Rückblende

Vom optischen zum elektronischen Sucher – Teil 4

Seite 2 von 2, vom 2013-08-03 (Autor: Harald Schwarzer)Zur Seite 1 wechseln

Die Messlatte für die Sucherauflösung höher gelegt hat inzwischen Sony - bei den Systemkameras NEX-7 und NEX-6 mit Wechseloptik und integriertem elektronischen Sucher liegt sie bei 2,4 Mio. Pixeln. Dabei werden OLED Anzeigen verwendet. Vorreiter und Marktführer dieser Technik ist der südkoreanische Weltkonzern Samsung.

Die letzte Bastion der optischen Sucher sind die digitalen Spiegelreflexkameras von Canon, Nikon und Pentax. Denn diese Hersteller bauen noch optische Sucher mit Pentaprismen oder Umlenkspiegeln in ihre Kameras ein. Sony hingegen setzt bei seinen DSLR Kameras inzwischen ganz auf die elektronische Anzeige. Ein fest eingebauter, teildurchlässiger Spiegel bringt das Bild gleichzeitig auf den Sensor und in den Sucher. Die Vorteile beschreibt der Hersteller wie folgt:

-       minimale Auslöseverzögerung, da keine Spiegelbewegung

-       schneller Phasen-Detektions-Autofokus auch bei HD-Video Aufnahmen

-       schnelle Bildfolge von bis zu 10 Bildern/sec.

-       keine Dunkelpause aufgrund des Spiegelschlags

-       kompaktes Design wegen fehlender Spiegelmechanik

Inzwischen mehren sich aber die Gerüchte, dass die nächste Generation der Sony Kameras mit A-mount Anschluss zwar die Form und das Aussehen eines DSLR Gehäuses haben, aber ganz ohne Spiegel auskommt. Im Frühjahr 2014 soll es so weit sein.

Diese Woche hat Panasonic die GX7, das neue Spitzenmodell der Lumix MFT Kameras, vorgestellt; ein Ausstattungshighlight ist dabei der - um 90 Grad schwenkbare - eingebaute elektronische Sucher.

Ein Novum für eine Digitalkamera mit Wechselobjektiven, aber kein neu entwickeltes Konstruktionsmerkmal im Kamerabau; es gab so etwas schon an der Minolta Dimage A2 von 2004 und vor gut 50 Jahren an den Kleinstbildkameras von Mamiya - die 16 automatic wurde auch von Foto Quelle als Revue 16 verkauft. Das Negativformat ist dabei 10x14mm. Der optische Sucher nach dem Albada-Prinzip ist im Ruhezustand eingeklappt und schließt bündig mit dem Gehäuse ab; für die Aufnahmeposition wird er um 90 Grad zur Seite geschwenkt.

Weiterführende Links:

http://www.digitalkamera.de/Testbericht/Panasonic_Lumix_DMC-G1/5436.aspx

http://global.epson.com/newsroom/2012/news_20120329.html

http://en.wikipedia.org/wiki/OLED

http://en.wikipedia.org/wiki/TFT_LCD

http://www.finepix-x100.com/de/story/viewfinder

http://www.oled-info.com/samsung-oled

 

 

Kommentare

Benjamin Kirchheim 2013-08-05

Vielen Dank für diese moderne Ergänzung der informativen und lesenswerten Serie. Allerdings hat sich ein kleiner Fehler eingeschlichen: "Ein fest eingebauter, teildurchlässiger Spiegel bringt das Bild gleichzeitig auf den Sensor und in den Sucher."

Das stimmt nicht so ganz. Das Bild wird gleichzeitig auf den Sensor und das Autofokusmodul gelenkt. Das Sensorsignal wird auch für die Sucheranzeige verwendet. Anders als bei DSLRs, wo ein Hilfsspiegel hinter dem Hauptspiegel das Bild nach unten auf das Autofokusmodul lenkt, liegt dieses Modul bei Sony oben, wo bei DSLRs der Sucher lag. Daher vermutlich die Verwechslung, zu der es immer wieder mal kommt.

Karsten Meyer 2013-08-16

Stimmt, Benjamin Kirchheim. Es muss aber auch einmal Kameras gegeben haben, bei denen der teildurchlässige Spiegel wirklich einen optischen Sucher "belieferte", z.B. die Sony DSC-D700 und Sony DSC-D770 von 1999 und evtl. auch Modelle von Olympus.

-> www.digitalkamera.de/.../75.aspx

sbuerger 2013-08-16

Hallo,

einen starren teildurchlässigen Spiegel, der das Bild gleichzeitig auf den Film/Sensor und die Mattscheibe bringt, gab es schon vor über 40 Jahren, möglicherweise auch schon früher. Das erste mir bekannte Modell, das diese Konstruktion benutzte, war die Canon F1 High Speed von 1972, die es immerhin schon auf 9 fps brachte. 1984 kam noch ein "Update", das 14 fps schaffte - insofern kann man die "bis zu 10 fps" von Sony nicht gerade als hoch gehängte Latte bezeichnen, zumal das Hauptproblem damals nicht die mechanische Synchronisation der Abläufe, sondern der Filmtransport (geringe Stabilität der Perforation, Verblitzungen durch Reibung) war, der ja bei einer Digitalkamera gar nicht mehr stattfindet.

Die erste mir bekannte Anwendung im Consumer-Markt fand das Prinzip 1988 mit der Yashica Samurai, die wohl als die erste Bridge-Kamera bezeichnet werden kann (35mm Halbformat-SLR mit fest montiertem Autofokus-Zoomobjektiv). 1989 brachte schließlich Canon noch die EOS RT heraus.

Um die Jahrtausendwende wurden schließlich starre Spiegel in mehreren "Prosumer"-Digitalkameras verbaut, so den genannten Sony-Modellen und mehreren von Olympus. Mit der Massenmarkt-Tauglichkeit von DSLR-Systemkameras verschwanden die starren Spiegel aber wieder von der Bildfläche, da vor allem der Hauptnachteil des Prinzips, der Lichtverlust auf dem Sensor (2/3 bis 1 Blende), zu gewichtig war.

Die aktuellen Sony-Alphas sind so gesehen nur eine Kombination der Nachteile aus zwei Welten: Einerseits gibt es (zumindest bei Einsatz des mechanischen Verschlusses) natürlich im Gegensatz zu optischen Mattscheibensuchern mit starrem Spiegel sehr wohl eine Dunkelpause, die sich lediglich durch "Einfrieren" des Sucherbildes vertuschen lässt. Andererseits verbleibt der "alte" Nachteil der verminderten Lichtmenge auf dem Sucher. Der einzige verbleibende Vorteil ist der permanente Phasen-AF.

haeberle 2013-08-19

sbuerger: "Der einzige verbleibende Vorteil ist der permanente Phasen-AF."

Naja, stimmt nur bedingt (=höflich für "gar nicht"), wird aber gerne als Folklore ohne eigene Anschauung von Kommentar zu Kommentar getragen. Hier ein paar Ergänzungen aus eigener Erfahrung:

Dunkelphase gibt es natürlich weiterhin, ist ja durch den Verschluss bestimmt. Das ist aber kein Nachteil, sondern eben nur kein Vorteil - sei's drum. Die Serienbildrate wird aber eben nicht mehr durch die Geschwindigkeit der Spiegelmechanik eingeschränkt, ist also nur noch von Verschluss / Prozessor / Speicher / Puffer abhängig. Wenn nicht mehr als 10 fps realisiert werden, dann, weil es keiner braucht.

Was immer vergessen wird: Spiegelvorauslösung braucht man nicht mehr, weil kein Spiegel sich mehr bewegt. Ebenso wird die Kamera robuster, wenn der Spiegel fest steht. Und ein kleineres Problem - dass nämlich der Klappspiegel wild Dreck im Gehäuse verteilt - gibt es auch nicht mehr. Unter- und Überbelichtung sieht man im elektronischen Sucher sofort, von der Einblendung aller Daten und einem Histogramm ganz zu schweigen.

DAS Killerargument für den elektronischen Sucher wird aber vor lauter "konstanter-Phasen-AF-bei-Video-Schlagmichtot-Hype" immer vergessen: Bildvergrößerung (Sucherlupe) direkt im Sucher! Wer auch nur einmal bei f/1.4 und zehnfacher Vergrößerung seine wenigen Millimeter Schärfentiefe präzise und manuell (!) im Motiv platziert hat, der will nie wieder einen optischen Sucher. NIE! Und lacht über einen Lichtverlust von vielleicht gerade mal 1/3 Blende.

Mein Fazit: Der halbdurchlässige Spiegel von Sony ist eine Krücke, die die Zeit bis zum funktionierenden Phasen-AF auf dem Sensor überbrücken soll. Canon geht in die Richtung, Sony setzt ihn schon in der A99 hilfsweise ein. Nikon scheint zu pennen, oder werkelt im Geheimen am ganz großen Coup. Es braucht keinen Hellseher, um zu erkennen, dass EVIL mit elektronischem Verschluss und On-Chip-Phasen-AF sich durchsetzen wird. Die Frage ist nur, wann.

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