Günstiges APS-C-Reportageweitwinkel

Sirui AF 23 mm F1.2 im Test

2024-05-21 Ende 2023 stellte der eher für seine Stative bekannte chinesische Hersteller Sirui drei F1,2 lichtstarke APS-C-Autofokus-Objektive mit 23 mm, 33 mm und 56 mm in einer Crowdfunding-Kampagne vor. Nachdem die Teilnehmer der ursprünglichen Crowdfunding-Kampagne ihre Objektive erhalten hatten, kamen die lichtstarken Festbrennweiten auch auf den freien Markt. Höchste Zeit für uns, die drei Objektive zu testen. Den Anfang machen wir mit dem AF 23 mm F1.2 mit E-Mount, das wir an der 26 Megapixel auflösenden Sony Alpha 6700 getestet haben.  (Harm-Diercks Gronewold)

Das Sirui AF 23 mm F1.2 ist in drei Farben (Schwarz, Silber und Weiß) für knapp 390 Euro im Handel erhältlich. Zum Lieferumfang gehören ein Schnappdeckel, ein dünner Transportbeutel und eine Bajonett-Streulichtblende in Blütenform.

Ergonomie und Verarbeitung

Das Gehäuse des Sirui AF 23 mm F1.2 besteht aus einem Mix aus Kunststoff und Metall, wobei der Metallanteil minimal größer ist. An der Objektivfront ist nicht nur ein Metall-Bajonett für die zum Lieferumfang gehörende, blütenförmige Streulichtblende untergebracht, sondern auch ein Metall-Filtergewinde mit 58 Millimetern Durchmesser. Das Objektiv-Bajonett auf der gegenüberliegenden Seite besteht ebenfalls aus Metall und die einzige Besonderheit daran ist die USB-C-Schnittstelle für Firmwareupdates.

Die Verarbeitung und auch das Design sind Sirui sehr gut gelungen. Nichts klackert oder wackel, auch fühlt sich nichts schlabberig an. Zwar ist der etwa 20 Millimeter breite Metall-Fokusring nicht gummiert, er bietet aber immerhin einen Rändelung, die angenehm griffig ist und die manuelle Fokussierung sicherer macht.

Fokussierung

Mit einem geringsten Aufnahmeabstand des Sirui AF 23 mm F1.2 von 30 Zentimetern, den wir in unserem Test auch etwa erreichen konnten, beträgt der Abbildungsmaßstab etwa 1:10, damit lässt sich ein Bildfeld von knapp 23 x 15,3 Zentimeter formatfüllend abbilden. Der Vergrößerungsfaktor entspricht dabei 0,1-fach. Das ist für eine APS-C-Brennweite mit dem Bildwinkel eines knapp 35 Millimeter Objektivs an einem Kleinbildsensor nicht gerade spektakulär.

Der Fokusring arbeitet im manuellen Fokusmodus wie üblich elektronisch und der Fokusmodus ist nicht linear. Wenn man also schnell am Fokusring dreht, dann ändert sich der Fokusabstand stärker, als wenn man den gleichen Drehwinkel langsamer durchfährt. Wie bereits erwähnt, ist der Fokusring des Sirui AF 23 mm F1.2 sehr empfindlich, was dazu führt, dass man den Fokuspunkt sehr leicht verschieben kann. Doch das ist natürlich nur ein Problem beim Einsatz des manuellen Fokus.

Den Autofokus treibt ein linear arbeitender Motor an. Dieser ist leise und flott. Auch Erkennungs- und Verfolgungsfunktionen werden vom Sirui AF 23 mm F1.2 klaglos unterstützt. Ein Problem, was sich bei unserem Labortest sehr deutlich zeigte, ist, dass das AF-System der Kamera Probleme hatte, den Fokus bei offener Blende zu finden. Der Grund dafür sind die starken Farbsäume, unter denen das Objektiv bei offener Blende bis etwa F1,8 leidet. Auch bei manueller Fokussierung sind diese Farbsäume zu sehen und stellen selbst erfahrene Fotografen vor eine Herausforderung.

Bildqualität

Im Inneren des Sirui AF 23 mm F1.2 arbeiten zwölf Linsen in elf Gruppen. Auch wenn man bei der Konstruktion auf asphärische Linsen verzichtet hat, gibt es immerhin ein Linsenelement mit anomalen Brecheingenschaften. Die Lichtregulierung übernimmt eine Irisblende mit elf Lamellen.

Mit Streulicht hat das Sirui AF 23 mm F1.2 kaum Probleme, es zeigt sich nur ein minimaler Kontrastverlust sowie ein seltsamer, rötlicher Lichtreflex bei schräg von oben einfallendem Licht. Das lässt sich aber dank der Streulichtblende komplett "ausschalten". Das Bokeh, also der unscharfe Bereich vor und hinter der Schärfenebene, ist sehr angenehm, auch wenn die Unschärfescheibchen von Spitzlichtern am Rand minimal heller sind als im Inneren.

Bei der Randabdunklung des Sirui AF 23 mm F1.2 gibt es nur bei offener Blende mit einem Helligkeitsverlust von 1,3 EV einen kleinen Dämpfer. Bei F1,6 sind es nur noch 0,9 EV und dann reduziert sich die Randabdunklung mit steigender Blendenzahl auf 0,7 und ab F4 erreicht sie ein Minimum von 0,4 EV.

Auf die deutlichen Farbsäume sind wir schon im Fokus-Abschnitt zu sprechen gekommen. Maximal machen die sich bei F1,2 mit über drei Pixeln Breite bemerkbar. An weniger starken Kontrasten sind sie etwas schwächer, so dass sich im Mittel "nur" etwas mehr als 1,5 Pixel ergeben. Schließt man die Blende, verschwinden Farbsäume an starken Kontrastkanten zwar nicht, liegen aber im vertretbaren Rahmen.

Mit maximal 2,5 Prozent Tonnenform ist die Verzeichnung sehr hoch, schon ab etwa 60 Prozent radialem Abstand fängt die Verzeichnung an zu stören. Das ist nicht sonderlich gut. Zwar lässt sich die Verzeichnung elektronisch reduzieren, doch das reduziert auch die Auflösung am Bildrand und das möchte man beim Sirui AF 23 mm F1.2 nicht.

Die höchste Auflösung von 54 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) in der Bildmitte und 42 lp/mm am Bildrand erreicht das Sirui AF 23 mm F1.2 auf F5,6 abgeblendet. Das entspricht einem Verlust zum Bildrand von etwa 23 Prozent. Das ist angesichts der 26 Megapixel keine sonderlich hohe Auflösung. Der Auflösungsverlust ist bei F5,6 zwar okay, wird die Blende aber weiter geöffnet, so reduziert sich die Auflösung zum Bildrand um bis zu 37 Prozent bei F2,8 auf 34 lp/mm. Bei offener Blende schafft das Sirui AF 23 mm F1.2 gerade einmal knapp 39 lp/mm in der Bildmitte und 25 lp/mm am Bildrand. Rattenscharf ist da anders.

Fazit

Das Sirui AF 23 mm F1.2 kann mit seinem günstigen Einstiegspreis von weniger als 400 Euro und mit seiner guten Verarbeitung punkten. Lediglich der sehr leichtgängige Fokusring stört das Bild ein wenig. Die geringe Auflösung und die hohe Verzeichnung sowie die schon brutalen Farbsäume machen das Objektiv jedoch spezieller in seinem Anwendungsspektrum.

Sirui AF 23 mm F1.2 mit Sony Alpha 6700

Verzeichnung

Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.

Hersteller Sirui
Modell AF 23 mm F1.2
Unverbindliche Preisempfehlung 389,00 €
Bajonettanschluss Fujifilm XF, E-Mount, Nikon Z
Brennweite 23,0 mm
Lichtstärke (größte Blende) F1,2
Kleinste Blendenöffnung F16
KB-Vollformat nein
Linsensystem 12 Linsen in 11 Gruppen
inkl. ED Linse(n)
Anzahl Blendenlamellen 11
Naheinstellgrenze 300 mm
Bildstabilisator vorhanden nein
Autofokus vorhanden ja
Wasser-/Staubschutz nein
Filtergewinde 58 mm
Abmessungen (Durchmesser x Länge) 70 x 92 mm
Objektivgewicht 380 g

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