Erster Vollformatsensor mit Global Shutter

Sony Alpha 9 III definiert die Profiliga neu

2023-11-07 Mit der Alpha 9 III präsentiert Sony die weltweit erste Vollformat-Systemkamera mit Global Shutter und definiert damit die Profiliga völlig neu. Ohne Rolling-Shutter-Effekt kann die Kamera 120 Bilder pro Sekunde bei voller 24-Megapixel-Auflösung samt AF- und AE-Tracking aufnehmen. Der Autofokus mit Motiverkennung auf Basis künstlicher Intelligenz soll der beste bisher sein. Auch Videoaufnahmen mit bis zu 4K120 profitieren vom Global Shutter. Selbst die Ergonomie hat Sony überarbeitet und die Funktionalität an das neue Geschwindigkeitsniveau angepasst.  (Benjamin Kirchheim)

Zwar gab es grundsätzlich bereits Bildsensoren mit Global Shutter, aber diese waren mit großen Kompromissen versehen und galten daher als nicht praxistauglich für (hochauflösende) Fotoanwendungen. Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Rolling-Shutter, bei dem der Bildsensor Zeile für Zeile ausgelesen wird, werden die Pixel beim Global Shutter auf einen Schlag ausgelesen. Das erfordert eine hohe Rechenleistung, denn die Daten fallen nicht nacheinander an, sondern gleichzeitig in großer Menge. Ein Global Shutter sorgte bislang unter anderem für einen geringeren Dynamikumfang. Aber auch eine hohe Ausleserate für Autofokus-Berechnungen war mit Global Shutter bisher nicht realisierbar.

Doch diese Probleme sind mit dem neuen, 24,6 Megapixel auflösenden Vollformatsensor der Sony Alpha 9 III Geschichte, denn dieser arbeitet mit 120 Bildern pro Sekunde. Das bedeutet, dass innerhalb einer Sekunde Datenmengen von bis zu sechs Gigabyte anfallen, wenn man ein Rohdatenbild mit 14 Bit Farbtiefe zugrunde legt. Tatsächlich ist die Alpha 9 III in der Lage, 192 solcher Bilder am Stück aufzunehmen bei gleichzeitiger Autofokus- und Belichtungsnachführung. Kompromisse bei der Bildqualität oder dem Dynamikumfang soll es dabei nicht geben.

So ein Global Shutter bietet zahlreiche Vorteile. Banding-Effekte etwa bei flackernden Lichtquellen sind damit Geschichte. Somit muss die Kamera "nur" noch auf die Helligkeit der Lichtquelle achten, um Fotos im hellsten Moment aufzunehmen. Eine entsprechende Funktion ist in der Alpha 9 III selbstverständlich vorhanden. Sogar bei kleinen Bildbereichen mit entsprechenden Lichtquellen arbeitet diese Funktion, damit Displays oder LED-Anzeigetafeln im Hintergrund korrekt aufgenommen werden.

Die kürzeste Belichtungszeit des neuen Sensors beträgt 1/80.000 Sekunde. Nur bei Blenden größer (also lichtstärker) als F1,8 ist die kürzeste Belichtungszeit auf 1/16.000 Sekunde begrenzt, bei Serienbildern aktuell ebenfalls, doch da soll ein späteres Firmwareupdate Abhilfe schaffen und ebenfalls 1/80.000 Sekunde ermöglichen. Selbst beim Blitzen sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt, denn dank des Global Shutters kann bis 1/80.000 Sekunde mit Blitz belichtet werden. Sony weist jedoch darauf hin, dass es bei Verschlusszeiten von kürzer als 1/10.000 Sekunde zu Problemen kommen kann; das dürfte wohl letztlich mit der Güte beziehungsweise Leuchtdauer der Blitzlichtquelle zusammenhängen. Dabei wird keine HSS-Blitztechnik mit damit einhergehendem Lichtverlust benötigt, wie sie bisher beim Highspeed-Blitzen nötig war.

Der Sensor arbeitet mit Stacked-Technologie, also integrierten Analog-Digital-Wandlern und einem Zwischenspeicher für jeden einzelnen Pixel – anders wäre ein Global Shutter auch kaum vorstellbar. Selbst bei 120 Bildern pro Sekunde arbeitet der Sensor ohne Blackouts beim Livebild, auch der Autofokus und die Belichtung werden ständig mit 120 Bildern pro Sekunde neu berechnet. 759 Phasen-Autofokus-Sensoren sind auf 95,6 Prozent der Sensorfläche integriert.

Ein eigener Prozessor, die AI Processing Unit, kümmert sich neben dem Dual Bionz XR Bildprozessor, der achtmal so viel Rechenleistung besitzt wie der Prozessor des Vorgängermodells Alpha 9 II, nur um die Autofokus-Berechnung. Erkannt werden Menschen, Tiere und Vögel jeweils inklusive Augen, dazu Insekten, Autos und Züge sowie Flugzeuge. Bei Menschen wird die gesamte Körperhaltung erkannt und die Gesichts- und Augenerkennung arbeitet selbst bei Masken im Gesicht oder durch Sonnenbrillen verdeckten Augen.

Zudem gibt es eine kombinierte Tier- und Vogelerkennung, bei der man auf Wunsch eines von beiden priorisieren kann. Sämtliche Erkennungsfunktionen arbeiten in Echtzeit, egal ob mit oder ohne Serienbilder oder im Videomodus. Der Low-Light-AF arbeitet bis -5 LW bezogen auf ein F1,8 lichtstarkes Objektiv. Ebenfalls erwähnenswert sind die zwei neuen Fokuspunktgrößen XS und XL, so dass nun fünf Fokuspunktgrößen zur Auswahl stehen von winzig klein bis recht groß.

Die Serienbildfunktion arbeitet wahlweise auch langsamer, etwa mit 60, 30, 20, 15, 10 oder 5 Bildern pro Sekunde. Dank einer neuen C5-Funktionstaste an der Kameravorderseite, die man mit dem Ring- oder Mittelfinger erreicht, kann man aber auch kurzzeitig auf eine höhere Serienbildgeschwindigkeit hochschalten, wenn es das Motiv erfordert. Alternativ lässt sich die Taste aber auch anders belegen. Zudem gibt es eine neue Pre-Capture-Funktion, die einstellbar 0,005 bis 1 Sekunde vor dem Durchdrücken des Auslösers Fotos aufnimmt. Das soll dafür sorgen, dass man den richtigen Aufnahmezeitpunkt nicht mehr verpasst. Wie bereits erwähnt passen 192 Bilder bei 120 fps in den Puffer, das entspricht etwa 1,6 Sekunden. Bei langsameren Geschwindigkeiten und mit JPEG lassen sich auch deutlich mehr Bilder am Stück aufnehmen, beispielsweise 390 bei 30 Bildern pro Sekunde mit JPEG fine.

Ebenfalls zur Ergonomieverbesserung gehört ein neu designter Griff, aber auch der Auslöser und andere Bedienelemente wurden angepasst. Das Gehäuse besteht aus einer Magnesiumlegierung und ist gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet. Ebenfalls neu designt wurde der optionale Hochformatgriff VG-C5. Er bietet dieselbe Ergonomie wie der Querformatgriff der Kamera inklusive der neuen C5-Taste.

Sucher und Bildschirm sind ebenfalls auf höchstem Niveau. Der 0,9-fach vergrößernde OLED-Sucher löst hohe 9,44 Millionen Bildpunkte auf und soll bis 120 Bilder pro Sekunde höchste Bildqualität bieten. Auch 240 Bilder pro Sekunde sind möglich, dann aber mit Bildqualitätseinbußen. Sein diagonales Bildfeld ist 41 Grad groß, die Austrittspupille beträgt üppige 25 Millimeter.

Der rückwärtige LCD-Touchscreen misst 8,1 Zentimeter (3,2 Zoll) in der Diagonale und löst 2,1 Millionen Bildpunkte auf. Er deckt den DCI-P3-Farbraum ab und ist wie bei der Alpha 7R V auf vier Achsen beweglich. So kann der Bildschirm nicht nur hinter der Kamera nach oben und unten geklappt werden, sondern lässt sich auch seitlich schwenken und um 270 Grad drehen.

Der Bildsensor der Sony Alpha 9 III ist beweglich gelagert und soll Verwackelungen auf fünf Achsen ausgleichen können. Bis zu acht Blendenstufen längere Belichtungszeiten verspricht Sony. Auch die Synchronisation mit einem optischen Bildstabilisator im Objektiv soll verbessert worden sein. Bei Videoaufnahmen greift ein zusätzlicher elektronischer Bildstabilisator. Sony verspricht eine Effektivität wie bei der Verwendung eines Gimbals.

Die Videofunktion arbeitet bis 60 Bilder pro Sekunde in 4K-Auflösung mit 6K-Oversampling. Bei 4K120 arbeitet die Kamera zwar ohne Oversampling, aber auch weiterhin ohne Crop. Dank 10 Bit Farbtiefe mit 4:2:2 Oversampling und Speichermöglichkeit im All-Intra-Verfahren ist auch die Video-Bildqualität hoch. S-Cinetone wird genauso unterstützt wie S-Log3. Auch LUTs können direkt in der Kamera verwendet werden. Alternativ lassen sich Videos mit 16 Bit Raw extern aufnehmen. Selbstverständlich arbeitet auch die Videofunktion mit Global Shutter (bis 1/16.000 Sekunde Belichtungszeit), also ohne jegliche Rolling-Shutter-Effekte, die bisher bei schnellen Bewegungen in Videoaufnahmen ein Problem darstellten.

Um die hohen Datenmengen auch schnell speichern zu können, ist die Sony Alpha 9 III mit zwei Dual-Speicherkartenslots ausgestattet, in denen sich wahlweise SD, SDHC oder SDXC-Karten mit UHS I oder UHS II verwenden lassen oder aber CFexpress-Speicherkarten des Typs A. Ab Januar 2024 soll die Sony Alpha 9 III zu einem Preis von knapp 7.000 Euro erhältlich sein. Der neue Vertikalgriff VG-C5 soll gut 450 Euro kosten.

Zudem verspricht Sony für das Frühjahr 2024 Firmwareupdates für die Alpha 1, 7S III und auch die neue 9 III. Bei der Alpha 1 soll etwa eine digitale Korrektur des Fokusatmens ermöglicht werden, eine Funktion, die bei Sony danach schon viele Kameras unterstützen. Für alle Kameras sollen Workflow-Verbesserungen bei FTP und bei IPTC kommen, zudem soll das C2PA-Format unterstützt werden. Dieses ermöglicht eine Copyright- und Echtheitskontrolle von Fotos. Das Thema Bildfälschungen wird angesichts immer besserer Bildmanipulation, teilweise mit Hilfe künstlicher Intelligenz, immer wichtiger. Die Updates sollen aber noch weitere, bisher nicht genannte Verbesserungen enthalten.


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Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.