordnerstruktur von Radiant Photo finden sich in der Tat herkömmliche LUTs im .cube Dateiformat. Diese 3D LUTs haben 16 Nodes und gehören damit zu den weniger präzisen Vertretern ihrer Zunft. Der Versuch, eine eigene LUT mit 33 oder 16 Nodes in diese Ordnerstruktur zu integrieren, schlug leider fehl. Offensichtlich möchte Radiant Photo nur mit Looks aus dem eigenen Shop gefüttert werden. Immerhin 108 Looks in acht verschiedenen Kategorien sind bereits standardmäßig in Radiant Photo integriert. Darunter sind beispielsweise Looks für bestimmte fotografische Epochen, für die monochrome Fotografie, für Retro Fotografie und vieles mehr.

Im Color Grading Arbeitsbereich findet sich auch ein sehr komfortables Werkzeug für Verlaufsfilter, die radial und linear eingesetzt werden können. Neben der Form und Größe lassen sich auch Drehung und die Übergangshärte einstellen. Dabei zeigt ein farbiges Overlay das aktuelle Aussehen des Verlaufes an. Die Detaileinstellungen erlauben dann, den Innen- und Außenbereich in verschiedenen Parametern wie Helligkeit, Kontrast, Farbe und mehr anzupassen.

Gleich unter den Einstellungen für den Verlaufsfilter sind die Finalisierungstools zu finden, mit denen man die letzten globalen Änderungen am Bild vornehmen kann. Wenn man mit dem Ergebnis der gesamten individuellen Änderungen zufrieden ist, dann kann man diese auch als eigene Voreinstellung speichern. Zudem lassen sich dafür sogar eigene Kategorien anlegen und eine umfangreiche Beschreibung der Voreinstellung integrieren.

Jeder Arbeitsbereich bietet die Möglichkeit, die Stärke der Einstellungen global anzupassen. Ist beispielsweise der Look zu hart, reduziert man einfach die Intensität. Dadurch behält man den Effekt bei, jedoch in schwächerer Form. Damit können schnelle Änderungen global durchgeführt werden, ohne dass man sich erneut durch alle genutzten Schieberegler fummeln muss.

Zum Export des Fotos reicht ein Klick auf die entsprechende Schaltfläche im oberen Bereich der Arbeitsfläche und schon öffnet sich der Export-Dialog, der den Benutzer durch die verschiedenen Optionen führt. Natürlich lassen sich auch alle geöffneten Aufnahmen auf einmal exportieren. Das Schöne dabei ist, dass Radiant Photo die bearbeiteten Bilder wahlweise entweder in einem neuen Ordner speichert oder im Ordner des Originals, so dass man nach dem Export nicht viel sortieren muss.

Leider fehlt bei den Finalisierungs-Werkzeugen die Beschnitt-Funktion, diese ist nämlich im erweiterten Modus platziert worden, also weiter vorn im Arbeitsablauf. Wenn man das Foto nach den letzten Einstellungen in Form bringen will, muss man erneut die Betriebsart wechseln. Das ist nicht gerade intuitiv, aber auch kein großes Desaster. Beim Beschneiden ist anzumerken, dass Radiant Photo auch bedauerlicherweise keine Möglichkeit bietet, Bilder geradezurücken beziehungsweise den Horizont zu begradigen. Laut eines Eintrags im Radiant Support-Forum liegt das daran, dass die Software quadratische Pixel benötigt, damit die künstliche Intelligenz das Foto analysieren kann. Unserer Meinung nach gehört sowas zu einer Bildoptimierung aber unbedingt dazu und wir finden, dass der Hersteller das in künftigen Versionen unbedingt irgendwie hinbekommen sollte.

Wer den Test bislang aufmerksam verfolgt hat, dem wird aufgefallen sein, dass wir bislang kein einziges Wort über Retusche-Funktionen verloren haben. Solche bietet Radiant Photo auch nicht an. Wenn man also etwas im Bild retuschieren (z. B. Stromleitungen entfernen) will oder eben, wie erwähnt, den Horizont begradigen möchte, dann muss man das entweder vorher gemacht haben oder nach der Bearbeitung mit Radiant Photo erledigen – in jedem Fall aber mit einem anderen Programm. Hier kommt dann das Photoshop-Lightroom-Plugin ins Spiel, mit dem sich der "Pixel Enhancer" nahtlos in den Bildbearbeitungsworkflow integrieren lässt.

Bugs

Bei längerem Einsatz von Radiant Photo sind wir auf einige kleinere Bugs gestoßen. Diese Fehler beschränkten sich glücklicherweise nur auf die Darstellung des Cursors und einiger Steuerelemente. Den gravierendsten Fehler, den wir erlebten, war, dass das Formungswerkzeug für das Gesicht den Dienst versagte, nachdem die manuelle Gesichtserkennung genutzt wurde. Das ist ärgerlich, aber nicht dramatisch.

Fazit

Radiant Photo will keine Bildbearbeitung sein, dafür aber das einzige Werkzeug, das der anspruchsvolle Bildbearbeiter benötigt. Auf der kreativen Ebene schafft Radiant Photo das auch problemlos. Wir finden zwar, dass die Finalisierungswerkzeuge einen eigenen Reiter verdient hätten und dass man ein Foto im Zuge der Optimierung auch noch begradigen können sollte, aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Radiant Photo ist die richtige Wahl für Bildbearbeiter, denen einfaches Filtern von Fotos zu wenig und aufwändige Bildbearbeitung zu viel Aufwand darstellt. Mit Radiant Photo holt man sehr schnell sehr viel aus seinen Fotos heraus.

Kurzbewertung

  • Sehr einfache Handhabung
  • Schnelle Ergebniss
  • Großes Kreativpotential
  • Erstellen eigener Vorlagen sehr einfach
  • Entrauscher nicht außergewöhnlich
  • Kein Begradigungswerkzeug
  • Kein manueller LUT Import

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Autor

Harm-Diercks Gronewold

Harm-Diercks Gronewold, 53, ist gelernter Fotokaufmann und hat etliche Jahre im Fotofachhandel gearbeitet, bevor er 2005 in die digitalkamera.de-Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Produktdatenbanken, Bildbearbeitung, Fototipps sowie die Berichterstattung über Software und Zubehör. Er ist es auch, der meistens vor der Kamera in unseren Videos zu sehen ist und die Produkte vorführt.