Rückblende

120 Jahre Carl Zeiss Objektive – es begann in Jena

2010-03-30 Die Namen Ernst Abbe, Otto Schott und Carl Zeiss sind in der Geschichte der Fotografie verbunden einem einst weltweit führenden optischen Unternehmen in Jena. Im November 1846 eröffnete der Feinmechaniker Carl Zeiss dort der handwerklichen Tradition seiner in Weimar ansässigen Familie folgend ein „Atelier für Mechanik". Innerhalb weniger Monate schuf er sich einen festen Kundenkreis an der Jenaer Universität, für die er wissenschaftliche Instrumente instand hielt oder nach Vorgaben anfertigte. Ein Jahr später nahm er bereits die Fertigung von einfachen Mikroskopen auf, die im Verlaufe der nächsten zehn Jahre zu komplexeren zusammengesetzten Mikroskopen entwickelt wurden.  (Harald Schwarzer)

Hinweis Dieser Artikel wurde ursprünglich in unserem Blog-System veröffentlicht und später zur Archivierung automatisch in unser Redaktionssystem übertragen.

Die zeitaufwändige Anpassung der optischen Systeme (Okular und Objektiv) geschah nach der Methode „trial and error" und wurde „Pröbeln" genannt. Zeiss bemühte sich erfolglos um eine Lösung und suchte den Kontakt zu Ernst Abbe, der als Privatdozent für Mathematik und Physik in Jena lehrte. Bald konnte er ihn zu einem Teilhaber in seinem Betrieb machen. Der Durchbruch gelang in den Jahren 1871/72 als Abbe die fundamentale Beugungstheorie der mikroskopischen Abbildung entwickelte und im Mikroskopbau zur Anwendung brachte. Die nunmehr nach exakten Berechnungen hergestellten Mikroskopsysteme beherrschten bald den Weltmarkt und so wurde nach Erweiterung der Fertigungsräumlichkeiten aus der mechanischen Werkstätte eine optische. Im Jahr 1882 schloss sich der in Witten geborene Glasmechaniker Otto Schott dem Betrieb von Zeiss und Abbe an. Hier wurden nun neue optische Gläser entwickelt und so gab es 1886 die ersten apochromatischen Mikroskopoptiken. Zwei Jahre später verstarb der Firmengründer und konnte die Ausweitung des Geschäftbereiches auf Fotoobjektive nicht mehr erleben. Vielmehr war es Ernst Abbe, der die Initiative ergriff, um die Fertigung der Jenaer Glasschmelze auszulasten. Dazu kontaktierte u.a. er den damals führenden Hersteller von Fotoobjektiven - die Fa. Steinheil in München. Der Inhaber hatte aber kein Interesse, sondern betrieb den Aufbau einer eigenen Glasschmelze im Bayrischen Wald. So entwickelten die Mitarbeiter in Jena heute vor 120 Jahren die ersten Fotoobjekte, die den Astigmatismus weitgehend korrigiert hatten. Dieser Schärfefehler betrifft das von einem Objektpunkt ausgehende und schräg einfallende Strahlenbündel und führt zu Randunschärfen. Als 1890 das Unternehmen Carl Zeiss und der Lizenznehmer C.P Goerz ihre ersten Anastigmate und Doppelanastigmate auf den Markt brachten, gab es in den fotographischen Zirkeln, Verbänden und Zeitschriften nur noch ein Thema: gute Bilder kann man nur mit diesen Objektiven herstellen. Zwar vergab Zeiss weitere Lizenzen für seine Entwicklung, aber immer nur eine pro Land und so gingen andere große Hersteller in Deutschland wie Busch, Voigtländer und Steinheil leer aus und verloren rasch an Bedeutung. Aus Jena kamen in der Folgezeit Objektive von Weltruf (Planar von 1896 und Tessar von 1902).

 

 Die Verminderung von Reflexionen an Linsenoberflächen gehört zu den herausragenden Fortschritten der technischen Optik. Alexander Smakula entwickelte bei Carl Zeiss ein wischfestes und haltbares Verfahren zur Aufbringung der reflexmindernden Schichten und erheilt darauf am 1.11.1935 ein Deutsches Reichspatent. Die so vergüteten Zeiss Optiken waren mit einem roten T = Transparenz gekennzeichnet - ab 1950 mit T* für eine Mehrschichtvergütung.

 Dazwischen lag die wohl schwerste Zeit des renommierten Optikunternehmens aus Jena - die Zerschlagung und Demontage nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Am 13. April 1945 wurde das Werk von der amerikanischen Armee besetzt, die die gesamte Objektiv Sammlung und alle Muster und Prototypen beschlagnahmte. Auch sämtliche Konstruktionen und optische  Rechenbücher mussten ausgeliefert werden. Ein Teil der wichtigsten Mitarbeiter wurden in die westliche Besatzungszone gebracht. Nach dem endgültigen Vertrag über die Teilung Deutschlands im Juni 1945 fiel Jena aber an die Sowjetarmee, die in dem Folgejahr viele Produktionsmaschinen abbaute und in Kiev wieder aufbaute. Die von den Amerikanern in den Westen gebrachten Mitarbeiter gründeten ab 1947 - unter Mitarbeit ihrer ehemaligen Kollegen in Jena - das Unternehmen Zeiss Opton in Heidenheim. Die verbliebenen Unternehmensteile in Ostdeutschland wurden dann zum VEB Carl Zeiss Jena. Immer wieder kam es in der Folgezeit zu ernsthaften Auseinandersetzungen und Gerichtsprozessen, wer denn nun das wahre Zeiss Unternehmen ist. Heute sind Ost und West in der Carl Zeiss Stiftung wieder vereint.

   

Werbeabzeigen aus den 1950er Jahren - links: Zeiss Ost - rechts: Zeiss West

 Wer einmal in Jena oder Umgebung ist, sollte auf keinen Fall den Besuch des dortigen optischen Museums versäumen. Auf ca. 600 m2 werden nicht nur eine historische Zeiss Werkstatt von 1860 gezeigt sondern auch andere optische Instrumente für die Zeiss berühmt ist - Fernrohre, Brillen und Kochgeschirr aus feuerfestem Jenaer Glas. Das Museum wurde im Juni 1922 gegründet und befindet sich auch heute noch am Carl-Zeiss-Platz Nr.12. Es verfügt außerdem über eine umfangreiche Sammlung seltener Gemälde und Grafiken und einen historischen Buchbestand zur Geschichte der Optik (s. weiterführende Links).

 

Ausstellungsstücke im Optischen Museum in Jena - die Spiegelreflexkamera Werraflex wurde nie gebaut (Fotos: Harald Schwarzer)

Aber auch online kann man im Carl Zeiss Archiv stöbern (s. weiterführende Links). Dort werden Originaldokumente, Akten, Fotos, Patente, Gebrauchsmuster, Druckschriften, technische Dokumentationen und Geräte aus der über 150-jährigen Geschichte von Carl Zeiss in Jena aufbewahrt. Ein Teil der Dokumente kann online recherchiert werden. Die Produkte, die Carl Zeiss vor 1945 hergestellt hat, sind in einem virtuellen Museum zu besichtigen.

 Schon 1996 begann der japanische Elektronikkonzern seine Kooperation mit Zeiss, aber erst 1999 kam die erste Kamera mit Zeiss Optik auf den Markt. Es war die DSC-F55E mit 2 MP und einer schwenkbaren F2,8 / 6,85 mm Linse, die umgerechnet auf Kleinbild einer Brennweite von 37 mm entspricht.

 

Viele weitere Cybershots mit einem Sonnar oder Tessar Objektiv kamen in den darauffolgenden Jahren auf den Markt. 

 

Einige Meilensteine sind hier zu sehen - DSC-F505 von 1999, DSC-S75 von 2001, DSC-F828 von 2003 und DSC-R1 mit APS-C großem 10 MP CMOS Sensor von 2005.

  

 

 

 

Die offizielle Pressemitteilung von Zeiss zum 120-jährigen Objektivjubiläum gibt es unter den weiterführenden Links.

Weiterführende Links:

http://www.optischesmuseum.de/

http://www.zeiss.de/archiv

http://www.zeiss.de/C12567A8003B0478/Contents-Frame/56590C28772BDA99C12576EB003580F4

Kommentare

Artikel-Vorschläge der Redaktion