Spiegellose Systemkamera, Systemkamera

Testbericht: Panasonic Lumix DMC-GH1

2009-05-07 Auf den ersten Blick handelt es sich bei der Panasonic Lumix DMC-GH1 um eine G1 mit Videofunktion, doch im Detail stecken noch ein paar weitere Änderungen. So beispielsweise der neue übergroße Multiformat-Bildsensor, der bei den Seitenverhältnissen von 4:3, 3:2 und 16:9 stets die gleich große Bilddiagonale nutzt. Auch das Kit-Objektiv ist ein Neues, das speziell für die Videoaufzeichnung optimiert wurde. Wir konnten eines der allerersten Serienmodelle testen.  (Benjamin Kirchheim)

Ergonomie und Verarbeitung Zum Test stellte Panasonic uns eine Lumix DMC-GH1 aus der allerersten Serienproduktion zur Verfügung. Interessanterweise in Champagner-Gold, einer Gehäusefarbe, die hierzulande nicht auf den Markt kommen soll. Stattdessen gibt es die Kamera in Schwarz oder Blau. Die Verarbeitung des kleinen Gehäuses ist erstklassig, die Soft-Touch-Oberfläche vermittelt ein sehr geschmeidiges Gefühl und ist zugleich rutschhemmend. Freunde kleiner Kameras werden von den Gehäuseabmessungen begeistert sein, vor allem da die Ergonomie dank Handgriff trotzdem sehr gut ist. Menschen mit großen Händen haben allerdings wenig Freude am kompakten Gehäuse und den teilweise recht kleinen Knöpfen, die zudem überall am Gehäuse verstreut sind, so dass man dann schon eine gute Feinmotorik braucht, um beim Handling keine Probleme zu bekommen. Ob die Videoaufnahmetaste rechts oben hinten am Gehäuse günstig platziert wurde, ist streitbar. Sie ist zwar gut und schnell erreichbar, wird aber auch gerne mal versehentlich betätigt. Glücklicherweise kann man die Taste im Menü auch einfach abschalten.

Die gute Verarbeitung bzw. vor allem das schöne Finish wird leider von einem Detail getrübt: Die Gummi-Schutzklappen der Anschlüsse haben durch ihr vom Gehäuse abweichendes Material einen anderen Oberflächenschimmer, so dass die Farbe leicht von der des Gehäuses abweicht. Das stört das anspruchsvolle und verwöhnte Auge vor allem bei den farbigen Varianten, bei der schwarzen dagegen weniger. Die Schnittstellenvielfalt ist hingegen zu begrüßen. Es gibt einen echten digitalen HDMI-Anschluss, und wer einen Panasonic-Fernseher mit Viera-Link besitzt, kann die Kamera sogar mit der Fernseher-Fernbedienung steuern. Ein passendes HDMI-Kabel muss man allerdings separat kaufen. Die Bildqualität bei der Wiedergabe ist atemberaubend. Daneben gibt es auch einen klassischen AV-Ausgang mit beiliegendem Spezialkabel (Videosignal und Stereoton), der sich auf PAL oder NTSC einstellen lässt. In denselben Anschluss passt auch das beiliegende USB-Kabel, falls man die Bilder nicht per Kartenleser auf den Computer übertragen möchte. Ein weiterer Anschluss mit Klinkenstecker ist wahlweise für die optionale Kabelfernbedienung oder aber ein externes Mikrofon gedacht. Ein Netzteilanschluss ist nicht direkt vorgesehen, am Batteriefach gibt es jedoch eine Gummiklappe, so dass ein Akkudummy mit Kabel eingesetzt werden kann, um die Kamera mit Strom zu versorgen.

Das Akkufach an der Kameraunterseite nimmt den satte 9 Wh (7,2 V und 1.250 mAh) starken Li-Ion-Akku auf, der für rund 300 Bilder lt. CIPA-Standardmessverfahren Energie spendet (120 Minuten Videoaufnahme bei AVCHD SH). Das ist weniger als in der G1, was vor allem am leistungsstärkeren Prozessor und dem "Mehr" an energiehungrigen Funktionen liegen dürfte. Das Stativgewinde ist aus stabilem Metall und in der optischen Achse angeordnet. Durch die geringe Kameragröße kommt es dem Akkufach aber recht nahe, so dass – je nach verwendetem Stativ bzw. Wechselplatte – eine Akkuentnahme nicht mehr möglich ist. Das Speicherkartenfach befindet sich dagegen an der rechten Kameraseite, so dass es zugänglich bleibt. Hier steckt man am besten eine schnelle SD- oder SDHC-Karte ein, vorzugsweise der Geschwindigkeitsklasse 6, denn FullHD-Videos erfordern eine konstant hohe Schreibrate.

Zwei Highlights der GH1 sind der Monitor und der Sucher. Als Micro-FourThirds-Kamera kommt die GH1 ohne Schwingspiegel aus, setzt also voll auf LiveView mit elektronischem Sucher. Letzterer hat es mit einer Auflösung von 1,44 Mio. Bildpunkten in sich, das entspricht 800x600 Echtfarbpixeln. Zudem ist der Sucher so groß wie der einer Vollformat-Spiegelreflexkamera. Die Dioptrienkorrektur deckt einen enormen Bereich von -4 bis +4 dpt. ab. Zwar blickt man noch immer auf ein künstlich erzeugtes Bild, das aber einem Spiegelreflexsucher nahe kommt wie kein anderer elektronischer Sucher, vor allem ist kaum ein Pixelraster auszumachen. Insbesondere ergeben sich Vorteile wie Weißabgleichsvorschau, Belichtungsvorschau, Livehistogramm, Menüs im Sucher, einblendbares Gitternetz und auch die Bildwiedergabe im Sucher. Sehr nützlich ist der Näherungssensor, der den Sucher ein- und den Monitor ausschaltet.

Ebenfalls überzeugend ist der 3" (7,6 cm) große, 460.000 Bildpunkte auflösende klapp- und schwenkbare Monitor, der Aufnahmen aus den unmöglichsten Perspektiven erlaubt, ohne dass der Fotograf sich verrenken oder am Boden wälzen muss. Er besitzt übrigens ein 3:2-Seitenverhältnis, womit – je nach eingestelltem Bildseitenverhältnis – bei 16:9 oben und unten bzw. bei 4:3 links und rechts schwarze Balken entstehen. Die Monitorhelligkeit kann die Kamera übrigens anhand des Umgebungslichts automatisch regeln, was sehr praktisch ist.

Vom Bedienkonzept her braucht sich die GH1 vor keiner anderen Systemkamera zu verstecken. Viele Direktwahlknöpfe (z. B. Weißabgleich, Empfindlichkeit oder Farbmodus) sind genauso vorhanden wie die programmierbare Fn-Taste, der Serienbildwahlschalter und ein Quick-Menü, das ein direktes Verstellen der auf dem Monitor eingeblendeten Parameter erlaubt. Das Programmwahlrad hat üppige 14 Plätze inkl. Benutzerspeicher, auch das obligatorische Einstellrad am Handgriff ist vorhanden. Es kann nicht nur gedreht, sondern auch gedrückt werden, um seine Verstellfunktion, z. B. von Blende auf Belichtungszeit, zu wechseln.

Ausstattung Sowohl an Einsteiger als auch an Fortgeschrittene adressiert sich die geradezu mit Funktionen vollgestopfte Panasonic Lumix DMC-GH1. Vorneweg die (intelligenten) Automatikfunktionen, die dem Anwender geradewegs das Denken abnehmen. Die Kamera übernimmt nicht nur die Wahl des richtigen Motivprogramms, wobei sie erkennt, ob man gerade Porträts, Landschafts-, Sport-, Nacht- oder Makroaufnahmen macht, sondern auch die optimale Einstellung von Empfindlichkeit (je nach Licht und Motivbewegung), Blende und Belichtungszeit. Darüber hinaus erkennt sie kontrastreiche Motivsituationen und passt die Tonwertkurve entsprechend an, um möglichst viel Zeichnung in den Lichtern und Schatten zu erhalten, wohingegen kontrastarme Motive mit mehr Kontrast dann knackiger wiedergegeben werden. Auch Hochformataufnahmen erkennt die Kamera dank Lagesensor automatisch.

Beeindruckend ist die weiterentwickelte Gesichtserkennungsfunktion mit Wiedererkennung. Es ist möglich, einzelne Gesichter mit Namen und Geburtsdatum zu registrieren. Anschließend zeigt die Kamera bei Aufnahme und Wiedergabe an, wer da erkannt wurde und wie alt er ist – auf das Jahr, den Monat und den Tag genau. Die Wiedergabefunktion ist sogar auf erkannte Gesichter einschränkbar. Die registrierten Personen lassen sich dabei priorisieren, so dass z. B. die Oma auf ihrer Geburtstagsfeier die höchste Priorität hat und auf den Fotos immer scharf abgebildet wird, egal wie viele Personen sonst noch auf den Fotos sind.

Wer gerne selbst bestimmt, wie die Kamera Fotos aufzeichnet, findet weitreichende Einstellmöglichkeiten. Von der Empfindlichkeit, die in 1/3-EV-Schritten von ISO 100 bis 3.200 wählbar ist, über die Belichtungszeit und Blende ist alles manuell einstellbar. Belichtungsreihen beherrscht die GH1 ebenso wie Serienbildaufnahmen, wobei die GH1 hier etwas langsamer ist als die G1. Wer gerne in anderen Farbgebungen als der neutralen fotografiert, kann sich bei den Filmsimulationsmodi austoben, wo beispielsweise Schwarzweiß, Sepia oder lebendige Farben zur Auswahl stehen.

Bei den Blitzfunktionen gibt es zahlreiche Einstellmöglichkeiten. Ob man nun automatisch, manuell erzwungen, mit Vorblitz oder aber mit Langzeitsynchronisation arbeiten möchte, bleibt jedem selbst überlassen. Darüber hinaus kann die Blitzzündung statt am Anfang auch am Ende der Belichtung erfolgen (zweiter Verschlussvorhang), und auch die Blitzstärke ist per Korrektur änderbar. Was allerdings fehlt, ist eine manuelle Blitzregelung, die auch den Messvorblitz überflüssig machen würde. Eine drahtlose Zündung externer Blitzgeräte ist ebenfalls nicht vorgesehen, aber immerhin gibt es einen Standard-Systemblitzschuh, mit dem sich Blitzgeräte von Panasonic oder Olympus am besten vertragen, andere können nur per Mittenkontakt ausgelöst werden.

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Autor

Benjamin Kirchheim

Benjamin Kirchheim, 46, schloss 2007 sein Informatikstudium an der Uni Hamburg mit dem Baccalaureus Scientiae ab. Seit 1998 war er journalistisch für verschiedene Atari-Computermagazine tätig und beschäftigt sich seit 2000 mit der Digitalfotografie. Ab 2004 schrieb er zunächst als freier Autor und Tester für digitalkamera.de, bevor er 2007 als fest angestellter Redakteur in die Lübecker Redaktion kam. Seine Schwerpunkte sind die Kameratests, News zu Kameras und Fototipps.