Vollformatkamera im Retro-Look

Labortest, Testbilder und Ersteindruck der Nikon Z f

2023-10-25 Mit der Z f brachte Nikon eine hochwertigere Vollformat-Version der Nikon Z fc und gleichzeitig das spiegellose Pendant zur Nikon Df auf den Markt. Dabei wurde aber nicht nur die Gehäusequalität aufgewertet, sondern auch technisch gesehen dürfte die Nikon Z f ein Vorgriff auf die Nikon Z 6III sein, etwa beim verbesserten Bildstabilisator und Autofokus. Wir haben die Z f bereits im Labor auf ihre Bildqualität getestet und verraten hier erste Ergebnisse sowie unsere ersten Eindrücke der schicken Retrokamera.  (Benjamin Kirchheim)

Eines fiel uns sofort auf, als wir die Z f aus dem grauen Karton holten: Die Belederung fühlt sich irgendwie glatt an. War das auch bei dem Vorserienmodell so? Entweder war uns das damals entgangen oder aber das Material wurde zum Schlechteren verändert. Trotz genarbter Struktur fühlt sich die Kamera glatt an, sie rutscht einem förmlich aus der Hand und der kleine Wulst bietet auch nicht wirklich Halt, vor allem vertikal kann sich kein Finger unter einem Vorsprung einhaken. Auf der Rückseite gibt es keine Daumenmulde, so dass auch hier kein zusätzlicher halt gewährleistet wird.

Zum Glück hat Nikon den optionalen Griff von Smallrig beigelegt. Dieser besteht aus Metall und im Griffbereich aus etwas rutschhemmenderem Material als die Kamera selbst; aber auch dieses ist noch verhältnismäßig glatt. Auch hier fehlt eine Möglichkeit, einen Finger "einzuhaken", wie man es sonst von Nikon-Griffen gewohnt ist. Nichtsdestotrotz liegt die Kamera mit diesem Griff erheblich besser in der Hand, nun kann man sie auch mit dem Standardzoom Nikon Z 24-70 mm F4 S, das uns zum Test zur Verfügung steht, gut halten. Ohne den Griff ist das nicht der Fall und allenfalls bei kleinen, leichten Festbrennweiten überhaupt vorstellbar.

Ansonsten ist die Verarbeitung der Z f absolut hochwertig. Das Gehäuse fühlt sich robust und mit seinen betriebsbereit über 700 Gramm angenehm schwer an. Die Rückseite des schwenk- und drehbaren Touchscreens ist ebenfalls beledert, so dass man die Z f noch mehr in eine Retrokamera verwandeln kann, indem man diese Seite nach außen dreht. Manchen mag dabei allerdings stören, dass der Bildschirm beziehungsweise seine Rückseite nicht bündig mit dem rechten Teil der Gehäuserückseite abschließt.

Die Schnittstellen sowie die Akkufachklappe sind genauso wie die gesamte Kamera abgedichtet, so dass auch unter widrigen Bedingungen bedenkenlos fotografiert werden kann. Apropos Akkufachklappe: Sie lässt sich auch mit angesetztem Smallrig-Griff einwandfrei öffnen und hier sitzen auch die beiden Speicherkarten, deren Entnahme aufgrund des durch den Griff tieferen Fachs allerdings sehr fummelig ist.

Was Nikon sich beim zusätzlichen Micro-SD-Kartenfach gedacht hat, ist uns dagegen ein Rätsel. Die Karte sitzt so tief zwischen Akku und SD-Speicherkarte, dass man mindestens erst den Akku entnehmen muss, bevor man an die Micro-SD-Karte gelangt. Das hätte Nikon sich auch sparen können, zumal vermutlich niemand gerne mit diesen winzigen Karten hantieren mag. Sie sind praktisch nur dafür gedacht, als Speichererweiterung zu dienen, aber nicht zum ständigen Herausnehmen. Statt Kartenleser bleibt hier also nur, die Kamera per USB-Kabel mit dem Computer zu verbinden oder die drahtlose Auslesung per WLAN. Immerhin lässt sich die Kamera mit der Micro-SD-Karte wie manches Smartphone oder viele Tablet-Computer sehr preisgünstig mit einem zwar großen, aber auch nicht ganz so schnellen (unterstützt wird bei Micro-SD nur UHS I und nicht UHS II wie beim SD-Kartenfach) internen Speicher ausrüsten.

Die Bedienung der Nikon Z f mit den drei Retro-Drehrädern für ISO, Belichtungszeit und Belichtungskorrektur macht richtig Spaß. Und selbst wenn man diese Art der konventionellen Bedienung nicht mag: Dank Multifunktionsrädern und Touchscreen geht es auch modern. Aber auch hier gibt es Kritik: Stellt man das ISO-Rad auf "C", um die Empfindlichkeit beispielsweise auf Hi oder Lo zu stellen oder mit den Multifunktionsrädern zu wählen, fehlt es an einer ISO-Taste. Berührt man die Schaltfläche auf dem Touchscreen, kann man nur über den Touchscreen die ISO-Empfindlichkeit einstellen, nicht über das Vierwegekreuz oder eines der Multifunktionsräder. Erst, wenn man die vordere Multifunktionstaste von Weißabgleich auf ISO-Empfindlichkeit umprogrammiert, kann man während des Drückens der Taste mit dem hinteren Multifunktionsrad die ISO-Empfindlichkeit einstellen. Das ist aber durchaus Jammern auf hohem Niveau, denn im Standardbereich von ISO 100 bis 64.000 kann man über das dedizierte Rad links vom Sucher die Empfindlichkeit in Drittelstufen einstellen.

Ein großes Plus der Nikon Z f soll ihr Autofokus sein, schließlich können die 299 auf dem Sensor integrierten Sensoren unabhängig von den Bildpixeln belichtet werden, damit sie immer optimal messen können. Hinzu kommen die Algorithmen und Erkennungsfunktionen der Profimodelle Nikon Z 8 und Z 9. Da hat es uns verwundert, dass die Z f im Labortest langsamer von unendlich auf zwei Meter fokussierte als die Z 6II, Z 8 und Z 9, wobei letztere beiden Modelle mit einem anderen Objektiv getestet wurden, das ebenfalls Einfluss auf die Fokusgeschwindigkeit hat. Der Unterschied ist messbar, aber schnell ist die Z f mit unter 0,3 Sekunden für die Fokussierung und Auslösung dennoch. Unter 0,2 Sekunden schafft sie es aber im Gegensatz zu den genannten Vergleichskameras bei keiner Brennweite.

Sport- und Actionfotografen dürfte aber wohl der fehlende AF-Joystick viel mehr stören. Wir kamen im Labortest mit dem Touchscreen und dem Vierwegekreuz hingegen gut klar, um die Fokusposition exakt zu setzen. Apropos exakt: Der Fokus saß stets äußerst genau und pumpte auch nicht bei mehrmaligem Fokussieren nacheinander vor und zurück, wie es bei manch anderem Hersteller gelegentlich vorkommt.

Bei der Labormessung zeigte das Setobjektiv Z 24-70 mm F4 S bei Offenblende bei kürzester und längster Brennweite eine etwas starke Randabdunklung, macht ansonsten aber bei den optischen Fehlern und vor allem der Auflösung am 24-Megapixel-Sensor der Nikon Z f eine gute Figur. Die Auflösung ist im Bildzentrum ab Offenblende hoch und fällt zum Bildrand um weniger als 25 Prozent ab, was für ein Zoomobjektiv wenig ist. Auflösungsverlust durch Beugung spielt bis F11 überhaupt keine Rolle, aber auch darüber hinaus nimmt die Auflösung nur gering ab. Hier macht die Beugungskorrektur der Kamera einen guten Job, was man allerdings mit zunehmenden Schärfeartefakten bezahlt.

Die Retrokamera zeigt bis ISO 400 einen guten und bis ISO 12.800 einen akzeptablen Signal-Rauschabstand. Rauschen wird erst darüber sichtbar, praktisch ausschließlich als Helligkeitsrauschen. Die Rauschunterdrückung reduziert oberhalb von ISO 800 langsam Details, was spätestens jenseits von ISO 6.400 deutlich sichtbar wird. Bei ISO 12.800 verschwimmen feine Haare mit dem Hintergrund, wie auch an unserer Testbildreihe in Raw und JPG sichtbar ist.

Der Tonwert- und Dynamikumfang sind ebenfalls bis ISO 6.400 im grünen Bereich und selbst bei ISO 12.800 noch völlig unkritisch. Die Farbgenauigkeit ist dagegen – trotz feiner Farbabstufungen – nicht besonders hoch (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Vor allem warme Farben weichen stärker von der Vorlage ab, so dass die Z f sich ohne Korrektur weniger für die exakte, naturgetreue Farbrepoduktion eignet.

Weitere Details sind dem für 1,49 € erhältlichen PDF-Labortest zu entnehmen. Außerdem bieten wir ein Testbildpaket mit Raws und JPGs bei allen 13 ISO-Stufen für 0,79 € zum Download an. In digitalkamera.de-Premium ist beides bereits enthalten.

Nikon Z f mit Nikon Z 24-70 mm F4 S

Farbtreue

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.


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Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.