Auf immer und ewig

Papierkunde, Teil 3: Haltbarkeit von Fotopapier

2007-07-28 Henry Wilhem, Mitbegründer, President und Director of Research bei Wilhelm Research, sieht die Wurzeln des digitalen Fine-Art-Druckes von Fotografien bei Nash Edition in Manhattan Beach, Kalifornien. Diese Firma besaß 1991 den einzigen Drucker, der damals in der Lage war, hochwertige und großformatige Ausdrucke von Fotos auf Papier oder Leinwand zu erstellen – den Iris Graphics Model 3047. Der Preis dieses Druckers lag vor 16 Jahren bei 126.000 US $. Heute kann jeder mit einem winzigen Bruchteil dieser Summe selbst qualitativ hochwertige Fotodrucke erstellen. Das bedeutet aber auch, dass sich nicht die Experten um die Qualität kümmern, sondern jeder selbst. Jeder einzelne trifft die Entscheidung, welche Tinte und welches Papier für sein Foto am besten sind und damit zu einer möglichst langen Haltbarkeit führen. Welche Faktoren für die frühzeitige Zerstörung von Fotodrucken verantwortlich sind, wie man sie beeinflussen kann und wie Wilhelm Research versucht, allgemein verbindliche Standards für deren Überprüfbarkeit zu schaffen, soll im folgenden Artikel geklärt werden.  (Daniela Schmid)

Es gibt viele Faktoren, die die Haltbarkeit von Fotodrucken beeinflussen, angefangen von der Wahl des richtigen Papiers und der richtigen Tinte bis hin zur fachgerechten Lagerung fern von UV-Strahlen, hohen Temperaturen, schädlichen Gasen und extremer Luftfeuchtigkeit. Wenn das Bild fachgerecht gerahmt und/oder gelagert wird, überdauern Fotodrucke gut und gerne unbeschadet 200 Jahre.

Beim Papier ist zunächst einmal das Problem der optischen Aufheller zu beachten. Zu viele davon, und das Papier vergilbt sehr schnell, bzw. die Aufheller zersetzen sich und ihre Reflektanz lässt nach. Das bedeutet, dass sie ihre Eigenschaft UV-Licht zu reflektieren, verlieren. Dadurch erscheint das Papier gelber, wobei es meist nur wieder seine natürliche Farbe annimmt. Selbst wenn dieser Prozess durch Schutzsprays oder Rahmung mit UV-abschirmendem Glas verlangsamt wird und es Weißmacher gibt, die nicht so schnell zerfallen, so sind sie doch mit Vorsicht zu genießen. Hersteller von FineArt-Papieren wie die Hahnemühle reduzieren den Einsatz von Weißmacher auf höchstens 0,8 Prozent (siehe Papierkunde Teil 2: Fine-Art-Papiere vom 21.06.2007 in weiterführende Links). Was das Papier wirklich zum Vergilben bringt, ist Lignin. Ein hochwertiges Papier, das sich auch zum Archivieren eignet, ist deshalb ligninfrei. Papiere, die aus Baumwoll-Linters oder Alpha-Zellulose bestehen, enthalten kein Lignin. Das Papier sollte für die besonders lange Haltbarkeit ebenfalls säurefrei, sprich pH-neutral sein. Das fordert ebenfalls den Einsatz von Neutralleim, sollte das Papier geleimt sein. Damit sind die Probleme noch nicht ganz aus der Welt geschafft. PH-neutrale Papiere reichern unter Umständen im Laufe der Zeit wieder Säuren an. Um das zu verhindern, puffert man Papiere mit zwei bis drei Prozent Calciumkarbonat und verschiebt den pH-Wert damit in den alkalischen Bereich. Ob das der Weißheit letzter Schluss ist, ist umstritten. Die alkalische Pufferung kann im Direktkontakt mit eiweißhaltigen Stoffen Farbveränderungen bei Farbmaterialien hervorrufen. Ist das Papier jedoch säurefrei und frei von Säure produzierenden Substanzen, gibt man dem Säurefraß sehr geringe Chancen.

Tintentropfen einer HP Vivera-Pigmenttinte [Foto: HP]Wenn das Papier alle Vorraussetzungen erfüllt, spielt die Tinte eine mindestens genauso große Rolle. Es geht uns in dieser Artikelserie hauptsächlich um Papier, aber da Tinte und Papier beim Druck auf Gedeih und Verderb einander ausgeliefert sind, wollen wir die Tinte nicht links liegen lassen. Generell gilt, dass Pigmenttinten weniger empfindlich sind als Farbstofftinten (Dye-Tinten). Das liegt an der Größe der Farbstoffteilchen. Würde man – bildlich gedacht – Farbstofftinte durch ein sehr feines Sieb gießen, würden Farbe und Flüssigkeit beide hindurchgehen. Allein aufgrund ihrer Größe würden Farbpigmente beim gleichen Vorgang hängen bleiben und sich von der Trägersubstanz lösen. Die Größenverhältnisse erklären, warum Farbpigmente UV-Strahlen oder schädlichen Gasen länger trotzen können als die winzigen Farbstoffe der Dye-Tinten. Aus diesem Grund gilt ein Pigmentdruck heute immer noch als höherwertig, obwohl die Hersteller beide Tintensysteme enorm verbessert haben. HPs Vivera Pigmenttinten sind beispielsweise mit einer Pigmentstreuungstechnik ausgestattet – der Electrosteric Encapsulation Technology (EET). Jeder Pigmentpartikel ist mit einer Harzhülle verkapselt, die eine Barriere bildet und verhindert, dass die Partikel aneinander hängen bleiben. Negative elektrostatische Aufladungen innerhalb der Harzschicht verbessern zusätzlich die Abstoßung zwischen den Partikeln. Das Resultat sind frei fließende, weniger viskosehaltige Tinten, die ein Verstopfen der Druckkopfdüsen verhindern. Epson arbeitet bei seinen DURAbrite Ultra-Pigmenttinten ebenfalls mit einer Microencapsulation-Technologie, wobei jedes Pigment in Harz eingeschlossen wird. Ein Polymer zieht die Pigmente auseinander, so dass sie frei in der Lösung schweben und nicht zusammenkleben oder eindicken. Anhand dieser Verbesserungen werden die Ausdrucke lichtbeständiger sowie wasser- und wischfest.

UV-Test bei Papierhersteller Sihl [Foto: Sihl]Eine Institution, die sich dem Testen von Haltbarkeit bei Tinte und Papier verschrieben hat, ist das Institut Wilhelm Imaging Research, Inc. (WIR), ansässig in Grinnel im US-Bundesstaat Iowa. Henry Wilhem und Carol Brower Wilhelm arbeiten seit 1978 zusammen, und ihre Mission ist die Erforschung der Stabilität und Erhaltung traditioneller und digitaler Farbfotos und -filme. Ihr Werk "The Permanence and Care of Color Photographs: Traditional and Digital Color Prints, Color Negatives, Slides, and Motion Pictures" von 1993 gilt immer noch als Standardwerk. Das WIR veröffentlicht Haltbarkeitswerte zu Desktop- und Großformatdruckern sämtlicher Hersteller. Natürlich testen Drucker- und Papierhersteller selbst in eigenen Laboren, WIR hat jedoch international anerkannte Standards geschaffen, so dass die Haltbarkeit meist mit WIR-Daten angegeben wird. Eine der Testmethoden, die WIR anwendet, heißt "accelerated light exposure". Accelerated light bedeutet, dass die Fotos unter verschiedenen Testbedingungen wie hinter Glas, hinter UV-abschirmendem Glas, ohne Glas, etc. mit einem Vielfachen an Licht "beschossen" werden. Die Testmuster werden mit glasgefilterten kalten weißen fluoreszierenden Lichtquellen mit 35 klux bestrahlt. Danach werden die Daten auf einen Durchschnitt von 450 lux für 12 Stunden pro Tag umgerechnet. Die Temperatur wird während der Tests konstant auf 24 °C gehalten bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 60 Prozent. Daneben gibt es diverse Tests zur Lagerung im Album, Ozonresistenz etc. Epson Test mit Epson DURAbrite Pigmenttinten [Foto: Epson]Eine der neuesten Studien, die auf der Website von WIR zu finden ist, lautet "A Survey of Print Permanence in the 4x6-Inch Consumer Digital Print Market in 2004-2007". 4x6-Inch-Prints entsprechen in etwa 10x15cm-Abzügen. In dieser Studie findet sich eine Tabelle mit etlichen Fotodirektdruckern (Kiosk und Consumer) und verschiedenen Tinten und Papieren. Für Drucke, die hinter Glas ausgestellt werden, reicht die Haltbarkeit von 200 Jahren beim HP Photosmart Express (einem Kiosk-Drucker) mit HP Vivera Pigmenttinten und HP RPS Photosmart Paper bis zu vier Monaten mit dem HP Photosmart 145 und 245 mit Refill-Tinten der amerikanischen Bürokette Office Depot und Professional Paper. Das zeigt sehr deutlich auf, wie wichtig die Qualität von Tinte und Papier ist und dass man hier oft an der falschen Stelle spart. Die Website von WIR ist etwas unübersichtlich, aber wer Englisch kann und lange genug stöbert, der findet evtl. Vergleichsdaten für seinen eigenen Drucker und kann demnach feststellen, welches Papier und welche Tinte die besten Haltbarkeitswerte aufweisen.

Epson Test mit Epson DURAbrite Pigmenttinten [Foto: Epson]Wenn dann also die hochwertigen Papiere mit den hochwertigen Tinten bedruckt sind und die Ergebnisse zufriedenstellend ausfallen, gilt es, diese Pracht zu erhalten. Und da kann man viel tun, auch wenn man keine Ausstellung plant oder als Profi für die Haltbarkeit der teuren Fotos garantieren muss. Grundsätzlich sollte jeder Ausdruck gut auslüften können, bevor er hinter Glas oder Folie oder ins Album gesteckt wird. Auch wenn Hersteller angeben, dass Ausdrucke sofort trocken sind, sollten sie zur Sicherheit ca. 24 Stunden offen liegen, damit die Farben wegen eingesperrter Restfeuchtigkeit nachträglich nicht verlaufen. Danach sollten die Fotodrucke wirksam vor den Fotozerstörern Nummer eins geschützt werden: UV-Strahlen, Gasen (vor allem Ozon), hoher Luftfeuchtigkeit und hohen Temperaturen. Aus diesem Grund rahmt man Ausdrucke, die man aufhängen möchte, am besten hinter Glas – noch besser ist UV-abweisendes Glas – und platziert sie möglichst an einem Ort, der vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt ist. Von Fotoaushängen an Südfenstern, genauso wie von der Verwendung von ungefilterten Lichtquellen für Ausstellungen sollte man absehen, wenn der Druck einige Jahre überstehen soll. Mit Bildern, die man nur mal für einige Zeit ohne große Qualitätsansprüche an die Wand pappen möchte, kann man da natürlich großzügiger sein. Es hängt alles davon ab, wie lange man etwas davon haben möchte, und ob der Druck für die Nachwelt überdauern soll. Die Aufbewahrung im Album unter entsprechend mäßigen Klimabedingungen garantiert relativ hohe Haltbarkeitswerte. Wegen hoher Luftfeuchtigkeit eignen sich Keller selten als Lagerräume, genauso wenig wie Dachböden, die meist sehr heiß sind.Halb hinter Glas ausgehängter Ausdruck auf Sihl Fotopapier mit Canon S900 [Foto: Sihl] Ebenso sollten Bilder nicht in Küchen, in Badezimmern oder über Heizkörpern aufgehängt werden. Ist die Luftfeuchtigkeit zu hoch, beschleunigen sich schädliche chemische Reaktionen, die für das Ausbleichen oder Verfärben von Fotos verantwortlich sind. Ideal ist eine relative Luftfeuchtigkeit unter 35 Prozent, auf alle Fälle aber unter 50 Prozent. Von 40 Prozent auf 15 verdoppelt sich der Haltbarkeitsfaktor. Ideal für Messungen ist ein Thermohygrograph. Er misst Feuchtigkeitsschwankungen und zeichnet sie auf. Es gibt aber auch einfachere Geräte, die günstig im Handel erhältlich sind. Die Temperatur ist, besonders im Zusammenspiel mit der Luftfeuchtigkeit, mindestens genauso wichtig. Eine Daumenregel besagt, dass sich die Schädigung pro 10 Grad Celsius verdoppelt, und besonders Farbmaterialien verlangen niedrige Temperaturen. Ideal sind Tiefkühllagerbedingungen. Da wir nicht wollen, dass Sie jetzt ihr Tiefkühlfach ausräumen und alle Bilder dort reinstecken, merken Sie sich einfach für die eigene Sammlung, dass die Bilder an einem relativ kühlen Ort aufbewahrt werden sollten. Die Tiefkühllagerung wird von Museen oder Galerien eingesetzt. Ein weiterer Faktor ist die Luftverschmutzung, die besonders in Ballungszentren Schädigungen beschleunigen kann. In Innenräumen geben Fußbodenbeläge, alte Kühlschränke, Lackfarben, Kunststoffe, Spanplattenmöbel oder frisches Holz Gase ab, die in zu hohen Konzentrationen zu frühem Verfall von Fotos beitragen können.

Wer Extremsituationen nicht vermeiden kann, verwendet MicroChamber-Kartons als Aufbewahrungsbehältnisse. Aufbewahrungsmittel sollen Fotodrucke vor physischer Beeinträchtigung schützen und gleichzeitig als Puffer für instabile Umweltbedingungen dienen. Im Prinzip gilt für Hüllen das Gleiche wie für Fotopapier. Das Material sollte von höchster Reinheit sein. Säurehaltige Pergamyn- und Acetathüllen, Packpapier, Schuhkartons, PVC-Hüllen, weichmacherhaltige Klebstoffe, PVC-Fotoecken usw. tun Fotos und Filmmaterial auf die Dauer nichts Gutes. Papierhüllen beispielsweise sind in der gleichen Qualität erhältlich wie Fotopapier, sprich gepuffert und ungepuffert, säurefrei und aus Alpha-Zellulose. Wer die Bilder trotzdem noch betrachten möchte, kann Kunststoffhüllen verwenden. Hüllen in archivarischer Qualität sind aus Polyester, Polypropylen oder Polyethylen erhältlich. Sie sind chemisch stabil, pH-neutral und unschädlich. PVC hingegen eignet sich für die Fotoaufbewahrung überhaupt nicht, da es chemisch instabil ist, Weichmacher enthält und Fotomaterialien auf lange Zeit schädigt. Im Gegensatz zu Papier hält Kunststoff Schadstoffe aus der Umgebungsluft ab. Für alte Filmmaterialien ist Papier wegen der Belüftung besser geeignet, da bestimmte Filme selbst schädliche Gase abgeben. Wer beispielsweise ein Fotostudio besitzt und Archivschränke benötigt, wählt diese am besten aus verchromtem Stahl, einbrennlackiertem Stahlblech oder unbehandeltem Holz, wenn das Holz älter ist und keine Harze mehr absondert. Kunststoffmöbel, furnierte Möbel, Spanplatten und frische Hölzer sind wegen verschiedenartiger Ausdünstungen ungeeignet.

Viele dieser Ratschläge sind extrem und richten sich an Profis, bzw. Museen und Archive. Dennoch ist einiges dabei, was man wie beschrieben oder in abgemilderter Form auch im privaten Umfeld mit den Familienfotos beachten kann, damit auch die nächsten Generationen die Familienfotos noch in satten Farben ohne Flecken betrachten kann.

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Daniela Schmid

Daniela Schmid hat in Augsburg Sprachen studiert, bevor sie nach einem halben Jahr in einer PR-Agentur für IT-Firmen in die Verlagsbranche wechselte. Ab 2004 war sie als festangestellte Redakteurin für die Magazine Computerfoto und digifoto zuständig. Während eines dreijährigen Auslandsaufenthaltes in der Nähe von New York berichtete sie als freie Autorin für digitalkamera.de von der PMA, CES und der PhotoPlus Expo aus Las Vegas und New York und übernahm die Zuständigkeit für die Rubrik Zubehör. Seit 2009 testet sie auch regelmäßig Kameras.