Sehr leichtes, bis fast zwei Meter ausziehbares Zubehörstativ

Testbericht: Manfrotto MS0490C Carbon Nanopole Stativ

2022-02-09 Als wir von diesem Stativ Wind bekamen, dachten wir sofort: Das müssen wir unseren Lesern einmal in einem Hands-on-Test vorstellen. Denn dieses sehr kleine und leichte Stativ ist sehr universell einsetzbar: Es lässt sich unter anderem als Leuchtenstativ, 360-Grad-Panoramakamera-Stativ, Actioncam-Stativ, Mikrofonstativ, Tonangel und extralanger Selfie-Stick verwenden.  (Jan-Markus Rupprecht)

Nicht jedes Produkt wird mit einer Pressemitteilung oder sonst einer Notiz in den Markt eingeführt, sondern manches erblickt still und leise das Licht der Welt. Ein solches ist das Manfrotto MS0490C Carbon Nanopole Stativ, das der italienische Hersteller bereits seit 2020 im Sortiment hat. "Mit einem Gewicht von nur 750 g* ist das Carbon Nanopole Stativ dank seiner leichten Aluminiumbeine und der Carbon Mittelsäule die perfekte Halterung für kleine Beleuchtungsgeräte bis 1,5 kg, wie z. B. Blitzgeräte und LED-Lichter." schreibt Manfrotto selbst in seiner Produktbeschreibung. Das Sternchen weist darauf hin, dass der mitgelieferte 3/8"-auf-1/4"-Adapter in den 750 Gramm nicht mit enthalten ist, er wiegt nochmal 16 Gramm extra. Das Stativ selbst ist allerdings minimal schwerer: Wir haben auf verschiedenen Waagen ein Gewicht von gut 760 Gramm ermittelt, mit 1/4-Zoll-Adapter also ungefähr 780 Gramm.

In der weiteren Beschreibung erfährt man, dass es zusammengeklappt nur 51 Zentimeter lang und damit Handgepäck-geeignet ist, zudem ist die Mittelsäule herausnehmbar. Damit ergeben sich viele zusätzliche Anwendungsmöglichkeiten, für die das Produkt eigentlich gar nicht vorgesehen ist.

Aber ganz von vorne. Das Manfrotto MS0490C Carbon Nanopole Stativ kommt in einem kleinen Karton und wiegt gefühlt fast nichts. Das Packmaß ist wirklich sehr klein, sowohl in der Länge, vor allem aber auch im Durchmesser. Wesentlich kleiner beispielsweise als ein normales Traveler-Stativ (und auch leichter), mit dem es allerdings keineswegs vergleichbar ist. Es ist auch weder dazu gedacht, noch geeignet eine Fotokamera zu tragen, sondern es ist im Grunde ein kleines Leuchtenstativ.

Wobei klein sich "klein" sich vor allem aufs Gewicht, aufs Packmaß und auf die Tragfähigkeit bezieht. Klein im Sinne von niedrig ist es beileibe nicht, sondern mit voll abgespreizten Beinen erreicht es eine stolze Höhe von bis zu 197 Zentimetern. Wer die Beine nicht ganz abspreizen muss, sondern etwas steiler stellen kann, erreicht mit dem Stativ sogar Höhen von bis zu rund 210 Zentimetern. Das schaffen die meisten ausgewachsenen Kamerastative bei weitem nicht, aber das braucht man manchmal für bestimmte Anwendungen. Dass das Ganze bei einem Gewicht von nur 780 Gramm dann nicht "bombenfest" steht, ist natürlich klar.

Die Mittelsäule aus Carbon ist dabei weniger das Problem, sondern die sehr filigranen und auch nur "zweidimensional" ausgeführten Stativbeine. Die Beine sind sogar ausgefräst, um Gewicht zu sparen. Allerdings verwinden sich die Beine bei Belastung und sind der eigentlich limitierende Faktor dieser Konstruktion. Mit einer stabileren Basis könnte die Mittelsäule viel mehr tragen. Nicht ganz ideal ist auch die Mechanik zum Verstellen. Zumindest im Neuzustand sitzen die Nieten, die gleichzeitig die Gelenke sind, recht stramm und das Abspreizen geht ziemlich schwer. Immerhin funktioniert die Technik grundsätzlich ähnlich wie bei einem Travelerstativ: Die Beine werden ganz an die Säule heran herumgeklappt. Dadurch ist das Packmaß so gering.

Das obere Ende der Stativsäule sieht dabei aus wie bei jedem normalen Leuchtenstativ. Oben befindet sich ein 16-mm-Zapfen, auf den man theoretisch einen Studioblitz oder eine größere LED-Leuchte setzen könnte, nur dass das Stativ diese Dinger gar nicht tragen kann, weil sie in der Regel zu schwer sind (erst recht nicht, wenn noch ein großer Lichtformer dran sitzt). Oben drauf sitzt ein 3/8-Zoll-Gewinde (männlich). Das ergibt schon mehr Sinn, denn für manche Anwendungen könnte man beispielsweise einen kleinen, leichten Stativkopf montieren. Aber auch Mikrofonhalterungen oder einige Mikrofone selbst haben ein 3/8-Zoll-Gewinde. Wer stattdessen ein 1/4-Zoll-Gewinde braucht, für den liegt gleich der entsprechende Adapter bei. Damit lassen sich dann beispielsweise Systemblitzgeräte oder kleine Akku-LED-Leuchten draufschrauben – oder 360-Grad-Panorama-Kameras wie die kleinen Ricoh-Theta-Kameras oder die 360-Grad-Kameras von Insta360 oder von GoPro.

Je nachdem wie weit man die Säule auszieht, wackelt das Ganze mitunter hin und her. Das ist aber bei der Bestückung mit einem Blitz, einer Leuchte, einem Mikrofon oder selbst mit einer Panoramakamera oder Actioncam ziemlich egal. Lediglich bei Videoaufnahmen mag das stören, bei Fotos mit den genannten Kameras jedoch normalerweise nicht.

Zwei weitere Features des Manfrotto MS0490C Carbon Nanopole Stativs sind sehr praktisch: Eines der Beine ist längenverstellbar. Damit lässt sich ein leicht schräger Untergrund ausgleichen. Durch Verlängern und Verkürzen dieses einen Beines kann man dann dafür sorgen, dass die Mittelsäue genau gerade steht. Super praktisch ist auch, dass man die Mittelsäule mit einer Mechanik ganz einfach aus dem Fuß entnehmen kann. Dazu drückt man unten an der Säule auf einen Knopf, was dazu führt, dass eine Metallsperre einfährt, woraufhin man die Säule aus der unteren Halterung entnehmen kann. Dann kann man die Säule bis zur oberen Aufnahme durchschieben und muss auch dort noch einmal die Sperren einfahren, um die Säule durch die oberen Klemmung schieben zu können.

Die Säule ist beispielsweise eine rund 190 Zentimeter lange Tonangel, mit der man ein Mikrofon in die richtige Position bringen kann – oder eine 360-Grad-Kamera oder eine Actioncam. Wie schon erwähnt ist die Säule dabei durchaus stabil. Sie hat Drehverschlüsse, wie man sie von Stativen kennt und hängt, mit geringem Gewicht belastet, nicht allzu stark durch. Wer nicht die volle Länge braucht, schiebe die fünf Segmente alle ein Stückchen ein und gewinnt dadurch eine Menge zusätzliche Stabilität (das gilt übrigens auch, wenn man die Säule in dem Ständer verwendet).

Insgesamt ergeben sich damit mindestens folgende Anwendungsmöglichkeiten:

  • Ideal ist das Stativ beispielsweise für 360-Grad-Kameras, denn auf ca. 160 bis 200 Zentimeter ausgezogen ist der Fuß schön weit weg von der Kamera und meist gar nicht mehr auf dem Bild, sondern im "toten Winkel" der Kamera. Wer will, muss dann die Beine gar nicht ganz abspreizen und gewinnt noch etwas Höhe. Die Arbeitshöhe von bis zu rund 210 Zentimeter ist für viele Panorama-Aufnahme-Situationen dabei ideal. Für Makler, die die Kamera in Innenräumen mit einer Ricoh Theta einsetzen, reicht die Stabilität beispielsweise durchaus.
  • Auch Actioncams, die nicht nur für "Action" eingesetzt werden, sondern vielfältige Aufgaben wahrnehmen, lassen sich aufgrund ihres geringen Gewichts gut auf dem Manfrotto MS0490C in rund zwei Metern Höhe platzieren.
  • Mikrofone müssen manchmal auf ordentliche Höhe gebracht werden und dabei soll mitunter keine störende, stark sichtbare Stativkonstruktion aufgebaut werden, beispielsweise wenn ein Chor vor Publikum singt oder wenn das Publikum selbst aufgenommen werden soll und man keine Mikrofone von oben abseilen kann. Für ein Stereomikrofon reicht die Traggraft des Manfrotto MS0490C allemal aus. Das Problem wird in dem Fall eher das Gewicht und eventuell auch die Zugbelastungen des Kabels sein. Ideal ist das Stativ deshalb z. B. für Funkmikrofone oder auch für Sound-Recorder. Beide arbeiten autark ohne Kabel und wiegen kaum etwas.
  • System-Blitzgeräte, die eine Szene von recht weit oben beleuchten sollen, sind ideal. Sie haben meist auf der Unterseite kein Stativgewinde und brauchen noch zusätzlich eine Blitzschuh-Halterung. Manfrotto bietet sowas nur grundsolide und neigbar an unter der Typenbezeichnung ML1HS-2. Das Ding ist für das leichte Stativ aber eigentlich schon zu groß und zu schwer. Winzig kleine Lösungen, unten 1/4 Zoll, oben Zubehörschuh, gibt es unter anderen von Kaiser oder Hama (auch neigbar) und die kosten nur ein paar Euro. Oft befinden sich sogar passende Füße im Lieferumfang der Blitzgeräte.
  • Ideal ist das Stativ auch für kleine LED-Akku-Leuchten. Die bieten fast immer direkt ein 1/4-Zoll-Gewinde. Bei manchen, wie z. B. beim Jinbei JR-70 RGB, ist auch gleich ein Neigegelenk mit dabei (unten 1/4 Zoll und Blitzschuheinsatz, oben 1/4 Zoll). Damit lässt sich die Leuchte auf dem Stativ dann auch neigen. Wenn man es mit der Auszugshöhe nicht übertreibt, kann man übrigens durchaus auch größere LED-Leuchten auf dem Stativ befestigen.
  • Entfernt man die Säule aus dem Fuß, hat man einen super Selfie-Stick, und zwar einen mit fast 190 cm Länge! Dabei ist das Ding recht leicht und stabil, insbesondere für die große Länge. Damit lassen sich problemlos leichte 360-Grad-Kameras oder Actioncams auf Abstand bringen. Eine Smartphone-Halterung empfiehlt sich bei der Länge schon eher nicht, das wird dann zu kopflastig. Allerdings zwingt einen ja niemand, die Säule ganz auszuziehen.

Die UVP des Manfrotto MS0490C beträgt übrigens gut 170 Euro, aber selbst Manfrotto bietet das Stativ in seinem Online-Shop für 149 Euro an. Bei einigen Händlern bekommt man es teilweise schon ab 129 Euro.

Fazit

Das Manfrotto MS0490C Carbon Nanopole Stativ ist ein mit 765 Gramm sehr leichtes und mit zusammengeschoben 57 cm Länge sehr kompaktes Zubehörstativ mit vielen möglichen Anwendungsgebieten. Der Fuß ist nicht besonders stabil, was die Tragfähigkeit der Konstruktion auf wirklich leichte Geräte beschränkt. Die Mechanik ist allerdings etwas schwergängig. Dafür lässt sich das Stativ dank verstellbarem Bein auch bei nicht ganz ebenem Untergrund ausrichten. Wirklich super ist fünfteilige Carbon-Säule mit soliden Stativ-Drehverschlüssen, die sich bei Bedarf leicht aus dem Fuß entnehmen lässt. Sie ist weitaus stabiler als der Fuß und lässt sich bis fast 190 cm Länge ausziehen und z. B. als Tonangel oder extralanger Selfie-Stick verwenden.

Kurzbewertung

  • Sehr kleines Packmaß (51 cm) und sehr leicht (780 g)
  • Sehr große ausgezogene Höhe von bis zu rund 2 Metern
  • Säule entnehmbar und auch als Selfie-Stick oder Tonangel verwendbar
  • Standfuß könnte für die Säulenlänge stabiler sein

Artikel-Vorschläge der Redaktion

Autor

Jan-Markus Rupprecht

Jan-Markus Rupprecht, 59, fotografiert mit Digitalkameras seit 1995, zunächst beruflich für die Technische Dokumentation. Aus Begeisterung für die damals neue Technik gründete er 1997 digitalkamera.de, das Online-Portal zur Digitalfotografie, von dem er bis heute Chefredakteur und Herausgeber ist. 2013 startete er digitalEyes.de als weiteres Online-Magazin, das den Bogen der digitalen Bildaufzeichnung noch weiter spannt.