Rückblende

Canon vs. Nikon (Teil 4) – die Elektronik hält Einzug

2009-04-14 „Fotografieren Sie noch immer mit Ihrer alten Dampfkamera ?" lautete die Frage in einer zeitgenössischen Werbeanzeige von Yashica; damit wollten die Werbetexter auf ihre neu vorgestellte Spiegelreflexkamera TL Electro-X mit Belichtungsautomatik aufmerksam machen. Das war 1969. Auch bei Canon und Nikon, die immer noch auf ihre von den Profikameras abgeleiteten Mechanik Klassikern (Canon FT und Pellix bzw. die Nikkormat (in Japan Nikomat) Baureihe) vertrauten, arbeiteten die Entwicklern an elektronischen Kamerafunktionen. Denn den nächsten Entwicklungsschritt hatte Asahi Pentax mit seiner Electro Spotmatic ES von 1972 vorgegeben.  (Harald Schwarzer)

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Sie war die erste SLR Kamera mit elektronisch gesteuertem Verschluss und elektronisch gesteuerter Belichtungsautomatik. Zwar gab es ein Jahr später bei Canon die EF - also eine Art elektronische F1 - aber erstens wurde der Verschluss nur teilweise elektronisch gesteuert und zweitens war er nicht Canon selbst entwickelt. Er wurde stattdessen von Copal zugekauft - der gleiche Square S, der schon in der o.g. Yashica zum Einsatz kam. Die äußerst robuste und mit einem Hybridverschluss ausgestattete EF (Zeiten von 1/1000 bis 1/2 sec. mechanisch und von 1 bis 30 sec. elektronisch) erfreut sich auch heute noch bei Sammlern und Anwender großer Beliebtheit, weil man mit ihr auch ohne der nicht mehr erhältlichen PX625 Quecksilberbatterien fotografieren kann. Die Belichtungsmessung ist allerdings batterieabhängig. Etwa zur gleichen Zeit kam die Nikkormat EL auf den Markt (Verschlusszeiten elektronisch gesteuert von 1/1000 bis 4 sec). Dazu heißt es in der Werbung: „Wir nutzen die Elektronik, indem wir sie beherrschen - der Kern des elektronischen Verschlusses: monolithisch integrierter Schaltkreis (IC) auf einer Fläche von 2 mm im Quadrat mit 74 Transistoren und 27 Resistoren. Dazu ein Rheostat (F.R.E.) aus hochdünnem Film auf einer Hartglasplatte von 26 mm Durchmesser mit Schleifkontakten aus Goldlegierung." Sie wurde danach als Nikon EL2 (jetzt mit AI Objektivbajonett) bis 1980 weitergebaut.

Aber ein weiterer Trend im Kamerabau hatte sich schon Jahre zuvor abgezeichnet - Trendsetter für feine, kleine und kompakte SLR Kameras war (und ist m.E. bis heute) Olympus. Die OM-1 ist zwar noch rein mechanisch, aber zeigte 1973 was möglich ist, wenn man die Miniaturisierung konsequent anwendet. Zum Vergleich die Gewichtsangaben der Kameragehäuse: Canon EF: 740 g, Nikkormat EL: 760 g: Olympus OM-1: 510 g. Das OM-System wurde später durch die elektronische OM-2 ergänzt. Mehr als drei Jahre dauerte es bis die Wettbewerber darauf reagierten und deutlich kompaktere Kameras in den Handel brachten. Zunächst 1976 Canon mit  der AE-1 (590 g), und 1977 bzw. 1978 Nikon mit seinen FM (540 g) bzw. FE (590 g) Modellen - das E für Elektronik steht und M für mechanisch versteht sich von selbst.  

Und auch die Canon Werbetexter griffen bei der Beschreibung ihrer AE-1 tief in die Technikkiste: „Auf einem kaum vorstellbar kleinem Chip von 3 mm x 3 mm ist der in modernster I2L-Technik ausgeführte Prozessrechner (Micro-Computer) zusammengefasst. Weit über 1000 Transistorfunktionen führen die MOS-IC- und LSI-Kreise der Kamera aus, die sich praktisch ohne Lötstellen auf einer neuartigen Leiterplatte befinden." Beide Hersteller erzielten sehr gute Verkaufserfolge mit ihren kompakten Kameras und in den Leserforen der Fotozeitschriften und an den Stammtischen begann der „Glaubenskrieg" um die richtige Belichtungsautomatik - was ist kreativer ? Eine Blendenautomatik (AE-1) nach Vorwahl der Belichtungszeit, um bestimmte Bewegungsabläufe einzufangen oder die Verwacklungsgefahr bei Verwendung von Teleobjektiven zu verhindern (Brennweite gleich kürzest empfohlene Belichtungszeit), oder eine Zeitautomatik (FE), die durch die vorgewählte Blende eine bewusste Gestaltung der Tiefenschärfe erlaubt. Der nächste Entwicklungsschritt ließ dann auch nicht lange auf sich warten und hieß Programmautomatik - die geeignete Zeit-/Blendenkombination wird von der Kamera ermittelt und  erstmals 1977 bei der Minolta XD7 vorgestellt. Während Canon ein  „fast follower " war und schon ein Jahr später mit seinem Spitzenmodell A1 konterte, kann man Nikon eher als „late follower" bezeichnen, denn der Multiautomat FA kam erst 1983. Innovativ war die Mehrfeld-Innenmessung (AMP) mit fünf Messfeldern, die man durchaus als Vorläufer der heutigen Matrix-Messung bezeichnen kann. Auch beim automatischen Filmtransport hatte Nikon die Nase vorn - die kompakten MD11, MD12 und MD15 Motoren passten mit ihrem gut ausgeformten Handgriff perfekt zu den Kameragehäusen und waren ein beliebtes Zubehör. Mit bis zu 3,5 B/s (ab einer Verschlusszeit von 1/125 sec. und kürzer) waren sie fast doppelt so schnell wie die von Canon lieferbaren Winder. Bald wurden auch kleinere Motoren und Getriebe entwickelt und wiederum waren Canon und Nikon nicht vorne mit dabei, denn die erste SLR Kamera mit eingebautem Filmtransport kam aus dem Hause Konica - die FS-1.

Als dann 1983 der verbesserte Nachfolger FT-1 erschien, war es auch bei Canon so weit. Der Beginn der T-Reihe bedeutete ein radikal neues Design - ohne konventionelle Bedienräder und Hebel (T50 ohne manuelle Funktionen) und bei der T70 erstmals mit einem LCD Monitor auf der Kameraoberseite. Das Spitzenmodell der manuell zu fokussierenden SLR Kameras mit FD-Objektivbajonett von 1986 - die T90 - bot Vollausstattung mit vielfältigen Belichtungsmessmethoden und genießt heute unter Sammler einen gewissen Kultstatus. Ganz deutlich sind auch schon die Designmerkmale der künftigen EOS Autofokuskameras zu erkennen. Die ganze Story um Canon und den Designer Luigi Colani kann man im Canon Camera Museum nachlesen (in Englisch - s. weiterführende Links). Weitaus konservativer gestylt war Nikon's neue Kameraklasse - so zumindest hieß die F301 mit eingebautem Motor in der Werbung. 1985 vorgestellt wurde sie zum Bestseller und trotz ihres Verbundstoffgehäuses (innen Metall, außen Polycarbonat) von den Fans geliebt - ganz anders als Nikon's erster Versuch einer Einsteigerkamera - die EM mit ihren Serie E Objektiven.

Foto: Canon Camera MuseumFoto: Canon Camera MuseumFoto: Peter Lausch

Und die Profimodelle ? Auch sie wurden elektronisch und hießen seit Anfang der 1980er Jahre Canon New F1 und Nikon F3.

 Weiterführende Links:

http://www.canon.com/camera-museum/design/kikaku/t90/index.html

http://www.lausch.com/elfterteil.htm

Kommentare

Benjamin Kirchheim 2009-04-14

Man munkelt damals waren die wichtigen japanischen Kamerahersteller in der Hand einflussreicher Familien, die zwar nach außen, aber nicht im Innenverhältnis konkurrierten. Innovationen kamen dann jeweils bei dem Hersteller, der es gerade nötig hatte, die anderen folgten. So puschte man sich gegenseitig. In Zeiten der heutigen börsenorientierten Unternehmen undenkbar. Und vielleicht auch nur ein Märchen.

tumleh 2009-05-05

Mit der Wahrheit hat es der Autor wohl nicht so.

Die erste Kamera mit Programmautomatik war die A-1 von Canon und nicht die Minolta XD-7.

Die ersten Kamera, die durch einen zentralen Mikroprozessor gesteuert wurde war die Canon AE-1.

Informationen: Zum Beispiel Wikipedia.de

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