Rubrik: Motive und Situationen

Porträt-Fotografie – Teil 1: Model-Akquise

2009-04-06 Der Einstieg in die Technik der Porträtfotografie ist einfacher als die menschliche Seite. So stellen sich dem Neueinsteiger einige Probleme in den Weg, an die im ersten Moment nicht gedacht wird. Doch auch gravierende Schwierigkeiten können dem Foto-Enthusiasten dabei begegnen und ihm den Spaß an Porträts vermiesen. Damit es nicht soweit kommt, sollte man mit fast allen Unwägbarkeiten im Voraus rechnen und auch den berühmten "Plan B" dafür parat halten.  (Harm-Diercks Gronewold)

Männerportrait von einem zufällig Angesprochenem [Foto: Harms-Diercks Gronewold]Die ersten Modelle, die dem Portrait-Neueinsteiger zur Verfügung stehen, werden sicherlich aus dem engeren Bekannten-, Familien- und Freundeskreis stammen. Doch irgendwann möchte man sein Glück auch bei anderen Menschen probieren, und so begibt man sich auf die Suche nach Modellen, und diese findet man – entgegen landläufiger Meinung – fast überall. Man braucht nur gesunde Selbstsicherheit, ein wenig Rethorik-Kenntnisse und eine Visitenkarte. Ist man sich dessen nicht so sicher, dann kann man auch Model-Portale im Internet besuchen, um dort Modelle für sein Vorhaben zu finden (siehe weiterführende Links).

Innerhalb dieser Portale gibt es dann meist Sedcards (oft auch "Set-Cards" genannt), welche ihren Namen ursprünglich von Sebastian Sed, einem Teilhaber der Modelagentur Parker-Sed, herleiten (siehe weiterführende Links). Auf diesen Sedcards finden sich Körpermaße, Einsatzgebiete und das Honorar. Viele Modelle bieten auch TfP- bzw. TfCD-Shootings an, wenn die Arbeiten des Fotografen ihnen gefallen. TfP bedeutet "Time for Prints", TfCD steht für "Time for Compact Disc", und beides sagt aus, dass die Modelle die Fotos für die eingebrachte Zeit haben möchten, quasi als Bezahlung für ihren Aufwand. Dies wird dann auch vertraglich geregelt. Und das ist der wichtigste Punkt überhaupt, denn das "Mantra" lautet: "Niemals ein Shooting ohne Vertrag".

Der Vertrag regelt den Verzicht des Modells auf das Recht am eigenen Bild der bei diesem Shooting entstandenen Bilder. Des Weiteren verpflichtet er den Fotografen, die gemachten Bilder nur für bestimmte Zwecke einzusetzen. Bei TfP- bzw. TfCD-Shootings wird meist noch die Anzahl der bearbeiteten Bilder vermerkt, die das Modell erhält. Kein Fotograf und auch kein Modell sollten sich jemals auf ein Fotoshooting einlassen, ohne den Vertrag vorher in Augenschein genommen zu haben. Bei den sogenannten "Pay-Shootings", also Shootings, bei denen das Modell bezahlt wird, ist es meist so, dass das Modell jeglichen Anspruch auf den Verwendungszweck der Bilder verliert, es sei denn, es ist vertraglich anders geregelt.

Modell aus der Modellkartei mit einiger Erfahrung [Foto: Harms-Diercks Gronewold]Im Hobbybereich ist dann oft noch ein persönliches Gespräch üblich, um sicher zu gehen, dass die "Chemie" stimmt und sich die Ideen beider Seiten decken. Solch ein Treffen sollte am besten an einem öffentlichen Ort stattfinden. Auch kann man sich bei der Gelegenheit über eine etwaige Begleitperson unterhalten, die als Sicherheit von Modellen anwesend sein kann, nicht aber störend ins Shooting eingreifen oder gar selber eine Kamera zücken darf, um aktiv am Shooting teilzunehmen. Eine Begleitperson ist nicht grundsätzlich abzulehnen, nur sollte man klar machen, dass diese sich im Hintergrund zu halten hat. Doch manchmal hat man erfahrungsgemäß auch das Glück, dass die Begleitperson perfekt mit dem Model harmoniert und sich daraus neue Perspektiven für das Konzept des Shootings ergeben. Hilfreich ist hier, ein kleines Notizbuch zu führen und alle Ideen einzutragen oder sogar kleine Skizzen zu machen. Solche "Scribble Books" können bald zu einer Sammlung von Ideen führen, die man immer mal wieder gebrauchen kann.

Eine etwas unübliche Art ist es, an Modelle zu gelangen, indem man Menschen auf der Straße anspricht. Hier sollten dann souveränes Auftreten und gute Umgangsformen an den Tag gelegt werden; auch muss vermieden werden, das potentielle Modell einzuengen. Eine Visitenkarte ist nicht der schlechteste Weg, seriös zu wirken. Der erste Impuls von so angesprochenen Menschen ist meist ungläubiges Schauen, und schnell wird man mit der Aussage "Ich brauche keine Nacktaufnahmen" abgefertigt. Hier ist es immens wichtig, den Einwand ernst zu nehmen. Denn merkwürdigerweise ist die erste Assoziation mit Foto: nackte Körper. Hier gilt es ganz klar zu sagen, warum man denn vorhat, ein Foto von dieser Person zu Sedcard des Models »Katrin Riemann« auf model-kartei.de [Foto: MediaNord]machen. Auch hier gilt es, auf dem Teppich zu bleiben und nicht Sprüche zu klopfen wie "Ich bring Dich ganz groß raus" o. ä. Wenn alles gesagt ist (Vertrag und Begleitperson anbieten nicht vergessen), dann die Visitenkarte übergeben und auf E-Mail/Anruf warten. Diese Methode ist zwar mühsam, und sehr oft bekommt man einen Korb, aber wenn ein Mensch einverstanden ist, dann werden diese Bilder meist (wenn nicht sogar immer) etwas ganz Besonderes. Gute Gelegenheiten dazu bieten Festivals, Outdoor-Events und andere Veranstaltungen.

Auch gerne angeboten werden Workshops in Sachen Portraitfotografie. Hier sollte der gesunde Menschenverstand einen leiten. Wichtig ist zu beachten, wie das Portfolio des Referenten aussieht, wie viele Teilnehmer und Modelle dabei sind und wie viel Zeit bleibt. So macht ein Workshop mit einem Modell und 24 Teilnehmern innerhalb von 120 Minuten selten einen didaktischen Sinn, auch wenn solche "Rudelshootings" preiswert zu sein scheinen.

Sind all diese Hürden genommen, dann steht nur noch sehr wenig einem erfolgreichen Shooting im Weg. Lediglich das Wetter kann einem dann noch einen Strich durch die Rechnung machen, und dafür gilt es, den berühmten "Plan B" in petto zu haben. Plan B ist dann nichts anderes als ein modifiziertes Konzept für die andersartigen Bedingungen. Somit plant man eigentlich immer zwei Shootings, zumindest wenn man ursprünglich draußen Fotos machen wollte.

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