Mittelklasse-Mikrofon

Joby Wavo Plus im Test

2022-11-19 Nach der Vorstellung des Wavo Pro DS, des Wavo Pro und des Wavo schließt das Wavo Plus die Lücke zwischen den Pro-Modellen und dem einfachen Wavo Vlogging-Mikrofon. Die Ähnlichkeit der Geschwister ist frappierend, doch der Teufel steckt im Detail und der Ausstattung. In diesem Testbericht steht das Wavo Plus im Mittelpunkt und wir verraten, was es außer dem gedämpften Safety Track noch zu bieten hat.  (Harm-Diercks Gronewold)

Mit der Wavo-Serie brachte Joby eine umfangreiche Mikrofon-Produktlinie auf den Markt, die vom Einsteiger-Mikrofon Wavo bis hin zu den per Bluetooth konfigurierbaren Profi-Mikrofonen Wavo Pro und Wavo Pro DS alles zu bieten hat. Bislang gab es allerdings eine Lücke zwischen den Profi- und Einsteigermikrofonen, die nun mit dem Wavo Plus geschlossen wird.

Das Wavo Plus besteht aus zwei Teilen, die durch die filigran wirkenden Rycote-Dämpfer miteinander verbunden sind. Der obere Teil beherbergt alle Bedienelemente in Form von drei Schaltern, einem USB-C-Anschluss sowie einem Drehregler und einem Taster für das Ein- und Ausschalten. Darüber hinaus ist im oberen Gehäuse auch der Audio-Ausgang zur Kamera untergebracht. Im unteren Teil des Wavo Plus gibt es lediglich den Kopfhörer-Ausgang. Dieser ist mit einer roten Markierung versehen, um ihn leichter identifizieren zu können. Bei beiden Ausgängen handelt es sich um 3,5 Millimeter Buchsen für Stereo-Klinkenstecker.

Das Gehäuse des Wavo Plus besteht aus robustem ABS-Kunststoff und fasst sich recht gut an. Allerdings werden Bediengeräusche nur wenig gedämpft und auch die Rycote-Dämpfer verhindern nicht, dass sich Berührungen in unschönen Geräuschen bemerkbar machen. Die drei Schalter sind klein und schwergängig. Während das Schalterpaar auf der rechten Seite für die Aktivierung des Safety-Tracks und des Hochpass-Filters zuständig ist, wird über den Schalter auf der linken Seite die Vorverstärkung in drei Stufen gesteuert. Neben einer -10 dB Dämpfung kann der Tonpegel um +15 dB angehoben oder unverändert auf 0 dB belassen werden.

Der Drehschalter ist im einzigen roten Bedienelement auf der Rückseite des Wavo Plus untergebracht. Er lässt sich leicht drehen und die Verstärkung für den Kopfhörer ist ordentlich und kann auf Wunsch sogar auf richtig “brüllig" eingestellt werden. Einziger Kritikpunkt, den sich der Drehregler gefallen lassen muss, ist, dass er zu bündig ist und sich nur mit spitzen Fingern vernünftig einstellen lässt. Auch die Zahlen für die fünf Lautstärkestufen sind nahezu unsichtbar.

Am unteren Ende des Wavo Plus ist der Kunststoff-Montagefuß untergebracht. Er entspricht einem Standard Blitzfuß, der sich mit einer Rändelmutter sichern lässt. Darüber hinaus ist im Montagefuß ein 3/8" Gewinde untergebracht, eine Reduzierschraube auf 1/4" ist ebenfalls mit dabei. Damit lässt sich das Wavo Plus auf entsprechende Halter beziehungsweise Stative montieren.

Das Wavo Plus ist etwa elf Zentimeter hoch, 5,5 Zentimeter breit und elf Zentimeter lang. Auf die Waage bringt das Mikrofon gerade einmal etwa 75 Gramm, also schon ein ziemliches Leichtgewicht. Zum Lieferumfang gehören zwei Spiralkabel mit 3,5 Millimeter Klinkenstecker. Ein flauschiger Überzug zur mechanischen Reduktion von Windgeräuschen gehört dagegen nicht zum Lieferumfang.

Das Wavo Plus besitzt einen internen Akku, der laut Hersteller genug Energie für 30 Stunden Betrieb bereitstellen soll. Geladen wird der Akku über die USB-C-Schnittstelle, je ein Kabel USB-C auf USB-C und USB-C auf USB-A gehören ebenfalls zum Lieferumfang. Das Mikrofon lädt nur im ausgeschalteten Zustand, wobei die Leuchtdiode im Ein-Aus-Taster den Ladevorgang anzeigt.

Der Ein-Aus-Taster besitzt eine kleine Leuchtdiode, die anzeigt, wenn das Mikrofon aktiviert ist. Zum Aktivieren beziehungsweise Deaktivieren muss der Taster allerdings jeweils etwa zwei Sekunden lang gehalten werden. Außerdem besitzt das Mikrofon eine weitere Leuchtdiode auf der Vorderseite, die anzeigt, ob das Mikrofon gerade aktiv ist oder nicht. Um Strom zu sparen, besitzt das Wavo Plus eine Auto-Power-Funktion, die das Mikrofon automatisch einschaltet, wenn es eingesetzt werden soll und wieder ausschaltet, wenn auch die Kamera oder die Smartphone-Kamera-App ausgeschaltet wird.

Eine der praktischen Ausstattungsmerkmale des Wavo Pro hat es ins Wavo Plus geschafft. Wird das Plus mit einem Computer per USB verbunden, dann wird es automatisch erkannt und kann als Mikrofon am Computer eingesetzt werden, beispielsweise zur Nachvertonung von Videos oder für Online-Konferenzen.

Die Aufnahme-Charakteristik des Wavo Plus ist nierenförmig. Für den Ton bedeutet das, dass er vornehmlich von vorne aufgenommen wird. Das bedeutet aber nicht, dass der Ton von der Seite ignoriert wird, er ist nur deutlich leiser. In der Standardeinstellung liefert das Wavo Plus Stereoton. Da die Stereobasis, also der Abstand zwischen den Mikrofonkapseln, sehr gering ist, ist der Stereo-Effekt nicht sonderlich ausgeprägt. Das Mikrofon kann laut Hersteller Frequenzen von 20 Hz bis 20 kHz aufzeichnen.

Neben der Stereo-Aufnahme bietet das Wavo Plus die Möglichkeit, einen Safety-Track aufzuzeichnen. Dabei werden dann nur noch zwei Mono-Signale aufgezeichnet. Während der linke Kanal den Ton mit den Voreinstellungen am Mikrofon überträgt, wird der rechte Kanal um -10 dB gedämpft übertragen. Der Vorteil an diesem Verfahren ist, dass wenn der ungedämpfte Kanal, aus welchem Grund auch immer, einem unerwarteten sehr hohen Lautstärkepegel ausgesetzt ist, sich die Tonaufnahme über den zweiten, leiseren Kanal wahrscheinlich noch retten lässt.

Die Tonqualität des Wavo Plus ist dem Preis von 200 Euro angemessen, allerdings produzierte es bei der Standard-Tonpegeleinstellung der Sony Alpha 7R III deutlich hörbares Rauschen, was besonders in ruhigen Aufnahmesituationen störte. Bei lauten Umgebungsgeräuschen kam das Problem nicht so sehr zum tragen. Auch bei direkter subjektiver Prüfung des Audiosignals am Wavo Plus war das Rauschen hörbar. Damit kann ausgeschlossen werden, dass die Kamera die Ursache für das Rauschen ist. Die Richtcharakteristik war erwartungsgemäß sehr gut und die Tonqualität lag auf gutem Niveau. Nicht wirklich gut ist, dass sowohl USB- als auch Kamera-Anschluss im oberen Gehäuse sitzen. Geräusche von der Handhabung am Kabel können so leicht ans Mikrofon gelangen. Wenn es schon ein unteres Gehäuse gibt, hätte dort nicht nur der Kopfhöreranschluss hingehört, sondern alle drei Anschlüsse (so wie es übrigens bei teureren Wavo Pro der Fall ist).

Fazit

Das Joby Wavo Plus ist ein Mittelklasse-Mikrofon, das dank Safety-Track-Funktion, Hochpassfilter und USB-Plug-and-Play am Rechner sowie der Auto-Power-Funktion recht üppig ausgestattet ist, insgesamt aber etwas billig und nicht hundertprozentig durchdacht wirkt (Kamera und USB-Anschluss im Gehäuse der Mikrofonkapseln). Die Audio-Qualität könnte in Bezug auf das Rauschen besser sein. Mit einem Preis von etwa 200 Euro liegt das Wavo Plus etwa 100 Euro unter der UVP des Joby Wavo Pro, das deutlich mehr Ausstattung bietet, weniger rauscht, hochwertig verarbeitet und durchachter konstruiert ist (Test siehe weiterführende Links). Von den guten Genen des Wavo Pro hat das Wavo Plus leider zu wenig geerbt.

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