Gedrucktes Buch

Springer-Verlag Media Fotografie – analog & digital

ISBN 3-540-23010-6
Anspruch Anfänger: JAEinsteiger mit Grundwissen: JAFortgeschrittene: JAambitionierter Amateur: JAProfi: JA
Rezension

Hätte der Rezensent nach der Lektüre von "MediaFotografie – analog und digital" drei Wünsche frei, dann wären es diese: Fotofachberater oder -fachverkäufer sollten zumindest 70 % des Buchinhalts zur Kenntnis nehmen, engagierte Fotografen und Profis mindestens 99 % und Studierende, Kurs- und Schulungsleiter 100 %. Mehr ist wohl leider nicht möglich, weniger allerdings wäre eine verschenkte Gelegenheit, denn was Prof. Thomas Walter in diesem Band bietet, ist ein kühner und gelungener Parforceritt durch die mittlerweile 170-jährige Geschichte eines bedeutenden Mediums. Mit dieser Geschichte wird man permanent konfrontiert, auch wenn die allermeisten heute mit dem Grünlichtmilieu schummriger Dunkelkammern, chemischen Prozessen, Filmmaterialien und Fotopapieren unterschiedlicher Gradation nichts mehr zu tun haben.

In den ersten beiden Abschnitten wird die Geschichte der Fotografie als Prozess zweier ineinander verschlungener Entwicklungslinien – Chemie und Optik – beschrieben: einerseits die Weiterentwicklung lichtempfindlicher Trägermaterialien bis hin zur Vielfalt unterschiedlich empfindlicher S/W- wie Farb-Filmsorten, dies gipfelt in der Negativtechnik, die von einem "Ur-Negativ" unendlich viele Positiv-Abzüge erlaubt. Andererseits ständig verbesserte Optiken, die weniger Bildfehler, größere Lichtstärke und verkürzte Belichtungszeiten ermöglichen. Darauf baut die seit Mitte der 1990er Jahre rasant an Terrain gewinnende Digitalfotografie auf, denn die hoch entwickelten optischen Konstruktionen (vor allem Zoom-Optiken) können übernommen werden, nur tritt jetzt an die Stelle der Chemie der Chip und die Digitaltechnik. Bei den so genannten Flächensensoren, CCDs oder CMOS-Sensoren werden wohl auch zukünftig noch die meisten Veränderungen und Verbesserungen zu verzeichnen sein.

Die detaillierte Beschreibung der wichtigsten Momente der analogen und auch digitalen Aufnahme- und Weiterverarbeitungsprozesse macht neben den Differenzen auch immer wieder die Gemeinsamkeiten deutlich. Von Kontrastumfang, Bildrauschen/Körnigkeit, Auflösung, Belichtungsmessung, Lichtempfindlichkeit etc. ist hier wie dort die Rede. In den letzten Abschnitten des Buches, in denen zentrale Themen der Digitalfotografie behandelt werden, wird deutlich, wie sehr das RAW-Format dem Film-Negativ ähnelt. Arbeitsschritte, Werkzeuge wie auch Terminologie gängiger Bildbearbeitungsprogramme wie Photoshop, GIMP u. a. wären ohne die analoge Technik nicht möglich bzw. verständlich: Abwedeln, Nachbelichten, Gradationskurven, Unscharf Maskieren, Sättigung etc. Noch mehr Gemeinsamkeiten lassen sich im Bereich der optischen Komponente nachweisen: chromatische Aberration, tonnen- oder kissenförmige Verzeichnung, Vignettierung oder der Faktor der "Brennweitenverlängerung" aufgrund des Verhältnisses von Objektivbrennweite und Größe des Flächensensors sind Themen, die auch Digitalfotografen brennend interessieren. Zum einen kann der Fotograf gleich bei der Auswahl seiner Ausrüstung bestimmte Probleme vermeiden, andererseits werden permanent Spezialprogramme entwickelt, die optisch-analoge und digitale Fehler beheben.

"MediaFotografie – analog und digital" bietet für Anfänger wie Fortgeschrittene bzw. Profis eine solide und fundierte Wissensgrundlage, ob man den Band nun "in einem Rutsch" oder häppchenweise wie ein Nachschlagewerk liest – die Lektüre bleibt immer spannend, anschaulich (auch durch die vielen Illustrationen) und praxisnah. Zur Ergänzung wird auf wichtige Fundgruben im Internet verwiesen, und am Ende findet sich auch eine Zusammenstellung von ausgewählten Web-Adressen.

Hätte der Rezensent noch einen vierten Wunsch frei, wäre es dieser: Der Autor möge den Satz abmildern, Fotografie sei "in letzter Konsequenz angewandte Naturwissenschaft", das ist sie sicherlich auch – und der Autor liefert dafür einen gelungenen Nachweis –, aber nicht nur, genauso wenig wie Leben bereits hinreichend dadurch charakterisiert wäre, wenn man es bloß als einen "permanenten Stoffwechselprozess" definieren würde. (Dr. Bernd Schäbler)

Media Fotografie – analog & digital von Prof. Dr. Thomas Walter ist im April 2005 bei Springer-Verlag erschienen.

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